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Bis heute ist es für Autisten insbesondere in gerichtlichen Straf- oder Ordnungswidrigkeitsverfahren immer wieder ein Extraabenteuer überhaupt zu erreichen Akteneinsicht zu erhalten, um genügend verstehen zu können, worum es im ihn betreffenden Verfahren geht. Ein im Prinzip noch immer aktuelles Beispiel im Zusammenhang eines Einspruchs gegen einen Strafbefehl findet sich hier.
Neben Verweigerungen der Einsicht, indem die Zusendung einer Aktenkopie vom Gericht abgelehnt wird, kommt es auch vor, daß ein Gericht eine Aktenkopie zusenden läßt, dafür jedoch z.B. über die Justizkasse dem Autisten Kopierkosten in Rechnung stellt.
Beispielhaft kann sich das so lesen (zur Kopie einer 42 Seiten umfassenden Akte):
Satz: 42,0 Gegenstand des Kostenansatzes: Dokumentenpauschale für Ausfertigungen/Kopien/Ausdrucke (§ 3 II GKG, KV 9000 Nr.1) Wert EUR: 0,50 Betrag EUR: 21,00
Das Einspruchsverfahren nennt sich in solchen Fällen offiziell „Erinnerung“, den jeweilgen Schreiben sollte normalerweise eine entstsprechende Rechtsbehelfserklärung angefügt sein.
Wenn ein Autist aus Gründen der Barrierefreiheit im Gerichtsgebäude nicht in angemessener Weise Akteneinsicht nehmen könnte, indem er dort die Akte ausgehändigt bekäme, um sie dort dann lesen zu können, weil für ihn schon die Situation im Gerichtsgebäude entsprechend barrierehaltig ist, z.B. wegen der sensorischen Reize und der sich daraus ergebenen Unmöglichkeit sich in der Situation entsprechend zu konzentrieren, ist ihm barrierefrei Akteneinsicht zu gewähren, was in der Regel durch Zusendung einer Kopie der Akte technisch gut und auch für das Gericht eigentlich verhältnismäßig günstig umsetzbar wäre.
§ 186 (1) Die Verständigung mit einer hör- oder sprachbehinderten Person erfolgt nach ihrer Wahl mündlich, schriftlich oder mit Hilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom Gericht hinzuzuziehen ist. Für die mündliche und schriftliche Verständigung hat das Gericht die geeigneten technischen Hilfsmittel bereitzustellen. Die hör- oder sprachbehinderte Person ist auf ihr Wahlrecht hinzuweisen.
https://www.gesetze-im-internet.de/gvg/__186.html
§ 187 (1) Das Gericht zieht für den Beschuldigten oder Verurteilten, der der deutschen Sprache nicht mächtig ist, einen Dolmetscher oder Übersetzer heran, soweit dies zur Ausübung seiner strafprozessualen Rechte erforderlich ist. Das Gericht weist den Beschuldigten in einer ihm verständlichen Sprache darauf hin, dass er insoweit für das gesamte Strafverfahren die unentgeltliche Hinzuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers beanspruchen kann.
https://www.gesetze-im-internet.de/gvg/__187.html
§ 190a (1) Eine blinde oder sehbehinderte Person kann Schriftsätze und andere Dokumente in einer für sie wahrnehmbaren Form bei Gericht einreichen. Sie kann nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 verlangen, dass ihr Schriftsätze und andere Dokumente eines gerichtlichen Verfahrens barrierefrei zugänglich gemacht werden. Ist der blinden oder sehbehinderten Person Akteneinsicht zu gewähren, kann sie verlangen, dass ihr die Akteneinsicht nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach Absatz 2 barrierefrei gewährt wird. Ein Anspruch im Sinne der Sätze 1 bis 3 steht auch einer blinden oder sehbehinderten Person zu, die von einer anderen Person mit der Wahrnehmung ihrer Rechte beauftragt oder hierfür bestellt worden ist. Auslagen für die barrierefreie Zugänglichmachung nach diesen Vorschriften werden nicht erhoben.
Aus all dem ergibt sich der Schluß, daß das Gericht (auf Kosten des Gerichts) den Zugang wegen vorliegender Barrieren oder anderer Sprachunkundigkeit zu gewähren hat.
Nach unseren Erfahrungen dürfte eine entsprechend begründete „Erinnerung“ unter Verweis auf § 186 eines Autisten Erfolg haben, da die Aktenkopie in diesem Fall ein Mittel der Herstellung von Barrierefreiheit ist, worauf dann die Kostenrechnung aufgehoben werden sollte.
Im aktuell umfassend geschilderten Fallbericht kommt auch diese Thematik zur Sprache, die wir bereits aus diversen Fällen in der einen oder anderen Weise kennen. Es ist an der Zeit auch diese Problematik in einem eigenen Artikel als existierende Barriere zu umschreiben.
Jeder neue Kontakt eines Autisten z.B. mit einer Behörde ist auch der Beginn eines sich entwickelnden Verhältnisses. Vielleicht zu einzelnen Sachbearbeitern, oft auch eher zu einer ganzen Behörde, deren handelnde Personen stur eine bestimmte für den Autisten nicht zugängliche Standardlinie verfolgen.
Wenn zu Beginn vom Autisten versucht wird, darauf hinzuweisen, welche Faktoren für einen barrierefreien und daraus möglichst einfachen und in der Sache gelingenden Kontakt zu beachten wären, dann sind viele Reaktionen der anderen Seite möglich. Vielleicht wird gewissenhaft darauf eingegangen, der Kontakt zu dieser Stelle gelingt und die Sache kann relativ einfach für beide Seiten erledigt werden. Vielleicht aber, und selten ist das leider bis heute ganz und gar nicht, stellen sich die handelnden Personen auf der anderen Seite quer, übergehen diese Punkte nach Möglichkeit und spulen stur und rechtswidrig weiter ihr Standardvorgehen ab, etc.
Im letzten Fall ergeben sich schon von der Sache her dann entsprechende Probleme, etwas erledigt zu bekommen wird letztlich für beide Seiten teils ganz erheblich schwieriger. Dieser Effekt ist vordergründig offensichtlich. Hintergründig kann sich jedoch wirkend auf Seite des Autisten bei solchen Abläufen auch noch eine weitere zusätzliche und wegen ihrer Hintergründigkeit bisher oft noch wenig beachtete Barriere herausbilden, die für sich genommen in ihren Auswirkungen als ganz und gar nicht unbedeutend eingeordnet zu werden hat.
Aus unserer Erfahrung in der Selbsthilfe beschreiben wir dieses zerrüttete Vertrauensverhältnis hier als etwas, das auf Seite der Autisten meist selektiv im Kontakt zu den jeweiligen Personen oder dieser sich eher einheitlich gebenden Behörde, sonstigen Stelle oder auch zu Wirtschaftsunternehmen aller Art schwere Folgen nach sich ziehen kann, z.B. bis hin zu Angst- und Panikzuständen, die es einem Autisten zusätzlich unmöglich machen sich in Kontaktsituationen mit diesen zu begeben. Die hier beispielhaft genannten Panikzustände sind oft nicht kontrollierbar, ein breiter verständlicher Vergleich könnte zu unüberwindlicher Höhenangst gezogen werden, bei der jemandem sein Körper einfach nicht mehr gehorcht.
Gegenüber Stellen, die aufgrund ihres Gebahrens einen Eindruck geringer Zuverlässigkeit erwecken, die z.B. getroffene Absprachen wahrscheinlich nicht genügend einhalten würden, da sie das Barrierefreiheitsthema dem Anschein nach kaum in der für Autisten erforderlichen Ernsthaftigkeit und Genauigkeit beachten, die schon in ihren Antworten daran scheitern inhaltlich korrekt das aufzugreifen, was für die Herstellung eines barrierefreien Zugangs zu ihnen erforderlich wäre oder die bereits zurückliegend Absprachen tatsächlich nicht gewissenhaft und in erforderlicher Weise einhielten gäbe es zudem die Option rechtlicher Absicherungen durch vertraglich festgelegte strafbewehrte Dokumente, in denen zu beachtende Dinge aufgezählt werden können. Die Höhe der vorgesehenen Strafe sollte so beziffert werden, daß sie diese Stelle auch wirklich entsprechend dem Risiko von Übergriffen auf Seite des Autisten entsprechend schmerzlich spürbar sein könnte. Damit verbunden sollte ggf. auch das Angebot einer Einwilligung zu geeigneter beweissichernder Dokumentation werden, denn wenn der Autist aus seinem Verfügungsbereich heraus einen Bruch der Absprache nicht gerichtsfest nachweisen könnte, würde in ihr keinerlei wirksamer Absicherung bestehen, denn die andere Seite könnte einfach bestreiten, daß der Autist z.B. körperlich angefasst wurde. Das würde dann aber auch kein gesteigertes Sicherheitsgefühl nach sich ziehen können, das einem Autisten dann erst wieder innerlich ermöglichen könnte sich einer Situation auszusetzen, da die Gegenseite zu dieser vertrauensbildenden Maßnahme zur Bekräftigung getroffener Absprachen bereit war. Zumindest wenn eine solche abgesicherte Konstellation zvor nicht bereits gescheitert war, da Absprachen trotzdem nicht umgesetzt wurden.
Würde eine Stelle die strafbewehrte Version einer Absprache zu Bedingungen der barrierefreien Zugänglichkeit ablehnen, darf daraus dann abgeleitet werden, daß diese Stelle sich selbst nicht hinreichend sicher ist, daß das eigene Personal die Absprache sicher umsetzen würde, was dann wieder die Unmöglichkeit dieser angebotenen Vorgehensalternative vom Autisten her an sich bedingen dürfte.
Zu Tag 149 ist im oben bereits verlinkten Fallbericht beispielhaft als eine Version davon bereits nachzulesen: „[…] eine solche Ihnen zusätzlich eröffnete Ersatzlösung aufgrund des von Seiten Ihrer Behörde schuldhaft zerrütteten Vertrauensverhältnisses und dessen unabänderlichen psychischen Folgen (zu erwartende nicht kontrollierbare Panik- und Angstblockade) eine solche Lösung zu eröffnen, bei der Ihre Behörde nun strafbewehrt versichern müsste, dass alle gemachten Absprachen durch die beteiligten Mitarbeiter Ihrer Behörde – sowie weiteres möglicherweise am gewählten Ort agierendes Sicherheitspersonal das z.B. zur Gebäudeverwaltung zählen könnte – unbedingt und vollumfänglich durch diese eingehalten würden. Sollte dagegen verstoßen werden, wäre eine einklagbare Vertragsstrafe von 1000€ von Ihrer Behörde her fällig. Und sollten Sie darauf nicht eingehen, dann wäre dies ein klarer Hinweis darauf, dass Sie selbst nicht darauf vertrauen würden, dass Ihre Mitarbeiter diese Abmachungen und Anforderungen sicher vollständig einhalten würden. Zwecks beweishafter Dokumentation wäre dann als weitere Bedingung das Einverständnis Voraussetzung gewesen von meiner Seite die gesamte Begegnung mit Ihren Mitarbeitern in Bild und Ton aufzuzeichnen.“
Dies bietet sich insbesondere in Konstellationen an, die auch körperlichen Kontakt umfassen und bei denen eine Vielzahl entsprechender Übergriffe und Verletzungen stattfinden könnten, weiteres beispielhaftes Zitat mit einer nicht abschließenden Aufzählung einiger nicht unwahrscheinlicher Übergriffe solcher Art von Tag 149: „Die ID-Prüfung findet wie beschrieben statt (kein mündliches Sprechen (unter mündlicher Kommunikation verstehe ich auch eine Begrüßung wzb „Hallo“ oder eine Verabschiedung „Tschüss“. Dies darf NICHT bei einem ID-Termin mit mir stattfinden), keine sonstigen Mitteilungen, keine körperlichen Berührungen oder Annäherung auf mehr als Griffweite zu meinem Rumpf, kein körperliches Bedrängen oder in den Weg stellen), jedoch abweichend vor dem Haupteingang des Jobcenters unter freiem Himmel“
Nicht jeder Autist neigt bei dieser Barriere zu Angst- und Panikattacken in dieser Weise, für andere kann sich auch eine erheblich reduzierte selektive Handlungsfähigkeit oder gar eine völlige selektive Handlungsunfähigkeit ergeben, indem er einfach nicht mehr in der Lage ist diese Situation für sich zu kalkulieren, Punkte zu finden, an denen im eigenen Handeln gegenüber dieser Stelle oder Person angesetzt werden kann, von denen ausgehend noch zu der Sache überhaupt weiter überlegt werden könnte, sich mit dem Gegenstand gedanklich überhaupt noch in sich zu befassen. Und das kann eine kontaktspezifisch-selektive Nichtzugänglichkeit für Autisten bedingen, die für sich genommen vergleichbar ist mit der Nichtzugänglichkeit durch Barrieren eher physischer oder körperlich-sensorischer Art. Während einer solchen selektiven Handlungsunfähigkeit können andere Kontakte wie gewohnt weiterlaufen, die in sich in der Gesamtbetrachtung vieler Faktoren keine entsprechend schwerwiegenden Barrieren aufweisen.
Folge derart fehlender Zugänglichkeit kann bei Autisten auch sein, daß bei nicht völliger durch die Umstände eines Kontakts bedingter selektiver Handlungsunfähigkeit ein komplexerer Sachverhalt, um den es in diesem speziellen Kontakt gehen würde nicht mehr gleichzeitig als Ganzes verhandelt werden kann, sondern nur noch Detailpunkt nach Detailpunkt. Etwa in dem Sinne, daß erst rein Detailpunkt 1 einvernehmlich geklärt sein müßte um dann danach einen neuen Detailpunkt angehen zu können, der dafür genügend überschaubar oder im Ansatz greifbar wirkt, um in der Kommunikation mit der anderen, Barrierefreiheit nicht umfassend zugestehenden, Seite doch noch langsam in der Angelegenheit vorankommen zu können.
Aus einer selektiv nicht zugänglichen Konstellation kann sich dann ebenso zudem auch ein Triggerkomplex herausbilden, also etwas das bei der reinen Erwähnung der fraglichen Stelle oder Person selektiv erheblich reduzierte Handlungfähigkeit oder gänzliche Handlungsunfähigkeit bewirken kann. Dafür kann z.B. ausreichen, daß nur ein Brief soeiner Stelle oder Person erhalten wird.
