Autismus - ohne wäre die Normalität gestört

 

 

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Zerrüttetes Vertrauen als Barriere

Im aktuell umfassend geschilderten Fallbericht kommt auch diese Thematik zur Sprache, die wir bereits aus diversen Fällen in der einen oder anderen Weise kennen. Es ist an der Zeit auch diese Problematik in einem eigenen Artikel als existierende Barriere zu umschreiben.

Jeder neue Kontakt eines Autisten z.B. mit einer Behörde ist auch der Beginn eines sich entwickelnden Verhältnisses. Vielleicht zu einzelnen Sachbearbeitern, oft auch eher zu einer ganzen Behörde, deren handelnde Personen stur eine bestimmte für den Autisten nicht zugängliche Standardlinie verfolgen.

Wenn zu Beginn vom Autisten versucht wird, darauf hinzuweisen, welche Faktoren für einen barrierefreien und daraus möglichst einfachen und in der Sache gelingenden Kontakt zu beachten wären, dann sind viele Reaktionen der anderen Seite möglich. Vielleicht wird gewissenhaft darauf eingegangen, der Kontakt zu dieser Stelle gelingt und die Sache kann relativ einfach für beide Seiten erledigt werden. Vielleicht aber, und selten ist das leider bis heute ganz und gar nicht, stellen sich die handelnden Personen auf der anderen Seite quer, übergehen diese Punkte nach Möglichkeit und spulen stur und rechtswidrig weiter ihr Standardvorgehen ab, etc.

Im letzten Fall ergeben sich schon von der Sache her dann entsprechende Probleme, etwas erledigt zu bekommen wird letztlich für beide Seiten teils ganz erheblich schwieriger. Dieser Effekt ist vordergründig offensichtlich. Hintergründig kann sich jedoch wirkend auf Seite des Autisten bei solchen Abläufen auch noch eine weitere zusätzliche und wegen ihrer Hintergründigkeit bisher oft noch wenig beachtete Barriere herausbilden, die für sich genommen in ihren Auswirkungen als ganz und gar nicht unbedeutend eingeordnet zu werden hat.

Aus unserer Erfahrung in der Selbsthilfe beschreiben wir dieses zerrüttete Vertrauensverhältnis hier als etwas, das auf Seite der Autisten meist selektiv im Kontakt zu den jeweiligen Personen oder dieser sich eher einheitlich gebenden Behörde, sonstigen Stelle oder auch zu Wirtschaftsunternehmen aller Art schwere Folgen nach sich ziehen kann, z.B. bis hin zu Angst- und Panikzuständen, die es einem Autisten zusätzlich unmöglich machen sich in Kontaktsituationen mit diesen zu begeben. Die hier beispielhaft genannten Panikzustände sind oft nicht kontrollierbar, ein breiter verständlicher Vergleich könnte zu unüberwindlicher Höhenangst gezogen werden, bei der jemandem sein Körper einfach nicht mehr gehorcht.

Gegenüber Stellen, die aufgrund ihres Gebahrens einen Eindruck geringer Zuverlässigkeit erwecken, die z.B. getroffene Absprachen wahrscheinlich nicht genügend einhalten würden, da sie das Barrierefreiheitsthema dem Anschein nach kaum in der für Autisten erforderlichen Ernsthaftigkeit und Genauigkeit beachten, die schon in ihren Antworten daran scheitern inhaltlich korrekt das aufzugreifen, was für die Herstellung eines barrierefreien Zugangs zu ihnen erforderlich wäre oder die bereits zurückliegend Absprachen tatsächlich nicht gewissenhaft und in erforderlicher Weise einhielten gäbe es zudem die Option rechtlicher Absicherungen durch vertraglich festgelegte strafbewehrte Dokumente, in denen zu beachtende Dinge aufgezählt werden können. Die Höhe der vorgesehenen Strafe sollte so beziffert werden, daß sie diese Stelle auch wirklich entsprechend dem Risiko von Übergriffen auf Seite des Autisten entsprechend schmerzlich spürbar sein könnte. Damit verbunden sollte ggf. auch das Angebot einer Einwilligung zu geeigneter beweissichernder Dokumentation werden, denn wenn der Autist aus seinem Verfügungsbereich heraus einen Bruch der Absprache nicht gerichtsfest nachweisen könnte, würde in ihr keinerlei wirksamer Absicherung bestehen, denn die andere Seite könnte einfach bestreiten, daß der Autist z.B. körperlich angefasst wurde. Das würde dann aber auch kein gesteigertes Sicherheitsgefühl nach sich ziehen können, das einem Autisten dann erst wieder innerlich ermöglichen könnte sich einer Situation auszusetzen, da die Gegenseite zu dieser vertrauensbildenden Maßnahme zur Bekräftigung getroffener Absprachen bereit war. Zumindest wenn eine solche abgesicherte Konstellation zvor nicht bereits gescheitert war, da Absprachen trotzdem nicht umgesetzt wurden.

Würde eine Stelle die strafbewehrte Version einer Absprache zu Bedingungen der barrierefreien Zugänglichkeit ablehnen, darf daraus dann abgeleitet werden, daß diese Stelle sich selbst nicht hinreichend sicher ist, daß das eigene Personal die Absprache sicher umsetzen würde, was dann wieder die Unmöglichkeit dieser angebotenen Vorgehensalternative vom Autisten her an sich bedingen dürfte.

