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Neue Eugenik: UN Behinderungsexperte warnt vor „Ableism“ in medizinischer Praxis
GENF (28. Februar 2020) – „Aktuelle Entwicklungen in der medizinischen Forschung und Praxis dürften eugenische Ideen wieder aufflammen lassen, wenn Sicherungsmaßnahmen für Betroffene nicht gewährleistet werden,“ sagte die UN-Sonderberichterstatterin für Behindertenrechte, Catalina Devandas, heute während der Vorstellung ihres aktuellen Berichts vor dem UN-Menschenrechtsrat.
Der UN-Experte erläuterte, daß die Entwicklungen bei Gentherapien, Genmodifikationen und pränataler Diagnostik sich enorm beschleunigt hätten. Die Fähigkeiten den menschlichen Körper zu verändern und Krankheiten zu beseitigen hätten sich dadurch gesteigert. Dadurch würde die Gefahr wachsen, daß menschliche Eigenschaften „eliminiert“ würden, welche als unerwünscht abgelehnt werden.
„Behinderte sind aufrichtig besorgt, daß diese Entwicklungen in neuen eugenischen Praktiken münden und dabei die gesellschaftliche Akzeptanz und Solidarität gegenüber behinderten Minderheiten unterminieren – und weiter betrachtet die Akzeptanz menschlicher Vielfalt,“ sagte sie.
Devandas drückte in ihrem Bericht desweiteren Besorgnis über die Auswirkungen von Euthanasie und Suizidassistenz für Behinderte aus.
„Wenn assistiertes Sterben für Personen zugänglich gemacht wird, die krank sind oder seltene Personeneigenschaften, jedoch nicht todkrank, könnte gesellschaftlich die Annahme entstehen, es wäre besser tot zu sein als einer behinderten Minderheit anzugehören,“ warnte der Experte.
„Menschen haben das Recht in Würde zu leben und zu sterben, jedoch kann nicht akzeptiert werden, wenn Menschen sich entscheiden ihr Dasein zu beenden, weil sie sozial stigmatisiert werden, gesellschaftlich isoliert oder es ihnen an Assistenz oder Barrierefreiheit mangelt.“
Eine weitere große Besorgnis sei laut Devandas das Fehlen von Behinderten in entscheidenden Debatten zu medizinischer Forschung und Praxis. „Ohne ihre direkt in solche Debatten eingebrachten Lebenserfahrungen würden Narrative, die besagen ein Leben mit seltenen Personeneigenschaften Behinderter solle verhütet werden, dadurch bekräftigt und gesellschaftlich scheinbar validiert.“
Der Sonderberichterstatter erläuterte „Ableismus“ sei an der Wurzel des Problems. „Wenn Lebenserfahrungen von Behinderten weiter entwertet würden, könne keine Besserung erzielt werden.“
„Was wir brauchen ist eine profunde kulturelle Transformation der Art von Gesellschaften sich auf menschliche Vielfalt zu beziehen. Das stellt eine Verpflichtung dar seltene Personeneigenschaften Behinderter als positiven Aspekt natürlicher Vielfalt der Menschheit zu erfassen. Staaten müssten alle Formen der Diskriminierung Behinderter bekämpfen,“ fasste der Menschenrechtsexperte zusammen.
[…]
Besorgt über die Welt in der wir leben?
Dann STEH AUF für das jemandes Recht und tue es heute.
Kaum ein weltanschauliches Konstrukt wird in unserer Zeit derartig unkritisch überhöht, wie die Medizin. Alleine zu formulieren, daß Medizin schlecht wirken könnte, scheint für die meisten Menschen abseits selektiver Skepsis an einzelnen Methoden undenkbar. Medizin dient schließlich dem Menschen, so die Annahme. Wenn wir uns schlecht fühlen, dann gehen wir zum Arzt und dort wird uns soweit menschenmöglich geholfen.
Ein Debattenbeitrag
Mir scheint dieser Kult namens Medizin, der so tief im heutigen Alltagsglauben verankert ist, daß grundlegende Hinterfragung geradezu undenkbar ist teilweise völlig mißverstanden zu werden. Ja, die Medizin unterstützt den Menschen, der leistungsfähig im Rahmen der gesellschaftlichen Voraussetzungen, der vorzufindenden kapitalistischen Verwertungslogik verschiedener Spielart bleiben möchte. Aber genau hier muß man genau differenzieren, um zu erkennen, wem die Medizin wirklich dient.
In ihren Grundlagen funktioniert die Medizin nicht als Wissenschaft. Medizin ist eigentlich eher eine Religion, ein Kult, der ein bestimmtes Weltbild vertritt, das in keiner Weise wissenschaftlich hergeleitet werden kann. Die Disability Studien arbeiten sich seit Jahren an diesem Kultcharakter der Medizin ab, der vielen Menschen einen klaren (wissenschaftlich sauberen) Blick auf das in seinem Grundsatz gesellschaftliche Phänomen „Behinderung“ verstellt wie es fanatischer Rassismus tut. Wer von kapitalistisch konsequenter Betriebsführung dahin gebracht wurde nicht mehr Schritt halten zu können, der erlebt ebenso ganz andere Seiten der Medizin. Nämlich den Charakter des Respressionsinstuments Medizin, das gerade auch im „Psychobereich“ von der Mehrheit weitgehend ignoriert wie eine Landplage wütet und zwar auch nachdem festgestellt wurde, daß diese Repressionen diverse grundlegende Menschenrechte mißachten. Aber Medizin ist schließlich gut, weil sie dem Menschen dient?
Mir scheint wir müssen langsam erkennen, wem die Medizin wirklich dient. Schon um die Menschheit zu bewahren, wie wir sie kennen. Wir leben an einem epochalen Scheideweg, an dem die Medizin im Charakter einer UN-Welteinheitsreligion bereits damit begonnen hat die Zucht des Menschen durch kapitalistische Verwertungslogik zu organisieren. Ja, bei genauer Betrachtung dient die Medizin nicht dem Menschen, sondern der „Erwerbsfähigkeit“. Religion, deren Weltbild nicht reduktionistisch verfasst ist, wird insgeheim zwar von nicht wenigen Psychologen als Wahnkonstrukt betrachtet, sie hindert die Menschen jedoch nicht daran erwerbstätig zu sein – also wird sie nicht als krank im Sinne der Medizin eingestuft. Teil dieses Stillhaltepakts scheint zu sein, daß Vertreter dieser Religionen seit Jahrhunderten mit geradezu selbstverständlicher Miene der Medizin zugestehen die im Kern religiösen Begriffe „krank“ und „gesund“ auch für den eigenen Wirkungsbereich auszudeuten, selbst wenn es dem eigenen religiösen System widerspricht die Diagnosemaßstäbe der Medizin als quasi wahr anzuerkennen.
„Nicht die Nazis haben die Ärzte gebraucht, sondern die Ärzte die Nazis.“
Ernst Klee
Dieses Phänomen findet sich bei Weitem nicht nur in der jeweiligen Priesterschaft vor, auch die allermeisten Gläubigen, sowie Anhänger von grundsätzlich gegenüber der „Schulmedizin“ eigentlich kritischer Alternativmedizin gehen oft in befremdlicher Selbstverständlichkeit davon aus, daß der gerade aktuelle diagnostische Katalog der UN-Medizinbehörde geradezu absolute Wahrheiten beinhaltet. Auch wenn sie eigentlich ein ganz anderes Menschenbild vertreten. Es wird kaum realisiert, wem diese Medizinreligion zumindest heute dient: dem Feindbild vieler Religionen, der Logik des Mammons, dem Wirtschaftskult, der seit Jahrzehnten menschliches Leben in immer irrationalerer Weise dominiert und auf allen Ebenen durchdringt.
Die Wirtschaft dient schon lange nicht mehr dem Menschen, auch der Menschlichkeit höchstens nur noch sehr bedingt. Der Mensch wird zunehmend Objekt der Wirtschaft, wird von ökonomischer Verwertungslogik bestimmt, von der Ausgestaltung seiner Bildung bis eben zu seinem meist unerschütterlichen Glauben an die Medizin und dem Mythos, daß diese ihm dient, statt gezielt denjenigen Menschen, die gedanklich von der kapitalistischen Verwertungslogik gefangen sind und glauben die eigene Leistungsfähigkeit sei gewissermaßen doch das vornehmste und auch wertvollste Merkmal ihres Menschseins.
Noch nie war menschliches Wirtschaften so wenig abhängig von menschlicher Arbeitskraft. Das gilt zuerst für die körperliche Leistung, aber im Rahmen der zunehmenden Automatisierung auch ganz allgemein. Nicht wenigen ist bewußt, daß Erwerbstätigkeit eigentlich nicht mehr das Zentrum des Wirtschaftens, der Gesellschaft sein müßte, das vermittelte Normziel aller Lebensläufe. Die Gesellschaft vermag sich jedoch nur schwer von der Vorstellung zu lösen, daß Menschen etwas im Rahmen des Geld-Tauschsystems tun müssen, um ihre Bedürfnisse bedient zu bekommen und hindert sich so auch an der Weiterentwicklung zu einer Gesellschaft, in der Menschen auch aus ihrer ethischen Verfasstheit vielleicht einmal wirtschaften können, indem sie einfach dem nachgehen, was ihnen Freude bereitet, ihnen sinnvoll erscheint.
Seit Erwerbstätigkeit zunehmend geistige Fähigkeiten voraussetzt schuf die Medizin ein dazu passendendes breites Psychosegment. Dieses Segment weitete die naive medizinische Vorstellung es gäbe eine „gesunde“ menschliche Norm, die quasi dem Idealmenschen im Rahmen ihres Wertesystems entspricht, massiv aus auf das Empfinden des Menschen. Ihr bekanntes Muster, das Leid, das Menschen durch gesellschaftliche Umstände erfahren zum Anlaß zu nehmen die Menschen zu modifizieren wanderte in diesem Zusammenhang von eher körperlichen Perspektiven hin zur Entwicklung eines breiten psychischen Repressionssystems, das letztlich alle Menschen, die nicht die eigene kapitalistische Verwertung betreiben auch gegen ihren Willen und ihre Vorstellungen einer recht ähnlichen Vernichtungslogik zuführt, wie sie es mit ungeborenen Menschen tut, die nicht in ihr Raster passen. Das oft über gezielte Angstmache gegenüber den werdenden Eltern, die zumeist sowieso selbst in kapitalistischen Verwertungskategorien denken und mit dem Leben an sich kaum etwas anzufangen wissen und es daher als Leiden betrachten.
Wir müssen uns fragen, wie wir die Medizin überwinden können, ehe es zu spät ist und die Menschheit von diesem Kult wie in der Ferne schon abzusehend zugunsten einer Art von Endsieg des Konzern-Faschismus zu einer gehorsamen Haustierart „veredelt“ worden ist, die jeglichen Sinn für das was wir als „menschlich“ verstehen verloren hat. Wir müssen verstehen, daß die Medizin uns nicht dienen will, sondern ein Instrument ist über das wir benutzt werden.
Wir brauchen einen Gesundheitsbegriff, der etwa im Stil des Universellen Designs Ursachen für Leiden tatsächlich dort zu sichten in der Lage ist, wo sie zu finden sind, statt sich nahezu durchweg einseitig darauf zu versteifen, den Menschen zu ändern, um ihn seinen vorzufindenden Lebensumständen anzupassen. Denn Menschen sind keine Maschinen, die repariert werden, wenn sie kaputt gehen. Welches Leiden wird dadurch verursacht, daß Menschen suggeriert wird, das Leben nicht ständig im Fluß ist und ebenso ständig geistige Flexibilität erfordert, deren Mangel oft an prominenter Stelle den Ausschlag für Entscheidungen gegen Vielfalt für Einfalt sind? Aber Leiden, das dem kapitalistischen System dient, will die Medizin nicht als Leiden erkennen, weil ihr Ziel nicht die Vermeidung von Leiden ist.
Nehmt der WHO den UN-Status. Nehmt der Medizin ihre staatlichen Vorrechte, damit die lebensbejahenden Menschenrechte zu der Geltung kommen können, die ihnen zustehen.
Das Bundessozialgericht hat in einer Präzedenzentscheidung klargestellt, daß Autisten unter barrierefreien Umständen begutachtet werden müssen. Besonders ging es um die Barrierefreiheit der Kommunikation mit dem Gutachter. Bisher folgten Richter oft den eigenen abwiegelnden Angaben der Gutachter, die dies meist ablehnten.
In diesem Fall lehnten das zuständige Versorgungsamt wie auch die ersten zwei sozialgerichtlichen Instanzen ab, die Gutachter zu der Beachtung barrierefreier Rahmenbedingungen zu verpflichten, beziehungsweise entsprechend kompetente Gutachter zu suchen (ein Gutachter, der etwas von Autismus versteht, wird sicherlich nicht Autisten unzumutbaren Begutachtungsumständen aussetzen). Aus diesem Grund lehnte der autistische Kläger alle bestellten Gutachter ab, betonte aber zugleich stets, daß er zu einer Begutachtung unter barrierefreien Umständen bereit sei. Ohne die ernsthafte Bereitschaft zu barrierefreier fernschriftlicher Kommunikation werde er erheblich benachteiligt, da die meisten anderen Personen mit Gutachtern kommunizieren, sich also auch erklären, die eigene Sicht darstellen, auf Punkte hinweisen, die sonst nicht berücksichtigt würden und Mißverständnisse interaktiv richtigstellen können würden. Das Landessozialgericht sah die eigene Amtsermittlungspflicht jedoch bereits durch den Umstand erfüllt, daß der Autist vermeintlich die Mitwirkung verweigerte und ließ die Revision beim BSG trotz entsprechendem Antrag nicht zu.
Ebenso gingen die Vorinstanzen davon aus, daß die Ladung zur mündlichen Verhandlung dem autistischen Kläger genug Gelegenheit zum Sachvortrag gegeben habe, auch wenn sie gemäß einem vorliegenden ärztlichen Attest nicht als barrierefrei betrachtet werden konnte.
Das Bundessozialgericht erkannte in seiner Entscheidung vom 14.11.2013 Az. B9SB5/13B hierin eine Rechtsverletzung der Vorinstanzen und verwies die Sache zurück an das Landessozialgericht, welches sich nun damit auseinanderzusetzen hat, wie eine barrierefreie Begutachtung von Autisten gestaltet werden muß.
In seiner Begründung nahm das BSG entsprechend der vorliegenden Akte Bezug auf
– dieses ESH-Musterattest: Link
– das ESH-Informationsblatt 10: Link
Einzelne Zitate aus der Entscheidung:
Zitat:
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist zulässig. Der Kläger hat den geltend gemachten Verfahrensmangel hinreichend bezeichnet (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).Der Kläger hat zur Begründung seiner auf eine Verletzung des § 103 SGG gestützten Nichtzulassungsbeschwerde nach Maßgabe des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG einen prozessordnungsgerechten Beweisantrag angegeben. Durch Bezugnahme auf die gerichtliche Beweisanordnung vom … ist ein Beweisthema iS des § 403 ZPO hinreichend dargetan worden. Ferner hat der Kläger auch dargelegt, dass das LSG seinem Antrag, ein Gutachten unter Zugrundelegung der Grundsätze der Barrierefreiheit erstellen zu lassen, ohne hinreichende Begründung nicht nachgekommen ist, obwohl es sich hierzu hätte gedrängt fühlen müssen.
Die Beschwerde ist auch begründet. Das angegriffene Urteil des LSG vom … beruht iS des § 160 Abs 2 Br 3 SGG auf dem vom Kläger bezeichneten Verfahrensmangel; es ist unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) ergangen.
Zitat:
…, hat der Kläger bereits mit Schreiben vom … dem LSG eine Kopie des „Autisten-Informationsblatt 10“ vorgelegt, welches sich mit der „Notwendigkeit barrierefreier Kommunikation“ befasst und als Mindestanforderungen beschreibt, dass die körperliche Begutachtung getrennt von der Kommunikation vorzunehmen sei und letztere fernschriftlich aus der vertrauten Umgebung erfolgen müsse. Vor diesem Hintergrund hätte sich das LSG im Vorhinein gedrängt sehen müssen, mit dem Sachverständigen diese ggf zu berücksichtigenden Umstände zu klären, insbesondere zu ermitteln, welche Art der Exploration für den Kläger zumutbar ist. Dazu hat Dr. … bereits mit Schriftsatz vom … ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger aufgrund seiner festgestellten Behinderung als dauerhaft verhandlungsunfähig in Bezug auf mündliche Verhandlungen bei Gericht zu betrachten sei und nicht in adäquater Weise seine eigenen Interessen vertreten könne, da bei mündlichem Vortrag eine Reizüberflutung zu Störungen in der Reizverarbeitung einschließlich psychischer Schmerzen führen könne. …Diesen Gegebenheiten hat das LSG nicht hinreichend Rechnung getragen. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass alle zumutbaren Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, um den Sachverhalt weiter aufzuklären. Insbesondere liegt es nahe, dass eine … abgestimmte persönliche Untersuchung des Klägers verbunden mit einer entsprechenden Exploration und Testung durchgeführt werden kann.