Die Folgen der Nichtzugänglichkeit in einem Kontakt, insbesondere z.B. zu Behörden, zu „Trägern öffentlicher Gewalt“, denen Bewohner eines Staates oft sozusagen ja ausgeliefert sind und die sozusagen darüber hinaus auch sinngemäß und empfunden Vertreter eines ganzen Gemeinwesens sind, sind zudem nicht immer nur selektiv auf diesen einzelnen Kontakt bezogen. Es kann sich bei Autisten in Folge solcher unversöhnlich, gnadenlos wirkenden Barrieren auch allgemeinere Handlungsfähigkeit einstellen bis hin zu wachsender Unfähigkeit eigene alltägliche, grundlegenere Angelegenheiten noch von sich heraus zu bewältigen. Die ganze Existenz des Autisten kann davon über längere Zeiträume überschattet werden und würde in dem Fall eine allgemein fortwirkende Belastung darstellen. Wir meinen dies mag von außen betrachtet dann depressiven Zuständen ähneln, stellt aber eigentlich etwas ganz anderes dar.
Daneben können solche Widrigkeiten um verweigerte Barrierefreiheit Autisten sicherlich auch depressiv machen oder gar schwere Depressionen bedingen. Zumal wenn sich solche Erlebnisse über seltene Einzelfälle hinaus in eigenen Lebensbereich häufen.
Nach unseren Erfahrungen liegt in der Dynamik der Barriere eines zerrütteten Vertrauensverhältnisses in einem Bereich des gesellschaftlichen Teilhabe bisher sehr häufig ein besonderes Eskalationspotenzial, das es angemessen erscheinen lassen könnte besonders zu ihr hervorgehoben allgemeingesellschaftliche Bewußtseinsbildung anzustreben.
Diese Barriere tritt in der Regel nur gegenüber Stellen oder Personen auf, die sich gegenüber Autisten sowieso bereits in irgendeiner schwerwiegenden Weise ignorant verhalten. Desöfteren kam es uns vor als würde z.B. in einer Behörde ein übliches allgemeines Drehbuch existieren „Querulanten“ in mehreren Schritten in die dort vorgesehene Spur zu drücken. Der Autist auf der anderen Seite weist hingegen oft auf einige typische Probleme hin. Da diese häufigen Schwierigkeiten fast nie auf Anhieb umfassend korrekt verstanden werden, ist bedeutend wie darauf reagiert wird, ob erkennbar wird, daß die andere Seite mitdenkt und so „psychische Verletzungen“ des Autisten vermeiden wird. Wenn darauf eingegangen wird kann ein zu Beginn neutral – oder aufgrund wiederholt schlechter zurückliegender Erfahrungen schon von Beginn an mehr skeptisch bis als belastend, kräftezehrend – empfundener Kontakt eine sich entwickelnde günstige Vertrauensgrundlage nach sich ziehen, aus deren Geschichte sich mehr und mehr Ansatzpunkte für ein Mitdenken, ein Mitwirken des Autisten ergeben.
Ignorant vorgehende Stellen oder Personen meinen wohl oft, der Autist habe zu Anfang irgendwelche Mondforderungen gestellt, sie wähnen sich in einer basarartigen Verhandlungssituation, wie sie sie wohl tatsächlich in vielen Kontakten zu Nichtautisten auch tatsächlich vorfinden werden. Manchmal picken sich solche Leute dann irgendetwas heraus und stimmen dem zu. Der Autist hat aber von sich aus erst auf einige Punkte hingewiesen, die im Umgang besonders bedeutend für eine barrierefreie Situation sind und die oft vorkommen. Es ist eher so, daß er damit eine für ihn absehbare Mindestschilderung abgibt.
Maximalforderungen gleich zu Beginn aufzureihen würde im Fall von Autisten aufgrund der Komplexität der Unterschiede zwischen Autisten und vielen Nichtautisten wohl eher auf ein mehrbändiges Buch hinauslaufen. Und viele dieser Punkte würden in einem einzelnen Kontakt wohl nie wirklich relevant werden, da die Situation sich einfach nicht entsprechend entwickelt. Und jeder Autist ist ja in seiner Strukturiertheit auch etwas verschieden, wenngleich die Minderheit der Autisten typische Eigenschaften vereint. Welche Minderheit ist schon eine Art Klonserie.
In diesem Eskalationsspiralen haben wir also oft sich gegenseitig moralisch auch noch bestärkende Nichtautisten, die mit dem Autisten meist gar nicht zu den Barrierefreiheitsfragen das Gespräch suchen und feststellen, daß die Basartaktik bei diesem halsstarrigen Individuum nicht nur nicht wirkt, sondern, daß der Autist aus deren Perspektive wohl dazu auch noch immer neue zu beachtende Punkte aufreiht, statt sich endlich „zu fügen“.
Das kann der Autist jedoch nicht, da es in der Situation eben um erforderliche Punkte zur Herstellung von Barrierefreiheit geht, die alle keineswegs Extremforderungen darstellen, sondern einfach sachlich thematisierte unausweichlich erforderliche Kriterien, die im Umgang mit ihm beachtet werden müssen.
Im Fall von Behörden haben wir es in diesen Fällen oft mit Sachbearbeitern zu tun, die zutiefst gewohnt sind über andere Menschen zu entscheiden, sie oft auch in Schranken zu weisen. Nach unseren Vermutungen fällt es vielen dieser Leute sehr schwer im Umgang mit Behinderten davon dann „umzuschalten“ auf eine geeignete rechtskonforme Herangehensweise an die Herstellung von Barrierefreiheit. Wie das gelingen könnte? Das könnten vielleicht eher reflektiertere Nichtautisten genauer eingrenzen?
Und darin liegt keine Lebensuntüchtigkeit, die Autisten eben pauschal zueigen wäre, sondern die Folge des ganz speziellen nicht barrierefreien Vorgehens der anderen Seite, welches bei anderem Vorgehen so nicht vorgekommen wäre.
Von dieser Schilderung ausgehend können nun wohl leicht weitere Verbindungen gezogen werden zu bereits langjährig bekannten Schilderungen zum Ordnungsbedürfnis von Autisten, die zwar meist von Eltern oder „Experten“ herstammen und folglich wie gewohnt überwiegend die tatsächlichen Sachverhalte um Autisten nur schlecht und teils falsch durchdringen. Aber es zeigt durchaus, daß „da was ist“, was dieser Barrierebeschreibung in mancher Hinsicht nicht unähnlich wirkt. Und es ist in jedem Kontakt ein bedeutender Faktor, ob eine Seite die elementaren Grenzen des anderen in angemessener Weise berücksichtigt oder über sie einfach den anderen als Mensch schädigenden Art und Weise hinwegfegt und zunehmend den gefestigten Eindruck erweckt auch Hinweise gar nicht zu lesen, zumindest nicht zu verstehen und zu beachten.
Auch in Hinblick auf unseren Artikel von 2008 zu diesem Thema ist auffällig, wie oft bis heute Behörden oder in selteneren Fällen selbst Gerichte die KHV zu Ungunsten von Behinderten fehldeuten.
Häufig wird dabei falsch die Ansicht verteten, da in der KHV beispielhaft gestützte Kommunikation genannt wird, sei nur diese Autisten zu gewähren. (Bei aller berechtigten Kritik an dieser Methode wird durch diese Erwähnung in der KHV ja klar formuliert, daß Autisten ausdrücklich zum gemeinten Personenkreis zählen, weswegen Autisten niemals fordern sollten, sie daraus ersatzlos zu streichen.) Dazu sei hier der Einfachheit halber als zusätzliche Argumentationsschablone aus einem Schriftsatz im Rahmen eines von der ESH begleiteten (erfolgreichen) Verfahrens zitiert:
„Gleichwohl wird als „Kommunikationsmethode“ im Sinne einer „anderen Kommunikationshilfe“ in § 3 Abs 2 Nr. 2 KHV „insbesondere“ die „gestützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Störung“ angeführt. Offensichtlich geht die Kommunikationshilfeverordnung also von einem weiten Verständnis von „Hör- und Sprachbehinderung“ aus und bezieht auch die Kommunikationsbarriere mit Bezug zu neurologisch bedingten Personeneigenschaften in einer bestimmten Situation nicht mündlich kommunizieren zu können in den Formenkreis der „Hör- oder Sprachbehinderungen“ ein, was auch sinnvoll erscheint, da, wie schon der explizite Ansatz des BGG und der Titel der “Kommunikationshilfeverordnung“ deutlich machen hier nicht bestimmte Formen von Behinderungen privilegiert überwunden werden sollen, sondern behinderungsbedingte Kommunikationserschwernisse ausgeglichen werden sollen.
Anders als die Beklagte meint, ist die „gestützte Kommunikation“ für Autisten, wie sich aus dem „insbesondere“ ergibt, also nicht die einzig denkbare und in Betracht kommende Kommunikationsmethode für den Antragsteller, sondern lediglich ein Regelbeispiel für eine Kommunikationsmethode. Auch dass für Autisten keine andere Kommunikationsmethode angeführt wird ändert daran nichts, weil sich aus der Systematik der Norm ergibt, dass sie ergebnisorientiert ist, also die Kommunikation entsprechend den Bedürfnissen der behinderten Menschen möglich machen soll, und nicht methodenorientiert, also nur die Nutzung bestimmter Methoden und Kommunikationshilfen ermöglichen soll.“
Ergänzend sei hier ebenfalls im Rückgriff auf zurückliegende Verfahren darauf hingewiesen, daß der gerichtliche Verfahren regelnde §186 GVG in einer neuen Fassung wie die KHV im Jahr 2002 in Kraft getreten ist und die Begriffe „taub“ und „stumm“ durch den umfassenderen Begriff der „Hör- und Sprachbehinderung“ ersetzt hat. Demnach entspricht der Begriff im GVG dem in der KHV. Der §186 GVG gibt den hör- oder sprachbehinderten Personen das Recht in der Verhandlung mündlich, schriftlich oder mit einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom Gericht hinzuzuziehen ist, zu kommunizieren.
Auch der §186 GVG sagt nichts darüber aus, wie genau diese Verständigung zu erfolgen hat, lediglich, daß für die schriftliche Verständigung das Gericht „die geeigneten technischen Hilfsmittel“ bereitzustellen hat. Es ist nicht ersichtlich, daß für die schriftliche Kommunikation zwingend erforderlich ist, daß die behinderte Person im Gerichtssaal sitzt. §247a StPO macht deutlich, daß sogar im Strafverfahren belastende Zeugenaussagen von außerhalb des Gerichtssaales gemacht werden können. Jedenfalls ist angesichts der Norm selber eine Verständigung des Gerichts mit der betroffenen Person erforderlich, wie die Kommunikation nach §186 GVG auszugestalten ist, um dem Normzweck – Kommunikationsfähigkeit – und die Anforderungen des Verfahrens in Einklang zu bringen. Der §186 GVG verlangt, daß die behinderte Person auf ihr Wahlrecht hinzuweisen ist.
Ob in der Vorgeschichte der BSG-Entscheidung oder z.B. hier, wenn Behörden oder andere Stellen etwas aus dem formalen Grund „fehlende Mitwirkung“ verweigern, dann ist das ein absoluter Klassiker in Verfahren, in denen Barrierefreiheit eingefordert, aber nicht gewährt wird. Denkmuster: Wenn der Rollstuhlfahrer nicht die vier Stockwerke Treppen ins Büro kommt, zu dem auch kein geeigneter Fahrstuhl führt, dann verweigert der Rollstuhlfahrer seine Mitwirkung.
Laßt euch davon nicht irritieren, denn wir haben das Recht auf Barrierefreiheit. Die Anforderungen an die Ausgestaltung von Barrierefreiheit im Fall eines bestimmten Autisten zu vermitteln erweist sich jedoch oft als heikel, besonders wenn in Behörden nur „Dienst nach Vorschrift“ herrscht (oder die Beweggründe vielleicht noch deutlich schlimmere wären).
Teils wird zu einem greifbaren Aspekt erläutert, wie dazu Barrierefreiheit aussehen könnte und später kommen aufgrund des Verhaltens von Behördenseite oder einfach neu aufgetretener Situationen im Verwaltungsgang weitere Aspekte hinzu, die dann zu einem späteren Punkt weitere Erläuterungen hinzukommen.
Wenn dann nach ablehnenden Bescheiden rechtlich dagegen vorgegangen wird, dann sollte beachtet werden, daß Klagen vor Gericht bei einer Ablehnung wegen „fehlender Mitwirkung“ formell juristisch betachtet keine normale Leistungsklage darstellen, sondern eine Anfechtungsklage. Um dies zu verdeutlichen wird hier aus BSG, Urteil vom 01.07.2009 – B 4 AS 78/08 R zitiert, einer gerichtlichen Entscheidung, wie sie zu dieser Klageform im Internet zu finden ist.
„Die Vorschrift des § 54 Abs 4 SGG, deren Verletzung die Revision behauptet, ist für das Begehren nicht einschlägig. Nach § 54 Abs 4 SGG kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Regelung setzt nämlich voraus, dass die Verwaltung über die begehrte Leistung entschieden hat. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Leistungsträger die Leistung ohne abschließende Ermittlung bis zur Nachholung der Mitwirkung nach § 66 SGB I versagt. Gegen einen solchen Versagensbescheid ist grundsätzlich nur die Anfechtungsklage eröffnet (BSG SozR 1200 § 66 Nr 13; BSG SozR 4-1200 § 66 Nr 1).“
Das gilt entsprechend auch für andere Zweige der deutschen Gerichtsbarkeit:
„Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG vom 17.1.1985 NVwZ 1985, 490) und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH vom 18.8.2006 Az. 9 C 06.1845 ) beschränkt sich die verwaltungsgerichtliche Überprüfung eines auf die fehlende Mitwirkung des Leistungsantragstellers gestützten Verwaltungsakts auf die gesetzlich bestimmten Voraussetzungen für die Versagung der Leistung. Bei Rechtswidrigkeit des Versagungsbescheids genügt dessen Aufhebung, die Behörde hat dann über den geltend gemachten Sozialleistungsanspruch in der Sache selbst zu entscheiden. Demnach hätte der Kläger den Bescheid vom 29. März 2010 nur mittels Anfechtungsklage angreifen können. Sein Klageziel, die Beklagte zur Bewilligung von Wohngeld für den Bewilligungszeitraum von Dezember 2009 bis November 2010 zu verpflichten, kann er durch die von ihm erhobene Versagungsgegenklage nicht erreichen. Obwohl das Gericht den zuletzt anwaltlich nicht mehr vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung am 26. April 2012 darauf explizit hinwies, stellte dieser dennoch den Verpflichtungsantrag entsprechend dem Schriftsatz seiner früheren Bevollmächtigten vom 9. Dezember 2010.“
Die aktuelle deutsche Bundesregierung redet zur Zeit viel über ihr Vorhaben ALG2 ab Januar 2023 in ein „Bürgergeld“ umzuwandeln. Die laut unserem Kenntnisstand bisher noch recht vagen Ankündigungen versprechen weniger Sanktionen. Aus diesem Anlaß möchten wir nach einer Zeit der – aufgrund unserer starken Gewichtung direkter Selbsthilfetätigkeit – aufsummierten Vernachlässigung der Artikelerstellung einen Fall aus dem Jahr 2022 in seinem Ablauf darstellen, den die ESH begleitete.