Zu Tag 149 ist im oben bereits verlinkten Fallbericht beispielhaft als eine Version davon bereits nachzulesen: „[…] eine solche Ihnen zusätzlich eröffnete Ersatzlösung aufgrund des von Seiten Ihrer Behörde schuldhaft zerrütteten Vertrauensverhältnisses und dessen unabänderlichen psychischen Folgen (zu erwartende nicht kontrollierbare Panik- und Angstblockade) eine solche Lösung zu eröffnen, bei der Ihre Behörde nun strafbewehrt versichern müsste, dass alle gemachten Absprachen durch die beteiligten Mitarbeiter Ihrer Behörde – sowie weiteres möglicherweise am gewählten Ort agierendes Sicherheitspersonal das z.B. zur Gebäudeverwaltung zählen könnte – unbedingt und vollumfänglich durch diese eingehalten würden. Sollte dagegen verstoßen werden, wäre eine einklagbare Vertragsstrafe von 1000€ von Ihrer Behörde her fällig. Und sollten Sie darauf nicht eingehen, dann wäre dies ein klarer Hinweis darauf, dass Sie selbst nicht darauf vertrauen würden, dass Ihre Mitarbeiter diese Abmachungen und Anforderungen sicher vollständig einhalten würden. Zwecks beweishafter Dokumentation wäre dann als weitere Bedingung das Einverständnis Voraussetzung gewesen von meiner Seite die gesamte Begegnung mit Ihren Mitarbeitern in Bild und Ton aufzuzeichnen.“

Dies bietet sich insbesondere in Konstellationen an, die auch körperlichen Kontakt umfassen und bei denen eine Vielzahl entsprechender Übergriffe und Verletzungen stattfinden könnten, weiteres beispielhaftes Zitat mit einer nicht abschließenden Aufzählung einiger nicht unwahrscheinlicher Übergriffe solcher Art von Tag 149: „Die ID-Prüfung findet wie beschrieben statt (kein mündliches Sprechen (unter mündlicher Kommunikation verstehe ich auch eine Begrüßung wzb „Hallo“ oder eine Verabschiedung „Tschüss“. Dies darf NICHT bei einem ID-Termin mit mir stattfinden), keine sonstigen Mitteilungen, keine körperlichen Berührungen oder Annäherung auf mehr als Griffweite zu meinem Rumpf, kein körperliches Bedrängen oder in den Weg stellen), jedoch abweichend vor dem Haupteingang des Jobcenters unter freiem Himmel“

Nicht jeder Autist neigt bei dieser Barriere zu Angst- und Panikattacken in dieser Weise, für andere kann sich auch eine erheblich reduzierte selektive Handlungsfähigkeit oder gar eine völlige selektive Handlungsunfähigkeit ergeben, indem er einfach nicht mehr in der Lage ist diese Situation für sich zu kalkulieren, Punkte zu finden, an denen im eigenen Handeln gegenüber dieser Stelle oder Person angesetzt werden kann, von denen ausgehend noch zu der Sache überhaupt weiter überlegt werden könnte, sich mit dem Gegenstand gedanklich überhaupt noch in sich zu befassen. Und das kann eine kontaktspezifisch-selektive Nichtzugänglichkeit für Autisten bedingen, die für sich genommen vergleichbar ist mit der Nichtzugänglichkeit durch Barrieren eher physischer oder körperlich-sensorischer Art. Während einer solchen selektiven Handlungsunfähigkeit können andere Kontakte wie gewohnt weiterlaufen, die in sich in der Gesamtbetrachtung vieler Faktoren keine entsprechend schwerwiegenden Barrieren aufweisen.

Folge derart fehlender Zugänglichkeit kann bei Autisten auch sein, daß bei nicht völliger durch die Umstände eines Kontakts bedingter selektiver Handlungsunfähigkeit ein komplexerer Sachverhalt, um den es in diesem speziellen Kontakt gehen würde nicht mehr gleichzeitig als Ganzes verhandelt werden kann, sondern nur noch Detailpunkt nach Detailpunkt. Etwa in dem Sinne, daß erst rein Detailpunkt 1 einvernehmlich geklärt sein müßte um dann danach einen neuen Detailpunkt angehen zu können, der dafür genügend überschaubar oder im Ansatz greifbar wirkt, um in der Kommunikation mit der anderen, Barrierefreiheit nicht umfassend zugestehenden, Seite doch noch langsam in der Angelegenheit vorankommen zu können.

Aus einer selektiv nicht zugänglichen Konstellation kann sich dann ebenso zudem auch ein Triggerkomplex herausbilden, also etwas das bei der reinen Erwähnung der fraglichen Stelle oder Person selektiv erheblich reduzierte Handlungfähigkeit oder gänzliche Handlungsunfähigkeit bewirken kann. Dafür kann z.B. ausreichen, daß nur ein Brief soeiner Stelle oder Person erhalten wird.

Die Folgen der Nichtzugänglichkeit in einem Kontakt, insbesondere z.B. zu Behörden, zu „Trägern öffentlicher Gewalt“, denen Bewohner eines Staates oft sozusagen ja ausgeliefert sind und die sozusagen darüber hinaus auch sinngemäß und empfunden Vertreter eines ganzen Gemeinwesens sind, sind zudem nicht immer nur selektiv auf diesen einzelnen Kontakt bezogen. Es kann sich bei Autisten in Folge solcher unversöhnlich, gnadenlos wirkenden Barrieren auch allgemeinere Handlungsfähigkeit einstellen bis hin zu wachsender Unfähigkeit eigene alltägliche, grundlegenere Angelegenheiten noch von sich heraus zu bewältigen. Die ganze Existenz des Autisten kann davon über längere Zeiträume überschattet werden und würde in dem Fall eine allgemein fortwirkende Belastung darstellen. Wir meinen dies mag von außen betrachtet dann depressiven Zuständen ähneln, stellt aber eigentlich etwas ganz anderes dar.

Daneben können solche Widrigkeiten um verweigerte Barrierefreiheit Autisten sicherlich auch depressiv machen oder gar schwere Depressionen bedingen. Zumal wenn sich solche Erlebnisse über seltene Einzelfälle hinaus in eigenen Lebensbereich häufen.