Vorsicht: In anderen nicht von uns verantworteten Internetseiten zur oben behandelten Entscheidung BSG B 9 SB 5/13 B finden sich teilweise sachlich falsche Details.
Da der letzte Bundestag unter der scheidenden Regierung unsere Petition zur Thematik des seit Jahren in Deutschland stattfindenden Genozids an verschiedenen behinderten Bevölkerungsminderheiten nach unserer Einschätzung inhaltlich nicht ansatzweise angemessen geprüft hat (Link 1, Link 2), haben wir nun Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bremen gestellt:
Strafanzeigeder Enthinderungsselbsthilfe von Autisten für Autisten (und Angehörige) – ESH
gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Bundespräsident Joachim Gauck, beziehungsweise die betreffenden Verantwortlichen, sowie sonstige beteiligte Inhaber beruflicher Funktionen, Amts- und Privatpersonen
wegen
– Völkermord (VStGB §6)
– Verbrechen gegen die Menschlichkeit (VStGB §7)
– Volksverhetzung (auch unter Maßgabe der Entscheidung des UN-Antirassismus-Ausschusses vom 4. April 2013 bezüglich Beschwerde- Nr. 48/2010)
– sowie ggf. weiterer zu ermittelnder Rechtstatbestände
Zunächst mag eine solche Anzeige eventuell Gespött oder Befremden hervorrufen. Sicherlich erhält jede deutsche Staatsanwaltschaft regelmäßig seltsame und wirre Zuschriften. Unserer DPO (disabled people organisation) ist es mit dieser Anzeige jedoch bitterernst. In der Folge werden wir versuchen die Tatbestände argumentativ herauszuarbeiten. Wir haben uns bewußt bemüht diesen ersten Vortrag möglichst kompakt zu halten. Sollten sich Ihnen Unstimmigkeiten darstellen, bitte teilen Sie diese mit und geben Sie uns Gelegenheit unseren Vortrag zu ergänzen.
Bitte bedenken Sie in diesen Zusammenhang auch den Ernst des Vorwurfs gerade auch in Hinblick auf die deutsche Geschichte. Autisten wurden Opfer der Massenmorde und Verfolgungen im Nazistaat. In Hinblick auf diese Vergangenheit sieht die Bremer Landesverfassung in Art. 19 ausdrücklich eine Widerstandspflicht vor, weswegen wir uns zunächst ausschließlich an Sie gewandt haben, da wir uns aus diesem Grund einen besonders konstruktiven Umgang mit dieser Problematik versprechen, der dem Schutz verachteter Minderheiten weit stärker verpflichtet ist als dem Recht entgegenlaufenden wechselnden Stimmungen in der Bevölkerung.
Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung
Der Straftatbestand des Völkermords (§6 VStGB) bezieht sich unter anderem auf die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung. Eine solche Maßnahme stellt z.B. die aktuelle deutsche Regelung zu Spätabtreibungen dar, die faktisch ausschließlich gegen Angehörige bestimmter Bevölkerungsgruppen gerichtet ist.
Das Recht unterscheidet hier zwischen verbotenen, jedoch straffreien Schwangerschaftsabbrüchen (Beratungs- und Fristenregelung) und legalen Schwangerschaftsabbrüchen. Da legale Abbrüche wie insbesondere Spätabbrüche laut Gesetz legal sind, gelten hier auch andere rechtliche Voraussetzungen z.B. gegenüber bezüglich der Kostentragung durch Krankenkassen oder auch der Ermöglichung von zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen durch Eltern gegenüber Ärzten für versäumte Tötungen und daraus entstandene „Schäden“. Die vorhergehenden gesetzlichen Regelungen wurden bereits mehrfach durch das Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erkannt. Aus unserer Sicht dürfte dies nebenbei bemerkt auch für die aktuelle Regelung gelten, wobei sich leider bezüglich der allgemeinen Klagebefugnisse vor diesem Gericht Probleme ergeben.
Nach dieser Regelung wird der Unterschied zwischen beiden rechtlichen Regelungsbereichen zu Abtreibungen oder vorgeburtlicher Diagnostik mittlerweile an einer vermeintlich unzumutbaren Belastung insbesondere der Mutter durch die Schwangerschaft und das geborene Kind nach Einzeleinschätzung von Medizinern festgemacht. Die Verantwortlichen waren mit der Situation konfrontiert die gesetzliche Grundlage wegen Verfassungswidrigkeit zu ändern und hatten offenbar das Ziel die Wirkung dennoch möglichst zu belassen. Die aktuelle Regelung ist also aus ihrer Entstehungsgeschichte heraus bereits verfassungswidrigen Geistes verdächtig.
Die heutige Regelung stellt aus hiesiger Einschätzung auch tatsächlich eine mittelbare Diskriminierung dar. Es dürfte statistisch leicht zu belegen sein, daß von dieser Regelung praktisch ausschließlich Angehörige von Bevölkerungsgruppen benachteiligt werden, die schon laut GG nicht vom Staat diskriminiert werden dürfen und von ihm in diesem Rahmen eigentlich auch aktiv durch entsprechende Regelungen zu schützen wären.
Das Behinderungsverständnis als Schlüssel zur Beurteilung
Noch immer ist auch in Deutschland das medizinische Behinderungsverständnis sehr verbreitet. Dieses Verständnis von Behinderung ist jedoch erwiesenermaßen sachlich falsch und diskriminierend, was sich auch mehr und mehr in neueren Normierungsprojekten wie z.B. der UN-Behindertenrechtskonvention niederschlägt.
Diese Frage ist auch in dieser Sache zentral, denn das medizinische Behinderungsverständnis sieht die Ursache für Behinderung in Eigenschaften der Person. Auf diesem Verständnis bauen so gut wie alle Einschätzungen zu nach derzeitiger Gesetzeslage als legal deklarierten Abtreibungen und sonstige Folgerungen aus vorgeburtlicher Diagnostik auf.
Sachlich richtig ist jedoch, daß Behinderung eine Form gesellschaftlicher Diskriminierung ist. Diese Diskriminierung äußert sich durch die Nichtberücksichtigung von Bevölkerungsgruppen und ihrer unfreiwilligen Besonderheiten bei der Gestaltung der Kulturlandschaft einer Gesellschaft. Behinderte sind nicht als Mensch behindert, sie werden durch die Gesellschaft behindert. Aus dieser Diskriminierung durch die Gesellschaft geht auch das eigentliche Leiden im Zusammenhang mit Behinderung hervor. Aus menschenrechtlicher Sicht ist die Entscheidung klar gefallen die Ursache von Behinderung in dieser gesellschaftlichen Diskriminierung zu sehen, die von gesellschaftlicher Teilhabe fernhält.
Nehmen wir ganz einfach an 99% der menschlichen Bevölkerung könnte in einer „anderen Wirklichkeit“ fliegen. Häuser würden praktische Zugänge auf dem Dach besitzen, Supermärkte sehr hohe Regale, etc. Eine Person aus „unserer Wirklichkeit“ wäre in der anderen Wirklichkeit aufgrund von Barrieren hochgradig von gesellschaftlicher Teilhabe ausgegrenzt. Dieselbe Person wäre je nach ihrer Umgebung „schwerbehindert“ oder „nichtbehindert“. Dies beweist anschaulich, daß Behinderung keine Eigenschaft von Personen sein kann, sondern eine Eigenschaft im Beziehungsverhältnis entsprechender Bevölkerungsminderheiten zu einer Mehrheitsgesellschaft ist.
Wir haben mit der aktuellen gesetzlichen Regelung also eine Regelung, die zwingend auf einer Grundannahme aufbaut, die grundsätzlich menschenrechtswidrig ist, da sie im übertragenen Sinne das Opfer von Mobbingvorgängen wegen des Mitleidens ihm nahestehender Personen als Ursache von Leiden ausmacht und gezielt diskriminierend für vogelfrei erklärt, also ihm selektiv gleichen Schutz durch das Gesetz verwehrt. Diskriminierung wird als Begründung herangezogen für weitere – tödliche – Diskriminierung.
Der Straftatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit trifft aus unserer Sicht in diesem Zusammenhang neben dem Tatbestand des Völkermords ebenfalls zu, da die oben beschriebenen eugenischen Säuberungen in der Summe eindeutig darauf abzielen Bevölkerungsgruppen zu zerstören (Abs. 2), indem diese selektiv umfassend menschenrechtswidrigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind, die eben auch für die Angehörigen eine schwere Belastung darstellen, um dann diese Belastungen systematisch propagandistisch auf die jeweiligen Bevölkerungsgruppen selbst zu projizieren und so ihre gänzliche Ausrottung zu begründen.
Der deutsche Staat erzeugt also selbst zu großen Teilen die Diskriminierung mit deren Folgen er seine Regelung zur selektiven Vogelfreierklärung ungeborenen Lebens wie auch oft seit Jahrzehntausenden existierender Bevölkerungsgruppen als Minderheiten selbst herleitet.
Das VStGB ist im Geist der Urheber weit auszulegen
Die Massenmorde im Nazistaat waren Anlaß für die Schaffung der gravierendsten hier angenommenen Straftatbestände. Jedoch ausgerechnet die damals prominenteste Opfergruppe der „Juden“ (nach NS-Definition) wird vom genauen Wortlaut des heutigen Völkermordparagraphen nicht klar erfasst. Man kann sich leicht vorstellen, daß die damaligen Täter auch heute argumentieren würden, daß Juden aufgrund ihrer erbbiologischen Eigenschaften vermeidbares Leid über die Menschheit bringen würden. Angesichts der tiefen Verstrickung der Berufsgruppe der Mediziner in das NS-Regime wird der heutige Rückgriff auf ebendiese für zeitgenössische Verirrungen jeweils bekanntermaßen ideologisch anfällige Berufsgruppe umso erschütternder oder je nach Blickwinkel auch erhellender. Ausschlaggebend für die Beurteilung dieser Frage kann nicht sein, welche Ziele die mutmaßlichen Täter selbst vorgeben. Da die Schöpfer dieser Norm eine Wiederholung ähnlicher Ereignisse verhindern wollten und heute laut Verfassung eine Benachteiligung Behinderter verboten ist, ist auch gerade in diesem Bereich die Norm weit auszulegen. Da es bei Behinderten um sehr verschiedene Gruppen geht, ist nicht pauschal eindeutig zu beantworten, ob jede Gruppe oder Teilgruppe eine durch die Norm geschützte Gruppe darstellt.
Der Rechtsbegriff der Rasse besitzt, wie auch der medizinische Behinderungsbegriff, seit Jahrzehnten keine wissenschaftliche Grundlage mehr. In Zeiten der Genetik ist anzunehmen, daß das Kriterium der Rasse besonders gut eine Bevölkerungsgruppe kennzeichnet, die aufgrund genetischer Eigenheiten als ähnlich zu erkennen sind. Dies dürfte etwa auf die Bevölkerungsgruppe der Personen mit Trisomie 21 zutreffen, die weithin auch äußerlich ihrer Gruppe zugeordnet werden. Solche Zuordnung hat in diesem Fall eine ganze Reihe von Begriffen hervorgebracht, die alle von breiten Bevölkerungsteilen benutzt wurden oder werden, um Zugehörige dieser Bevölkerungsgruppe zu bezeichnen, etwa den rassistisch ausgrenzenden Begriff „Mongoloide“. Diese Bevölkerungsgruppe ist seit Jahren bereits massiven Tötungen ausgesetzt, die praktisch schon bald einer weitgehenden Auslöschung gleichkommen werden.
Aktuell findet hier bekanntermaßen auch eine fortlaufende Innovation der eingesetzten eugenischen Technologie statt. Und diesem Rahmen geht es nicht nur um Schwangerschaftsabbrüche, sondern auch nicht verbotene sondern im Gegenteil gar politisch geförderte selektierende Gendiagnostik im Allgemeinen vor dem Hintergrund der oben bereits erwähnten Schutzpflicht des Staates gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen. Dieses ganze System wird durch systematische Volksverhetzung gegen die benachteiligten Bevölkerungsgruppen flankiert. Auch hier unterlässt der Staat es offensichtlich nicht nur seine verfassungsmäßige und menschenrechtliche Verpflichtung zum Schutz der jeweiligen Bevölkerungsgruppen in irgendeiner Weise in die Tat umzusetzen, er fördert die Ausrottungspolitik in verschiedener Hinsicht aktiv unter anderem auch analog zur Argumentation im Umfeld der Aktion T4 vor dem Hintergrund vermeintlich hoher Kosten durch Behinderte, wobei hier regelmäßig unterschlagen wird, daß dies vor allem Kosten sind, die nur in Folge gesellschaftlicher Diskriminierung entstehen und zu einem großen Teil sogar Kosten für die staatliche Aussonderungsspolitik darstellen.
Dies ist den Verantwortlichen im Grunde auch bekannt, wie z.B. aus einem Redebeitrag von Frau Göring-Eckardt anlässlich der Bundestagsdebatte zur PID-Gesetzgebung zu entnehmen ist:
„Es scheint also selbstverständlich zu sein, daß in unserem Land nicht nur ethisch höchst fragwürdig Spätabtreibungen wegen Behinderungen stattfinden sollen, sondern das Entscheidende ist, daß wir als Gesetzgeber annehmen eine gesetzeswidrige Haltung müssten wir am Ende auch noch zustimmungsfähig finden. Als Gesetzgeber finde ich sollten wir das definitiv nicht tun, meine Damen und Herren.“
Gehörlose und Autisten indes fallen auch in die Kategorie der kulturellen, beziehungsweise ethnischen Minderheit, denn Kommunikationseigenheiten sind ein hierfür relevanter Faktor. Es sei z.B. darauf verwiesen, daß Gebärdensprache in Deutschland als Minderheitensprache offiziell anerkannt ist. Die Gruppe der Autisten bedingt eine gemeinsame Identität auch durch die spezifische genetische Veranlagung. Diese umfasst z.B. eine besondere Empathie zwischen Mitgliedern der Bevölkerungsgruppe, die ganz natürlich ein Zusammengehörigkeitsgefühl und eine gemeinsame Identität erzeugt.
Die heutigen Praktiken nicht als Völkermord zu betrachten, wäre aus hiesiger Sicht eine ähnliche Fehlleistung wie die langjährige gedankliche Ausklammerung von „Negern“ aus der Anwendung des Wortlauts der US-Verfassung. Ebenso führen aufgrund des Ernstes der Vorgänge Versuche die Abläufe durch Formalien zu legitimieren auf ein dünnes Eis. Solche förmlichen Schutzmaßnahmen sind auch aus anderen historischen Situationen allgemein bekannt. So werden beispielsweise auch vom deutschen AGG, das maßgeblich auf Drängen der EU verabschiedet wurde, mittelbare Benachteiligungen verboten, die durch in der Form zunächst scheinbar objektive Kriterien bestimmte Bevölkerungsgruppen faktisch diskriminieren.
Im vorliegenden Verfahren ist die Verpflichtung des Antragsstellers zur Durchführung einer psychiatrischen Behandlung zur Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit wegen Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz rechtswidrig. Die Kammer kann bereits nicht erkennen, dass die zwangsweise Verpflichtung zur Vornahme einer solchen medizinischen Behandlung ein geeignetes Mittel darstellt, um die Leistugnsfähigkeit des Antragsstellers zu verbessern. Der Antragsteller sieht selbst nämlich keine Notwendigigkeit für eine derartige Behandlung und ist mit einer solchen Maßnahme nicht einverstanden. Für den Erfolg einer psychiatrischen Behandlung dürfte jedoch die freiwillige Teilnahme und die aktive Mitwirkung des Betroffenen Voraussetzung sein. Beides ist vorliegend (noch) nicht gegeben.Unabhängig davon ist die Verpflichtung jedoch auch nicht zumutbar im engeren Sinne. Der mit der Behandlung verfolgte Zweck – die Verbesserung der Leistungsfähigkeit zum Zwecke der besseren Eingliederung in Arbeit – steht außer Verhältnis zu dem damit verbundenen Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht des Antragsstellers. Die Annahme eines sanktionsbewehrten Zwangs zu vollständigen Wiederherstellung der Gesundheit und Verbesserung der Belastbarkeit greift in erheblichen Maße in das Selbstbestimmungsrecht und die Integrität des Antragstellers nach Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein. Mangels gesetzlicher Grundlage kann dieser Eingriff mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit nicht gerechtfertigt werden. Der Antragsteller muss autonom entscheiden können, ob bzw. wann er sich wegen gesundheitlicher Einschränkungen in ärztliche bzw. psychiatrische Behandlung begibt (in diesem Sinne auch SG Braunschweig, Beschluss v. 11.9.2006, S 21 AS962/06 ER, zit. nach http://www.eloforum.org). Der Antragsgegner kann insoweit lediglich (Beratungs-)Angebote unterbreiten. Eine allgemeine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Gesunderhaltung bzw. Gesundung besteht nicht, auch nicht aufgrund des Selbsthilfegebots nach § 2Abs. 1SGB II.