Wir wählen eine strikt chronologische Auflistung aus breiter Unterlagenbasis um ein möglichst umfassendes Gesamtbild zu eröffnen und eine Vorstellung davon zu vermitteln, welcher enormen – lebensbedrohenden – Belastung ein Autist noch immer ausgesetzt werden kann, wenn er in Deutschland einfach nur einmal auf seinem Menschenrecht auf Barrierefreiheit besteht.
Wir vermuten, solche Fälle werden auch nach den Ankündigungen weiter vorkommen, schon da sie dort vermutlich offiziell gar nicht in die Kategorie „ALG2-Sanktion“ sondern unter „Antrag abgelehnt“ fallen, obwohl hier faktisch die Leistungen über lange Zeit komplett in erschütternd breit praktizierter Ignoranz gegenüber geltendem Recht – oder selbst situativ klar angezeigter, halbwegs gebotener Kommunikation darüber – verweigert wurden, weil offensichtlich schon durchweg kein Erwägen genannter Argumente in angemessener Weise erfolgt war.
Der betreffende Antragsteller absolvierte bis vor ca. 10 Jahren bei damals bereits vorliegender Autismusdiagnose einen Ganztages-Sonderausbildungsweg mit kleinen Berufsschulklassen und von 3 auf 5 Jahre gedehnter Ausbildungsdauer. Von Beginn der Erwerbstätigkeit an war er in Teilzeit berufstätig und ließ die Stundenzahl während der Erwerbstätigkeitszeit weiter reduzieren, weil er auch dieses Pensum nicht schaffte. Schließlich wirkte auch ein Pensum von 3 Stunden pro Tag auf ihn nicht mehr leistbar. Es wurde eine Burnoutdiagnose (formal: F32.1 = mittelgradige depressive Episode; G = gesicherte Diagnose Richtung „Burnout“) gestellt. Das Erwerbsbeschäftigungsverhältnis endete.
Direkte Zitate aus Schriftsätzen wurden teils in für die Sachverhalte selbst unwesentlicher Weise editiert (Beispiel: „Jobcenter“, statt „Antragsgegnerin“ oder „Beklagte“), sich ähnlich wiederholende Inhalte und einige inhaltliche Nebenpunkte zwecks Verbessererung der Lesbarkeit umfassend weggelassen. Der ESH liegen sämtliche Unterlagen in Kopie vor.
Tag 1
Per unverschlüsselter Email erfolgt eine Arbeitslosmeldung an die Arbeitsagentur in Ort 1 vor dem absehbaren Ende des Beschäftigungszeitraums. Es wird ein ALG2-Antrag ab diesem Endzeitpunkt gestellt und als Formular mitgesandt. Zusätzliche Unterlagen werden als Scandateien an die Email angehängt.
Tag 2
Die Arbeitsagentur antwortet per Email, der ALG2-Antrag sei an die zuständige Stelle weitergeleitet wurden. „Bei erneuten Anfragen wenden Sie sich bitte direkt an diese E-Mail-Adresse.“ In dieser Email wird „diese E-Mail-Adresse“ jedoch nicht mitgeteilt und geht auch nicht aus dem Kopf der Email der Arbeitsagentur hervor.
Tag 3
Nachfrage per Email bei der Arbeitsagentur nach der Emailadresse, an die künftige Anfragen gerichtet werden sollen. Beigefügt wird ein Erstattungsantrag zu bereits selbst beschafftem Heizmaterial (stark steigende Energiepreise und zunehmende Lieferschwierigkeiten bei Heizmaterial sind zu diesem Zeitpunkt bereits greifbar).
Tag 12
Post vom zuständigen Jobcenter, Schreiben 1: Eine auf Tag 5 datierte Einladung von Jobcenter-Person Nr. 1 zur „persönlichen Vorsprache“ zwecks Identitätsprüfung an Tag 16 um 15:00 Uhr. Ein gültiges Ausweisdokument solle mitgebracht werden. Eine Voraussetzung für den Bezug von ALG2 sei gemäß SGB2 §38, daß die Identität des Antragstellers überprüft wurde. Es wird auf Mitwirkungspflichten hingewiesen. Es solle sich unter Vorlage der Einladung am Haupteingang des Jobcenters beim Sicherheitspersonal angemeldet werden. Es wurde auf geltendes „3G“ mit FFP2-Maskenpflicht hingewiesen. Begleitpersonen („z.B. ein notwendiger Dolmetscher“) müßten „vorher“ angemeldet werden, zum Zweck dieser Anmeldung wird in der Einladung ausschließlich eine Telefonnummer genannt. Bei Erkältungssymptomen sei der Zugang zum Jobcenter nicht gestattet, für kurzfristige Absagen aus gesundheitlichen Gründen werden ausschließlich zwei Telefonnummern aufgeführt.
Schreiben 2: Eine auf Tag 8 datierte Einladung von Jobcenter-Person Nr. 2 zwecks „Besprechen der aktuellen beruflichen Situation“ an Tag 16 um 15:15 Uhr. Als Treffpunkt wird ein Wartebereich genannt. Ein gültiges Ausweisdokument und ein ausgedruckter Lebenslauf solle mitgebracht werden. Eine Voraussetzung für den Bezug von ALG2 sei gemäß SGB2 §38, daß die Identität des Antragstellers überprüft wurde. Es wird auf Mitwirkungspflichten hingewiesen. Desweiteren Mitteilungen wie zu Schreiben 1 in Absatz 2 beschrieben. Die Erstattung von Reisekosten sei möglich.
Antwort an die in Schreiben 2 aufgeführte nicht personalisierte Kontaktemailadresse des Jobcenters: Es wird zur möglichen Erstattung von Reisekosten nachgefragt. Es wird mitgeteilt, daß eine Sprachbehinderung, eine Autismusdiagnose und GdB 50 vorliegt und deswegen nötige „andere Hilfen“. Ein inhaltliches Gespräch müsse von Zuhause aus per Email geführt werden. Zur Klärung der noch offenen Fragen zum Ablauf wird darauf verwiesen, daß eine Antwort spätestens an Tag 15 eingehen müsse.
Tag 15
Email-Antwort von Person Nr. 3 des Jobcenters am späten Nachmittag: „Sie hatten an das Jobcenter eine E-Mail geschrieben. Aus datenschutzrechtlichen Gründen darf ich Ihnen darauf nicht antworten. Bitte Nutzen Sie für die Kommunikation mit dem Jobcenter die Funktion Postfachnachricht im Portal: http://www.jobcenter.digital“
Aufgrund des erheblich ungeklärten Ablaufs des Termins und damit weiter bestehenden Unsicherheiten, wird dieser per Email-Antwort abgesagt.
Dem Jobcenter werden per Email einige weitere Dokumente zum gestellten Antrag geschickt.
Tag 22
In einem auf Tag 17 datierten Bescheid von Jobcenter-Person Nr. 4 werden die beantragten ALG2-Leistungen „ganz versagt“. Begründung: Der ID-Termin sei „nicht wahrgenommen“ worden. Es sei dadurch Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen worden. Daher könne der Anspruch nicht geprüft werden. Es seien dem Jobcenter keine Gründe mitgeteilt worden, die im Rahmen einer Ermessensentscheidung günstig berücksichtigt hätten werden können. „Nach Abwägung des Sinns und Zwecks der Mitwirkungsvorschriften mit Ihrem Interesse an den Leistungen, sowie dem öffentlichen Interesse an Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, werden die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [sic!] für Sie ganz ab 1. Juli 2021 [sic! – ein alter nicht modifizierter Textbaustein aus einer früheren Sache des Jobcenters zu einem ganz anderen Antragsteller?] versagt (§66 SGB1)“ Im Falle einer nachträglichen Mitwirkung würden die Leistungsvoraussetzungen nochmals überprüft. Der Krankenversicherungsschutz sei unabhängig vom Leistungsbezug weiterhin gewährleistet.
Tag 25
Da im Antrag angegeben wurde, es könne nicht mehr als 3 Stunden täglich einer Erwerbsbeschäftigung nachgegangen werden, wird per Email ein neuer dem vorherigen Umfang entsprechender Leistungsantrag an das örtliche Sozialamt geschickt. Es wird darauf hingewiesen, daß mündliche Gespräche im Behördengebäude nicht barrierefrei wären und Termine nicht zu kurzfristig angesetzt werden dürfen.
Email-Antwort des Sozialamtes: Der Antrag werde zuständigkeitshalber an das Jobcenter weitergeleitet.
Tag 31
Email an das Jobcenter: Die Mitteilungen der Antwortmail von Tag 12 werden weiter ausgeführt. Es wird zudem mitgeteilt, daß Versuche sich auf der verlinkten Amtsplattform zu registrieren erfolglos blieben. Daher bleibe als Kommunikationsweg nur der Postweg oder Kommunikation per Email, die auch schneller sei. Weiter wird ausgeführt, es gehe bei dieser Frage um die Herstellung von Barrierefreiheit, weswegen nicht Maßstäbe wie für jedermann angelegt werden dürfen. Dem Amt wird eine ausdrückliche Erlaubnis übermittelt per Email zu antworten. Mit begleitenden Anmerkungen beigefügt wurde auch eine zurückliegende ärztliche Krankschreibung wegen Burnout.
Tag 32
Es werden in Eigeninitiative aufgrund des Gefühls, daß es an diesem Tag, im Moment jetzt zu diesen Uhrzeiten möglich sei, zwei Versuche unternommen beim Sozialamt des baulich offener gestalteten örtlichen Landratsamtes schnell eine ID-Prüfung durchführen zu lassen und ein entsprechendes Bestätigungschreiben von dort zu erhalten. Dazu wurde vorher das Anliegen auf Papier aufgeschrieben und keine weitere Kommunikation in der Situation vorgesehen, beziehungsweise gedanklich eingeplant, weil zu überlastend. Beide Versuche scheiterten beim „abbügelnden“ Empfangspersonal. Ein dritter Versuch in einem allgemeinen Bürgerbüro scheiterte an Angstgefühlen des Antragstellers, erbrachte jedoch eine Rolle Gelber Säcke.
Tag 42
Widerspruch gegen den auf Tag 17 datierten Bescheid, Argumentation abgesehen von Wiederholungen: Erhalt hier ganz versagter Leistungen zur Sicherung des Lebenssunterhaltes stelle einen grundrechtlichen Anspruch dar. Der Termin sei abgesagt worden, da vom Jobcenter weder in gebotener Eile – in Folge des selbst kurzfristig angesetzten Temins – noch inhaltlich angemessen auf erfolgte Hinweise reagiert worden sei. Der Termin habe unter diesen Umständen auch wegen durch vermeidbares Vorgehen des Amtes mitherbeigeführter situativer Angst- und Panikgefühle aufgrund der Unsicherheit der Situation nicht wahrgenommen werden können. Die Behauptung nicht per Email antworten zu dürfen sei in dieser speziellen Situation unter dem Aspekt der Barrierefreiheit falsch, im Gegenteil sei das Amt dazu verpflichtet gewesen in einem solchen vorliegenden Fall umgehend per Email zu antworten. Da das Amt dies nicht tat, treffe es auch das Verschulden hinsichtlich der als Ergebnis daraus vorgenommenen Terminabsage. Daher sei auch die Versagung der Leistungen rechtswidrig. Es sei ein einschlägiger behindertenrechtlicher Grundsatz, daß der Behinderte die Art der Umsetzung von Barrierefreiheit bestimme und er nicht genötigt werde, sich mit Spezialplattformen einzelner Behörden befassen zu müssen um Zugang zu hier grundrechtlichen Ansprüchen erhalten zu können. Es sei unverzüglich Kommunikation per Email aufzunehmen. Die Behauptung, es seien keine Gründe mitgeteilt worden, die eine andere Ermessensentscheidung ermöglicht hätten, wirke regelrecht bizarr.
Tag 47
Schreiben von Jobcenter-Person 14, in dem mitgeteilt wird, daß ein ALG1-Anspruch bestehen könne. Es wird gebeten dies bei der Arbeitsagentur in Ort 2 zu beantragen. (Mehr zum weiteren Inhalt siehe Tag 53)
Email an die BKK als Antwort auf einen Brief der BKK von Tag 43: „Ein Antrag beim Jobcenter wurde bisher von deren Seite noch nicht abschließend bearbeitet.“
Tag 52
Am Abend wird ein auf Tag 50 datiertes Schreiben vom Jobcenter-Person 5 vorgefunden, welches einen Hausbesuch zwecks ID-Prüfung zwischen 9 und 12 Uhr an Tag 52 ankündigte.
Tag 53
Email an das Jobcenter mit Bezug zu deren auf Tag 46 datiertes Schreiben (siehe Tag 47 Absatz 1): Es sei aufgefordert worden, bei der Arbeitsagentur in Ort 2 vorrangige Leistungen zu beantragen. Zitat aus diesem Schreiben: „Aufgrund Ihrer gesetzlichen Verpflichtung, vorrangige Leistungen in Anspruch zu nehmen, bin ich außerdem berechtigt, den Antrag ersatzweise für Sie zu stellen …“ Aufgrund von Problemen Anträge fehlerfrei zu stellen wird das Jobcenter gebeten diesen Antrag zu stellen. Es wird um Rückmeldung per Email gebeten.