Nach unseren Erfahrungen liegt in der Dynamik der Barriere eines zerrütteten Vertrauensverhältnisses in einem Bereich des gesellschaftlichen Teilhabe bisher sehr häufig ein besonderes Eskalationspotenzial, das es angemessen erscheinen lassen könnte besonders zu ihr hervorgehoben allgemeingesellschaftliche Bewußtseinsbildung anzustreben.

Diese Barriere tritt in der Regel nur gegenüber Stellen oder Personen auf, die sich gegenüber Autisten sowieso bereits in irgendeiner schwerwiegenden Weise ignorant verhalten. Desöfteren kam es uns vor als würde z.B. in einer Behörde ein übliches allgemeines Drehbuch existieren „Querulanten“ in mehreren Schritten in die dort vorgesehene Spur zu drücken. Der Autist auf der anderen Seite weist hingegen oft auf einige typische Probleme hin. Da diese häufigen Schwierigkeiten fast nie auf Anhieb umfassend korrekt verstanden werden, ist bedeutend wie darauf reagiert wird, ob erkennbar wird, daß die andere Seite mitdenkt und so „psychische Verletzungen“ des Autisten vermeiden wird. Wenn darauf eingegangen wird kann ein zu Beginn neutral – oder aufgrund wiederholt schlechter zurückliegender Erfahrungen schon von Beginn an mehr skeptisch bis als belastend, kräftezehrend – empfundener Kontakt eine sich entwickelnde günstige Vertrauensgrundlage nach sich ziehen, aus deren Geschichte sich mehr und mehr Ansatzpunkte für ein Mitdenken, ein Mitwirken des Autisten ergeben.

Ignorant vorgehende Stellen oder Personen meinen wohl oft, der Autist habe zu Anfang irgendwelche Mondforderungen gestellt, sie wähnen sich in einer basarartigen Verhandlungssituation, wie sie sie wohl tatsächlich in vielen Kontakten zu Nichtautisten auch tatsächlich vorfinden werden. Manchmal picken sich solche Leute dann irgendetwas heraus und stimmen dem zu. Der Autist hat aber von sich aus erst auf einige Punkte hingewiesen, die im Umgang besonders bedeutend für eine barrierefreie Situation sind und die oft vorkommen. Es ist eher so, daß er damit eine für ihn absehbare Mindestschilderung abgibt.

Maximalforderungen gleich zu Beginn aufzureihen würde im Fall von Autisten aufgrund der Komplexität der Unterschiede zwischen Autisten und vielen Nichtautisten wohl eher auf ein mehrbändiges Buch hinauslaufen. Und viele dieser Punkte würden in einem einzelnen Kontakt wohl nie wirklich relevant werden, da die Situation sich einfach nicht entsprechend entwickelt. Und jeder Autist ist ja in seiner Strukturiertheit auch etwas verschieden, wenngleich die Minderheit der Autisten typische Eigenschaften vereint. Welche Minderheit ist schon eine Art Klonserie.

In diesem Eskalationsspiralen haben wir also oft sich gegenseitig moralisch auch noch bestärkende Nichtautisten, die mit dem Autisten meist gar nicht zu den Barrierefreiheitsfragen das Gespräch suchen und feststellen, daß die Basartaktik bei diesem halsstarrigen Individuum nicht nur nicht wirkt, sondern, daß der Autist aus deren Perspektive wohl dazu auch noch immer neue zu beachtende Punkte aufreiht, statt sich endlich „zu fügen“.

Das kann der Autist jedoch nicht, da es in der Situation eben um erforderliche Punkte zur Herstellung von Barrierefreiheit geht, die alle keineswegs Extremforderungen darstellen, sondern einfach sachlich thematisierte unausweichlich erforderliche Kriterien, die im Umgang mit ihm beachtet werden müssen.

Im Fall von Behörden haben wir es in diesen Fällen oft mit Sachbearbeitern zu tun, die zutiefst gewohnt sind über andere Menschen zu entscheiden, sie oft auch in Schranken zu weisen. Nach unseren Vermutungen fällt es vielen dieser Leute sehr schwer im Umgang mit Behinderten davon dann „umzuschalten“ auf eine geeignete rechtskonforme Herangehensweise an die Herstellung von Barrierefreiheit. Wie das gelingen könnte? Das könnten vielleicht eher reflektiertere Nichtautisten genauer eingrenzen?

Und darin liegt keine Lebensuntüchtigkeit, die Autisten eben pauschal zueigen wäre, sondern die Folge des ganz speziellen nicht barrierefreien Vorgehens der anderen Seite, welches bei anderem Vorgehen so nicht vorgekommen wäre.

Von dieser Schilderung ausgehend können nun wohl leicht weitere Verbindungen gezogen werden zu bereits langjährig bekannten Schilderungen zum Ordnungsbedürfnis von Autisten, die zwar meist von Eltern oder „Experten“ herstammen und folglich wie gewohnt überwiegend die tatsächlichen Sachverhalte um Autisten nur schlecht und teils falsch durchdringen. Aber es zeigt durchaus, daß „da was ist“, was dieser Barrierebeschreibung in mancher Hinsicht nicht unähnlich wirkt. Und es ist in jedem Kontakt ein bedeutender Faktor, ob eine Seite die elementaren Grenzen des anderen in angemessener Weise berücksichtigt oder über sie einfach den anderen als Mensch schädigenden Art und Weise hinwegfegt und zunehmend den gefestigten Eindruck erweckt auch Hinweise gar nicht zu lesen, zumindest nicht zu verstehen und zu beachten.