Quelle: SG Schleswig S 16 AS 158-13 ER
Das betreffende Jobcenter hatte versucht den Leistungsempfänger per Eingliederungsbescheid zu einer von ihm abgelehnten Therapie zu zwingen.
Das Thema um das es mir hier geht, regt mich sehr auf. Der Leser möge meinen gerechtfertigten Ärger und meine bewußt unverblümte Ausdrucksweise verstehen.
Wir sehen [in den USA] einen sich beschleunigenden Zyklus aus Artikeln in hochangesehenen Medien, die einen Amoklauf mit einer Beweisführung verbinden, daß der jeweilige Täter „psychisch krank“ sei. Diese Beispiele erscheinen immer schneller und schneller. Der [US-]Präsident sprach von einem Zyklus von „allen 3-4 Monaten“. Ich habe keine Ahnung, ob es mehr solche Gewalttaten gibt. So wie ich keine Ahnung habe, ob die USA ungleicher, ärmer, niederträchtiger, rassistischer, frauenfeindlicher werden. Ein stärkerer internationaler Aggressor, bereiter Zivilisten für die eigenen Vorstellungen von Recht und Gesetz in anderen Ländern zu töten.
Oder ob Organisationen wie Torreys “Treatment Advocacy Center” schlichtweg genug Lügen in den Medien verbreitet haben, so daß diese Art von Berichten sich nun selbst weiter fortpflanzt. Setzen wir einmal die große Anzahl von Menschen voraus, die rezeptpflichtige Psychodrogen einnehmen, also ärztlicherseits entsprechend diagnostiziert wurden. Betrachten wir weiter, wie im Nachhinein Personen aus dem Umfeld eines Amokschützen diesen im Eindruck des Geschehens als „instabil“ beschreiben, als eine „tickende Zeitbombe“ oder im Sinne anderer dämonisierender Attribute basierend auf dem Konzept der „gewalttätigen psychischen Erkrankung“, dann sollte es immer möglich sein solche Geschichten zu finden.
Der Präsident hat dem Land und den Bürgern, die mit psychiatrischen Verleumdungen leben müssen schweren und unverzeihlichen Schaden zugefügt, indem er die verbreitete Verleumdung bestätigte, daß wir für Gewalttätigkeit anfällig seien. Und dies eine genauere Prüfung unseres Verhaltens erfordere, einschließlich stärkerer Einschränkungen unserer bürgerlichen Rechte. Und wir als Minderheit unter noch aufwändigere Kontrolle durch das bekannte unverantwortliche und diskriminierende auf uns zielende Überwachungs- und Internierungslagersystem gestellt werden müßten, das wir als „Psychiatrisches Gesundheitssystem“ kennen. Wir müssen verstehen, daß dies alles nicht mehr als eine Verleumdungskampagne ist. Es ist offenbar auch nicht möglich rational zu diesem Thema zu diskutieren. Jedesmal, wenn wir es versucht haben das Fehlen von Evidenz für statistische Zusammenhänge herauszuarbeiten, hatten diese rationalen Argumente keine Wirkung. Stattdessen schienen sie eher noch Öl ins Feuer zu gießen.
Nun möchte ich etwas herausarbeiten, wie Profiling funktioniert und warum es immer falsche Ergebnisse hervorbringt. Es ist irrelevant, ob ein statistischer Zusammenhang besteht zwischen einzelnen demografischen Faktoren und der Wahrscheinlichkeit, daß ein Individuum ein Verbrechen begehen wird. Profiling basiert auf Betrachtung bestimmter demografischer Faktoren, die wegen tiefsitzender Vorurteile ins Visier genommen werden, die tatsächlich erwarten, daß jemand als unmenschlicher Schwarzer Mann mit übermenschlicher Stärke unter Kontrolle und Aufsicht gehalten werden muß. Wir sehen das klar bei ethnischem Profiling – mindestens einige von uns denken auch so. Deswegen konnte es das Urteil im Fall George Zimmerman geben, deswegen sind die Morde an farbigen Männern, Frauen, Mädchen und Jungen durch die Polizei keine tragischen Einzeltragödien, sondern ein erschütternder systematisch geschürter Massenmord einer rassistischen Gesellschaft.
Und es gibt keinen Unterschied zu psychiatrischem Profiling. Wir sind Ziel wegen unserer hartnäckigen Vorverurteilung, welche rassistischen Vorurteilen weitgehend ähnelt: Behinderte Minderheiten und ethnische Gruppen waren schon immer die beiden Pole des Weltbilds von Eugenikern, das einige Teile der Bevölkerung herauspickt und als „unnütze Esser“ einordnet, wert ausgebeutet und weggeworfen zu werden. Es spielt keine Rolle, ob die Behinderten zugeschriebene Minderwertigkeit nur im Kopf des Betrachters existiert – das gab es schon immer. Immer gibt es Zusammenhänge zwischen der Fremdwahrnehmung einer Person, die seltene Geisteszustände oder kulturelle Hintergründe aufweist und ihrer Ausgrenzung aus der Mehrheitsgesellschaft. Die Gründe können unpassende Umgebungszustände sein und die Ausgrenzung beruht auf Frauenfeindlichkeit, Rassismus, Klassenzugehörigkeit und andere Kriterien der Ausgrenzung, die wir benutzen. (Beispielsweise entschied der Supreme Court im bekannten Fall Buck vs. Bell, daß zwangsweise Sterilisation rechtmäßig sei und verleumdete eine Familie aus Frauen als „Schwachsinnige“. Unter welchen gesellschaftlichen Behinderungen sie auch immer gelitten haben mögen, sie waren sicherlich arm.)
Weder die Nazis mit ihrer mörderischen Agenda noch das zeitgenössische Regime von Konzentrationslagern und ausgrenzenden Sondergesetzen unter dem Vorsitz der Psychiatrie interessiert(e) sich dafür, ob du dich selbst als behinderte Person identifizierst, als psychisch krank [oder Jude], als eigen oder exzetrisch oder als normal. Die Selektion wurde vorgenommen und du bist zur Rechten oder Linken sortiert worden. Bisher wurden wir noch nicht vergast, aber wir werden durch Fremdkontrolle, durch Psychodrogen und Elektroschocks, durch die Polizei mit Schußwaffen und Teasern ermordet.
Ich möchte, daß wir klar erkennen, was mit uns gemacht wird – nach meinem kulturellen Verständnis ist psychiatrisches Profiling nichts anderes als die Volksverhetzung gegen Juden, erfunden um Pogrome zu rechtfertigen. Ich las Geschichten aus dieser Zeit und die Ähnlichkeiten der Vorgänge trafen mich wie der Schlag. Wie ähnlich Menschen sich hinkauerten, wartend daß es vorübergeht, versuchten mit verantwortlichen Autoritäten vernünftig zu reden, sich als angebliche Nichtjuden durchschlugen, sich Strategien entwarfen wie auch immer sie überleben könnten. Eine Volksverhetzung kann nicht diskutiert werden. Nun, rückblickend, hoffe ich, daß die meisten Menschen diese Volksverhetzung als so gegenstandslos wie folgenschwer erkennen, die in ihrer Zeit geglaubt wurde. Manche Bigotte werden jedoch auch heute noch daran glauben und sich vor diesem „Schwarzen Mann“ fürchten.
Diese Woche redete ich mit zwei Freunden, ich sagte ihnen, daß jetzt, wo die Interpretation der UN-Behindertenrechtskonvention weitgehend gesichert ist, wir unsere Aufmerksamkeit nun auch positiven Maßnahmen zuwenden sollten: Was wollen wir erleben in einer Welt, die ohne Zwangspsychiarie neu gestaltet wird? Wenn eine Regierung uns mitteilt: „OK, wir werden die psychiatrischen Sondergesetze aufheben und mit Entrechtung und Zwangsbehandlungen aufräumen. Was sollen wir noch tun, damit wir sichergehen, daß Menschen haben was sie brauchen und nicht weiter diskriminiert werden, wenn sie ungewöhnliche Gedanken haben oder ernsten Kummer oder Krisen durchleben?“ – was würden wir antworten?
Beide Freunde reagierten heftig, was veranschaulicht wie tiefen Hass wir unter dem noch aktuellen Regime erfahren. Wie uns dieser Hass selbst hat fühlen lassen als wären wir als Menschen nichts wert. Es ist schwer zu realisieren wie sehr man die gesellschaftlichen Verleumdungen verinnerlicht hatte, man nicht stark genug war das eigene gesunde Selbstbild davon unangetastet zu bewahren. Wie genau das eine Voraussetzung dafür war, daß man uns als psychisch krank verleumden konnte. Ganz besonders als Frau. Es macht mich wütend. Es macht uns wütend. Und wir sollten es nicht mehr innerlich annehmen.
Das ist keine Schwäche oder Verletzbarkeit. Wir sind verdammt stark, weil wir überlebt haben, was wir erleben mußten. Und die, die nicht überlebt haben, würden die gleiche Stärke in sich finden, wenn sie in unsere Schuhe gesteckt worden wären. Was wir überlebten (aus meinen Notizen zu einem dieser Gespräche, in welchem auch meine Partnerin und ihre Beiträge einbezogen sind):
– Schindluder mit dem Selbstwert einer Person und ihrer Wahrnehmung in der Welt – das ist Zufügen von seelischem Leid und läuft auf Folter hinaus.
– Systematische Folter, weil alles nur gefühllose Experimentiererei war: „Du bist ein wissenschaftliches Projekt.“ Sie gaben falsche, unvollständige und irreführende Informationen (es gab also keine Zustimmung auf der Grundlage korrekter Beratung) und versagten dabei alle Informationen über schädliche Wirkungen zu sammeln, die bereits beobachtet wurden. Sie geben dir Substanzen, von denen sie keine Ahnung haben und erzählen dir nur, was sie meinen, das du wissen solltest. Sie behandeln uns als unmenschlich, als wäre nichts dabei. Das kann geschehen, weil es eine Art von kontrollierender Supervision in der Anwendung der Psychiatrie gibt, die es so in der Anwendung der physischen Medizin nicht gibt.
– Jemanden so „anders“ machen, daß man mit ihnen alles anstellen kann. Das bezieht sich nicht nur auf die Akte offener Gewaltausübung. Wenn ein Elter sein Kind schlägt, wird es nach einer Weile ausreichen, daß das Elter das Kind anschaut, damit das Kind unter der auf Konditionierung beruhenden Kontrolle ist. Sie müssen gar nicht weiter prügeln, die Fingernägel ziehen, sie jeden Tag mit Thorazin vergiften. Sie müssen nicht mehr tun als die Person so in Angst und Schrecken zu versetzen, daß sie nicht mehr sie selbst sein kann.
– Sie vermittelten mir das Gefühl, ich gehöre nicht in diese Welt wie ich nun bin. Ich denke, das ist unverzeihlich.
Das alles zeigt mir wieder, daß wir zu jeder Zeit, in der unsere Rechte von den Vereinten Nationen entschieden anerkannt werden eine weitere Schicht unserer eigenen Erfahrung und Fähigkeit die extremen und ungeheuerlichen Menschenrechtsverletzungen gegen uns zu bekämpfen freilegen. Fortschritt verläuft nicht linear. Und während ich weiterhin denke, daß wir uns Gedanken darüber machen müssen, wie eine neue Welt gestaltet werden könnte, auch wenn wir noch im Griff des alten Regimes sind, wird der nächste Schritt vielleicht sein, das zurückzuweisen, was uns dann aufgetischt wird und uns darüber zu empören, sowie uns selbst und alle anderen vor Vergeltungsaktionen zu schützen.
Tina Minkowitz, New York
International Representative des Weltweiten Netzwerks der Nutzer und Überlebenden der Psychiatrie – WNUSP (wnusp.net)
Nehmen wir an, ein Autist begegnet einem Nichtautisten. Der Nichtautist erwartet die von ihm gewohnte mündliche Kommunikation und ständige Körperberührungen dabei. Der Autist wünscht sich die Trennung von gemeinsamer körperlicher Aktivität und fernschriftlicher Kommunikation. Sobald der eine seine Vorstellung einseitig durchsetzen will, strebt er danach den anderen zu behindern.
Das sollte doch jedem einleuchten? Nicht? Richtig, diese Darstellung ist falsch zuungunsten tatsächlich Behinderter.
Immer wieder versuchen vornehmlich Nichtautisten vom hochrangigen „Behindertenaktivisten“ bis hin zum Angehörigen den Behinderungsbegriff abseits eindeutig gesellschaftlich relevanter Institutionen wie Behörden, etc. zu ihren Gunsten umzudeuten. Das läuft meist im Grunde darauf hinaus den Behinderungsbegriff ohne seine gesellschaftliche Komponente rein auf die Beziehung zweier Subjekte zu beziehen. Dabei ist der Behinderungsbegriff mit guten Gründen nur Minderheiten vorbehalten, die durch gesellschaftliche Behinderungen von gesellschaftlicher Teilhabe ausgegrenzt werden, direkt (durch Barrieren) oder indirekt (durch „ill-treatment“, also eine Behandlung durch die Gesellschaft, die den Behinderten krank macht und auf diesem Weg Teilhabe behindert oder gar verhindert).
Diese gesellschaftliche Teilhabe besteht nicht im Umgang mit Familie Müller, sondern generell im Umgang mit Mitmenschen aus der Mehrheit und allen ihren funktionalen Segmenten (also nicht nur mit „Arbeitern“, sondern auch mit „Akademikern“). Gesellschaftliche Teilhabe bezieht sich nicht auf jedes einzelne Glied der Gesellschaft direkt und konkret, sondern auf eine Anzahl von Gliedern. Wer als Teil einer großen Masse agiert, hat mehr Verantwortung. Und sofern viele einzeln Handelnde in einer Gesellschaft solche Diskriminierungen leben, muß der Staat eingreifen, da ein strukturelles gesellschaftliches Ungleichgewicht besteht, das eine Minderheit in ihrer gesellschaftlichen Teilhabe erheblich benachteiligt.
Wenn manch einer auch in diesem Zusammenhang eine „Diktatur der Minderheiten“ beklagt, kommt nicht nur die Verunsicherung der Mehrheit über die vielen Punkte an denen heutzutage Diskriminierungen bekämpft werden und gewohnte Abläufe in Frage stellen zum Ausdruck. Der Reflex einer Mehrheit, zu der in vielen inhaltlichen Punkten auch Vertreter der Minderheiten zählen, die selbst in anderen Punkten eigene Diskriminierungen erkennen. Es fehlt oft auch ein Verständnis für den Wert der Gleichberechtigung von Minderheiten anstatt einem plumpen Faustrecht der Mehrheit, zumal so gut wie jeder Mensch mehreren Minderheiten zugehörig ist.
Auch wenn die Herausbildung eines von der falschen medizinischen Herangehensweise grundlegend unabhängigen Behinderungsbegriffs noch auf sich warten läßt, kann man neben der Minderheitenrolle bereits weitere Voraussetzungen für das Vorliegen einer gesellschaftlichen Behinderung eines Individuums benennen. Dies ist das Kriterium der Dauerhaftigkeit (in Deutschland gesetzlich auf 6 Monate definiert). Dies ist vor allem noch das Kriterium der Unfreiwilligkeit. Manchen Gruppen treten wir aufgrund unserer Entscheidungen bei. Für behinderte Bevölkerungsgruppen trifft das nicht zu. Wenn jemand z.B. im Ausland die Landessprache nicht beherrscht, so wird er zwar gesellschaftlich ausgegrenzt, ist aber nach üblichen Verständnis nicht behindert, denn er kann sich im Prinzip jederzeit weiterbilden.