Tag 56
Email an das Jobcenter mit Bezug auf den Vorgang an Tag 52. Es werden Passagen aus zurückliegenden Mails zitiert und neu u.a. folgende Passagen mitgeteilt: „ich möchte auf ein paar wichtige Dinge hier eingehen, die in Zukunft berücksichtigt werden sollten. […] Ich weise erneut darauf hin, dass es für mich unzumutbar und sehr belastend im Sinne von Barrierefreiheit entgegenwirkenden Barrieren ist, kurzfristig angesetzte Termine zu einer ID-Prüfung wahrzunehmen. Dies ändert nichts daran, dass bei einem erneuten Termin nur der Ort gewechselt wird im Sinne von Hausbesuchen zu einer ID-Prüfung. […] Wie ich feststellen musste, wurde dieser schriftliche Weg der email-Kommunikation oder per Brief im Sinne einer inhaltlichen Terminvorbereitung, nicht nur einer erneuten Terminfestsetzung durch Ihre Behörde wie erforderlich nicht eingehalten. Statt Terminvereinbarungen, die für mich nicht zu kurzfristig angesetzt werden sollten, mit mir per email zu handhaben, wurde erneut ein kurzfristiger Termin zu einer ID-Überprüfung bestimmt (nur an einem anderen Ort), den ich auch alleine wegen der Kurzfristigkeit hier nicht einhalten und auch nicht vorher absagen konnte. […] Es ist stark belastend für mich, wenn ich davon ausgehe, dass Personen aus Ihrem Amt ohne vorherige Absprache versuchen würden mich aufzusuchen, um mich eventuell zu überrumpeln und eventuell ein mündliches Gespräch von mir abzuverlangen oder irgendwie mich in ein mündliches Gespräch zu verwickeln. Das darf nicht vorkommen! Nur, weil der Ort des Termins ein anderer Ort gewesen war, heißt es nicht, dass meine Panik- und Angstzustände vor solchen Terminen verschwunden sind. Die Unsicherheiten der Situation, wie bei einem solchen ID-Termin vorgegangen würde, sind weiterhin existent. Ich muss Sie darauf dringendst hinweisen, dass ich eine Art Defizit habe, was die soziale mündliche Sprachkommunikation betrifft. Mündliche Kommunikation ist mit mir nicht umfassend möglich. Besonders dann nicht, wenn ich erwarten muss, durch unerwartet kommende mündliche Fragen bei einem Termin einer ID-Prüfung vor Ort überrascht würde und mich zu einer schnellen mündlichen Interaktion gezwungen sehen würde zu antworten. Da ich fürs mündliches Antworten mehr Zeit zum Überlegen benötige, und in normalen Fällen die Leute nicht darauf eingestellt sind lange abzuwarten, steigt der Druck in mir zu antworten. Gleichzeitig denke ich nach, was ich antworten soll und indessenfolge bin ich bei einer mündlichen Kommunikation nicht richtig fähig, umfassende Antworten zu bringen. Daher, wenn so eine ID-Prüfung erfolgreich gelingen soll, müssen einige Punkte zwingend beachtet werden:
Während des Termin vor Ort keine mündliche Interaktion. Es reicht aus, wenn Sie meinen Schwerbehinderten-Ausweis (beinhaltet Lichtbild, Geburtsdatum und Namen) überprüfen, damit Sie sehen können, dass ich die Person bin, um die es sich hier dreht.
Alle meine Fragen und Unklarheiten im Sinne von Barrierefreiheit bezogen auf einen ID-Termin müssen zuvor schriftlich abgeklärt sein.
Keine kurzfristig angesetzten Termine für eine ID-Überprüfung Das heißt, wenn so ein ID-Termin vereinbart wird, muss ich mir ganz sicher sein, dass diese Punkte und schriftliche Absprachen von Ihren Leuten auch wirklich eingehalten und auf keinen Fall ignoriert werden dürfen. Ich fordere Sie nochmal auf, diese für mich dringenden Anforderungen künftig sehr gewissenhaft und präzise einzuhalten und mir dies schriftlich zu bestätigen. Dies ist eine Grundlage, damit überhaupt Treffen zu Terminen weitgehend nicht unmöglich würden.“
Tag 61
Ein auf Tag 60 datierter Widerspruchsbescheid von Jobcenter-Person 6 zum ALG2-Antrag von Tag 1 wird zugestellt: Der Widerspruch wird als unbegründet zurückgewiesen. Die Grundsicherung für Arbeitssuchende solle Leistungsberechtigten ermöglichen ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspreche. Jedoch sei Mitwirkungspflichten nach §§60-66 SGB1 nicht nachgekommen worden. Demnach dürften Leistungen ganz oder teilweise versagt werden, wenn auf die möglichen Folgen einer nicht erfüllten Mitwirkungspflicht schriftlich hingewiesen wurde und dieser nicht innerhalb einer angemessenen Frist nachgekommen worden sei. Die fragliche Mitwirkungspflicht dürfe nicht unzumutbar im Sinne §65 SGB1 sein. Dabei handele es sich um eine Ermessensentscheidung. In der Einladung sei darauf hingewiesen worden, daß gamäß §61 eine persönliche Verpflichtung zum Erscheinen im Jobcenter bestehe und nur im Rahmen einer persönlichen Vorsprache abschließend geklärt werden könne, ob ein Leistungsanspruch bestehe. Die Krankschreibung (Burnout) sei einige Wochen vor dem angesetzten ID-Termin abgelaufen. Es sei zudem Weiteres veranlasst worden, indem der Außendienst des Jobcenters unangekündigt vor Ort gewesen sei, wobei jedoch niemand angetroffen worden wäre. Dann sei eine Terminankündigung für den übernächsten Tag in den Briefkasten geworfen worden. Auch zu diesem Termin sei vor Ort niemand angetroffen worden. Der Briefkasten sei geleert gewesen (es blieb unklar, wie der Außendienst des Jobcenters zu dieser Einschätzung gelangte, es war kein Briefkasten mit Glaselementen, etc.). Der Antragsteller habe dann in einer Email angegeben den Brief erst nach dem darin aufgeführten Termin erhalten zu haben. Es wäre auch ausführlich erklärt worden, daß einer ID-Prüfung vor Ort nicht zugestimmt werde. Weiterhin seien erneut Ausführungen zum Gesundheitszustand gemacht worden. Der Antragsteller wolle lediglich über Email oder Postweg kommunizieren. Eine Telefonnummer sei nicht angegeben worden. Die Mitwirkung sei zumutbar gewesen. Belastende generelle Lebensumstände würden nicht dazu führen können, daß die Mitwirkungspflichten entfallen. Die Aufklärung des Sachverhalts sei durch die fehlende Mitwirkung unmöglich gemacht worden. Anhaltspunkte, die ein Überwiegen der Interessen des Widerspruchsführers an der Zahlung von ALG2 gegenüber den Interessen der Allgemeinheit rechtfertigen würden, lägen nicht vor. Die Interessen des Widerspruchsführers seien angemessen berücksichtigt worden. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich. Die Grenzen der Mitwirkungspflicht im Sinne des §65 seien nicht überschritten gewesen. Eine ID-Prüfung sei nicht möglich gewesen.
Email der BKK: „Auf Grund Ihrer Beschäftigungszeiten hätten Sie ja eigentlich Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Wir würden das Amt gern anschreiben und an die Anmeldung erinnern. Dazu müssen wir wissen, ob wir tatsächlich das JobCenter oder die Agentur für Arbeit anschreiben müssen.“
Tag 62
Per unverschlüsselter Email wird ein neuer zweiter ALG2-Antrag gestellt und als Formular mitgesandt (der erste nur mit neuer Unterschrift samt neuem Datum). Auch zusätzliche Unterlagen werden als Scandateien an die Email angehängt.
Tag 63
Per Email an die Arbeitsagentur in Ort 2 wird unter Verweis auf das Jobcenter ALG1 beantragt. Es wird darauf hingewiesen, daß dazu keine Formulare im Internet aufgefunden worden seien und falls erforderlich daher solche zum Ausfüllen zugeschickt werden sollen.
Tag 65
Emailantwort der Arbeitsagentur bezogen auf die Anfrage von Tag 63. Das Anliegen habe noch nicht abschließend bearbeitet werden können. Leider sei man telefonisch nicht erreicht worden. „Bitte haben Sie Verständnis, dass Ihr Anliegen aus Gründen des Datenschutzes nicht per E-Mail bearbeitet werden kann. Setzen Sie sich daher bitte unter der unten angegebenen Servicerufnummer mit uns in Verbindung.“
In einer Email-Antwort darauf wird der Arbeitsagentur in Ort 2 mitgeteilt, daß eine Sprachbehinderung vorliege, man Autist sei und telefonieren nicht barrierefrei. Kommunikation per Email sei aber barrierefrei möglich.
Die ESH wird einbezogen und beginnt standardmäßig mit der Suche nach einem geeigneten Anwalt für das Klageverfahren gegen den Widerspruchsbescheid am betreffenden Gerichtsort, was sich allgemein erfahrungsgemäß sehr schwierig darstellt, da kaum ein Anwalt bereit ist in erforderlichem qualitativ zweckmäßigen Umfang barrierefrei schriftlich mit autistischen Mandanten zu kommunizieren. Dazu werden zunächst 6 örtliche Kanzleien angefragt, die angeben auch im Bereich des Sozialrechts aktiv zu sein und teils Fachanwälte für Sozialrecht sind. Dabei stellen sich vor allem zwei Fragen: 1. Ist der Anwalt überhaupt bereit ausschließlich so zu kommunizieren? Erstaunlich oft lautet hier bereits die Antwort: Nein. 2. Nimmt der Anwalt den Fall vielleicht nur an, um das Geld mitzunehmen, kommuniziert dann faktisch jedoch nicht in der erforderlichen Weise und fährt das Verfahren so zum Schaden des autistischen Mandanten gegen die Wand? Hier kann im Vorfeld nur versucht werden solche Zunftvertreter auszusortieren, jedoch ist festzustellen, daß es immer wieder vorkommt, daß in der Aquise ein Elan und eine Zuvorkommenheit gezeigt wird, die dann nach Mandatserteilung niemals wieder gesehen ward.
Tag 66
Emailantwort der Arbeitsagentur bezogen auf die Rückantwort von Tag 65. Das Anliegen habe noch nicht abschließend bearbeitet werden können. Leider sei man telefonisch nicht erreicht worden. „Bitte haben Sie Verständnis, dass Ihr Anliegen aus Gründen des Datenschutzes nicht per E-Mail bearbeitet werden kann. Setzen Sie sich daher bitte (gern auch mit einer Person, die das Gespräch führen kann) unter der unten angegebenen Servicerufnummer mit uns in Verbindung.“
Tag 75
Ein ausgefüllter Gesundheitsfragebogen wird in den Briefkasten des Jobcenters eingeworfen.
Tag 79
Email an die BKK: „Ich bin damit einverstanden, dass Sie die Agentur für Arbeit [in Ort 2] anschreiben und an die Anmeldung meines ALG1 Antrages erinnern und sich dies bestätigen lassen.“
Tag 80
Email der BKK: „Da wir auf unsere Mail [von Tag 61] keine Antwort von Ihnen erhalten hatten, haben wir [an Tag 73] bereits das JobCenter angeschrieben. So wie es jetzt aussieht, haben Sie nun aber doch Arbeitslosengeld I und nicht Arbeitslosengeld II, wie mitgeteilt, beantragt. Wir werden demnach noch einmal das für Ihre Postleitzahl zuständige Arbeitsamt anschreiben.“
Tag 84
Eine auf Tag 75 datierte, der von Tag 12 sachlich gleichende, Einladung von Jobcenter-Person 7 zur ID-Prüfung an Tag 86 um 14:30 Uhr im Jobcenter, die laut Briefumschlag an Tag 81 zur Post gegeben wurde, kommt an.
Email an die BKK: „es wurden verschiedene Anträge gestellt, von denen bisher keiner rechtskräftig entschieden worden ist. Aus diesem Grund bin ich derzeit auch praktisch mittellos und könnte soweit keine Beiträge zahlen.“
Tag 85
Emailantwort der BKK: „Notfalls müssten Sie dann mit dem Beitragsbescheid beim Sozialamt vorsprechen, wenn Sie selbst nichts zahlen können. Wir warten nun aber erst einmal ab.“
Tag 87
Die Bemühungen der ESH haben die üblichen Absagen ergeben, jedoch auch zwei Rückmeldungen, die grundsätzlich ersteinmal Bereitschaft ausdrückten die Sache eventuell zu übernehmen. Ein Anwalt davon antwortete schnell und inhaltlich soweit erstmal zufriedenstellend per Email. Der zweite Anwalt ging in seiner ersten Reaktion gar nicht auf die Frage nach barrierefreiem schriftlichen Kontakt mit dem potenziellen Mandanten ein. Die Vertretung wurde Anwalt 1 anvertraut, der soweit einen nicht offensichtlich heiklen Eindruck erweckte und dessen Kommunikationsstil soweit auch recht sachlich wirkte, der von Anwalt 2 hingegen eher emotional-gefühlig.
Tag 98
Ein auf Tag 92 datiertes Schreiben von BKK-Person 1 geht ein, dem ein auf Tag 86 datiertes Schreiben der Arbeitsagentur in Ort 2 angefügt ist. In diesem Schreiben gibt die Arbeitsagentur der BKK die Auskunft, daß weder eine Arbeitslosmeldung vorgenommen, noch ein Antrag gestellt worden sei. Vom Jobcenter liege keine Rückmeldung vor. Die BKK könne nicht so lang abwarten, weswegen nun ein Antrag auf freiwillige Weiterversicherung beigefügt werde. Dieser solle laut BKK ausgefüllt zurückgesandt werden.
Tag 99
Email an das Jobcenter, Person 7, zum Thema Terminvorbereitung: „Von Ihnen erreichte mich zwischenzeitlich keine neue Nachricht. Soll bei einem Vororttermin bei Ihnen mit mir mündlich gesprochen werden? Dies wäre im Vorfeld zu klären, denn da ich autistisch bin, führen solche Unklarheiten über das zu Erwartende, das von Ihnen Geplante, wie Sie sich mir gegenüber verhalten werden, zu Angst- und Panikgefühlen, die es mir unmöglich machen zu einem solchen Termin körperlich in Ihre Behörde zu kommen. Falls Sie beim Termin mit mir kommunizieren wollten, wie Ihre Einladung nahelegen könnte, müßte dieser Kommunikationsteil im Rahmen der barrierefreien Umsetzung entsprechend BGG und KHV schriftlich geschehen, während ich mich zuhause in vertrauter Umgebung befinde. Sie sollten hieraus sehen, dass es Teil einer barrierefreien Lösung des Zugangs zu Ihrer Behörde sein muss, vorher schriftlich, z.B. per Email, darüber zu kommunizieren, was von Ihnen her geplant wird und ob Sie genügend die Erfordernisse bei einem solchen körperlichen Termin mit mir verstanden haben. Eine realistische, vereinfachende weitere mögliche Lösung zur ID-Prüfung könnte sein, mir ein Schreiben zur Verfügung zu stellen, das bei jeder deutschen Behörde vorgezeigt werden könnte und diese auffordert, die ID-Prüfung dort ohne vorher vereinbarten Termin und Wartezeiten nach meinem Erscheinen umgehend vorzunehmen und die erfolgreiche ID-Prüfung nach Ihren mir bisher nicht im Detail bekannten – von Ihnen in Ihren Schreiben für die andere Behörde hinreichend genau zu benennenden – Anforderungen dann schriftlich in einem Schreiben der anderen Behörde an Ihre Behörde für mich kostenfrei zu bescheinigen.“
Tag 100
Bei der Arbeitsagentur in Ort 1 wird mit Bezugnahme auf die erfolgte Arbeitslosmeldung von Tag 1 per Email um Korrektur des Fehlers und Nachricht über dessen erfolgte Behebung gebeten, wegen dem die Arbeitsagentur in Ort 2 in einem auf Tag 86 datierten Schreiben der BKK mitgeteilt hätte, es läge keine Arbeitslosmeldung vor.