Hungerkost 2022

Die aktuelle deutsche Bundesregierung redet zur Zeit viel über ihr Vorhaben ALG2 ab Januar 2023 in ein „Bürgergeld“ umzuwandeln. Die laut unserem Kenntnisstand bisher noch recht vagen Ankündigungen versprechen weniger Sanktionen. Aus diesem Anlaß möchten wir nach einer Zeit der – aufgrund unserer starken Gewichtung direkter Selbsthilfetätigkeit – aufsummierten Vernachlässigung der Artikelerstellung einen Fall aus dem Jahr 2022 in seinem Ablauf darstellen, den die ESH begleitete.

Wir wählen eine strikt chronologische Auflistung aus breiter Unterlagenbasis um ein möglichst umfassendes Gesamtbild zu eröffnen und eine Vorstellung davon zu vermitteln, welcher enormen – lebensbedrohenden – Belastung ein Autist noch immer ausgesetzt werden kann, wenn er in Deutschland einfach nur einmal auf seinem Menschenrecht auf Barrierefreiheit besteht.

Wir vermuten, solche Fälle werden auch nach den Ankündigungen weiter vorkommen, schon da sie dort vermutlich offiziell gar nicht in die Kategorie „ALG2-Sanktion“ sondern unter „Antrag abgelehnt“ fallen, obwohl hier faktisch die Leistungen über lange Zeit komplett in erschütternd breit praktizierter Ignoranz gegenüber geltendem Recht – oder selbst situativ klar angezeigter, halbwegs gebotener Kommunikation darüber – verweigert wurden, weil offensichtlich schon durchweg kein Erwägen genannter Argumente in angemessener Weise erfolgt war.

Der betreffende Antragsteller absolvierte bis vor ca. 10 Jahren bei damals bereits vorliegender Autismusdiagnose einen Ganztages-Sonderausbildungsweg mit kleinen Berufsschulklassen und von 3 auf 5 Jahre gedehnter Ausbildungsdauer. Von Beginn der Erwerbstätigkeit an war er in Teilzeit berufstätig und ließ die Stundenzahl während der Erwerbstätigkeitszeit weiter reduzieren, weil er auch dieses Pensum nicht schaffte. Schließlich wirkte auch ein Pensum von 3 Stunden pro Tag auf ihn nicht mehr leistbar. Es wurde eine Burnoutdiagnose (formal: F32.1 = mittelgradige depressive Episode; G = gesicherte Diagnose Richtung „Burnout“) gestellt. Das Erwerbsbeschäftigungsverhältnis endete.

Direkte Zitate aus Schriftsätzen wurden teils in für die Sachverhalte selbst unwesentlicher Weise editiert (Beispiel: „Jobcenter“, statt „Antragsgegnerin“ oder „Beklagte“), sich ähnlich wiederholende Inhalte und einige inhaltliche Nebenpunkte zwecks Verbessererung der Lesbarkeit umfassend weggelassen. Der ESH liegen sämtliche Unterlagen in Kopie vor.

Tag 1

Per unverschlüsselter Email erfolgt eine Arbeitslosmeldung an die Arbeitsagentur in Ort 1 vor dem absehbaren Ende des Beschäftigungszeitraums. Es wird ein ALG2-Antrag ab diesem Endzeitpunkt gestellt und als Formular mitgesandt. Zusätzliche Unterlagen werden als Scandateien an die Email angehängt.

Tag 2

Die Arbeitsagentur antwortet per Email, der ALG2-Antrag sei an die zuständige Stelle weitergeleitet wurden. „Bei erneuten Anfragen wenden Sie sich bitte direkt an diese E-Mail-Adresse.“ In dieser Email wird „diese E-Mail-Adresse“ jedoch nicht mitgeteilt und geht auch nicht aus dem Kopf der Email der Arbeitsagentur hervor.

Tag 3

Nachfrage per Email bei der Arbeitsagentur nach der Emailadresse, an die künftige Anfragen gerichtet werden sollen. Beigefügt wird ein Erstattungsantrag zu bereits selbst beschafftem Heizmaterial (stark steigende Energiepreise und zunehmende Lieferschwierigkeiten bei Heizmaterial sind zu diesem Zeitpunkt bereits greifbar).

Tag 12

Tag 15

Tag 22

In einem auf Tag 17 datierten Bescheid von Jobcenter-Person Nr. 4 werden die beantragten ALG2-Leistungen „ganz versagt“. Begründung: Der ID-Termin sei „nicht wahrgenommen“ worden. Es sei dadurch Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen worden. Daher könne der Anspruch nicht geprüft werden. Es seien dem Jobcenter keine Gründe mitgeteilt worden, die im Rahmen einer Ermessensentscheidung günstig berücksichtigt hätten werden können. „Nach Abwägung des Sinns und Zwecks der Mitwirkungsvorschriften mit Ihrem Interesse an den Leistungen, sowie dem öffentlichen Interesse an Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, werden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [sic!] für Sie ganz ab 1. Juli 2021 [sic! – ein alter nicht modifizierter Textbaustein aus einer früheren Sache des Jobcenters zu einem ganz anderen Antragsteller?] versagt (§66 SGB1)“ Im Falle einer nachträglichen Mitwirkung würden die Leistungsvoraussetzungen nochmals überprüft. Der Krankenversicherungsschutz sei unabhängig vom Leistungsbezug weiterhin gewährleistet.

Tag 25

Tag 31

Email an das Jobcenter: Die Mitteilungen der Antwortmail von Tag 12 werden weiter ausgeführt. Es wird zudem mitgeteilt, daß Versuche sich auf der verlinkten Amtsplattform zu registrieren erfolglos blieben. Daher bleibe als Kommunikationsweg nur der Postweg oder Kommunikation per Email, die auch schneller sei.
Weiter wird ausgeführt, es gehe bei dieser Frage um die Herstellung von Barrierefreiheit, weswegen nicht Maßstäbe wie für jedermann angelegt werden dürfen. Dem Amt wird eine ausdrückliche Erlaubnis übermittelt per Email zu antworten. Mit begleitenden Anmerkungen beigefügt wurde auch eine zurückliegende ärztliche Krankschreibung wegen Burnout.