Wenn ein Nichtautist also gerne mündlich kommuniziert und sich unwohl fühlt, wenn er den Gesprächspartner nicht ständig antatschen darf, dann wird er durch Grenzziehung eines Autisten dagegen nicht selbst behindert. Denn in dieser Welt ist er nicht nur ein einzelnes Subjekt, sondern Teil einer ähnlich veranlagten Mehrheit und daher verpflichtet zu Rücksichtnahme auf den Vertreter der Minderheit, also in diesem Beispiel den Autisten. Denn es geht nicht nur um den Kontakt zwischen zwei Menschen, sondern um den Umstand, daß viele Nichtautisten als Gruppe barrierefreien Kontakt zu Autisten abblocken und so Autisten gesellschaftlich ausgrenzen. Wären es nur 5% der Nichtautisten, die so handeln würden, wäre der Einzelfall keine Behinderung. Da aber 90% der Nichtautisten mehr oder weniger schwerwiegend so handeln ist dieses Verhalten kein reines Verhalten einer Einzelperson mehr, sondern Teil gesellschaftlicher Diskriminierung, die ein Unrecht darstellt.
Seit Jahren favorisiert die ESH mit ihrer AG Schule die Onlinebeschulung in Regelklassen. Dabei wird dem autistischen Schüler bei korrekter Umsetzung die Möglichkeit gegeben ohne Entscheidungsdruck von außen online am Unterricht teilzunehmen. Die Entscheidung kann vom Schüler selbst jederzeit geändert werden, er kann also auch ins Schulgebäude gehen, wenn er es zu bestimmten Zeiten will, über die er niemandem Rechenschaft ablegen muß.
Schulbegleitung ist ein älteres Modell, das aus einer Zeit stammt, in welcher man sich noch davor scheute Schule an sich barrierefrei zu gestalten. Bei diesem Modell wird dabei eine Begleitperson eingesetzt um nicht an sich die Barrieren im üblichen Schulalltag beseitigen zu müssen. Internationale Standards weisen jedoch klar den Weg zu Lösungen die möglichst weitgehend ohne Assistenz auskommen, da Assistenz auch immer in einem Zustand der Abhängigkeit gefangenhält, der gerade bei Autisten im großen Mangel an geeigneten Assistenzpersonen besonderes Gewicht erhält.
Aber auch im Rahmen von Onlinebeschulung kann solche Assistenz eingesetzt werden, sofern sich der autistische Schüler dafür entscheidet z.B. einen Tag den Unterricht nicht per Webcam, sondern im jeweiligen Klassenraum selbst zu verfolgen.
Diese Frage nach dem Einsatz einer Schulbegleitung ist nicht einfach pauschal mit ja oder nein zu beantworten, sondern müsste individuell entschieden werden am tatsächlichen Bedarf und im Wissen um die heutige Realität der Umsetzung solcher Schulbegleitung vor Ort.
Schulbegleitung erfolgt zumeist nur für einige Wochenstunden, nicht durchweg über den gesamten Stundenplan. Schulbegleiter werden von den Schulen in der Regel nur akzeptiert, wenn die Schule weisungsbefugt ist. Eltern haben in der Regel keine formale Weisungsbefugnis, geschweige denn der autistische Schüler. Genau dies wäre jedoch ein wichtiger Faktor um tatsächlich von „Assistenz“ sprechen zu können. Barrieren finden sich in der Regel im üblichen Schulalltag, durch bevorzugte Weisungsbefugnis von Schule und Lehrpersonal wird „der Bock zum Gärtner gemacht“. Uns sind Fälle bekannt, in denen engagierte Schulbegleiter von Seiten der Schule Hausverbot erhalten haben, da sie ernsthaft die Interessen des autistischen Schülers vertreten wollten.
Aufgrund dieser Konstellation ist Schulbegleitung in der bisherigen Praxis meist eher eine zusätzliche Aufsichtsperson der Schule, die die Schule vor dem Autisten und auch in der Sache erforderlicher Auseinandersetzung mit Autismus an sich schützen soll, nicht jedoch den autistischen Schüler vor Barrieren im Schulalltag.
Häufig werden Schulbegleiter aus folgenden Gründen bewilligt:
– missverständliche Kommunikationsweise der Lehrer (= Lehrerproblem)
– Mobbing (= Schulproblem hinsichtlich Nulltoleranz bezüglich Mobbing)
– der Schüler wird als störend empfunden (= Lehrer-/Schulproblem)
– Die Eltern möchten, dass auch während der Schulzeit ABA oder eine ähnliche schädliche Therapiemethode stattfindet, bzw. befürchten, der Autist würde ohne ABA in der Schule nichts/das Falsche lernen
Ein Schulbegleiter schützt nicht vor Mobbing (auch nicht durch vom Lehrpersonal ausgehendes Mobbing gegen einzelne Schüler) und das zudem erst recht nicht, wenn er nur wenige Stunden überhaupt anwesend ist.
Bei einem Störempfinden wird in der Regel nicht auf die Bedürfnisse des Schülers adäquat eingegangen, sodass ein Schulbegleiter die sich bis dahin entwickelte Außenseiter- und Unbeliebtheitsrolle nur noch verstärkt. Ziel ist in der Regel ein „Abstellen“ des „Störverhaltens“ und nicht ein abstellen der Ursachen.
Oft ist es auch so, dass der Schulbegleiter durch die Lehrperson als zusätzliche „Lehrperson“ instrumentalisiert wird, so dass der Schulbegleiter dann auch gar nicht mehr Zeit hat, den Autisten 1:1 zu betreuen, weil er noch auf ganz viel anderes achten muss.
Im Rahmen inklusiver Beschulung müssen Lehrer hinsichtlich allgemein effektiverer Kommunikationsformen weitergebildet werden, das gilt auch für alternative Gestaltung der Unterrichtsinhalte entsprechend der unterschiedlichen Lerntypen der Schüler (visuell, akustisch, körperlich/durch Bewegung etc.)
Schüler wollen in der Regel keinen Begleiter und werden daher erst darauf vorbereitet und bearbeitet, diesen als etwas für sie positives anzunehmen und zu „wollen“. – dabei sollte eigentlich der Schülerwille respektiert werden.
Problematisch ist auch, dass insbesondere Schulbegleiter als „Ersatztherapeuten“ durch manche Eltern und/oder Verbände instruiert werden, um bei Autisten auch während der Unterrichtszeit ABA durchzuführen. Das ist diskriminierend. Schulbegleiter sind keine Therapeuten und sollen eigentlich Barrieren für die betreffenden Schüler mindern und nicht noch weitere schaffen, z.B. indem der Schulbegleiter dazu angehalten ist dafür zu sorgen, dass der Autist mündlich mitarbeitet und auch ansonsten nichtautistisches Verhalten simuliert.
Die Frage ist auch: Warum Schulbegleiter?
All die Jahrgänge älterer Autisten kamen ohne Schulbegleiter durch die Schulzeit. Heutzutage lehnen Schulen die Aufnahme autistischer Schüler jedoch im zunehmendem Maße ab, wenn nicht vorher eine Schulbegleitung/ein Integrationshelfer nachgewiesen bewilligt wurde.
Gleichzeitig wird jedoch bei Schülern, die eine Förderschule besuchen, eine Schulbegleitung abgelehnt, weil das dortige Personal kompetent genug sei, wobei dort tatsächlich jedoch oftmals haarsträubende Situationen bestehen, die angeblich „pädagogisch“, aber in keinster Weise reflektiert sind in Bezug auf Autisten und dortige Lehrer trotz vorgeblicher jahrelanger Erfahrung mit Autisten im Alltag durch Unwissenheit im Umgang mit Autisten glänzen.
Möglicher Nachteil durch Schulbegleiter bei mehreren so „geförderten“ Schülern pro Klasse wäre Unruhe und dadurch bedingte geringere Konzentrationsfähigkeiten, wenn bei ruhiger Arbeit ständig verschiedene Gespräche zu unterschiedlichen Lehrinhalten erfolgen.
Manche Kinder wollen nicht aus dem Unterricht geholt werden, empfinden es als Ausgrenzung. Rausschicken gilt im schulischen Zusammenhang sonst als Strafe. Auch herausgeholt werden kann ein belastender Kontrollverlust sein, der die Beziehung zum Unterrichtsgeschehen nachhaltig stören kann, indem ständig befürchtet wird die Fremdbestimmung könne wieder eintreten.
Die Vorstellung, zwei feste Lehrer pro Klasse plus eine feste Assistenz pro Klasse, wäre eventuell eine Möglichkeit, nur würden auch dabei Autisten wahrscheinlich benachteiligt sein, da in der Regel Schüler mit körperlichen Beeinträchtigungen einen „moralischen Vorrang“ gewährt bekämen.
In der Schweiz erfolgen Hilfen für Schüler oder auch in der schulischen Berufsausbildung über Coaches, die nachmittags den Schultag rekapitulieren und vom Schüler berichtete oder durch Dritte umschriebene Problemsituationen durchgehen und Lösungsstrategien auf Augenhöhe mit dem Schüler erarbeiten. Die Zusammenarbeit mit Eltern ist dabei wohl stark ausgeprägt. Finanziert über die IV, was in Deutschland sinngemäß direkt über die Eingliederungshilfe oder mittels Persönlichem Budget finanziert würde.
Problem ist, dass sich manche Schulen gegen Schulbegleiter sperren wie auch Eltern anderer Kinder, die darin eine Übervorteilung vermuten und offenbar die Bedeutung nicht verstanden haben.
In der Regel werden Schulbegleiter beispielsweise auch für Pausensituationen eingesetzt, um nebenher ein „soziales Kompetenztraining“ auf dem Pausenhof am autistischen Schüler zu absolvieren. Bei diesem wie auch bei den anderen beispielhaften Einsatzgebieten für Schulbegleiter, wie sie in der Regel vorkommen – handelt es sich im Grunde um eine diskriminierende, dahinter stehende Sichtweise, die eine vermeintlich ideale Norm als zu erreichenden Maßstab ansieht:
„Soziale Teilhabe und Normalisierung müssen als grundlegende Prinzipien verstanden werden.“ Aus dem Buch „Inklusion für Menschen mit Autismus“ des Bundesverbandes autismus Deutschland e.V., Seite 365, Kapitel „Schule in Bewegung – Die Voraussetzungen für erfolgreiches gemeinsames Lernen“ im Abschnitt „Aufgaben einer inklusiven pädagogischen Förderung“.
Das Ziel von Inklusion – und somit auch des Einsatzes von Schulbegleitern – ist nicht die „Normalisierung“, also Umerziehung von Autisten, sondern die Akzeptanz des Autistisch-Seins und der Abbau von Barrieren, die in der Umwelt des jeweiligen Autisten bestehen und nicht dem veralteten medizinischen Behinderungebegriff beim Autisten selbst zu verorten wären.
Sinnvoller wären wahrscheinlich Coaches für Lehrer – mit einem breitgefächerten Wissen um Barrieren, verschiedene Diagnosebilder und diesbezügliche Notwendigkeiten an Barrierefreiheit. Hierbei wird vorausgesetzt, daß diese Coaches unter Supervision geeigneter Organisationen (Disabled People Organisations) von Autisten stehen und nicht nur wie üblich von Elternverbänden instruiert werden, die entgegen eigener Darstellungen nicht die Interessen von Autisten vertreten.
Weitere relevante Stichpunkte:
Ein selbstausgewählter Schulbegleiter, der in seiner Struktur dem Kind ähnlich ist, wurde von Kind sehr gut angenommen, da sich in der anderen Art nicht mehr als „allein auf der Welt“ angenommen wurde. Noch besser: Lehrer oder Schulleiter sind von ähnlicher Struktur.
Reflektion des Schulbegleiters mit der ESH wirkt sich positiv auf Schulbegleiter aus, da dieser sich nicht „allein gelassen“ fühlt.
Schulbegleiter im Arbeitgebermodell bei Eltern positionieren Eltern günstiger zur Schule, da die Schulen ein größeres Interesse an der Zusammenarbeit mit den Eltern haben: (Eltern „warm halten“, damit die „zweite Kraft“ in der Klasse gewährleistet ist bei zunehmender Regelbeschulung behinderter Kinder und unzulänglicher Zuweisung zusätzlicher Lehrkräfte.)
Schulbegleiter von großen Hilfeträgern sehen sich in der Informationspflicht gegenüber dem Auftraggebers und dem Jugendamt und beziehen weitaus weniger die Eltern in die schulischen Vorgänge ein.
Lt. Studie 65 % der Schulbegleiter von Beruf „Erzieher“. In Erzieherausbildung wird Autismus nur kurz angerissen, aber Erzieher gelten als „Fachleute“ für Autisten und werden von Lehrern als pädagogische Unterstützung eingeordnet, was das Vertrauensverhältnis des Kindes stark beeinflussen kann, da es sich „verraten und verkauft“ fühlen kann .
Wenn Erzieher eine Stelle mit besserer Bezahlung gefunden haben, Wechsel der Beschäftigung. Statistisch höchste Bleibezeit sind 1 1/2 Jahre, pädagogisch sehr bedenklich und für Autisten nicht geeignete Begleitungsdauer.
Erzieher sollte Lebenserfahrung haben, weil von Lehrern und Schulleitern weniger steuerbar und erfahren im Umgang mit Menschen und Vermeiden von Fronten, aber dennoch klare Stellung beziehend für das zu begleitende Kind.
Pflegeeltern sollten sich gegenüber Jugendämtern im Sinne des Kindeswohls besser durchsetzen können und wegen der Nähe zum Kind die Auswahl des Schulbegleiters treffen können.
Jugendämter sollten in der Macht beschnitten werden, einen geeigneten Schulbegleiter aus dem vorhandenen Angebot großer Hilfeträger selbst auszuwählen oder diese Dienste bei großen Hilfeträger anzusiedeln.
Schulen sollten keine Mitwirkungsrechte bei der Einstellung von Schulbegleitern haben, da eine hohe Neigung besteht, sie als pädagogisches Personal einzuverleiben und sie durch Knebelverträge in Schulverpflichtungen zu nehmen, die sich auch gegen Elternrechte richten.
Schulbegleiter, die unhaltbare Zustände an Schulen anzeigen, sollten unmittelbar beim zuständigen Schulamt bei einem Ombutsmann Gehör finden, da viele Schulräte die gute Beziehung zu der jeweiligen Schule nicht riskieren wollen oder die einmal gemachten Beschulungspläne vor Ort nicht aufheben wollen, sie also vor das Kindeswohl stellen.
Jugendämter sollten die Mitwirkung von Interessengemeinschaften von Betreffenden nicht verweigern dürfen, da die Inkompetenz vieler Schulbegleiter dazu führt, dass viele autistische Kinder keinen Anwalt ähnlicher Wesensbeschaffenheit vor Ort haben und deshalb nicht verstanden werden.
Wenn ein Schulbegleiter wegen mangelnder Autismuskompetenz für das Kind nicht geeignet gehalten wird, dann sollte er keine weitere Schulbegleitung eines Autisten übernehmen dürfen, ohne sich vorher bei Autisten entsprechend ausbilden zu lassen.
Zu Schulkonferrenzen mit und ohne Beteiligung von Schulamt und Aufsichtsbehörden muss der Schulbegleiter eingeladen werden.
Wer schon immer wissen wollte wie man
– behinderte Teilnehmer von Seiten einer Behindertenrechtsorganisation diskriminieren
– unter Verwendung einer fünfstelligen Summe ein formal ungültiges Ergebnis erzielen
– das selbstgeschriebene Statut ignorieren
– organisiert von einem Verein, für den ein Regierungsmitglied juristisch vertretungsberechtigt ist, regierungsfern sein
kann, den könnte diese Glosse interessieren.
Willkommen in der ganz besonderen Welt der deutschen Behindertenpolitik.
Einer Welt, in der behinderte Interessenvertreter noch immer in der Minderzahl sind. Einer Welt, in der es völlig normal ist mit Organisationen gemeinsame Sache zu machen, die man zutreffend wohl als Heimkonzerne bezeichnen könnte. Einer Welt, in der man nicht barrierefrei diskutieren muß, weil ja eh schon alles diskutiert wurde. Und weil Denken anstrengend ist, gerade auch wenn man zur Sondermülldeponie sonderpädagogischen Gedankenguts sozialisiert wurde. Einer Welt, in der tatsächliche echte Behindertenvertreter nicht selten kaum einen theoretischen Wissenshintergrund zu dem haben, über das sie sich auslassen.
Einer Welt, die entgegen ihrem Selbstverständnis die konsequente Umsetzung von Behindertenrechten in Deutschland unterm Strich wahrscheinlich deutlich stärker behindert als die Allgemeinpolitik. Was sie natürlich unter keinen Umständen wahrhaben will. Weil man schließlich etwas tun muß. Was auch immer. Und überhaupt, wo man doch auch gar keine Zeit hat.