Bei der Arbeitsagentur in Ort 2 wird mit Bezugnahme auf die erfolgte Arbeitslosmeldung von Tag 1 und dem vorsorglichen eigenen Antrag auf ALG1 von Tag 63 und mit Person 1 der BKK in CC um Korrektur der fehlerhaften Auskunft an die BKK gebeten. Es wird zudem darauf hingewiesen, daß die an Tag 63 erfragten Formulare bisher nicht eingegangen seien. Es wird Verwunderung geäußert, daß das Jobcenter, dann wohl trotz der schriftlichen Ankündigung und der eigenen Bitte an das Jobcenter dies zu tun, bisher auch keinen Antrag auf ALG1 gestellt habe.
Emailantwort der Arbeitsagentur zur ersten Anfrage von Tag 100, nun auch unter Zurhilfenahme von stellenweisen Unterstreichungen wie Fettdruck: Das Anliegen könne nicht bearbeitet werden. Man solle sich umgehend zur ID-Prüfung während der Öffnungszeiten im Gebäude der zuständigen Arbeitsagentur melden. Bei Fragen zu ALG2 solle man sich an das zuständige Jobcenter wenden.
Rückantwort per Email dazu an die Arbeitsagentur in Ort 2: Es sei mitgeteilt worden, das Anliegen könne nicht bearbeitet werden. Sollte „das Anliegen“ die erfolgte Arbeitslosmeldung von Tag 1 oder der Antrag auf ALG1 von Tag 63 meinen, so wäre festzustellen, daß dazu jeweils keine derartige zeitnahe Reaktion erfolgt gewesen sei. Dies sei nicht akzeptabel. Zur Durchführung einer ID-Prüfung sei Barrierefreiheit herzustellen. Dazu wurden einige kopierte Passagen aus Schreiben an das Jobcenter angefügt.
Die beauftragte Anwaltskanzlei sendet eine auf Tag 94 datierte Eingangsbestätigung des zuständigen Sozialgerichts, wonach die Klage gegen den an Tag 51 zugestellten Widerspruchsbescheid des Jobcenters an Tag 92 eingegangen war. Es wird gebeten die Klagebegründung innerhalb eines Monats zu übersenden. Ebenso wird über die Anwaltskanzlei bereits ein auf Tag 95 datierter Schriftsatz von Jobcenter-Person 8 des beklagten Jobcenters an das Gericht übermittelt, in dem dieses noch vor Übermittlung der Klageschrift beantragt die Klage abzuweisen und zu entscheiden, daß Kosten nach §193 SGG nicht zu erstatten wären. „Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf den Inhalt des beigefügten Vorgangs sowie die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen.“
Emailantwort der BKK in Bezug auf die Email an die Arbeitsagentur in Absatz 2: „Vielen Dank für die Information […] Behalten Sie bitte im Hinterkopf, dass aktuell kein Versicherungsschutz für Sie besteht und wir Ihnen daher den Antrag auf eine freiwillige Weiterversicherung übermittelt haben, die nach einer rückwirkenden Bewilligung von Leistungen der Agentur für Arbeit selbstverständlich wieder storniert werden kann.“
Tag 102
Die beauftragte Anwaltskanzlei versendet die gemeinsam erarbeitete Klagebegründung an das Sozialgericht: Es wird beantragt den Bescheid des Jobcenters aufzuheben und Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewähren. Der vorliegende Bescheid sei rechtswidrig und verletze den Kläger in seinen Rechten. Seit 15 Jahren liege ein GdB von 50 aufgrund von Autismus vor. ESH-Informationsblatt 10 ist zwecks besserem Verständnis beigefügt, Autismus sei ein angeborener Veranlagungszustand. Der Kläger habe mitgeteilt, daß eine Sprachbehinderung vorliege und andere Hilfen benötigt würden. Es sei ausgeführt worden, daß der Termin wahrgenommen werden könne, jedoch ein inhaltliches Gespräch per Email erfolgen müsse. Die Antwortemail von Tag 15 (hier Absatz 1) sei völlig unangemessen gewesen, die Absage des Termins Folge des nicht behindertengerechten Vorgehens, was auch hinreichend kommuniziert worden sei. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei hier völlig irrelevant. Es habe sich gezeigt, daß das Jobcenter das behinderungsbedingte Erfordernis einer vor dem Termin stattfindenden Kommunikation nicht verstanden habe. Alle Fragen müssten schriftlich vor dem Termin geklärt sein, der Ablauf des Termins müsse schriftlich geklärt worden sein, während des Termins würden keine nicht abgesprochenen Fragen gestellt. Der Widerspruchstext des Klägers sei klar und eindeutig gewesen. Der Kläger habe zu keiner Zeit seine Mitwirkungspflicht verletzt und ein Recht auf barrierefreie Kommunikation. Dies sei ein Menschenrecht und in Art 3 GG verankert. Dies habe das Jobcenter im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren nicht beachtet und dem Kläger verwehrt. Eigenverantwortlich beim Sozialamt eine ID-Prüfung zu bewirken sei im übrigen wegen des Verhaltens des dortigen Personals zweimal fehlgeschlagen. Daß das Jobcenter ein Ermessen ausgeübt habe, sei nicht ersichtlich. Zudem sei die Identität des Klägers hinreichend bekannt, es läge etwa eine einschlägige und nachprüfbare Registrierung bei der Rentenversicherung im Zusammenhang mit der zurückliegenden Erwerbsbeschäftigung vor. Das zwecks Überweisung der Geldleistungen angegebene inländische Bankkonto setze bei seiner Eröffnung ebenso bereits eine ID-Prüfung voraus. Der Kläger erhalte seit zwei Monaten kein Geld, es wird höflich um dringliche Bearbeitung gebeten. Der Kläger habe parallel zum Verfahren weiterhin versucht, Kontakt mit dem Jobcenter aufzunehmen und scheitere daran, daß jeweils eine mündliche Kommunikation vom Jobcenter gefordert werde.
Der Anwalt teilte desweiteren mit, Jobcenter-Person 9 habe ihn telefonisch kontaktiert und dabei erwähnt, es sei wohl für Tag 114 ein neuer ID-Prüfungstermin geplant. Der Anwalt hoffe, der Ablauf könne nun in geeigneter Weise im Vorfeld abgeklärt werden. Der Anwalt habe dabei darauf hingewiesen, daß dem Mandanten bisher kein barrierefreier Weg eröffnet worden sei.
Tag 103
Die Arbeitsagentur in Ort 1 schickt ihre Rückantwort per Email von Tag 100 Absatz 4 nochmal auf Papier per Briefpost. In diesem Schreiben wird kein Name eines Bearbeiters genannt, die grob dreiecksförmige Unterschrift aus drei Kulistrichen ist rein symbolischer Art und nicht lesbar.
Die Email aus Absatz 4 von Tag 100 wird in Kopie auch an die Arbeitsagentur in Ort 1 gemailt, da von dort ein zu dem in Absatz 3 gleichlautendes Schreiben per Briefpost einging. Bei den Emailantworten der Arbeitsagentur war nur eine allgemeine Einheitsabsenderadresse zu sehen.
Eine auf Tag 101 datierte Einladung von Jobcenter-Person 10 zwecks Identitätsprüfung an Tag 114 um 9:00 Uhr ging ein, „Ort: Ihre Wohnung [Adresse mit falscher Hausnummer]“, Standardtext vergleichbar wie in der Einladung von Tag 12, ergänzt durch einen Zusatz: Zum genannten Termin würden „voraussichtlich zwei Mitarbeiter“ vorsprechen, sich ausweisen und den Antragsteller über seine Rechte belehren. In dessen Wohnung solle diesen Mitarbeitern dann ein Ausweis zwecks ID-Prüfung vorgelegt werden. Dies würden „die Kollegen des Außendienstes“ in einem Protokoll vermerken und darauf die Wohnung wieder verlassen. Zum Termin würden gerne durch den Antragsteller ausgewählte Begleitpersonen anwesend sein. Bei Erkältungssymptomen könne der Hausbesuch nicht stattfinden. „Sollten Sie den Termin kurzfristig aus gesundheitlichen Gründen absagen müssen, melden Sie sich bitte telefonisch unter [Telefonnummer 1] oder [Telefonnummer 2].“ Es wird über Mitwirkungspflichten belehrt.
Per Email an das Jobcenter wird nachgefragt, auf welchem schriftlichen Weg offene Fragen zur neuerlichen Einladung zur ID-Prüfung geklärt werden können.
Die GEZ fordert die Zahlung von Beiträgen, da die Lastschriftabbuchung nicht wie zuvor gelungen sei.
Tag 104
Ein auf Tag 99 datierter Brief der seit Jahren kontoführenden Sparkasse geht ein: Der Rahmen der eingeräumten Kontoüberziehung von 500€ sei auf über 1000€ überschritten. Es wird gebeten das Konto bis Tag 113 auszugleichen. „Sollte dieser Ausgleich momentan für Sie nicht möglich sein, setzen Sie sich bitte in den nächsten Tagen mit uns in Verbindung. Sicherlich finden wir gemeinsam eine Lösung.“
Hintergrund: Da ALG nicht ausgezahlt wurde, wird Nahrung etc. notgedrungen mittels Kontoüberziehung und Kreditkarteneinsatz erworben. Der Vermieter erklärte sich dankenswerterweise bereit wegen der durch die Amtsschreiben belegten offensichtlich unverschuldeten Umstände die Vorgänge ersteinmal bis auf Weiteres mit Mietzahlungsmahnungen abzuwarten.
Tag 107
Emailantwort der Arbeitsagentur mit Bezug auf die Email von Tag 100 in Absatz 4: „vielen Dank für Ihre Nachricht. Leider konnte ich Sie telefonisch nicht erreichen.“
Email an das Jobcenter mit Bezug zur Vorbereitung des für Tag 114 angesetzten ID-Termins mit diversen Zitaten aus früheren Emails und folgenden neuen Passagen mit CC an den Anwalt: „Sie haben diese Erfordernisse in vielfacher Hinsicht bisher nicht verstanden oder nehmen die Erfordernis der Schaffung von Barrierefreiheit mir gegenüber schlichtweg nicht ernst. Dies führt zur Feststellung einer wegen Ihres Verhaltens eingetretenen vollendeten Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses gegenüber Mitarbeitern Ihres Jobcenters. […] Ihre sich erneut darstellende Verweigerung von barrierefreier Kommunikation zur Vorbereitung eines Termins wird voraussichtlich dazu führen, dass ich, wie bereits bekannt, unfähig sein werde, den Termin wahrzunehmen, völlig egal an welchem Ort Sie ihn ansetzen. Sie teilten in Ihrem Brief zur neuen Terminankündigung [von Tag 101] z.B. die Umstände weiter eskalierend mit, Sie würden, soweit zu vermuten ist, mündlich mit mir kommunizieren wollen („vorsprechen“, „über Rechte belehren“), beziehungsweise mir mündlich (oder in anderer Weise) etwas mitteilen. Dies ist nicht in einer solchen Situation in einer Weise möglich, wie Sie es offenbar planen, da ich in z.B. Ihrer geplanten, der oben nochmals zitierten Mitteilung widersprechenden, nicht barrierefreien Situation voraussichtlich ihre Mitteilungen nicht aufnehmen könnte, seien sie vor Ort mündlich oder auch schriftlich, wenn man sie mir vor die Nase hält. Formulierungen wie „voraussichtlich zwei Mitarbeiter“ sind wohl das ganze Gegenteil einer klaren Beschreibung des zu Erwartenden, sondern eher eine demonstrative Mitteilung von Unklarheit der Situation durch Sie. Aufgrund all dessen und der auf Seite all Ihrer bisher einbezogenen Mitarbeiter offensichtlichen völlig ungenügenden Durchdringung hier bereits wiederholt thematisierter zwingender elementarer Notwendigkeiten rate ich Ihnen dazu, sich ab sofort vielmehr um die Ihnen bereits in meiner E-Mail [von Tag 103] nahegelegte Lösungsvariante zu bemühen [siehe auch Zitat von Tag 113]“
Tag 109
Rückantwort an die Arbeitsagentur mit Bezug auf die „Antwort“ von Tag 107: Telefonieren ist nicht barrierefrei. Es sei verwunderlich, daß das noch nicht verstanden wurde. Termine in deren Gebäude seien nicht ohne Weiteres barrierefrei. Dies werde trotz einiger zurückliegender Mitteilungen dazu rechtswidrig ignoriert. Eine Arbeitslosmeldung in deren Onlineportal sei nicht möglich, da dies soweit bei eigenen Versuchen zu erkennen nur eröffnet werde, wenn als Pflichtfeld eine Telefonnummer eingetragen und ausgewählt werde, wann man telefonisch erreichbar sei. „Erreichbarkeit Bitte geben Sie an, wann wir Sie telefonisch bei Rückfragen erreichen können. Telefonnummer * Bitte geben Sie eine gültige Telefonnummer ein. Erreichbarkeit *“ https://www.arbeitsagentur.de/arbeitslos-melden/pd/arbeitsuchendmeldung Es sei wie erwähnt aber keine telefonische Erreichbarkeit gegeben. Auch auf die Kontaktaufnahme per Email sei bisher kein barrierefrei zugänglicher Weg der Antragstellung eröffnet worden. Eine angemessene und inhaltlich geeignete Hilfestellung sei seit der ersten Kontaktaufnahme in keiner Weise erfolgt.
Die Arbeitsagentur informiert: „Die Bundesagentur für Arbeit hilft allen Menschen in Deutschland.“ https://www.arbeitsagentur.de/leichte-sprache/startseite
Schreiben des Jobcenters ohne Namensangabe der Person, datiert auf Tag 106, bezugnehmend auf die Email an das Jobcenter von Tag 103 Absatz 4: Man möchte mitteilen, daß es verschiedene Möglichkeiten gebe, offene Fragen schriftlich zu klären. Die gewählte Methode per Email sei eine der Möglichkeiten. Dies sei keine sichere Kommunikationsvariante, weswegen das Jobcenter keine Emails versende. Eine weitere Möglichkeit sei postalisch [es wird die Postadresse des Jobcenters aufgeführt]. Der einfachste und sicherste Weg mit dem Jobcenter in Kontakt zu treten sei angeblich dessen Online-Plattform. Sachlich begründet z.B. anhand Überlegungen zu technischen Kriterien der Übermittlungswege werden diese Behauptungen im Schreiben nicht. Somit wird auch nicht diskutiert inwiefern es an sich ein Risiko darstellt die Kommunikation einer großen Behörde in einem zentralen System gespeichert zu halten während aktuell IT-Experten zu Protokoll geben kein heute eingesetztes System sei sicher unhackbar.