Tag 32

Es werden in Eigeninitiative aufgrund des Gefühls, daß es an diesem Tag, im Moment jetzt zu diesen Uhrzeiten möglich sei, zwei Versuche unternommen beim Sozialamt des baulich offener gestalteten örtlichen Landratsamtes schnell eine ID-Prüfung durchführen zu lassen und ein entsprechendes Bestätigungschreiben von dort zu erhalten. Dazu wurde vorher das Anliegen auf Papier aufgeschrieben und keine weitere Kommunikation in der Situation vorgesehen, beziehungsweise gedanklich eingeplant, weil zu überlastend. Beide Versuche scheiterten beim „abbügelnden“ Empfangspersonal.
Ein dritter Versuch in einem allgemeinen Bürgerbüro scheiterte an Angstgefühlen des Antragstellers, erbrachte jedoch eine Rolle Gelber Säcke.

Tag 42

Widerspruch gegen den auf Tag 17 datierten Bescheid, Argumentation abgesehen von Wiederholungen: Erhalt hier ganz versagter Leistungen zur Sicherung des Lebenssunterhaltes stelle einen grundrechtlichen Anspruch dar. Der Termin sei abgesagt worden, da vom Jobcenter weder in gebotener Eile – in Folge des selbst kurzfristig angesetzten Temins – noch inhaltlich angemessen auf erfolgte Hinweise reagiert worden sei. Der Termin habe unter diesen Umständen auch wegen durch vermeidbares Vorgehen des Amtes mitherbeigeführter situativer Angst- und Panikgefühle aufgrund der Unsicherheit der Situation nicht wahrgenommen werden können.
Die Behauptung nicht per Email antworten zu dürfen sei in dieser speziellen Situation unter dem Aspekt der Barrierefreiheit falsch, im Gegenteil sei das Amt dazu verpflichtet gewesen in einem solchen vorliegenden Fall umgehend per Email zu antworten. Da das Amt dies nicht tat, treffe es auch das Verschulden hinsichtlich der als Ergebnis daraus vorgenommenen Terminabsage. Daher sei auch die Versagung der Leistungen rechtswidrig. Es sei ein einschlägiger behindertenrechtlicher Grundsatz, daß der Behinderte die Art der Umsetzung von Barrierefreiheit bestimme und er nicht genötigt werde, sich mit Spezialplattformen einzelner Behörden befassen zu müssen um Zugang zu hier grundrechtlichen Ansprüchen erhalten zu können. Es sei unverzüglich Kommunikation per Email aufzunehmen. Die Behauptung, es seien keine Gründe mitgeteilt worden, die eine andere Ermessensentscheidung ermöglicht hätten, wirke regelrecht bizarr.

Tag 47

Tag 52

Am Abend wird ein auf Tag 50 datiertes Schreiben vom Jobcenter-Person 5 vorgefunden, welches einen Hausbesuch zwecks ID-Prüfung zwischen 9 und 12 Uhr an Tag 52 ankündigte.

Tag 53

Email an das Jobcenter mit Bezug zu deren auf Tag 46 datiertes Schreiben (siehe Tag 47 Absatz 1): Es sei aufgefordert worden, bei der Arbeitsagentur in Ort 2 vorrangige Leistungen zu beantragen. Zitat aus diesem Schreiben: „Aufgrund Ihrer gesetzlichen Verpflichtung, vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen, bin ich außerdem berechtigt, den Antrag ersatzweise für Sie zu stellen …“ Aufgrund von Problemen Anträge fehlerfrei zu stellen wird das Jobcenter gebeten diesen Antrag zu stellen. Es wird um Rückmeldung per Email gebeten.

Tag 56

Email an das Jobcenter mit Bezug auf den Vorgang an Tag 52. Es werden Passagen aus zurückliegenden Mails zitiert und neu u.a. folgende Passagen mitgeteilt: „ich möchte auf ein paar wichtige Dinge hier eingehen, die in Zukunft berücksichtigt werden sollten. […] Ich weise erneut darauf hin, dass es für mich unzumutbar und sehr belastend im Sinne von Barrierefreiheit entgegenwirkenden Barrieren ist, kurzfristig angesetzte Termine zu einer ID-Prüfung wahrzunehmen. Dies ändert nichts daran, dass bei einem erneuten Termin nur der Ort gewechselt wird im Sinne von Hausbesuchen zu einer ID-Prüfung. […] Wie ich feststellen musste, wurde dieser schriftliche Weg der email-Kommunikation oder per Brief im Sinne einer inhaltlichen Terminvorbereitung, nicht nur einer erneuten Terminfestsetzung durch Ihre Behörde wie erforderlich nicht eingehalten. Statt Terminvereinbarungen, die für mich nicht zu kurzfristig angesetzt werden sollten, mit mir per email zu handhaben, wurde erneut ein kurzfristiger Termin zu einer ID-Überprüfung bestimmt (nur an einem anderen Ort), den ich auch alleine wegen der Kurzfristigkeit hier nicht einhalten und auch nicht vorher absagen konnte. […]
Es ist stark belastend für mich, wenn ich davon ausgehe, dass Personen aus Ihrem Amt ohne vorherige Absprache versuchen würden mich aufzusuchen, um mich eventuell zu überrumpeln und eventuell ein mündliches Gespräch von mir abzuverlangen oder irgendwie mich in ein mündliches Gespräch zu verwickeln.
Das darf nicht vorkommen!
Nur, weil der Ort des Termins ein anderer Ort gewesen war, heißt es nicht, dass meine Panik- und Angstzustände vor solchen Terminen verschwunden sind. Die Unsicherheiten der Situation, wie bei einem solchen ID-Termin vorgegangen würde, sind weiterhin existent.
Ich muss Sie darauf dringendst hinweisen, dass ich eine Art Defizit habe, was die soziale mündliche Sprachkommunikation betrifft. Mündliche Kommunikation ist mit mir nicht umfassend möglich. Besonders dann nicht, wenn ich erwarten muss, durch unerwartet kommende mündliche Fragen bei einem Termin einer ID-Prüfung vor Ort überrascht würde und mich zu einer schnellen mündlichen Interaktion gezwungen sehen würde zu antworten.
Da ich fürs mündliches Antworten mehr Zeit zum Überlegen benötige, und in normalen Fällen die Leute nicht darauf eingestellt sind lange abzuwarten, steigt der Druck in mir zu antworten. Gleichzeitig denke ich nach, was ich antworten soll und indessenfolge bin ich bei einer mündlichen Kommunikation nicht richtig fähig, umfassende Antworten zu bringen.
Daher, wenn so eine ID-Prüfung erfolgreich gelingen soll, müssen einige Punkte zwingend beachtet werden:

Tag 61

Tag 62

Per unverschlüsselter Email wird ein neuer zweiter ALG2-Antrag gestellt und als Formular mitgesandt (der erste nur mit neuer Unterschrift samt neuem Datum). Auch zusätzliche Unterlagen werden als Scandateien an die Email angehängt.

Tag 63

Per Email an die Arbeitsagentur in Ort 2 wird unter Verweis auf das Jobcenter ALG1 beantragt. Es wird darauf hingewiesen, daß dazu keine Formulare im Internet aufgefunden worden seien und falls erforderlich daher solche zum Ausfüllen zugeschickt werden sollen.

Tag 65

Tag 66

Emailantwort der Arbeitsagentur bezogen auf die Rückantwort von Tag 65. Das Anliegen habe noch nicht abschließend bearbeitet werden können. Leider sei man telefonisch nicht erreicht worden.
„Bitte haben Sie Verständnis, dass Ihr Anliegen aus Gründen des Datenschutzes nicht per E-Mail bearbeitet werden kann.
Setzen Sie sich daher bitte (gern auch mit einer Person, die das Gespräch führen kann) unter der unten angegebenen Servicerufnummer mit uns in Verbindung.“

Tag 75

Ein ausgefüllter Gesundheitsfragebogen wird in den Briefkasten des Jobcenters eingeworfen.

Tag 79

Email an die BKK: „Ich bin damit einverstanden, dass Sie die Agentur für Arbeit [in Ort 2] anschreiben und an die Anmeldung meines ALG1 Antrages erinnern und sich dies bestätigen lassen.“

Tag 80

Email der BKK: „Da wir auf unsere Mail [von Tag 61] keine Antwort von Ihnen erhalten hatten, haben wir [an Tag 73] bereits das JobCenter angeschrieben. So wie es jetzt aussieht, haben Sie nun aber doch Arbeitslosengeld I und nicht Arbeitslosengeld II, wie mitgeteilt, beantragt. Wir werden demnach noch einmal das für Ihre Postleitzahl zuständige Arbeitsamt anschreiben.“

Tag 84

Tag 85

Emailantwort der BKK: „Notfalls müssten Sie dann mit dem Beitragsbescheid beim Sozialamt vorsprechen, wenn Sie selbst nichts zahlen können. Wir warten nun aber erst einmal ab.“

Tag 87

Die Bemühungen der ESH haben die üblichen Absagen ergeben, jedoch auch zwei Rückmeldungen, die grundsätzlich ersteinmal Bereitschaft ausdrückten die Sache eventuell zu übernehmen. Ein Anwalt davon antwortete schnell und inhaltlich soweit erstmal zufriedenstellend per Email. Der zweite Anwalt ging in seiner ersten Reaktion gar nicht auf die Frage nach barrierefreiem schriftlichen Kontakt mit dem potenziellen Mandanten ein. Die Vertretung wurde Anwalt 1 anvertraut, der soweit einen nicht offensichtlich heiklen Eindruck erweckte und dessen Kommunikationsstil soweit auch recht sachlich wirkte, der von Anwalt 2 hingegen eher emotional-gefühlig.

Tag 98

Ein auf Tag 92 datiertes Schreiben von BKK-Person 1 geht ein, dem ein auf Tag 86 datiertes Schreiben der Arbeitsagentur in Ort 2 angefügt ist. In diesem Schreiben gibt die Arbeitsagentur der BKK die Auskunft, daß weder eine Arbeitslosmeldung vorgenommen, noch ein Antrag gestellt worden sei. Vom Jobcenter liege keine Rückmeldung vor. Die BKK könne nicht so lang abwarten, weswegen nun ein Antrag auf freiwillige Weiterversicherung beigefügt werde. Dieser solle laut BKK ausgefüllt zurückgesandt werden.