Lektion 1 – Wir sind alle unheimlich begeistert
Kommt alle her, die ihr mühselig und beladen seid, die ihr euch mit dem Thema Behinderung befasst. Wir schreiben einen Parallelbericht, der dem in der Tat ziemlich fragwürdigen deutschen Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention einen möglichst breit getragenen Bericht von Nichtregierungsorganisationen gegenüberstellen soll. Das wird gut und wir können uns sicher sein, daß es gut sein wird, weil wir gut sind. Deswegen muß man einen Vorschlag der ESH, das Stimmgewicht von Organisationen, die nicht von Behinderten geleitet werden, zu beschränken, auch gar nicht diskutieren. Würde auch die Begeisterung stören, denn wir wollen ja das Richtige aufzeigen und nicht uns gegenseitig kritisch betrachten. Wir sollten uns schon vertrauen, daß es alle Beteiligten gut meinen, auch die, die Millionen mit Einrichtungen umsetzen, die mit der UN-Behindertenrechtskonvention eigentlich gar nicht vereinbar sind.
Soviel Glaube an den Sieg des Guten. Den muß man wohl auch haben, wenn eine Organisation, für die ein Mitglied einer Landesregierung (Landesbehindertenbeauftragter) rechtlich vertretungsberechtigt ist, ein gemeinsames regierungsunabhängiges Positionspapier erstellen will. (Update: Kurt Beck, der Ministerpräsident, der den fraglichen Behindertenbeauftragten in seine Regierung holte, ist nun Pharmalobbyist bei Boehringer-Ingelheim: Quelle) Man sollte das nicht so kleinlich sehen, immerhin ist die im fraglichen Bundesland dominierend regierende Partei seit einigen Jahren nicht mehr im Bund an der Regierung beteiligt gewesen. Gut, der ehemalige Koalitionspartner sitzt ebenso mit in der aktuellen Bundesregierung. Das wird schon alles stimmen, schließlich ist das alles ungeheuer seriös und auch finanziell gefördert von der „Aktion Mensch“. Gut, die frühere „Aktion Sorgenkind“ ist ein Projekt das dem „Adenauerfernsehen“, dem staatsnahen und öffentlich finanzierten ZDF, entsprang. Also dem Fernsehsender dem klassischerweise eine tendenzielle Nähe zur CDU unterstellt wird, die ja auch zufällig gerade die Bundesregierung führt, die den fraglichen Staatenbericht vorgelegt hat. Aber man muß das halt professionell sehen. Sowieso, immer.
Lektion 2 – Wir beschließen ein Statut, aber gründen keinen e.V.
Ja, denn wir wollen uns auf die Sache konzentrieren, um die es geht, nämlich die Einforderung der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland. Da sind wir alle für. Voll total. Auch die, die sonst ja eigentlich nicht dafür sind und üblicherweise als Bremser in Erscheinung treten. Damit alles geregelt wird, beschließen wir ein Statut. Da stehen auch tolle Sachen drin.
Was bedeutet das eigentlich juristisch gesehen, wenn man sowas beschließt, aber keinen e.V. gründet, weil ja nur ein Zusammenschluß für diesen einen begrenzten Zweck beabsichtigt ist und kein neuer Dachverband, derer es ja offenbar schon viel zu viele gibt (nur ein Dachverband von Organisationen, die tatsächlich klar von Behinderten dominiert werden fehlt irgendwie noch, zumindest ist der ESH in Deutschland keiner bekannt)? Na, das bedeutet … man hat halt was gegründet woran man sich halten will. Voll unkompliziert. Und gleich mit festgeschriebenen undemokratischen Sonderrechten für die initiierende Organisation, die bereits oben erwähnt wurde. Super!
Lektion 3 – Wenn die Übernahme von Verantwortung gefragt ist, warum nicht mal kandidieren
Weil das alles so super läuft hat ein ESH-Vertreter auch die Idee sich für eine Kandidatur für das Steuerungsgremium anzubieten. Als Aufpasser.
Zitat aus der betreffenden „Kandidatenvorstellung wrote:
Die Motivation mich hier einzubringen ist vielmehr in der Sorge
begründet, daß wir Behindertenverbände es wieder einmal nicht schaffen
zweifellos auch in der Allianz zu erwartende Lobbyinteressen, die den
eigentlichen Zielen der Allianz und der CRPD widersprechen möglichst
weitgehend aus dem Bericht herauszuhalten. Deswegen halte ich es für
wichtig, daß von Behindertenseite möglichst viele Vertreter maßgeblich
mitwirken, die rhetorisch und intellektuell auch in der Lage sind diese
Aufgabe möglichst gut zu erfüllen. Leider stelle ich auch immer wieder
fest, daß die Erkenntnisse der Disability Studies auch noch immer nicht
von allen Behindertenverbänden vollumfänglich nachvollzogen wurden und
auch daraus eine Gefahr für die Qualität des Parallelberichts erwachsen
kann. Wie sollen wir von der Gesellschaft verlangen dieses Wissen
umzusetzen, wenn wir selbst keinen Parallelbericht vorlegen sollten, der
diesbezüglich auch tadellos ist?
Entweder gefiel diese Einstellung oder keiner hat die Vorstellungen gelesen, manche Fragen werden vielleicht nie gelüftet werden. Zumindest fiel die Wahl tatsächlich auf den ESH-Kandidaten. Die anderen Vertreter in diesem Gremium zählen mehrheitlich nicht persönlich zu behinderten Bevölkerungsgruppen, aber Sorgen muß man sich natürlich nicht machen, alle sind ja vollkommen erfüllt vom gemeinsamen Ziel.
Lektion 4 – Haftung? Aber wir haben doch noch gar keine dritten Zähne
Wie ist das eigentlich mit der Haftung, wenn man nun ein durchaus relevantes Amt in so einer Organisation innehat? Das hängt dann wohl an der Frage welche Rechtsform vorliegt? Rechtsform? Wieso Rechtsform? Wir haben doch gar keinen e.V. gegründet. Naja, es ist gemein, aber der deutsche Gesetzgeber ist tatsächlich der Ansicht, daß alles irgendeine Rechtsform hat. Voll fies:
Bundesjustizministerium wrote:
Wird der Verein nicht eingetragen, so spricht man vom nichteingetragenen Verein oder auch nichtrechtsfähigen Idealverein. Sowohl der rechtsfähige als auch der nichtrechtsfähige Verein kann Träger von Rechten und Pflichten sein, kann klagen und verklagt werden und Vermögen erwerben. Unterschiede zwischen rechtsfähigem und nichtrechtsfähigem Idealverein bestehen jedoch beim Haftungsrecht: Zwar haften die Mitglieder weder beim eingetragenen noch beim nichteingetragenen Verein persönlich für die Verbindlichkeiten des Idealvereins. Beim nichteingetragenen Verein haften die für den Verein handelnden Personen aber neben dem Verein auch persönlich für Rechtsgeschäfte, die im Namen des Vereins abgeschlossen werden (§ 54 Satz 2 BGB). Handelnde Person ist jede Person, die im Namen des Vereins direkt tätig wird und in irgendeiner Weise als Teil des Vereins in Erscheinung tritt.
Ja, aber das wird eben schon alles so in Ordnung sein. Nur keine Sorge, es gibt ja ein Statut. Und überhaupt, ist doch alles total seriös. Und außerdem ist das ja wenn dann das Problem anderer Leute, wenn doch was schiefgehen sollte. Aber das passiert ja nicht. Schon darum, dings.
Lektion 5 – Gelebte Inklusion, Diskriminierungs- und Barrierefreiheit: Barrierefreiheit ist kein Grundrecht, sondern ist ganz normale Abstimmungsmasse
Nachdem der erste ESH-Vertreter sich mit einem Eindruck wie in einer Mobbingsituation frustriert aus diesen Aktivitäten zurückzog, weil z.B. wesentliche Absprachen ausschließlich in Vor-Ort-Treffen beschlossen wurden, obwohl bekannt war, daß dies nicht barrierefrei war, zeigten sich mehr und mehr Mängel im Umgang miteinander. Gut, die Situation war neu, man mußte sich kennenlernen. Es soll hier nicht um „Kleinigkeiten“ gehen.
Nachdem sich immer mehr abzeichnete, daß die anderen gewählten Mitglieder des auch aufgrund der beschlossenen Wahlregeln mehrheitlich von Nichtbehinderten besetzten Steuerungsgremiums gleichwertige Kommunikation mit dem autistischen Mitglied weitgehend verweigerten, nahmen die Versuche zu, diesen Personen zu erklären, welche Barrieren es in dieser Situation gibt. Darauf erfolgte wieder weitgehend keine Antwort. Die bisherige Teilhabelösung basierte aber wesentlich auf der Grundannahme, daß auch qualitativ hochwertiger fernschriftlicher Austausch stattfindet und generell bei allen Beteiligten ein ausreichend guter Wille vorhanden ist niemanden behindernd zu benachteiligen. Die Amtsausführung wird weitgehend nur unter Umständen ermöglicht, die nicht ausreichend barrierefrei sind. Es zeigt sich, daß viel später Beschlüsse behauptet wurden, von denen der autistische Amtsinhaber überhaupt nichts mitbekommen hatte.
In dieser Situation stellte der ESH-Vertreter schließlich fest, daß er diese Rahmenbedingungen nicht mehr mittragen kann und forderte zu einer Neukonzeption der Barrierefreiheit auf, verweist bis dahin auf den fernschriftlichen Weg, über den auch bereits einige Entscheidungen getroffen wurden.
Nun passierte etwas sehr Erstaunliches. Amtskollegen teilten per Mail im Stil einer Abstimmung mit, ob sie dafür sind oder nicht.
Moment mal, was stand da noch im Statut?
Zitat:
3. Beteiligte und Unterstützende(1) An der BRK-Allianz können sich nur deutsche Nichtregierungsorganisationen (Non Governmental Organizations – NGOs) beteiligen, die sich für die volle Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Eine NGO ist dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht gewinnorientiert ausgerichtet und parteipolitisch unabhängig ist, sowie keinen staatlich/öffentlich-rechtlichen Status bzw. keine staatlich/öffentlich-rechtlichen Aufgaben zu erfüllen hat.
Volle Verwirklichung, eine sehr weitreichende Formulierung, die aufgrund des ausdrücklichen Bezugs zur UN-Behindertenrechtskonvention auch ziemlich konkret in die Praxis übertragen werden kann. Fraglich wäre an dieser Stelle wohl, ob es eine „angemessene Vorkehrung“ wäre bis zur Einigung auf eine andere geeignete Lösung zu fernschriftlicher Kommunikation überzugehen.
Die behinderungsbedingende zu geringe Lesegeschwindigkeit anderer Amtsinhaber stand dem auch nicht entgegen. Ohnehin wäre die nicht gewichtiger als die Barrieren für einen Autisten. Über den Vorzug einer bestimmten Gruppe verbietet sich selbstverständlich auch jede Abstimmung.
Es entspann sich auch keine Diskussion darüber was wohl als angemessene Vorkehrung anzusehen wäre. Die wäre für die Gegenseite auch schwierig geworden angesichts der Standpunkte innerhalb der Behindertenrechtskonvention und der Tatsache, daß ein ärztliches Attest vorlag:
Zitat:
Artikel 29 Teilhabe am politischen und öffentlichen LebenDie Vertragsstaaten garantieren Menschen mit Behinderungen die politischen Rechte
sowie die Möglichkeit, diese gleichberechtigt mit anderen zu genießen, und verpflichten
sich,
[…]
b) aktiv ein Umfeld zu fördern, in dem Menschen mit Behinderungen ohne
Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen wirksam und umfassend an der
Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten teilhaben können, und ihre
Teilhabe an den öffentlichen Angelegenheiten zu begünstigen, unter
anderem
i) die Teilhabe in nichtstaatlichen Organisationen und
Vereinigungen, die sich mit dem öffentlichen und politischen Leben ihres Landes
befassen, und an den Tätigkeiten und der Verwaltung politischer Parteien;
Lektion 6 – Best Practice bei Diskriminierungsvorwürfen: Ignorieren und weitermachen
„Die Lebenshilfe fordert Menschen mit Behinderung auf: Sagen Sie selbstbewußt Ihre Meinung. Auch in der Öffentlichkeit.“
Zitat aus dem Grundsatzprogramm der Bundesvereinigung Lebenshilfe vom 12.11.2011
Aber was zählt das alles schon für deutsche „Behindertenrechtler“? Natürlich nichts, man macht auch nach einem entsprechenden Hinweis einfach weiter ohne sich sachlich in auch nur halbwegs angemessener Weise auseinanderzusetzen. Nach diversen weiteren Versuchen zu erklären, daß das so nicht geht was da gemacht wird bleibt schließlich kaum mehr als die Deutung übrig, daß hier ganz bewußt einem Amtsinhaber durch ganz banales Ignorieren ein ausreichend barrierefreier Zugang zur Amtsausübung verwehrt wird.
Offensichtlich blieb also auch kaum ein anderer Schluß übrig als festzustellen, daß, wenn sich nuneinmal nur NGOs beteiligen dürfen, die sich für die volle Verwirklichung von Behindertenrechten einsetzen und man bei Spitzenvertretern solcher NGOs rein lebenspraktisch mit einem Teil dieser NGO zu tun hat, der offenbar einen entsprechenden Rückhalt aufweist um zu solchen Aktivitäten geschickt zu werden, sich diese Amtskollegen nach diesem Maßstab eigentlich gar nicht mehr an der Arbeit beteiligen dürften. Also eine Luftnummer.
Und das auch vor dem Hintergrund persönlicher Haftung von Amtsinhabern, die selbstverständlich in ihrem Handeln an das Statut gebunden sind.
Das auch noch zumal voller Einsatz für Behindertenrechte natürlich auch beinhaltet, sich gegen entsprechende Diskriminierungen zu engagieren – juristisch gesehen auch die eigene.
Ja nu, das ist aber eine blöde Situation. Also zur ersten Absicherung eine Mail an alle veranlasst, die die Problematik veranschaulicht.
Reaktion: Ignorieren (bis auf bekanntgewordene Ausnahmen, die man an einer Hand abzählen kann und die sich auch nicht trauten öffentlich Stellung zu beziehen).
Wohlgemerkt, das betraf jetzt nicht mehr nur die Amtskollegen des ESH-Vertreters, sondern Dutzende „Behindertenrechtler“, theoretisch also sowas wie die versammelte Elite der deutschen Behindertenbewegung.
Lektion 7 – Wenn sich jemand wirklich für Behindertenrechte einsetzt, dann muß er mit allen Mitteln entfernt werden
Ungefähr ein Tag vor einer Vollversammlung aller Vertreter wird mitgeteilt, daß in der Pause dieser Vor-Ort-Versammlung eine Aussprache beabsichtigt wird. Der ESH-Vertreter teilt daraufhin umgehend mit, daß dies nicht barrierefrei wäre, da sich der Livestreamzugang nach der gesammelten Erfahrung nicht für intensive Kommunikation eignet, zumindest sofern die anderen Akteure nicht gewillt sind, gewisse Verhaltensregeln zu erfassen und zu befolgen.
Man kann es sich fast denken: Auch dieser Hinweis wird ignoriert und dann in dieser Pause offenbar eine völlig unangekündigte „Abstimmung“ organisiert. Der Inhalt wurde mittels nachgereichtem schriftlichen Protokoll kundgetan: Innerhalb kurzer Frist soll sich der ESH-Vertreter äußern. Später wurde dann anderes behauptet, das sich aus diesem Protokoll gar nicht entnehmen ließ. Tenor: Entweder der ESH-Vertreter akzeptiert innerhalb einer kurzen Frist Teilnahmebedingungen, die dem vorliegenden ärztlichen Attest nicht Genüge tun und kann das Amt deswegen im Grunde nicht ausreichend ausüben (wer bitte stimmt eigentlich für sowas, wenn man von diesem Vertreter seine Interessen vertreten sehen möchte!?) oder er sei abgewählt. Dem ESH-Vertreter ist bis heute nicht bekannt wieviele Wahlberechtigte sich an dieser Farce eigentlich beteiligten, wer konkret dafür gestimmt haben soll, geschweige denn, daß die vermeintliche Abstimmung wenigstens in Hinblick auf ihr Ergebnis kritisch geprüft werden konnte.
Praktischerweise wurde dann auch eine Neuwahl abgehalten, bei der sich tatsächlich auch Kandidaten fanden und deren Wahlbeteiligung erstaunlich hoch angegeben wurde.