Auf Tag 107 datierter Brief von BKK-Person 1 trifft ein: Es sei zum noch ungeklärten Punkt der Weiterversicherung leider nicht geantwortet worden. Die BKK als gesetzliche Krankenversicherung sei aufgrund der in Deutschland geltenden Krankenversicherungspflicht laut §188 Abs 4 SGB5 verpflichtet einen bestehenden Kranken- und Pflegeversicherungsschutz fortzuführen. Die hieraus entstehenden Beiträge seien vom Versicherten alleine zu tragen. Der monatliche Beitrag belaufe sich nun auf 912,13€.
Email an die BKK: „in Ihrem Schreiben behaupten Sie, ich hätte auf ein früheres Anschreiben nicht reagiert. Das halte ich für falsch und ich verweise auf meine Antworten per Email, deren Inhalt Sie nun offenbar praktisch vollständig ignorieren und daher zu einer vollkommen absurden Rechnung gelangten. Ich weiß nicht, wie soetwas sein kann, guter Stil ist es sicherlich nicht. Ich widerspreche dieser Rechnung. Sie regten im untenstehenden Schreiben einen Antrag auf Änderung meines Versicherungsverhältnisses an, ich hatte diesen Antrag nicht gestellt, da ich damit rechne, daß mir […] ALG2 bewilligt werden wird. Eine rechtskräftige Entscheidung steht dazu weiterhin aus. Ich will keinen anderen Versicherungsvertrag. Sie kalkulieren in Ihrer Rechnung zur nicht beantragten „freiwilligen Versicherung“ mit einem Einkommen über 4837,50€ monatlich. Sie wissen vermutlich, wie hoch mein Einkommen vor meiner nunmehrigen Arbeitslosigkeit war, nämlich ungefähr so hoch wie der nun von Ihnen kalkulierte monatliche Versicherungsbeitrag. Sie wussten auch, dass ein Antrag beim Jobcenter gestellt ist und ich arbeitslos bin. Ihre Kalkulation ist abwegig und widerspricht Ihnen bereits bekannten Informationen in eklatantem Ausmaß. Mein Einkommen beträgt aktuell […] 0€ monatlich und wie Ihnen ebenfalls bereits mitgeteilt worden war, bin ich derzeit zudem mittellos und könnte Ihnen keinen Beitrag zahlen, egal in welcher Höhe. Sofern Sie [an Tag 85] per E-Mail anregten, sich deswegen an das Sozialamt zu wenden, so können Sie mir gerne ein entsprechendes realistisches Schreiben zur Weiterleitung zum Sozialamt zukommen lassen.“
Tag 110
Schreiben des Anwalts direkt an das Jobcenter, namentlich an Jobcenter-Person 8: „EILT! Bitte sogleich vorlegen! […] in vorbezeichneter Angelegenheit soll [an Tag 114] ein Termin zur Identitätsprüfung stattfinden. Leider zeigen die Einladung an unseren Mandanten [von Tag 101] als auch das Schreiben [von Tag 106], dass Ihr Haus komplett das Vorbringen unseres Mandanten ignoriert und ihm einen barrierefreien Zugang zu Leistungen versagt. Ihrem Haus liegt die Klagebegründung vor. Weiterhin hat unser Mandant durch mehrfache Emails mitgeteilt, welche Anforderungen erfüllt sein müssen, um die Identitätsprüfung unseres Mandanten unter Berücksichtigung seiner Behinderung barrierefrei zu ermöglichen. Wie Ihnen unser Mandant bereits mehrfach mitgeteilt hat, führt bereits die Ankündigung, dass nicht klar ist, wie viele Mitarbeiter kommen, zur größter Verunsicherung. Weiterhin soll eine Belehrung mündlich gerade nicht stattfinden. Unser Mandant soll nicht angesprochen werden. Der Ablauf soll vorher vereinbart sein. Soweit im Schreiben [von Tag 106] auf ein Online-Portal verwiesen wird, wird darauf hingewiesen, dass eine Telefonnummer und telefonische Erreichbarkeit zwingend angegeben werden muss, um sich im Portal anmelden zu können. Dies ist gerade das, was für unseren Mandanten nicht geht. Auf die Emails unseres Mandanten an Ihr Haus, die ja nun sehr ausführlich und eindeutig beschreiben, was unser Mandant zur barrierefreien Kommunikation benötigt, wird umfänglich verwiesen. Nochmals: Für unseren Mandanten ist ein festgelegter – mit ihm abgeklärter Ablauf – unerlässlich. Mit aller Dringlichkeit: Wir fordern Sie dazu auf, mit unserem Mandanten auf schriftlichem Wege (bereits aus Zeitgründen per Email) rechtzeitig vor dem Termin (also nunmehr unverzüglich!) abzuklären und zu vereinbaren, wie der Termin [an Tag 114] ablaufen wird als auch zum Termin der Identitätsprüfung die Vorgaben unseres Mandanten (keine mündliche Kommunikation, kein vorher unabgesprochener Ablauf im Termin) einzuhalten. Unser Mandant ist auf die beantragte Leistung dringendst angewiesen.“
Email an die Sparkasse: Geld, das dem Kontoinhaber zustehe werde nicht ausgezahlt, inzwischen sei dies bei Gericht anhängig. Eine Auszahlung sei jederzeit möglich. Mit Stand heute sei ein Ausgleich jedoch nicht möglich. Welche Möglichkeiten gebe es die Überziehung in einen zinsgünstigeren Kleinkredit umzuwandeln?
Tag 111
Email an das Sozialamt wegen Antrag auf Übernahme von Krankenkassenbeiträgen und Erinnerung an den Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII: „erinnere ich daran, dass ich seit über 3 Monaten keinerlei Geldmittel erhalte, von denen ich meinen Lebensunterhalt bestreiten könnte. Aufgrund, soweit zu erkennen ist, falscher Auskünfte der Agentur für Arbeit an meine GKV, hat diese mir nun ein Schreiben geschickt, in dem sie meine GKV-Beiträge […] auf monatlich 912,13€ festlegt. Da ich derzeit mittellos und verschuldet bin, ist es mir nicht möglich irgendwelche GKV-Beiträge zu zahlen. Aus diesem Grund beantrage ich bei Ihnen neben dem vorangegangenen Antrag auf Hilfe zum Lebensunterhalt nach SGB XII die Zahlung der für mich angesetzten GKV-Beiträge, vorzugsweise direkt an meine GKV. […] Weiterhin ist unbestreitbar, dass ich aufgrund der Versäumnisse anderer Stellen über keine Mittel zu meinem Lebensunterhalt, unter anderem dem Kauf von Essen, mehr verfüge. Der ganze Umstand ist auch auf Ihre unten zitierte Haltung zurückzuführen, vor allem jedoch auf rechtswidriges Gebahren des Jobcenters, mit dem Sie kooperieren, und der Agenturen für Arbeit [Ort 1 und 2]. Eine zwischen dem Jobcenter und dem Sozialamt geltende Vereinbarung befreit Sie aus meiner Sicht nicht aus Ihren gesetzlichen Pflichten, vor allem nicht wenn der „Kooperationspartner“ seine Aufgabe nicht rechtmäßig erfüllt. Das angehängte Schreiben der GKV belegt zudem meiner Meinung nach soweit zweifelsfrei, dass ich als Mensch existiere. Sofern Sie dennoch eine eigene ID-Prüfung vornehmen wollten, so könnten wir uns gerne auf diesem schriftlichen Weg per E-Mail über die nötigen Voraussetzungen der Barrierefreiheit austauschen, die vorher zu gewährleisten wären, um eine ID-Prüfung im Landratsamt vorzunehmen, ohne festen Termin am Empfang des Landratsamtes, um die Situation nicht unzumutbar zu verkomplizieren. Leider wurde ich bei zurückliegenden Versuchen, dies bei Ihnen zu tun, unverrichteter Dinge abgewiesen. Hier wäre mir durch Sie also ein entsprechendes offizielles Schreiben auszustellen und mir per Brief zuzustellen, in dem die Mitarbeiter am Empfang und vorgelagertes Sicherheitspersonal in geeigneter Weise ausdrücklich angewiesen werden, die ID-Prüfung jederzeit zu den allgemeinen Öffnungszeiten des Landratsamtes [Adresse] unter anderem zügig, ohne Wartezeiten, ohne erst erfolgende telefonische Rücksprachen, ohne Herbeirufen anderer weiterer Mitarbeiter, ohne Weiterverweisungen in andere Räume tiefer im Gebäude und auch ohne mündliche Ansprachen und Nachfragen jeder Art vorzunehmen. Ich empfehle mir einen Entwurf Ihres Schreibens vorher zur Prüfung zuzusenden.“
Emailantwort des Sozialamtes: „Unsere Zuständigkeit kann aus den eingereichten Unterlagen nicht festgestellt werden. Sie sind im erwerbsfähigen Alter und eine verbindliche Feststellung einer vollen Erwerbsminderung durch den zuständigen Rentenversicherungsträger liegt nicht vor. Aus diesem Grund habe ich Ihren Antrag gemäß beigefügtem Schreiben zuständigkeitshalber unter Verweis auf eine zwischen dem Jobcenter und dem Sozialamt geltende Vereinbarung weitergeleitet. Von dort dürfte Ihnen eine erneute Entscheidung zugehen.“
Tag 113
Email an das Jobcenter mit Bezug zum vorgeschlagenen Termin an Tag 114 und CC an den Anwalt: Von der Seite des Jobcenters sei kein nennenswerter realistischer Beitrag zur Terminvorbereitung zu erkennen gewesen. Wegen dieses völlig ungeeigneten Verhaltens werde es für ausgeschlossen gehalten, daß die Terminvorbereitung noch abgeschlossen werden könne, daher könne dieser nicht wie terminiert stattfinden. Die schon wiederholt thematisierten Notwendigkeiten würden offensichtlich völlig ungenügend durchdrungen. Daher sei inzwischen eine starke Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zu den Mitarbeitern dieses Jobcenters entstanden. Daher wird das Jobcenter nun aufgefordert sich auf die bereits an Tag 103 nahegelegte Lösungsvariante zu konzentrieren: „>Eine realistische, vereinfachende weitere mögliche Lösung zur ID-Prüfung könnte sein, mir ein Schreiben zur Verfügung zu stellen, das bei jeder deutschen Behörde vorgezeigt werden könnte und diese auffordert, die ID-Prüfung dort ohne vorher vereinbarten Termin und Wartezeiten nach meinem Erscheinen umgehend vorzunehmen und die erfolgreiche ID-Prüfung nach Ihren mir bisher nicht im Detail bekannten – von Ihnen in Ihren Schreiben für die andere Behörde hinreichend genau zu benennenden – Anforderungen dann schriftlich in einem Schreiben der anderen Behörde an Ihre Behörde für mich kostenfrei zu bescheinigen.< Hier wäre mir durch Sie also ein entsprechendes offizielles Schreiben auszustellen und mir per Brief zuzustellen, in dem die Mitarbeiter am Empfang und vorgelagertes Sicherheitspersonal in geeigneter Weise ausdrücklich angewiesen werden, die ID-Prüfung jederzeit zu den allgemeinen Öffnungszeiten der jeweiligen Behörde unter anderem zügig, ohne Wartezeiten, ohne erst erfolgende telefonische Rücksprachen, ohne Herbeirufen anderer weiterer Mitarbeiter, ohne Weiterverweisungen in andere Räume tiefer im Gebäude und auch ohne mündliche Ansprachen und Nachfragen jeder Art vorzunehmen. Ich empfehle mir einen Entwurf Ihres Schreibens vorher zur Prüfung zuzusenden. Auf keinen Fall erscheint abgeleitet aus Ihrem bisher weit jenseits des erfolgversprechenden liegenden Verhaltens sinnvoll, wenn Sie weitere konkrete Termine vorschlagen ohne, dass die vorbereitende Klärung abgeschlossen ist, wie ein solcher Termin ausgestaltet sein muss und dass die Voraussetzungen von Ihnen auch vollumfänglich erfasst wurden. Dies kann nur im Rahmen von schriftlicher Kommunikation im Vorfeld geklärt werden.“
Emailantwort der Sparkasse: Das Soll könne gerne in Teilbeträgen über mehrere Monate ausgeglichen werden. Dies müßte allerdings erst mit dem Vorgesetzten besprochen werden. Welcher Betrag könne monatlich zurückgeführt werden?
Tag 118
Ein auf Tag 113 datiertes Schreiben des Sozialamts geht ein: Der Antrag auf die Übernahme der von der BKK eingeforderten Krankenkassenbeiträge von Tag 108 werde zuständigkeitshalber an das Jobcenter weitergeleitet.
Tag 121
Die GEZ dankt für die Mitteilung. Es würden Unterlagen benötigt, die die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nachweisen (Bewilligungsbescheid). Der Nachweis sei innerhalb von zwei Wochen nachzureichen.
Tag 122
Das Jobcenter lehnt in einem auf Tag 118 datierten Bescheid ohne Nennung eines Personennamens die an Tag 108 beantragte Übernahme von Krankenversicherungsbeiträgen ab: Solche Beiträge würden nur übernommen, wenn Leistungen nach SGB2 bezogen würden. Diese Leistungen seien jedoch bereits wegen fehlender Mitwirkung versagt worden.
Jobcenter-Person 10 lehnt in einem auf Tag 118 datierten Bescheid die Bewilligung von ALG2 ab: Die Leistungen würden ganz versagt. Der Aufforderung zur Identitätsprüfung sei nicht nachgekommen worden. Es sei mit angemessener Fristsetzung eingeladen worden. Der Ablauf während des Termins sei genau geschildert worden. Es hätte auch keine Wartezeit gegeben. Mitwirkungspflichten sei nicht nachgekommen worden. Die Pflicht zur Durchführung einer Identitätsprüfung sei zwar weder in SGB1 noch in SGB2 normiert, werde aber vom Gesetzgeber als Anspruchsvoraussetzung stillschweigend vorausgesetzt, die wegen ihrer Selbstverständlichkeit nicht normiert worden sei.