Tag 99

Email an das Jobcenter, Person 7, zum Thema Terminvorbereitung: „Von Ihnen erreichte mich zwischenzeitlich keine neue Nachricht.
Soll bei einem Vororttermin bei Ihnen mit mir mündlich gesprochen werden? Dies wäre im Vorfeld zu klären, denn da ich autistisch bin, führen solche Unklarheiten über das zu Erwartende, das von Ihnen Geplante, wie Sie sich mir gegenüber verhalten werden, zu Angst- und Panikgefühlen, die es mir unmöglich machen zu einem solchen Termin körperlich in Ihre Behörde zu kommen. Falls Sie beim Termin mit mir kommunizieren wollten, wie Ihre Einladung nahelegen könnte, müßte dieser Kommunikationsteil im Rahmen der barrierefreien Umsetzung entsprechend BGG und KHV schriftlich geschehen, während ich mich zuhause in vertrauter Umgebung befinde. Sie sollten hieraus sehen, dass es Teil einer barrierefreien Lösung des Zugangs zu Ihrer Behörde sein muss, vorher schriftlich, z.B. per Email, darüber zu kommunizieren, was von Ihnen her geplant wird und ob Sie genügend die Erfordernisse bei einem solchen körperlichen Termin mit mir verstanden haben.
Eine realistische, vereinfachende weitere mögliche Lösung zur ID-Prüfung könnte sein, mir ein Schreiben zur Verfügung zu stellen, das bei jeder deutschen Behörde vorgezeigt werden könnte und diese auffordert, die ID-Prüfung dort ohne vorher vereinbarten Termin und Wartezeiten nach meinem Erscheinen umgehend vorzunehmen und die erfolgreiche ID-Prüfung nach Ihren mir bisher nicht im Detail bekannten – von Ihnen in Ihren Schreiben für die andere Behörde hinreichend genau zu benennenden – Anforderungen dann schriftlich in einem Schreiben der anderen Behörde an Ihre Behörde für mich kostenfrei zu bescheinigen.“

Tag 100

Tag 102

Tag 103

Tag 104

Ein auf Tag 99 datierter Brief der seit Jahren kontoführenden Sparkasse geht ein: Der Rahmen der eingeräumten Kontoüberziehung von 500€ sei auf über 1000€ überschritten. Es wird gebeten das Konto bis Tag 113 auszugleichen. „Sollte dieser Ausgleich momentan für Sie nicht möglich sein, setzen Sie sich bitte in den nächsten Tagen mit uns in Verbindung. Sicherlich finden wir gemeinsam eine Lösung.“

Hintergrund: Da ALG nicht ausgezahlt wurde, wird Nahrung etc. notgedrungen mittels Kontoüberziehung und Kreditkarteneinsatz erworben. Der Vermieter erklärte sich dankenswerterweise bereit wegen der durch die Amtsschreiben belegten offensichtlich unverschuldeten Umstände die Vorgänge ersteinmal bis auf Weiteres mit Mietzahlungsmahnungen abzuwarten.

Tag 107

Tag 109

Tag 110

Tag 111

Tag 113

Tag 118

Ein auf Tag 113 datiertes Schreiben des Sozialamts geht ein: Der Antrag auf die Übernahme der von der BKK eingeforderten Krankenkassenbeiträge von Tag 108 werde zuständigkeitshalber an das Jobcenter weitergeleitet.

Tag 121

Die GEZ dankt für die Mitteilung. Es würden Unterlagen benötigt, die die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nachweisen (Bewilligungsbescheid). Der Nachweis sei innerhalb von zwei Wochen nachzureichen.

Tag 122

Tag 124

Tag 133

Per Email wird eine öffentliche Schuldnerberatungsstelle (Landkreisamt) kontaktiert: „aufgrund unvorhersehbarer Einkommensausfälle bin ich ohne eigenes Verschulden seit nun fast 5 Monaten ohne Einkommen. Zunächst nahm ich vorübergehende Verzögerungen an. Mittlerweile liegt die Sache bei Gericht. Aktuell sieht es eher nicht nach einer schnellen Lösung aus. In der Folge dessen ist mein Konto bei der Sparkasse aktuell stark überzogen und momentan kann ich nichts zurückzahlen, da ich nur noch aktuell 39cent in bar habe. Leider weigert sich die Sparkasse den Überziehungsbetrag (13,x% Spitzenzins!) in einen Kleinkredit zu angemessenem Zinssatz umzuwandeln. Könnten Sie mir dabei helfen bereits frühzeitig hier eine Anhäufung von Zins und Zinseszins zu derart über Marktniveau liegenden Zinsen zu vermeiden?“

Tag 135

Tag 137

Tag 138

Tag 139

Tag 145

Tag 148

Tag 149

Tag 153

Tag 154

Tag 156

Tag 157

  1. Möchte ich Sie ergänzend auch noch darauf hinweisen, daß pauschale Mahnkosten rechtlich nicht zulässig sind (siehe z.B. BGH, 26.06.2019, VIII ZR 95/18). Insofern dürfen Sie sich bei weiterem Beharren auf diese rechtswidrigen Mahnkosten darlegen welche genauen Kosten Ihnen durch Ihre Mahnung entstanden sind.
  2. Dürfen Sie mir gerne erläutern, wie ihre kryptische Mitteilung „Unterlassen Sie es aber bitte, uns permanent zu etwas aufzufordern“ genau zu deuten ist.“

Tag 158

Emailantwort BKK-Vorgesetzter: „Ich möchte Sie nochmals abschließend darauf hinweisen, dass bisher noch keine Beiträge gezahlt wurden. Wir als Krankenkasse sind gesetzlich dazu verpflichtet, bei Nichtbezahlung der Beiträge das Vollstreckungsverfahren einzuleiten. Bitte überweisen Sie uns die ausstehenden Beiträge. Sollte dies nicht möglich sein, setzen Sie sich bitte bezüglich einer Ratenzahlung kurzfristig mit uns in Verbindung.“

Tag 159

Tag 160

Schriftsätze des Anwalts:

Tag 164

Tag 166

Tag 168

Übermittlung verschiedener Schreiben durch die Anwaltskanzlei:

Tag 169

Tag 174

Tag 175

Der Anwalt teilt mit ein Telefongespräch mit Jobcenter-Person 3 habe ergeben, daß der Termin an diesem Tag aufgehoben worden sei.