Neben diesem auch vereinsrechtlich extrem fragwürdigen Manöver entwickelt sich zudem der frappiernde Eindruck, daß der Entzug von Barrierefreiheit im Großen und Kleinen auch in diesen Kreisen erschreckend oft ohne größere Bedenken als „Kampfmittel“ im Rahmen der üblichen politischen Rangeleien eingesetzt wird. Dabei sollte sich das gerade in diesen Kreisen eindeutig von selbst im Rahmen des Basisanstands und auch der eigenen Glaubwürdigkeit der jeweiligen Akteure verbieten. Extrem bedenklich hallt auch der Eindruck nach, gerade von der Seite solcher immer zuerst machtpolitisch agierender Personen öfters die Forderung zu hören, es müssten öffentliche Mittel für Hauptamtliche zur Verfügung gestellt werden. Man kann sich vorstellen, wie negativ genau das wirken würde, wenn diese Personen auch noch ein festes finanzielles Interesse daran hätten ihre Pöstchen durchzubringen egal, ob sie gerade faktisch die eigentlichen Ziele der Sache in vermutlich vollem Bewußtsein mit Füßen treten.
Lektion 8 – Gericht schätzt Wahl als ungültig ein
Wie lange vorher immer mal in diesem Kreis angekündigt, rief die ESH als letztes Mittel selbstverständlich ein Gericht an, um diese Rechtsverstöße zu stoppen. Denn mal ehrlich, was ist schlimmer: Diskriminierung durch irgendwelche gedankenlose oder behindertenfeindliche Menschen oder durch solche, die die theoretischen Grundlagen eigentlich kennen und sich trotzdem aus unerfindlichen Gründen nicht daran halten? Besondere Kenntnis und Einsichtsfähigkeit erhöht bei Vergehen in der Regel das Maß der Schuld.
Erstaunliche Erkenntnis daraus: Nach Einschätzung des zuständigen Gerichts wurde der ESH-Vertreter nie rechtsgültig gewählt – sinngemäß abgeleitet die anderen Amtskollegen auch nicht. Wer aber nicht korrekt gewählt worden ist, der kann auch nicht gegen eine Diskriminierung bei der Amtsausübung klagen.
Dumm gelaufen, folglich ist der ganze Bericht praktisch unrettbar ungültig. Da helfen auch symbolische Abstimmungen der Vollversammlung nichts mehr.
Lektion 9 – Rücktrittsaufforderungen der ESH
Was lernt man aus dieser Erfahrung? Nocheinmal: Im deutschen Behindertenrechtsbereich dominieren bis heute Organisationen mit mehr oder weniger fragwürdigen Ausrichtungen, die nicht von Behinderten selbst betrieben werden. Auch die BAG Selbsthilfe kann aufgrund massiver Beteiligung von Angehörigenverbänden wohl nicht als DPO (Disabled People Organisation = eine Organisation, die von Behinderten dominiert wird) betrachtet werden und fällt über ihre Vertreter immer wieder durch absonderliche Aussagen und Verhaltensweisen auf. Selbst Vertreter von DPOs sind zumeist Personen aus der Selbsthilfe und haben meist keine solide Kenntnis über theoretische Grundlagen des sozialen Phänomens „Behinderung“ und agieren zumeist als Kinder dieser Zeit vor allem aus nur mehr oder weniger bruchstückhaft systematisch reflektierten persönlichen Alltagserfahrungen. Einzelne Lichtblicke bleiben die Ausnahme und dringen kaum durch.
Nach diesem nahezu kollektiven Versagen der „ersten Adressen“ der deutschen behindertenpolitischen Szene kann mit einem sehr bitteren Beigeschmack kaum geleugnet werden, daß das wahre Problem, das grundlegende Fortschritte im Alltag für Behinderte in Deutschland wohl seit Jahrzehnten verhindert, nicht bei Politik und Parteien zu finden ist, sondern in der schlechten Qualität der politischen Arbeit der behindertenpolitisch aktiven NGOs selbst.
Es kann nicht sein, daß im o.g. Fall in Erscheinung getretene Behindertendiskriminierer (ja, man muß es jetzt mal so klar benennen) weiter in hervorgehobenen Stellungen Behindertenpolitik betreiben und unkritisiert Sonntagsreden zum Besten geben können, obwohl sie offensichlich gar nicht für die volle Verwirklichung der UN-Behindertenrechtskonvention (also dem aktuellen Mindeststandard) einstehen. Daher werden die folgenden Personen aufgefordert sich umgehend aus allen verantwortlichen Posten mit Bezug zu Behinderungsthemen zurückzuziehen:
– Hans-Günter Heiden („Netzwerk Artikel 3“)
– Claudia Tietz (SoVD)
– Hans-Joachim Krahl (BAGS)
– Dr. Sigrid Arnade (ISL)
– Dr. Markus Schäfers (Lebenshilfe Bundesverband)
– Douglas Ross (Eltern für Integration)
(Diese Vertreter wurden als Funktionsträger von der BRK-Allianz selbst namentlich im Internet genannt)
Machen wir uns nichts vor, das was im o.g. Fall stattfand ist im Grunde noch deutlich schwerwiegender als dies:
Zitat:
Melissa Barton, Mutter des Fünfjährigen, wirft der Klassenlehrerin vor, sie habe Alex aus der Kindergarten-Klasse geworfen, weil sie von den Symptomen seiner Krankheit genervt gewesen sei. Alex brummte ständig und nahm Hausaufgaben in den Mund, um sie zu essen. Als die Lehrerin ihn am vergangenen Freitag wieder vor die Tür gesetzt hatte, ließ sie seine Mitschüler aufschreiben, was sie an Alex nicht mögen. Dann soll der Junge kurzzeitig zurück in die Klasse gebracht worden sein, um sich die Meinungen anzuhören.Es kam zu einer bizarren Abstimmung, bei der Alex wieder vor der Tür stand. Nur zwei Mitschüler waren dafür, dass er zurück kommen sollte. 14 Klassenkameraden waren gegen ihn – und Alex verbrachte den Rest des Tages bei der Schulkrankenschwester, bis ihn seine Mutter abholte.
Diskriminierende Haltungen zeigen ihre Wirkung im ganzen Alltag. Feindlichkeit ist eine Einstellung gegenüber einer bestimmten Gruppe oder einzelnen Personen. Doch was ist feindlich und was nicht? Zu einer möglichst objektiven Herangehensweise an Autistenfeindlichkeit braucht es eine Definition. Da die sozialen Mechanismen gegenüber Autisten dieselben sind wie gegenüber anderen Bevölkerungsgruppen, die Hass und Diskriminierungen erfahren bietet es sich an zur Sondierung der hier relevanten Frage eine anerkannte Definition heranzuziehen, hier fällt die Wahl auf die prägnante Antisemitismusdefinition nach Nathan Sharansky, welcher u.a. als Chef der israelischen Einwanderungsorganisation fungierte:
Zitat:
Trifft eines dieser Kriterien zu, handelt es sich nicht mehr um bloße Kritik: Doppelmoral, Dämonisierung, Delegitimierung
Naheliegenderweise wird dieser Maßstab in der Praxis vor allem auf Aussagen von Personen angewandt. Es kann also nur erfasst werden, was auch ausgedrückt wird.
Ist nun dieser Maßstab angelegt, überkommt den Betrachter der nicht völlig achtlos durch die Welt geht und dem Thema Autismus schoneinmal begegnete vermutlich in den meisten Fällen größtes Unbehagen:
Zeitgeist: Kann man eine Definition für Antisemitismus einfach so auf Autistenfeindlichkeit beziehen?
Autor: Alleine die Frage dürfte schon autistenfeindlich sein? Denn sie spielt mit Delegitimierung.
Z: Aber Autisten sind krank, ein Vergleich mit Autisten beleidigt alle Juden.
A: Traurig diese Geschichtsvergessenheit, gerade zur Nazizeit wurden Juden doch in genau derselben medizinischen Herangehensweise praktisch für erbkranke Asoziale gehalten.
Z: Aber der Fanatismus der Nazis war Unsinn …
A: … genauso wie heutige Doppelmoral, Dämonisierung und Delegitimierung von Autisten Unsinn ist. Es gibt ja noch nicht einmal eine objektive Definition von Krankheit aus der all das logisch ableitbar wäre, das in Diagnosekatalogen ausgeführt wird. Diese Kataloge sind politisch-kulturelle Produkte aus nicht einmal demokratisch legitimierten Gremien und haben nichts mit ernsthafter Wissenschaft zu tun.
Den Lesern, die den Autor nicht das letzte Wort lassen möchten, können gerne das oben verlinkte Forum ansteuern.
Ist Autistenfeindlichkeit rassistisch?
Ja, auch wenn „Rassismus“ sich wörtlich auf den Begriff der Rasse bezieht, muß man heute erkennen, daß es keine Menschenrassen im Sinne einer Realität gibt. Es handelt sich um Konzepte, die Rassisten anwenden, die ihr Weltbild ausmachen.
Die in der Rassismusforschung aktuell am breitesten akzeptierte Definition stammt von dem französischen Soziologen Albert Memmi:
„Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen“ (Memmi, S. 103 u. 164).
Diese Definitionen ist nicht auf rassenbiologisch begründete Rassismen beschränkt, so stützt sich die „rassistische Anklage bald auf einen biologischen und bald auf einen kulturellen Unterschied. Einmal geht sie von der Biologie, dann wieder von der Kultur aus, um daran anschließend allgemeine Rückschlüsse auf die Gesamtheit der Persönlichkeit, des Lebens und der Gruppe des Beschuldigten zu ziehen.“(Memmi, S. 165 f.).
Während bei Memmi die Wertung ein zentrales Element darstellt, verzichtet George M. Fredrickson vollständig auf dieses Kriterium, wodurch seine Definition auch bestimmte ethnozentrische, vor allem aber ethnopluralistische Konzepte einschließt (vgl. Fredrickson, S. 18 f.). Fredricksons Theorie oder Konzeption des Rassismus aus dem Jahr 2002 basiert lediglich auf zwei Komponenten: „Differenz“ und „Macht“.
„Rassismus entspringt einer Denkweise, wodurch «sie» sich von «uns» dauerhaft unterscheiden, ohne dass es die Möglichkeit gäbe, die Unterschiede zu überbrücken. Dieses Gefühl der Differenz liefert ein Motiv beziehungsweise eine Rechtfertigung dafür, dass «wir» unseren Machtvorteil einsetzen, um den ethnorassisch Anderen auf eine Weise zu behandeln, die wir als grausam oder ungerecht ansehen würden, wenn Mitglieder unserer eigenen Gruppe davon betroffen wären“ (Fredrickson, S. 16). „Wollten wir eine knappe Formulierung wagen, so könnten wir sagen, dass Rassismus vorliegt, wenn eine ethnische Gruppe oder ein historisches Kollektiv auf der Grundlage von Differenzen, die sie für erblich und unveränderlich hält, eine andere Gruppe beherrscht, ausschließt oder zu eliminieren versucht“ (Fredsrickson, S. 173).
Nicht die „Differenz“, sondern bereits das „Gefühl der Differenz“ dient – nach Fredrickson – Rassisten als Motiv zur Machtausübung bzw. als Rechtfertigung, um „ethnorassisch Andere“ grausam oder ungerecht zu behandeln. Zur Konstruktion von „wir“ und „sie“ bedarf es keines realen Unterschiedes, es reicht bereits ein «gefühlter Unterschied». Weder konkretisiert er die Art der Machtausübung, diese kann von „einer inoffiziellen, aber durchgängig praktizierten sozialen Diskriminierung bis zum Völkermord“ reichen (Fredrickson, S. 16 f.), noch legt er fest, ob die Differenz biologischer, kultureller, religiöser oder sonstiger Natur ist. „Gewöhnlich greift die Wahrnehmung des Anderen als «Rasse» jedoch Differenzen auf, die in irgend einem Sinne „ethnisch“ sind. Nach der Definition des Politikwissenschaftlers Donald L. Horowitz gründet Ethnizität „auf einem Mythos gemeinsamer Abstammung, die zumeist mit vermeintlich angeborenen Merkmalen einhergeht. Eine gewisse Vorstellung von Merkmalszuschreibung und einer daraus resultierenden Affinität sind vom Konzept der Ethnizität untrennbar.“ Die Kennzeichen und Identifizierungsmerkmale, an die man dabei gewöhnlich denkt, sind Sprache, Religion, Bräuche sowie (angeborene oder erworbene) physische Eigenschaften. Eines oder mehrere davon (manchmal alle), können als Quellen ethnischer Verschiedenheit dienen; jedes von ihnen kann Verachtung, Diskriminierung oder Gewalt seitens der anderen Gruppe hervorrufen, die das Merkmal oder die Merkmale, die zum Kriterium des ethnisch Anderen geworden sind nicht teilt. Man kann, wie ich es in einem früheren Essay einmal getan habe, das Wesen des Rassismus als hierarchisch geordnete Ethnizität beschreiben; mit anderen Worten, Differenz wird unter Einsatz von Macht zu etwas, das Haß erregt und Nachteile mit sich bringt“ (Fredrickson, S. 142).
Noch immer findet der Leitsatz der Behindertenbewegung „Nichts über uns ohne uns“ in Deutschland gerade in Bezug auf Autisten in der Praxis kaum Anwendung. Dieser Zustand ist in Zeiten der UN-Behindertenrechtskonvention (CRPD) und ihren Wertvorstellungen schlichtweg unhaltbar geworden. Intellektuell meist eher schlecht als recht gestaltete Manöver der in Frage gestellten Kreise ignorieren gerne diese Tatsachen und argumentieren unter anderem auch sinnverfälschend mit den neuen Wertbegriffen wie „Inklusion“ für ihre unhaltbaren und ethisch nicht mehr tragbaren Ansätze und versuchen so deren tatsächliche Bedeutung gegenüber der breiten Öffentlichkeit zu verschleiern.
Dieser Text versteht sich als Ergänzung, Bekräftigung und Konkretisierung der auf dieser Site bereits zu diesen Themen zu findenden Darstellungen. Er will nicht erneut Dinge umfassend anschaulich machen, die bereits anderswo erläutert wurden.
Was bedeutet Inklusion nun also eigentlich? Die CRPD baut fundamental auf der Erkenntnis auf, daß Behinderung keine Personeneigenschaft, sondern ein sozialer Vorgang ist. Dies bedeutet, daß aus Menschenrechtssicht erkannt wurde, daß die Gesellschaft diskriminierende Barrieren beseitigen muß. Die Erkenntnis des sozialen Behinderungsmodells geht mit der Erkenntnis einher, daß es falsch war Menschen der Gesellschaft anpassen zu wollen und es richtig ist Menschen in ihrer Natur anzuerkennen und mit ihrer Natur in die Gesellschaft zu inkludieren.
Dennoch ist gerade vielen Angehörigen von Autisten bisher offenbar noch nicht einmal ansatzweise klargeworden, was das für den Umgang mit Autisten praktisch bedeutet. Aber was soll man auch von Elterngruppen erwarten, die mitunter ganz offensichtlich massive Probleme haben selbst grundlegende Aussagen dieser Internetsite zu erfassen:
Elaborat einer Elterngruppe wrote:
Inzwischen gibt es eine neue Bewegung unter Menschen im Autismus-Spektrum, insbesondere
Asperger Autismus, die sich zusammen geschlossen haben, um gegen Stigmatisierung und
Ausgrenzung zu kämpfen (s. www.auties.net). Sie möchten nicht als “behindert” bezeichnet
werden und lehnen jegliche Form von Bevormundung ab.
Andere behinderte Bevölkerungsgruppen wie Gehörlose haben bereits einen langen im Grunde sehr ähnlichen Kampf gegen Umerziehungsgelüste (siehe „Mailänder Kongress“) hinter sich, die u.a. auch von Eltern voller „Fürsorge“ und „Liebe“ vertreten wurden und dennoch systematisch verstanden vor allem elterlicher Eitel- und Bequemlichkeit schmeicheln (z.B. mein Kind soll so sein wie ich, dann wird es glücklich). Sicherlich fällt ein Gehörloser weniger auf, wenn er sich akustisch gut artikulieren und von den Lippen ablesen kann. Dennoch wird dieser „Lösungsansatz“ heute zu Recht als verwerflich betrachtet. Inklusion bedeutet Gehörlose mitsamt ihrer veranlagten Natur und Kultur in die Gesellschaft aufzunehmen, sie nicht dominieren und fremdgestalten zu wollen. Inklusion will Verschiedenheit auf gleichwertiger Ebene annehmen. Der Mechanismus die Folgen von Diskriminierung (z.B. Gehörlose erhalten kaum gleichwertige Erwerbsarbeit) mit noch weitergehender Diskriminierung (z.B. Umerziehung gegen die innere Natur) „heilen“ zu wollen ist hinlänglich erkannt und für valide Argumentationen untauglich geworden. Dennoch kann man weiter von Elternseite lesen (wohlgemerkt in einem Text, der bereits aus beschönigender Verteidigungshaltung entstanden ist):
wie oben wrote:
Wenn wir ihm beibringen, seine Wünsche mit
Worten, Gesten oder Bildern zu artikulieren, wird er schneller und häufiger erfolgreich sein und
das wird ihn weiter motivieren, mit uns zu kommunizieren. Dass wir dafür Lieblingsgegenstände
oder auch essbare Verstärker außer Reichweite unseres Kindes tun, ist deshalb keine
Schikane, sondern dient dazu, unserem Kind mehr Möglichkeiten anzubieten, seine
kommunikativen Fähigkeiten zu trainieren und auszubauen. Während nicht-autistische Kinder
ständig nach Dingen fragen, die sie haben möchten, ohne dass man das speziell mit ihnen
üben müsste, muss man Kinder im Autismus-Spektrum häufiger dazu ermuntern, dies zu tun.