Ein auf Tag 113 datierter Brief der Sparkasse geht ein: Der Rahmen der eingeräumten Kontoüberziehung von 500€ sei auf über 1000€ überschritten. Es wird gebeten sich an die getroffene Vereinbarung zu halten und das Konto bis Tag 126 auszugleichen. Zudem wird gebeten künftig so zu disponieren, daß künftig keine Überziehung der eingeräumten Kontoüberziehung mehr entstehe. „Sollte der Ausgleich Ihres Girokontos momentan für Sie nicht möglich sein, setzen Sie sich bitte umgehend mit uns in Verbindung. Sicherlich finden wir gemeinsam eine Lösung.“
Tag 124
Per unverschlüsselter Email wird ein neuer dritter ALG2-Antrag gestellt und als Formular mitgesandt (der erste nur mit neuer Unterschrift samt neuem Datum). Auch zusätzliche Unterlagen werden als Scandateien an die Email angehängt. Hinweis im Antrag: „Die verschiedenen Anforderungen hinsichtlich der zwingend erforderlichen Barrierefreiheit gegenüber mir lesen Sie bitte im bisherigen Schriftwechsel nach und beachten diese nun erstmals vollständig und vollkommen gewissenhaft bei Beachtung des Umstandes der durch das bisherige Verhalten schuldhaft verursachten vollumfassenden Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses von mir gegenüber dem Jobcenter und den daraus resultierenden bereits geschilderten Folgen für die unumgänglich erforderliche Umsetzung barrierefreien Zugangs. Bei noch offenen Fragen dazu, fragen Sie gerne schriftlich nach.“
Nachricht an die GEZ per Onlineformular: Die beantragte Leistung von ALG2 sei bisher noch nicht bewilligt und der Vorgang sei auch noch nicht rechtskräftig geworden.
Tag 133
Per Email wird eine öffentliche Schuldnerberatungsstelle (Landkreisamt) kontaktiert: „aufgrund unvorhersehbarer Einkommensausfälle bin ich ohne eigenes Verschulden seit nun fast 5 Monaten ohne Einkommen. Zunächst nahm ich vorübergehende Verzögerungen an. Mittlerweile liegt die Sache bei Gericht. Aktuell sieht es eher nicht nach einer schnellen Lösung aus. In der Folge dessen ist mein Konto bei der Sparkasse aktuell stark überzogen und momentan kann ich nichts zurückzahlen, da ich nur noch aktuell 39cent in bar habe. Leider weigert sich die Sparkasse den Überziehungsbetrag (13,x% Spitzenzins!) in einen Kleinkredit zu angemessenem Zinssatz umzuwandeln. Könnten Sie mir dabei helfen bereits frühzeitig hier eine Anhäufung von Zins und Zinseszins zu derart über Marktniveau liegenden Zinsen zu vermeiden?“
Tag 135
Die Anwaltskanzlei leitet einen auf Tag 131 datierten Schriftsatz von Jobcenter-Person 12 ans Sozialgericht weiter: Strittig sei die Versagung von Leistungen wegen fehlender Mitwirkung. Der Nachweis der Existenz eines Antragstellers sei nicht möglich, wenn diese nicht „persönlich“ erscheinen und sich ausweisen können. Der Vortrag des klägerischen Anwalts von Tag 110 sei der zuständigen Leistungsabteilung zugeleitet worden. Diese habe daraufhin [sic!] an Tag 101 [sic! – siehe Tag 103 Absatz 3] einen neuen Termin zur ID-Prüfung für Tag 114 versandt, der auch in Kopie dem Schriftsatz ans Gericht beilag. Der Ablauf sei hierin geschildert worden. Das Aufsuchen des Jobcenters sei nicht erforderlich gewesen, da der Termin in der Wohnung erfolgt wäre. Zwischen Zustellung und Termin hätten mehr als 7 Tage gelegen. „Auch wurde mitgeteilt, daß außer der Belehrung kein mündliches Gespräch stattfinden würde.“ Es sei versucht worden, den Wünschen des Klägers zu entsprechen, dieser habe jedoch mitgeteilt, daß er ihn nicht wahrnehmen werde. Die geschilderten gesundheitlichen Einschränkungen ließen sich nicht nachprüfen, der dem Kläger ausgehändigte Gesundheitsfragebogen sei nicht eingereicht worden. Den Mitwirkungspflichten sei nicht nachgekommen worden, weswegen das Jobcenter keine Möglichkeit sehe seine Entscheidung abzuändern. Eine Kommunikation per unverschlüsselter Email sei aus Datenschutzgründen nicht möglich. Dies entspreche der Auffassung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und der Informationsfreiheit. Daher werde diesem wiederholten Wunsch des Klägers nicht nachgekommen.
Ein auf Tag 116 datiertes Schreiben der BKK geht ein, in welchem die Beitragshöhe auf monatlich 206,99€ korrigiert wird.
Auf Tag 128 datiertes Schreiben der Sparkasse: Man habe bereits wiederholt gebeten die geduldete Überziehung des Girokontos auszugleichen und einen verbindlichen Weg der Rückzahlung der auf inzwischen über 1000€ angewachsenen geduldeten Überziehung über die eingeräumte Überziehungssumme von 500€ hinaus (gesamt war das Konto also zur Finanzierung dringend benötigter Ausgaben mehr als 1500€ überzogen) zu vereinbaren. Sofern bis Tag 141 das Konto nicht ausgeglichen worden sei, werde die Sparkasse den Girovertrag mit sofortiger Wirkung kündigen, die Zahlung der gesamten Restschuld verlangen und der Schufa Meldung machen. Die Sparkasse empfiehlt in ihrem Schreiben weiter öffentliche Schuldnerberatungsstellen zu kontaktieren. Gerne sei auch die Sparkasse bereit die Möglichkeit einer einvernehmlichen Schuldenregulierung zu erörtern. In diesem Fall werde um eine telefonische Terminvereinbarung innerhalb der genannten Frist gebeten. „Gern würden wir Ihnen den mit einer Kündigung verbundenen Ärger und die hohen Kosten ersparen und bitten Sie deshalb, die oben genannte Frist unbedingt einzuhalten.“
Die Schuldnerberatung antwortet per Email: „um Ihre Anfrage an die zuständige Schuldenberaterin weiterleiten zu können, benötige ich noch Ihre Adresse und Ihr Geburtsdatum. Gerne können Sie auch telefonisch […] einen Termin mit mir vereinbaren. Vielen Dank.“
Auf eine Übermittlung der gewünschten Daten per Email antwortet die Schuldnerberatung: „beigefügt erhalten Sie Ihre Einladung für [Tag 149] um 14:00 Uhr. Falls Sie den Termin nicht wahrnehmen können, informieren Sie mich bitte rechtzeitig. Vielen Dank.“
Antwortemail an die Schuldnerberatung: „zuerst muss ich Ihnen mitteilen, dass diese Art körperlicher Termine und mündlicher Gespräche für mich nicht barrierefrei sind, ich bin Autist, schwerbehindert mit GdB 50.“ Beigefügt wird eine Kopie des neuen Sparkassenbriefs.
Email der Schuldnerberatung: „wenn Sie ohne Einkommen sind, steht Ihnen entweder Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII zu. Evtl. werden diese nur darlehensweise gewährt, bis sich die Einkommenssituation vollständig geklärt hat. Aufgrund der derzeitigen finanziellen Situation darf die Bank vermutlich Ihnen keinen Kredit geben. Sinnvoll ist momentan ein Bankwechsel. Denn wenn Sie Sozialleistungen beziehen, kann die Sparkasse diese mit Ihrem Überziehungskredit verrechnen. Dieses neue Konto sollte als Guthabenkonto eingerichtet werden, damit Sie es jederzeit in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln können.“ Darauf weiter einzugehen fehlen die Nerven, zumal die Art der Antworten nicht so wirkt, als würde von dort wirkliche Unterstützung erforderlicher Art und Weise zu erwarten sein.
Tag 137
Eine auf Tag 131 datierte Einladung von Jobcenter-Person Nr. 11, Poststempel von Tag 135, zur „persönlichen Vorsprache“ ähnlich der von Tag 12 zwecks Identitätsprüfung an Tag 142 um 8:00 Uhr. Von 3G und Maskenpflicht ist nichts geschrieben, jedoch weiterhin der Textbaustein zur kurzfristigen Absage aus gesundheitlichen Gründen mit ausschließlicher Nennung von zwei Telefonnummern zu diesem Zweck enthalten. Offensichtlich wurde dieser Termin entgegen vielfacher zurückliegender Hinweise wieder kurzfristig zur Kenntnis gebracht.
Ein auf Tag 132 datiertes Schreiben der Arbeitsagentur in Ort 1: Der ärztliche Dienst sende den ausgefüllten Gesundheitsfragebogen mit erteilten Schweigepflichtentbindungen zurück, da er bisher nicht beauftragt worden sei eine gutachterliche Stellungnahme zu erstellen. „Bei Fragen wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Fachkraft.“
Email an das Jobcenter bezüglich der neuen Einladung: „Überdies ist auch sowieso nicht zu erkennen, dass Sie wie von mir deutlich im Antrag mitgeteilt, bisher gemachte Hinweise zu einem erforderlichen barrierefreien Umgang mit mir nicht berücksichtigen. Lesen Sie diese nach, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, die vermutlich alles für Ihre Sachbearbeiter nur noch unübersichtlicher erscheinen lassen! […] Das Jobcenter ist nach meinem Stand z.B. auch noch zu keinem Zeitpunkt auf die bereits genannten Rechtsvorschriften eingegangen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass mindestens fahrlässig, gleichgültig und in mehrerer Hinsicht (grund)rechtswidrig Leib und Leben von Behinderten gefährdet wird. Der Termin wird an diesem Datum so nicht stattfinden können. Bitte beachten Sie bei Ihrer Lektüre der früher gemachten Hinweise auch die Feststellung eines inzwischen durch Ihr Verhalten zerrütteten Vertrauensverhältnisses zu den Mitarbeitern des Jobcenters, welches durch diese Einladung weiter vertieft wird. Ich fordere Sie auf, nun den Vorschlag einer ID-Prüfung bei einer anderen deutschen Behörde meiner Wahl wie bereits beschrieben umgehend in die Wege zu leiten.“
Tag 138
Der Anwalt teilt mit, eine telefonische Nachfrage beim örtlichen Amtsgericht habe ergeben, daß voraussichtlich morgen über einen aktuell ausstehenden Beratungshilfeantrag entschieden werde. Politik dieser Anwaltskanzlei ist es, daß in einer Sache erst aktiv geworden wird, wenn die Finanzierung geklärt ist. Die hier dargestellten Abläufe stellten formal mehrere anwaltliche Fälle und Tätigkeiten dar.
In Absprache mit dem Anwalt wird zunächst direkt Widerspruch gegen beide Bescheide von Tag 122 eingelegt. Der Anwalt schalte sich danach ein.
Tag 139
Das Amtsgericht habe dem Anwalt nun telefonisch zwei neue Beratungsscheine bewilligt und die Aktenzeichen mitgeteilt.
Der Anwalt beantragt nach längeren gemeinsamen Überlegungen in dieser Richtung wegen der existenzbedrohlichen Dringlichkeit der Situation beim Sozialgericht einstweilig anzuordnen (Eilverfahren), daß das Jobcenter verpflichtet wird vorläufig unter Vorbehalt der Rückforderung längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Leistungen nach SGB2 in gesetzlicher Höhe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu gewähren. Dazu wird Prozeßkostenhilfe beantragt. Der Antragsteller sei Autist, auf barrierefreie Kommunikation angewiesen und besitze einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis, GdB 50 sei zuerkannt. Autismus sei ein angeborener Veranlagungszustand, zum besseren Verständnis der Behinderung werde Informationsblatt 10 der ESH vorgelegt. Die Notwendigkeit und die Ausgestaltung einer barrierefreien Kommunikation werde hierin eindrücklich erläutert. Auf dessen Inhalt werde umfänglich verwiesen. Mitwirkungspflichten seien in keiner Weise verletzt worden, das Jobcenter habe dem Antragsteller barrierefreie Kommunikation nicht gewährt, auf die der Antragsteller zwingend angewiesen sei. Es wird auf die Ausführungen im Hauptsacheverfahren verwiesen. Sollte zur Glaubhaftmachung die erneute Zusendung von Unterlagen erforderlich sein, werde um richterlichen Hinweis gebeten. Auch zuletzt erfolgte seitens des Jobcenters keine Reaktion, keine Abstimmung zum vorgesehenen Termin. Es erfolgte keine Aussage dazu wieviele Mitarbeiter nun tatsächlich kommen würden, es erfolgte keine Erklärung daß von mündlichen Gesprächen Abstand genommen werde. Das Jobcenter habe sich in keiner Weise mit einer barrierefreien Kommunikation einverstanden erklärt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bestünden. Durch das Verhalten des Jobcenters sei der Antragsteller in eine Notlage geraten, habe zwischenzeitlich Schulden und keine finanziellen Mittel mehr. „Das Jobcenter hat bis heute nicht verinnerlicht, dass barrierefreie Kommunikation im Falle des Antragstellers als Autist bedeutet, dass die Kommunikation ausschließlich schriftlich und nach vorherigem besprochenen konkretem Ablauf zu erfolgen hat. Schriftlich bedeutet: nicht mündlich. Jedes Ansprechen und jedes Wort ist hier zu viel. Der kleinste unvorhergesehene Ablauf führt zu behinderungsbedingten Angst- und Panikgefühlen mit der Folge, dass der Antragsteller sich der Situation bereits nicht stellen kann, sich der Situation entziehen muss bzw. er in der Situation nicht reagieren kann. Wie im Informationsblatt 10 eindrücklich beschrieben, besitzen Autisten eine sensible Sinneswahrnehmung und daher auch eine diesbezügliche niedrige Schmerzschwelle. […] Eine vorherige schriftliche Kommunikation ist zwingend erforderlich. D.h., es muss fernschriftlich aus einer vertrauten Umgebung kommuniziert werden dürfen. Dies hat der Antragsteller mehrfach verlangt. Eine vorherige Kommunikation oder Absprache ist aber auch keine „Einbahnstraße“. Macht das Jobcenter lediglich Vorgaben, die keine Nachfrage zulassen, liegt hierin keine Absprache. Wie oben dargestellt, hat der Antragsteller mehrfach versucht, mit dem Jobcenter zu kommunizieren. Auf Emails des Antragstellers wurde nicht reagiert. Es erschließt sich nicht, warum ein Mitarbeiter des Jobcenters nicht auch per Email mit dem Antragsteller kommunizieren könnte. Der Antragsteller ist damit einverstanden. Es geht um seine Daten. Ein Briefverkehr dauert zu lang und ist finanziell vom Antragsteller nicht zu bewältigen. Im Internet ist zu recherchieren, dass verschiedenste Jobcenter per Email kommunizieren, so z.B. das Jobcenter [in Ort 2]. Wie oben dargelegt, ist es schlicht unzutreffend, wenn das Jobcenter meint, zu den Terminen sei mit angemessener Frist geladen worden. An der Sache vorbei geht die Behauptung, der „genaue Ablauf“ sei geschildert worden und es hätte keine Wartezeiten gegeben. Mit der Begründung des Bescheides [von Tag 122] bescheinigt sich das Jobcenter selbst, eine barrierefreie Kommunikation des Jobcenters nicht gewährleistet zu haben. Der Antragsteller hat ein Recht auf barrierefreie Kommunikation, Art. 3 Abs. 3 GG, UN-Behindertenrechtskonvention, etc.“ Der Antragsteller habe mehrfach versucht eine ID-Feststellung zu ermöglichen und dazu auch konkrete Vorschläge unterbreitet. Das Jobcenter habe jedoch einen barrierefreien Termin zu keiner Zeit angeboten, weswegen es dem Antragsteller weder möglich noch zumutbar gewesen sei an den vorgeschlagenen Terminen teilzunehmen. Das Jobcenter habe die Leistungen daher nicht versagen dürfen, der Antragsteller habe einen Anspruch auf ALG2-Leistungen, alle erforderlichen Angaben wurden dem Jobcenter gegenüber erteilt. Der Antragsteller habe kein Geld mehr, wie aus den [als Beweis beiliegenden] Kontoauszügen und den Angaben im Prozeßkostenhilfeantrag hervorgehe. Im Hauptverfahren habe das Jobcenter geltend gemacht, daß ein Gesundheitsbogen nicht eingereicht worden wäre, was der Vollständigkeit halber hier angemerkt werde. Das sei falsch, laut beigelegtem Schreiben von Tag 132 sei dem Antragsteller der Gesundheitsfragebogen zurückgesandt worden. Auch in der neuesten auf Tag 131 datierten Einladung setze das Jobcenter wiederholt in keiner Weise die Vorgaben an eine behindertengerechte Kommunikation um. Sollte weiterer Vortrag erforderlich sein oder eine weitere Glaubhaftmachung, so werde höflich um richterlichen Hinweis gebeten.