Tag 176

Tag 177

Tag 178

Tag 180

Jobcenter-Person 14 teilt in einem Schreiben von Tag 178 die nun offenbar zumindest bei irgendwem irgendwo dort korrekt gespeicherten neuen Kontodaten mit.

Tag 185

Über die Anwaltskanzlei geht ein auf Tag 177 datierter Schriftsatz des Jobcenters zum Eilverfahren ans Sozialgericht ein: „Hierzu wird gebeten, nachzuweisen und zu belegen, dass der Antragsteller hinsichtlich des Kontos bei der Sparkasse tatsächlich keinerlei Verfügungsbefugnis hat bzw. dass eine solche ihr zwischenzeitlich auch nicht wieder eingeräumt worden ist.“ In einem zweiten auf Tag 179 datierten Schreiben des Sozialgerichts wird gebeten eine solche Bestätigung innerhalb einer Woche zu erbringen.

Tag 186

Tag 189

Tag 194

Der Anwalt erklärt gegenüber dem Sozialgericht die Erledigung in der Hauptsache, nachdem an Tag 188 auf dem neuen Konto ein Eingang von knapp 3400€ festgestellt werden konnte, die von der Sparkasse dorthin überwiesen wurde, nachdem das Jobcenter offensichtlich die knapp 5000€ an das bekanntermaßen nicht mehr aktuelle Sparkassenkonto überwiesen hatte, das im ursprünglichen ALG2-Antrag genannt worden war. Vor der Weiterleitung bediente sich die Sparkasse hinsichtlich ihrer Forderungen, wobei bedacht werden muß, daß von der Summe auch noch Wohnkosten gezahlt werden mußten. Die Sparkasse nahm hier sozusagen in Kauf, daß der ehemalige Kunde wegen weiteren zu umfangreichen Verzögerungen bei Mietzahlungen doch noch seine Wohnung verliert.

Nachbetrachtung

Die deutschen Steuer- und Beitragszahler haben in diesem Fall soweit rekonstruierbar eine vierstellige €-Summe an Kosten der juristischen Verfahren getragen (formal das Jobcenter). Soviel also diesbezüglich zum „öffentlichen Interesse an Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“. Wie es ohne das Einlenken dieses Jobcenters wohl weitergegangen wäre? Das Sozialgericht hatte bis zu diesem Zeitpunkt soweit erkennbar gar nichts getan als Schreiben hin und her weiterzuleiten und einige eher formalistische Fragen zu stellen.

Wieviel % der ähnlich veranlagten Autisten halten soeine Situation wenigstens solange überhaupt durch? Eventuell unter noch schlechteren Rahmenumständen? Ohne Unterstützung? Im Grund würden wir uns auch ausgehend von dieser Erfahrung wundern, wenn in 2022 nicht mehr als 100 Menschen wegen solcher Probleme gestorben sind. Wie wird soein Tod wohl registriert? „Tod wegen schweren psychischen Problemen“, wieder mal als Folge von Personeneigenschaften? Es kann erahnt werden, wieso es zu etlichen relevanten Barrierefreiheitsumständen für Autisten bisher nur wenige Urteile gibt.

Was hat sich überhaupt in den letzten Jahren verbessert? Durch erstrittene Beispielentscheidungen wie der BSG-Entscheidung, die auch in diesem Vorgang eine rechtlich wohl mitentscheidende Rolle spielte bestehen wenigstens deutlich Chancen mit Brechstangeneinsatz und genügend Nerven in unteren Gerichtsinstanzen doch noch zu seinem Recht zu kommen. Dazu braucht es weiterhin auch die von euch, die zusammen mit der ESH für die eigenen angemessenen Rechte einzustehen bereit sind, statt sich kaputtmachen zu lassen, auf Vieles zu verzichten oder sich rechtswidrig in Fremdbestimmung treiben zu lassen. Das kostet oft viele Nerven, nutzt auf lange Sicht jedoch in der Zukunft vielen anderen Autisten und deren heute oft noch sehr angegriffenen Lebensqualität u.a. aufgrund chronischer Überlastung aufgrund ständiger barrierehaltiger Lebensumstände und so weiter.

Aber der vorliegende Fall zeigt klar, daß es hier auch im Jahr 2022 nicht um vereinzelte Verfehlungen geht, sondern wohl um verbreitet verinnerlichte behindertenfeindliche Haltungen. Wenn das der Kanzler wüßte! Oder steckt ein sinngemäß eugenischer Plan dahinter, der wegen weiterhin intakter Breitenwirkung gar nicht gestört wird von einigen Aktivisten, die mit hohem Aufwand einige Einzelfallvernichtungen hier und da „aufhalten“?

Schwarzbuch der Diskriminierung von Autisten

Autismus ist ein Phänomen. Ähnlich unbegreiflich wie ein Mysterium. Diese Seite des Autismus ist ein dankbares Thema. Verdrängt wird aus diesem Blickwinkel, der etwas jahrmarktartiges an sich hat, jedoch oft unter welchen menschenunwürdigen Bedingungen Autisten gezwungen sind tagtäglich in ihrem Alltag zu bestehen. Solche, die faktisch entmündigt in Heimen oder vergleichbaren Situationen zu leben genötigt werden und auch solche, die sich mehr oder weniger eigenständig inmitten der übrigen Bevölkerung durchschlagen.

In vielen öffentlichen Darstellungen, auch in scheinbar objektiven Dokumentationen, die gerne tendenziös aus echtem Material zusammengeschnitten werden, sind bestehende chauvinistische Klischees und Einseitigkeiten tonangebend. Darin werden oft mehr Zerrbilder der echten Autisten, um die es hier geht, dargestellt. Diese Abhandlung wurde ausschließlich von solchen echten Autisten verfasst.

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