Sie müssen häufiger die Erfahrung machen, dass Kommunikation notwendig ist, damit die
eigenen Bedürfnisse befriedigt werden können. Wie schrecklich und frustrierend muss es sein,
wenn man nie gelernt hat, seine Bedürfnisse zu äußern, sondern darauf angewiesen ist, dass
andere Menschen sie “erraten”. Dies wollen wir unserem Sohn weitest möglich ersparen!
Glaubt man dieser Schilderung würden Autisten auch unabhängig von chronischer Überlastung durch vermeidbar ungeeignete Lebensbedingungen in besonderem Ausmaß extreme Handlungen vollführen. Solches entspricht nicht unserer Erfahrung und muß somit als falsch betrachtet werden. Sicherlich gibt es extreme Handlungen unter autistischen Kindern, sie sind jedoch zum einen eindeutig Ausnahmen und keineswegs die Regel oder gar Teil der autistischen Veranlagung und zum anderen eben durchaus Folgen widriger Umstände, die sich wie auf dieser Site schon mehrfach ausgeführt auch nicht ändern, indem man den Kindern abdressiert (das was oben im Zitat beschrieben wird kann nicht anders bezeichnet werden) ihren Schmerz auszudrücken. Diese Verhaltensweisen zeigen Menschen, wenn sie unter traumatischen Bedingungen leben müssen, von praktisch niemanden verstanden oder im inneren Wesen angenommen werden, etc. Natürlich ist es ebenso falsch anzunehmen Autisten würden von sich aus keine Kommunikation wünschen und suchen. Tut ein Autist dies nicht von sich aus, so hat das Gründe, die man finden sollte statt einfach die Symptome wegwischen zu wollen – egal mit welchen Methoden. Wenn jemand vor Schmerz schreit, dann muß man die Ursache des Schmerzes finden!
Dies alles waren nie Schuldzuweisungen an die Eltern wie zur Zeit der Kühlschrankmutterannahme. Nichtautisten tun sich schwer das Wesen von Autisten völlig zu erfassen und typische eigene Unzulänglichkeiten wie Defizite in der Sprachgenauigkeit abzulegen. Diese Konstellationen sind schlichtweg von Verschiedenartigkeit geprägt, mit denen beide Seiten umgehen müssen. In der Praxis läuft es leider meist darauf hinaus, daß die in der schwächeren Position befindlichen Kindern möglichst weit dahin verbogen werden sollen, wohin die nichtautistischen Eltern sie gerne hätten. Durch diese Vorgehensweise entsteht oft erst die geschilderten heftigen Verhaltensweise, die aber nicht als Folge falscher elterlicher Strategien erkannt wird, sondern im Gegenteil noch als Bestätigung fehlgedeutet wird. Hier geht es also nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum die tatsächlichen Zusammenhänge aufzuzeigen.
Autisten sind entgegen landläufiger Klischees sehr empfindsam und erkennen meist sehr gut was mit Nichtautisten in ihrem Umfeld los ist. Wenn von autistischer Seite keine Kommunikation zustande kommt kann es z.B. einfach daran liegen, daß das autistische Kind deutlich spürt, daß ein Elter gegenüber ihm eine sehr schädliche Einstellung hat und nicht offen für eine Begegnung auf Augenhöhe ist. Einstellungen wie beispielsweise diese schönfärberische Lobeshymne auf die eigene gewalttätige geisterstickende Ignoranz:
Zitat:
Man kann das Kind nicht aus dem Autismus zwingen, sondern man kann es nur aus dem Autismus locken.
In diesem Sinne sei nocheinmal betont: Die Übernahme jeglicher ABA/VB-Kosten im Rahmen z.B. der Eingliederungshilfe ist ein Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention und muß unterbunden werden. Ratsuchende Eltern können sich gerne weiterhin an unser Forum wenden, nachdem sie sich vergewissert haben, daß sie bereit sind sich dort nicht wie wild umherpöbelnde Kolonialherren aufzuführen: http://autismus.ra.unen.de
Stellen wir eine brauchbare weltanschauliche Einstellung auf Elternseite fest (ohne solche ist jede Mühe sowieso umsonst), kommen wir auch gerne zur vertiefenden Situationsanalyse ins Haus, sofern es sich einrichten läßt.
2005 wurde von Suzanne und Bob Wright (Direktor des US-TV-Unternehmens NBC), den Grosseltern eines Autisten, eine Stiftung gegründet, die sich während der kurzen Zeit ihres Bestehens zu einer aggressiv auftretenden Geldsammel-Institution entwickelt hatte, die nicht nur in den USA einen enormen Einfluss auf die Öffentlichkeit ausübt, sondern auch die Forschungsausrichtung zu Autismus massgeblich beeinflusst. Das Ziel der Stiftung ist es, wie Suzanne Wright in einem Gastbeitrag in der Zeitschrift Parade (http://www.parade.com/articles/editions/2008/edition_01-27-2008/Autism_C… 27.1.2008; der Inhalt des Artikels ist mit Stand vom 28.4.2015 in dieser Quelle einsehbar: https://archive.is/rFC85) schrieb, „ultimately eradicate autism for the sake of future generations“ (Autismus zum Wohl zukünftiger Generationen auszurotten; eigene Übersetzung).
Die autismusverachtende Einstellung von Autism Speaks tritt auch immer wieder während der Veranstalungen der Stiftung zutage. So äusserte Wright beispielsweise: „“We are walking toward a future of hope, a future of promise, and a future when autism is not a daily struggle for millions of families but a word for the history books. I’m convinced that together we are going to dramatically change the field of autism in education, research, and treatment. We are indeed entering a new decade for autism.“ (http://www.autismspeaks.org/sponsoredevents/new_decade_for_autism.php; Wir gehen einer Zukunft der Hoffnung, einer Zukunft der Versprechungen entgehen und einer Zukunft, in der Autismus nicht mehr ein täglicher Kampf für millionen von Familien ist, sondern ein Wort für die Geschichtsbücher. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam den Autismusbereich in den Sektoren Bildung, Forschung und Behandlung grundlegend verändern werden. Wir betreten eine neue Ära des Autismus; eigene Übersetzung).
Hauptaktivität von Autism Speaks ist tendenziöse Forschung, die zum Ziel hat, die „Ursachen“ von Autismus zu finden und daraus einen pränatalen Test zu entwickeln, um Spätabtreibungen zu ermöglichen – bei Trisomie 21 entspricht dies bereits heute der üblichen Praxis. Hierbei handelt es sich weitestgehend um Forschung, deren Ausrichtung bereits von Anfang an vorgegeben ist. Diese Zielsetzung prägt die Einstellung, mit der die Wissenschaftler an die zu beantwortenden Fragestellungen herangehen. Es wird davon ausgegangen, daß das, was oft fälschlich und oberflächlich als Autismus wahrgenommen wird, eine feste individuelle Veranlagung sei und der Faktor gravierend mangelnder, oft sogar relativ einfach herzustellender Barrierefreiheit (mangels autistischer Empathie) nicht erkennbar berücksichtigt. Von einem ethischen Standpunkt aus betrachtet, ist eine solche Forschung, deren angestrebte Resultate gewissermassen von vornherein feststehen, überaus problematisch und vom Gesichtspunkt seriöser Wissenschaft her ohnehin. Würde heutzutage beispielsweise ein Forschungsinstitut verkünden, sie wollten die „Ursachen“ für Homosexualität finden, um selbige ausrotten zu können, würde dies eine immense Protestwelle auslösen. Vor einigen Jahrzehnten wäre ein solches Forschungsunterfangen wohl gesellschaftlich gebilligt worden und zahlreiche Personen hätten vermutlich sogar behauptet, dass diese Forschung zum Wohle der Homosexuellen vorangetrieben werden müsse, damit auch diese endlich vollwertige und leistungsfähige Mitglieder der Gesellschaft werden könnten. So abwegig dies in Bezug auf Homosexualität wirken mag, so ist dies doch heutzutage bezüglich Autismus Normalität. Eine ähnliche Entwicklung weg von diskriminierenden kulturellen Vorstellungen, wie sie in Bezug auf Homosexuelle, oder auch Gehörlose in den vergangenen Jahrzehnten vonstatten ging, ist in Bezug auf Autismus zu erwarten.
Tendenziöse Forschung, bei der die Forscher gewissermassen ihre eigene, der Mehrheit entsprechende Sicht der Welt bestätigen wollen, birgt auch allgemeine Problematiken, wie etwa die Unvereinbarkeit mit dem wissenschaftlichen Objektivitätsgebot. So hängt beispielsweise, gemäss Standpunkttheorie, wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn von der Position des Forschers innerhalb der herrschenden gesellschaftlichen Ordnung ab. Forscher, die sich mit den gegebenen Machtverhältnissen identifizieren können, haben, wenn überhaupt, im Gegensatz zu Angehörigen von Minderheiten nur ein geringes Interesse daran, etwas an den herrschenden Umständen verändern zu wollen. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe bestimmt die Perspektive, mit der an eine Fragestellung herangegangen wird, allerdings ist, soweit die Theorie, der Standpunkt einer untergeordneten Gruppe objektiver als derjenige der herrschenden Gruppe, da die Minderheit aufgrund ihrer Minderheitenposition für die herrschende Gruppe Verständnis aufbringen muss und sich dies auch in ihrer Sicht der Welt niederschlägt (Harding 2004). In Bezug auf Autismusforschung bedeutet dies, dass es für ein umfassendes Verständnis von Autismus nötig wäre, die Sichtweise der nichtautistischen Mehrheit zu verlassen, sich von der pathologisierenden, auf Defizite fixierten Beschreibung von Autismus zu distanzieren und die Sichtweise der autistischen Minderheit anzunehmen und davon ausgehend eine ausgewogene Beschreibung von Autismus zu versuchen. Autism Speaks nähert sich diesem Ideal nicht einmal annähernd, versucht stattdessen Autisten durch Einschüchterungsmassnahmen mundtot zu machen und berücksichtigt die Meinungen und Erfahrungen von Autisten nicht einmal ansatzweise in der Erkenntnisgewinnung. Autism Speaks schafft es nicht annähernd, die Herkunft des Gründers aus dem Bereich des Privatfernsehens und dessen Gebarens zu überwinden.
Autism Speaks wurde 2008 von den Vereinten Nationen als Nichtregierungsorganisation anerkannt. Gemäss zugehöriger Pressemitteilung von Autism Speaks, ermögliche diese Anerkennung der Stiftung ein breiteres Publikum und somit verbesserte Möglichkeiten, „to promote the dignity, equal rights, social progress and better standards of life for individuals with autism.“ (die Würde, Gleichberechtigung, sozialen Fortschritt und bessere Standards für das Leben von Individuen mit Autismus zu fördern; Pressemitteilung von Autism Speaks http://www.autismspeaks.org/press/united_nations_ngo_dpi.php 18.12.2008; eigene Übersetzung). Tatsächlich tritt Autism Speaks die Interessen von Autisten regelrecht mit Füssen, so wie die Anerkennung der Stiftung dem Geist der UN Konvention über die Rechte behinderter Menschen widerspricht. Auch eine Zusammenarbeit von Autism Speaks und der Europäischen Union findet statt (http://ec.europa.eu/health/ph_information/dissemination/diseases/autisti…).
Zahlreiche Behindertenorganisationen haben sich mittlerweile öffentlich von der Organisation Autism Speaks distanziert. Diese Organisationen sind der Meinung, dass Autism Speaks die Interessen von Autisten in keiner Weise vertritt, sondern vielmehr auf aggressive Weise die üblichen Vorurteile, die in Bezug auf Autismus im Umlauf sind, verfestige, Falschinformationen verbreite – so wurde beispielsweise in Studien belegt, dass in Familien mit autistischen Kindern Scheidungen nicht wahrscheinlicher sind, als in Familien ohne solche Kinder; Autism Speaks behauptet das Gegenteil – sowie die Position behinderter Menschen nachhaltig schädige. Durch das Auftreten von Autism Speaks würden Klischees und Vorurteile über Autisten verfestigt und dies würde die gesellschaftliche Ausgrenzung autistischer Personen massiv verstärken (offener Brief an die Spender von Autism Speaks http://www.autisticadvocacy.org/modules/smartsection/item.php?itemid=60 7.1.2009 ).
Forschung
2008 wurden 65% der finanziellen Mittel der Stiftung in, wie oben erwähnt, tendenziöse Forschung investiert (Jahresbericht 2008 http://www.autismspeaks.org/docs/Autism_Speaks_Annual_Report_2008.pdf). Das Forschungsprogramm von Autism Speaks besitzt vier Schwerpunkte: (1) die Suche nach den „Ursachen“, (2) die Erforschung der Autismus zugrundeliegenden „biologischen Mechanismen“, (3) eine weitere Ausdifferenzierung der Diagnosemöglichkeiten, damit weniger Autisten undiagnostiziert bleiben sowie (4) die Suche nach möglichst effektiven „Behandlungsmöglichkeiten“. Bei dieser Ausrichtung bleibt, soweit zu erkennen, völlig unbeachtet, welche Rolle das Umfeld bei der Ausprägung „autistischer Symptome“ hat, die oft allgemeinmenschliche Überlastungsreaktionen sind.
Der Bereich der einseitig verzerrten „Ursachenforschung“ ist ganz im Sinne der oben umrissenen Zielsetzung die Hauptaktivität von Autism Speaks. Hauptschwerpunkt des Bereichs ist Genforschung, die durch eine Beteiligung am Autism Genome Project (AGP), das eine Partnerschaft unterschiedlicher Forschungsinstitute darstellt, abgedeckt wird. Grösstenteils handelt es sich hierbei um Forschung, die zum Ziel hat, die „Ursache“ von Autismus zu finden und daraus einen pränatalen Test zu entwickeln (ASAN Central Ohio http://asancentralohio.blogspot.com/2009/08/why-autism-speaks-does-not-s… 16.8.2009; neuere Fassung: http://asansouthwestohio.blogspot.com/2009/10/why-autism-speaks-does-not… ), der zur Folge hätte, dass bei Autisten Spätabtreibungen möglich würden, wie dies bereits massenhaft bei Kindern mit Trisomie 21 üblich ist. So äusserte 2005 Dr. Simon Buxbaum, der damalige Leiter der Mount Sinai School of Medicine, die eng mit dem von Autism Speaks mitbegründeten AGP zusammenarbeitet, es sei nur eine Frage der Zeit, bis endlich die wichtigsten für Autismus verantwortlichen Gene identifiziert wären, was dann die Möglichkeit eines pränatalen Tests für Autismus zur Folge hätte. Buxbaum schätzte die Zeitspanne, die nötig wäre, um einen solchen Test zu entwickeln auf zehn Jahre (MSNBC http://www.msnbc.msn.com/id/7013251 23.2.2005). Die Forschung in diese Richtung wird intensiv vorangetrieben. Anfangs des Jahres 2009 veröffentlichte Professor Baron-Cohen, Leiter eines Forschungsprojektes der Universität von Cambridge, das sich mit den Mengen fetalen Testosterons im Fruchtwasser beschäftigt, im British Journal of Psychology eine Studie, derzufolge die Menge fetalen Testosterons darüber Aufschluss geben könne, ob das Kind autistisch sei (BJP 2009; 100: 1-22). Gemäss Baron-Cohen, dessen Forschungsinstitut sowohl von Autism Speaks, als auch vom Medical Research Council, das gemeinsam mit Autism Speaks, das AGP finanziert, finanziell unterstützt wird, sei nun ein pränataler Test für Autismus in Reichweite, wobei dieser ethische Fragen aufwerfe, da Autisten in Teilbereichen zu Höchstleistungen fähig wären (Medical News http://www.news-medical.net/news/2009/01/12/44865.aspx 12.1.2009). Diese Äusserung impliziert, dass der Wert eines Menschen anhand seiner Leistungsfähigkeit bestimmt werden kann und weniger leistungsfähige Menschen auch weniger wert seien, was veranschaulicht, was in diesen Kreisen mittlerweile unter Ethik verstanden wird. Derart euthanasieartige Vorgänge zu rechtfertigen zeugt von einer Reduzierung des Menschen auf seine ökonomische Leistung und lässt eine grundlegend lebensverachtende Einstellung vermuten.
Insbesondere diese Forschungsprojekte stehen in starker Kritik von Anhängern der Autistic Pride Bewegung und von Abtreibungsgegnern. Es wird befürchtet, dass es, sobald ein solcher Test verfügbar sein wird, zu routinemässigen Abtreibungen kommt. Die werdenden Mütter hätten ohne erhebliche Eingenrecherche faktisch keine angemessene Möglichkeit, zu entscheiden, ob sie das autistische Kind behalten oder abtreiben wollen, da die Informationen über Autismus, die den werdenden Eltern von den Ärzten zur Verfügung gestellt würden, aller Wahrscheinlichkeit nach stark negativ verzerrt wären und es den werdenden Eltern kaum ermöglichen würde, sich ein angemessenes, realistisches Bild über Autismus zu machen. Die werdenden Eltern würden in diesem Fall regelrecht zur Abtreibung gedrängt. Wie sich bereits bei der pränatalen Diagnostik zu Trisomie 21 zeigte, nutzen werdende Eltern dieses Wissen lediglich in den seltensten Fällen, um sich auf das Kind angemessen vorzubereiten oder sich differenziert zu informieren, sondern wählen in 90% der Fälle die Möglichkeit der Abtreibung. Im Falle des Autismus ist auch aufgrund verbreiteter Klischeevorstellungen zu Autismus von einer ähnlichen Entwicklung auszugehen. Ausserdem wird kritisiert, dass Steuergelder in eugenische Forschung investiert werden (ASAN http://www.autisticadvocacy.org/modules/smartsection/item.php?itemid=25 13.3.2008). Eine Hochrechnung der privaten Website Ventura 33 ergab, dass es – unter der Annahme, dass es viel mehr Menschen gibt, die autistisches Erbgut haben – durchaus denkbar wäre, dass nicht nur Feten abgetrieben würden, die später tatsächlich auch eine Autismusdiagnose bekämen, sondern weitaus mehr Personen – unter Umständen mehr als 100 Millionen. Dies entspricht mehr als einem Drittel der gesamten US-Bevölkerung und wäre, sofern es tatsächlich zu routinemässigen Abtreibungen kommen sollte, die grösste eugenische Tötungsaktion der Geschichte (Autistic Genocide Clock http://www.ventura33.com/clock/ ). Ferner unterstützt Autism Speaks Forschungsprojekte, die sich mit der Fragestellung beschäftigen, inwiefern Autismus durch Umwelteinflüsse, wie beispielsweise durch Umweltgifte, verursacht werden kann. Allerdings werden auch hierbei veränderbare Einflüsse der Umgebung ausgeblendet und daraus resultierende Überlastungreaktionen fälschlicherweise Autismus zugeschrieben. Einen weiteren Schwerpunkt im Bereich der „Ursachenforschung“ bildet ein „Autism Epidemology Network“, das gemeinsam von Autism Speaks und den Centers for Disease Control and Prevention (CDC), das ein internationales Netzwerk dastellt, in dem Informationen zur Epidemologie von Autismus gesammelt werden. In den 90er Jahren begannen sich die Autismusdiagnosen zu häufen und zeitgleich wurden auch zunehmend mehr Kinder mit der MMR-Impfung geimpft. Es entbrannte eine lang anhaltende Debatte darüber, inwiefern Autismus durch mögliche Impfschäden verursacht sei (About.com:Autism http://autism.about.com/od/causesofautism/a/MMRVaccine.htm 1.6.2009). Mittlerweile gilt diese These als widerlegt, hat aber noch immer ihre Anhänger. Die Position von Autism Speaks ist eindeutig: Die MMR-Impfung sei eine gute Sache und nicht für Autismus verantwortlich. Indes wird auch anhand dieser Impfdebatte erkenntlich, wie Autism Speaks mit Andersdenkenden umgeht. Katie, die Tochter von Susan und Bob Wright und die Mutter des Autisten, ist nämlich, entgegen der Meinung von Autism Speaks, davon überzeugt, dass der Autismus ihres Sohnes durch einen Impfschaden zustande kam. Diese Meinung vertritt sie auch öffentlich und bekommt wohl auch durch ihre Nähe zu Autism Speaks mediale Aufmerksamkeit. Dies führte zu einem familiären Zerwürfnis und die Wrights distanzierten sich öffentlich von Katies Meinung. Zahlreiche Eltern befürchten, dass Autism Speaks sich zu sehr auf die möglichen genetischen „Ursachen“ von Autismus fixiert und andere Möglichkeiten nicht beachtet. Die Wrights gehen nicht auf diese Befürchtungen ein (New York Times http://www.nytimes.com/2007/06/18/us/18autism.html 18.6.2007). Indes hat diese Debatte auch Auswirkungen auf Autism Speaks. So befürchten einige Anhänger der Stiftung – aufgrund von Forschungsprojekten, die sich mit Umwelteinflüssen auf die Entstehung von Autismus beschäftigen -, dass Katie die Ausrichtung von Autism Speaks massgeblich prägen könnte. Es kam bereits zu mehreren Austritten von Vorstandsmitgliedern (post-gazette.com http://www.post-gazette.com/pg/09228/991232-114.stm 16.8.2009). Die Gerichte, die sich mit Klagen von Eltern gegen Pharmakonzerne aufgrund von angeblich durch Impfschäden verursachten Autismus befassen, teilen die Ansicht von Autism Speaks, dass es keinen Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und Autismus gibt. Staatliche Gesundheitsexperten sind in den USA ebenfalls dieser Ansicht (healthfinder.gov http://www.healthfinder.gov/news/newsstory.aspx?docID=624083 12.2.2009).
Der zweite Forschungsschwerpunkt, nämlich die Autismus zugrundeliegenden biologischen Mechanismen, beinhaltet Forschungsprojekte in den Bereichen Neurowissenschaft, Physiologie sowie Molekularbiologie. Als eines der Hauptprojekte in diesem Bereich ist eine Brain Development Initiative zu erwähnen, die zum Ziel hat, herauszufinden, weswegen sich die Hirnstrukturen von Autisten mitunter erheblich von denjenigen nichtautistischer Menschen unterscheiden würden.
Dritter Forschungsschwerpunkt ist die Suche nach neuen Diagnosemethoden, mit denen effizientere und frühere Diagnosen gestellt werden können, als es heute der Fall ist. Dieser Schwerpunkt wird weitgehend durch das High Risk Baby Siblings Research Consortium, ein Konsortium, das von Autism Speaks und dem nationalen Gesundheitsministerium betrieben wird, abgedeckt. Ziel ist es, namhafte Forscher im Bereich Autismusforschung zu vereinen und dadurch möglichst effektive Diagnosemethoden zu entwickeln. Hier spielen Erkenntnisse aus den ersten beiden Forschungsschwerpunkten eine entscheidende Rolle. Solche verbesserten Diagnosemöglichkeiten hätten vor allem zur Folge, dass noch früher mit möglichen, schädlichen Therapien angefangen würde und die Kinder noch stärkerem Anpassungsdruck ausgesetzt wären.
Den vierten Schwerpunkt bildet die Entwicklung neuer Therapiemethoden und Weiterentwicklung bestehender Therapien, damit die autistischen Kinder möglichst effektiv zu nichtautistischen Kindern umerzogen werden könnten. Die Schäden, die durch die Umerziehung von Links- zu Rechtshändern verursacht werden, gelten mittlerweile als anerkannt, für Autismus steht ein solcher Nachweis, vermutlich vor allem aufgrund der einseitigen Forschungsausrichtung zu Autismus, noch aus.
Öffentlichkeitsarbeit
Ein weiterer Bereich der Aktivität von Autism Speaks beinhaltet die Öffentlichkeitsarbeit, für die insgesamt 31% der finanziellen Mittel verwendet werden, wobei 3% davon speziell für die Beziehung zur Regierung reserviert sind. Dabei ist anzumerken, dass dies gleichzeitig das – oft mit kitschigen, klischeehaften Spendenaufrufen agierende – Finanzierungsmodell von Autism Speaks darstellt. Bei diesem Bereich handelt es sich keineswegs um Öffentlichkeitsarbeit im Interesse autistischer Menschen, geschweige denn sachlich ernstzunehmende Aufklärung, sondern weitestgehend um die Etablierung eines einflussreichen Netzwerkes, das Autism Speaks ermöglicht eigene Interessen möglichst ungehindert durchsetzen zu können. Autisten kommen in diesen öffentlichen Darstellungen nicht zu Wort und werden häufig gewissermassen als von Autismus besessen dargestellt. Es wird von Autism Speaks davon ausgegangen, dass Autismus von der eigentlichen Persönlichkeit eines Menschen getrennt werden könne und der unter Autismus verschüttete Mensch befreit werden müsse. Das Selbstbestimmungsrecht behinderter Menschen wird von Autism Speaks weitestgehend ignoriert und Autisten, die sich öffentlich kritisch äussern, müssen damit rechnen, verklagt zu werden. Auch beschäftigt Autism Speaks nicht einmal symbolisch Autisten in führenden Positionen. Diese Problematik wurde von Autism Speaks zwar eingestanden und es wurde versprochen, etwas diesbezüglich zu ändern, allerdings blieb es bislang bei diesen Versprechungen. Diese Verweigerung der Möglichkeit zur Teilhabe an den relevanten Entscheidungsprozessen verstosse gemäss ASAN gegen den Geist der Menschenrechte (ASAN http://www.autisticadvocacy.org/modules/smartsection/item.php?itemid=25 13.3.2008).
In den wenigen Jahren ihres Bestehens gelang es Autism Speaks immensen Druck auf Regierungen und internationale Organisationen aufzubauen. So wurde beispielsweise 2008 von Autism Speaks eine Website namens „AutismVotes.org“ eingerichtet, die aufzeigt, welchen Stand welche Vorlagen im Parlament besitzen und auch eine Plattform bietet, effektive Lobby-Arbeit zu betreiben. Bereits vor den letzten Präsidentschaftswahlen lancierte Autism Speaks eine Kampagne, mit der die Präsidentschaftskandidaten bereits vor ihrer möglichen Wahl, über effektive Unterstützungsmöglichkeiten der Organisation informiert wurden. Auch der amtierende Präsident der USA, Barack Obama, konnte für die Ziele von Autism Speaks gewonnen werden. Obama versprach in einer Rede vom 30. September 2009 den bislang grössten Betrag, den die amerikanische Regierung in Autismusforschung, die massgeblich von Autism Speaks wie erwähnt tendenziös geprägt wird, zu investieren – gemäss Angaben von Autism Speaks beläuft sich dieser auf fünf Milliarden Dollar. Indes ist anzumerken, dass die amerikanische Regierung mittlerweile offenbar auch den Dialog mit Vertretern der Autistic Pride Bewegung sucht. So nominierte Obama am 16.12.2009 (Pressemitteilung des Weissen Hauses http://www.whitehouse.gov/the-press-office/president-obama-announces-mor…) Ari Ne‘eman, den Vorsitzenden des Autistic Self Advocacy Network (ASAN) in den National Council on Disability (NCD). Der 1978 innerhalb des amerikanischen Bildungsministeriums gegründete NCD umfasst 15 Mitglieder, die eine Beratungsfunktion inne haben und Strategien erarbeiten sollen, die es behinderten Menschen ermöglichen, ein gleichberechtigtes Leben zu führen.
Die Öffentlichkeitsarbeit von Autism Speaks zeichnet sich insbesondere durch reisserische Kampagnen aus, die keineswegs echte Aufklärung darstellen, sondern eine überaus verzerrende, klischeehafte Darstellung von Autismus bieten, die mit Autismus an sich im Grunde kaum etwas zu tun hat und vielmehr der Generierung von Spendengeldern dient. In der Vergangenheit wurden gegen Anhänger der Autistic Pride Bewegung, die sich gegen eine solche öffentliche Darstellung wehrten, immer wieder Einschüchterungsmassnahmen unternommen, obwohl dieser Widerstand klar in den Bereich der Meinungsfreiheit fällt und somit legal ist. So wurde beispielsweise einer 14-jährigen Autistin, die eine Parodiewebsite namens NT-Speaks betrieb, mit Geldforderungen, die sich auf $90‘000 belaufen, gedroht, sofern sie nicht bereit sei, die Website offline zu nehmen, den Quellcode zu zerstören und die Domain Autism Speaks zu überschreiben (About.com:Autism http://autism.about.com/b/2008/01/22/when-is-a-humorous-site-not-so-funn… 22.1.2008). Auch ein autistischer Blogger, der T-Shirts mit der Aufschrift „Autism Speaks can go away. I have autism. I can speak for myself“ (Autism Speaks kann verschwinden. Ich habe Autismus. Ich kann für mich selbst sprechen.; eigene Übersetzung) verkaufte, wurde von der Firma, bei der er die T-Shirts vertrieb, benachrichtigt, dass Autism Speaks auf sie zugekommen sei und es aufgrund möglicher rechtlicher Konsequenzen am Besten sei, wenn er die T-Shirts aus seinem Online-Shop nehmen würde. Auf Nachfragen behauptet die Firma mittlerweile, Autism Speaks hätte ein anderes T-Shirt bemängelt, allerdings wurde nicht bekannt gegeben, um welches es sich handle und Autism Speaks behauptet, die Firma niemals kontaktiert zu haben (WrongPlanet http://www.wrongplanet.net/article371.html ). Indes können Anhänger der Autistic Pride Bewegung diesbezüglich auch Erfolge verbuchen. Nach erheblichen Protesten wurde beispielsweise das Video „I am Autism“ (Link zum Video: http://www.youtube.com/watch?v=HDdcDlQVYtM), in dem eine Stimme, die wohl den Autismus verkörpern sollte, davon sprach, wie böse Autismus sei und, dass Autismus das autistische Kind gewissermassen entführt habe sowie die negativen Auswirkungen, die Autismus auf das Umfeld des autistischen Kindes ausübe, erwähnte, von der Website von Autism Speaks entfernt und der Inhalt des Videos als persönlicher Ausdruck der Macher des Films, die beide ein autistisches Kind zu Hause hätten, bezeichnet (Time http://www.time.com/time/health/article/0,8599,1935959,00.html 6.11.2009).
Aktivitäten angeblich zugunsten von Familien mit autistischen Kindern
4% der Gesamtsumme werden für Familien mit autistischen Kindern investiert, wobei es sich hierbei, soweit erkennbar ist, faktisch um Aktivitäten handelt, die den autistischen Kindern keinen Nutzen bringen und für sie womöglich sogar schädlich sind. Inwiefern diese Aktivität von der Öffentlichkeitsarbeit zu trennen ist, ist fraglich. Die Vermutung, dass es sich hierbei um einen Tätigkeitsbereich handelt, der weitgehend eine Fassadenaktivität zur Generierung neuer Spendengelder und der Vermittlung eines Wohltätigkeitsimages darstellt, scheint naheliegend. Die Schwerpunkte in diesem Bereich waren 2008 ein „100 day kit“ als Ratgeber für Eltern für die ersten 100 Tage nach der Diagnose sowie einen ebensolchen Ratgeber für die Schule, finanzielle Mittel für Therapieeinrichtungen, Datenbanken in denen sich Eltern über Therapeuten u.ä. in ihrer Nähe informieren können, finanzielle Unterstützung für in Not geratene Familien, eine Beratungshotline und ein Beratungsprogramm für Eltern mit inzwischen erwachsenen autistischen Kindern. Anfang des Jahres 2009 kürzte Autism Speaks die Gelder dieses Bereichs um 15%. Gemäss der Stiftung sei dieser Schritt aufgrund der Wirtschaftskrise erforderlich gewesen (examiner.com http://www.examiner.com/x-21742-Long-Island-Autism-Examiner~y2009m12d2-A… 2.12.2008). Hierbei handelt es sich sowohl um den deutlich kleinsten, als auch den einzigen Sektor, der tatsächlich für Familien mit autistischen Kindern und Autisten investiert wird. Aufgrund dieser Kürzung liegt die Annahme nahe, dass es Autism Speaks, wenn überhaupt, nur zweitrangig darum geht, Autisten tatsächlich zu unterstützen.