Schriftsatz an das Sozialgericht im Hauptverfahren: Am heutigen Tag sei zwischenzeitlich ein Antrag auf Einstweilige Anordnung eingereicht worden. Der dortige Vortrag werde zum hiesigen Vortrag gemacht. „Die Möglichkeit einer barrierefreien Identifizierung wird seitens des Jobcenters nach wie vor nicht gewährt. Bis zum heutigen Tag wurde nicht barrierefrei mit dem Kläger kommuniziert. Ein barrierefreier Termin wurde bisher nicht angeboten. Hierzu wäre erforderlich, dass der Kläger aus einem geschützten Bereich heraus mit dem Jobcenter kommuniziert, d.h. alles, was abzuklären ist, vorher zwischen dem Kläger und dem Jobcenter schriftlich abgeklärt wird und es bei körperlichen Kontakt des Klägers mit Mitarbeitern des Jobcenters keinerlei sprachliche Kommunikation gibt und der Kläger auch nicht überrascht wird mit Unvorhergesehenem oder einem Ansprechen. Bisher hat das Jobcenter in jedem Schreiben Umstände mitgeteilt, die dem widersprechen (der Kläger müsse sich am Empfang melden oder Mitarbeiter belehren ihn, etc.) Wenn aber das Jobcenter ankündigt, dass sie sich bei einem Termin im JC „melden“ muss, dann liegt eben keine barrierefreie Kommunikation vor. Wenn aber das Jobcenter ankündigt, dass „ein oder zwei Mitarbeiter“ (Ungewissheit!) sich vorstellen (sprechen) und sie belehren (sprechen), dann liegt keine barrierefreie Kommunikation vor. Nun liegt eine neue Einladung für [Tag 142] vor, wo sich der Kläger wieder am Empfang melden soll. Dies ist keine barrierefreie Kommunikation. […] Weiterhin nicht nachvollziehbar und zu bestreiten ist der Vortrag, eine Kommunikation per Email sei wegen personenbezogener Daten nicht möglich. Damit verweigert das Jobcenter wieder eine barrierefreie Kommunikation („geschützter Raum“). Es handelt sich um die Daten des Klägers. Der Kläger hat ausdrücklich darum gebeten und damit in diese Art der Kommunikation eingewilligt. Wenn Email nicht möglich ist, dann muss das Jobcenter gewährleisten, dass der Kläger eben auf andere Art mit ihm kommunizieren kann. Bei der Anmeldung über das Internetportal muss zwingend eine Telefonnummer angegeben werden, sonst kann die Anmeldung nicht vorgenommen werden. Hieran scheitert die Anmeldung über das Internetportal. Da der Kläger aber kein Geld mehr hat, kann der Kläger nicht Briefe schreiben. Zudem kommen die Briefe des Jobcenters jeweils derart knapp an, dass eine Absprache mit dem Jobcenter schon gar nicht möglich ist.“
Mit Bezug auf den Widerspruch von Tag 138 gegen zwei Bescheide sendet der Anwalt ein begründendes Widerspruchschreiben an das Jobcenter: „Soweit Sie unserem Mandanten Leistungen nach dem SGB II versagen, so ist dies rechtswidrig und verletzt unseren Mandanten in seinen Rechten. Zur Begründung wird umfänglich auf die Ausführungen im anbeiliegenden Antrag auf Einstweilige Anordnung verwiesen und dieser Vortrag zugleich zum Vortrag im Widerspruchsverfahren gemacht. Sie möchten daher bitte den Termin zur Identitätsprüfung, der auf [Tag 142], 08.00 Uhr bestimmt wurde, auf einen anderen Tag verlegen und die Grundvoraussetzungen einer barrierefreien Identitätsprüfung für unseren Mandanten schaffen. Hierzu fordern wir Sie ausdrücklich auf. Unser Mandant ist gewillt und bereit, sich dem Jobcenter „zu zeigen“, so dass Mitarbeiter des Jobcenters ihn sehen können und den Ausweis im Original anschauen können. Ein barrierefreier Zugang zur Identitätsprüfung wurde Ihrerseits bislang nicht ermöglicht. Auch die aktuelle Einladung für den Termin [an Tag 142] widerspricht dem.“
Tag 145
Die Anwaltskanzlei leitet einen auf Tag 142 datierten Schriftsatz von Jobcenter-Person 8 zum Eilverfahren weiter: Es werde beantragt den Antrag abzulehnen, Kosten seien nicht zu erstatten. Es fehle an einem glaubhaft gemachten Anordnungsgrund. Es habe keine ID-Prüfung stattgefunden, um die Existenz des Antragstellers festzustellen. Das Vorliegen einer autistischen Erkrankung einhergehend mit Sprachstörungen und Angstzuständen werde im Kern vom Jobcenter nicht bestritten. Es erscheine jedoch mehr wie [sic!] zweifelhaft, daß eine „zeitlich im Voraus angekündigte ID-Prüfung in den eigenen 4-Wänden“ des Antragstellers ohne stattfindendes Gespräch tatsächlich nicht möglich sein solle. Das Jobcenter gebe jedoch zu bedenken: „Laut der Internetseite: https://www.autismus.de/was-ist-autismus.html wechseln Autisten mit einem derartigen Krankheitsbild ihr Umfeld und gewohnten Ablauf nicht“ Das Verhalten des Antragstellers widerspreche dem geschilderten Gesundheitszustand erheblich, da laut bekannten Unterlagen Umzüge stattgefunden hätten. „Nach § 9 Abs. 2 BGG i. V. m. §§ 1, 2, 3 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2b der Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren nach dem BGG (Kommunikationshilfenverordnung – KHV) kommt für Menschen mit autistischer Störung als Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens eine gestützte Kommunikation als Kommunikationsmethode in Betracht. Bei der gestützten Kommunikation berührt der Kommunikationshelfer, der so genannte Stützer, eine kommunikationsbeeinträchtigte Person, Schreiber oder auch Nutzer genannt. Diese körperliche Hilfestellung soll es der kommunikationsbeeinträchtigten Person ermöglichen, eine Kommunikationshilfe zu bedienen. Die gestützte Kommunikation gilt bei vielen Praktikern und einigen Wissenschaftlern als Methode der unterstützten Kommunikation, ein Fachgebiet, dass sich mit Alternativen und ergänzenden Kommunikationsformen für Menschen beschäftigt, die nicht oder nur unzureichend über Lautsprache verfügen (vgl. http://de.wikipedia.olg/wiki/Gest%C3%BCtzte_kommunikation, Stand 26. September 2012). Damit hätte der Antragsteller allenfalls Anspruch auf die Kommunikationsmethode einer gestützten Kommunikation im Sinne der Kommunikationshilfeverordnung im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens. Darauf besteht jedoch kein Rechtsanspruch im Rahmen einer zwingend erforderlichen ID-Prüfung (lediglich Einsichtnahme des Personalausweises). Hier ist es unerlässlich, dass der Antragsteller im direkten unmittelbaren Kontakt mit dem Antragsgegner steht.“
Die GEZ teilt mit: „Solange Sie noch keine Bestätigung über die Bewilligung einer sozialen Leistung erhalten haben, ist eine Beantragung nicht erforderlich. Es reicht aus, wenn Sie uns den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht mit dem erforderlichen Nachweis erst dann zusenden, sobald Ihnen die Bewilligung der sozialen Leistung vorliegt. Bei einer verspäteten Antragstellung entsteht kein Nachteil, weil eine rückwirkende Befreiung bis zu drei Jahren, ab Eingang des Antrags bei uns, gewährt werden kann. […] Bis zum Beginn einer Befreiung sind Rundfunkbeiträge zu zahlen. Hierfür bitten wir um Verständnis. Eventuell zuviel gezahlte Beiträge werden wir selbstverständlich erstatten.“ Es wird gebeten die ausstehenden Beiträge zu überweisen.
Tag 148
Jobcenter-Person 3 schickt einen leeren Gesundheitsfragebogen zum Ausfüllen zu, das Begleitschreiben ist auf Tag 145 datiert.
Jobcenter-Person 15 schickt ein auf Tag 145 datiertes Schreiben (Unterschrift von Jobcenter-Person 16): „wir haben Ihre Nachricht zum Anlaß genommen, um Ihren Fall umfassend zu prüfen. Bitte seien Sie versichert, daß unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sämtliche verfügbaren Möglichkeiten ausschöpfen, um den Belangen von Menschen mit Behinderungen gerecht zu werden, Wir bitten zu entschuldigen, daß gerade bei nicht alltäglich auftretenden Einschränkungen die zu beachtenden Anforderungen für einen barrierefreien Zugang zu Leistungen nicht allgemeinhin bekannt sind und wir daher auf Ihre Hinweise angewiesen sind. Ihre Mitteilungen haben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen und es wurde sich bemüht Ihnen den barrierefreien Zugang zu ermöglichen. Wir sind davon ausgegangen, mit einer ID-Prüfung bei Ihnen vor Ort […] Ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Es war uns bislang nicht bewußt, daß bei persönlichen Kontakt mit Ihnen keinerlei Kommunikation, auch nicht einseitig von Seiten unserer Mitarbeitenden, wie beispielsweise in Form der Belehrung, stattfinden darf. […] Ihren Wunsch, die ID-Prüfung bei einer anderen deutschen Behörde Ihrer Wahl durchzuführen, können wir leider nicht entsprechen. §9 Abs. 1 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (BGG) gewährt Ihnen das Recht im Verwaltungsverfahren mittels geeigneter Kommunikationshilfen zu kommunizieren. Welche Kommunikationshilfen zugelassen sind, regelt die Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Kommunikationshilfenverordnung KHV). Gemäß §3 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KHV kommt als geeignete Kommunikationsmethode die gestützte Kommunikation für Menschen mit autistischer Störung in Betracht. Ungeeignete Kommunikationshilfen dürfen seitens des Trägers öffentlicher Gewalt nach §2 Abs. 2 Satz 4 KHV zurückgewiesen werden. Es besteht seitens des Jobcenters keine Möglichkeit eine andere Behörde anzuweisen, die erforderliche ID-Prüfung vorzunehmen. Hierzu sind wir weder gesetzlich befugt noch kann sichergestellt werden, daß die von Ihnen genannten Voraussetzungen für einen barrierefreien Zugang eingehalten werden. Da Sie keine gestützte Kommunikation wünschen, können wir Ihnen folgendes anbieten. Sie erhalten eine Einladung zur ID-Prüfung außerhalb der regulären Öffnungszeiten des Jobcenters. Sie finden sich dann bitte an diesem Tag und zur angegebenen Uhrzeit am Haupteingang des Jobcenters […] ein. Dort wird Sie ein Mitarbeiter in Empfang nehmen und gleich im Foyer die erforderliche ID-Prüfung vornehmen. Dazu legen Sie bitte unserem Mitarbeiter ein gültiges Ausweisdokument […] vor. Unser Mitarbeiter wird das Dokument entgegennehmen, einsehen und wieder an Sie aushändigen. Danach ist die Prüfung abgeschlossen und Sie können das Foyer verlassen. Unser Mitarbeiter ist in Ihre besondere Situation eingewiesen. Es wird keinerlei Kommunikation stattfinden.“
Offene Fragen: Wo am großen Gebäude mit mehreren Zugängen von verschiedenen Seiten befindet sich der gemeinte „Haupteingang“? Wie weit im Gebäude befindet sich das gemeinte „Foyer“, eine Internetrecherche ergibt Teile von Gebäudeplänen, jedoch ohne die Bezeichnung „Foyer“.
Tag 149
Antwortmail an das Jobcenter zu Ansatz 2 vom Vortag: „ich danke für Ihr erstmaliges Eingehen auf meine wiederholten Hinweise, auf die von Ihrer Seite bisher pflichtwidrig von Niemandem angemessen reagiert und nachgefragt worden war, auf erforderliche Barrierefreiheit im Umgang mit mir. Jedoch wird der Weg, das durch das Verhalten Ihrer Kollegen zerrüttete Vertrauensverhältnis, wieder in einen halbwegs neutralen Zustand zu bringen, vermutlich einen längeren Zeitraum und mehr stimmiges und kontinuierliches Entgegenkommen Ihrerseits erfordern. Mehr als eine Geste sind Ihre einleitenden Worte aus meiner Sicht nicht. Ihre einleitende Darstellung, meine Email sei Anlass für eine „umfassende Prüfung“ gewesen, nicht eher der inzwischen bei Gericht eingereichte Eilantrag und die vorangegangenen rechtlichen Maßnahmen und wiederholte Schreiben meines Anwalts, wirkt auf mich z.B. unglaubwürdig und die Beschwörung von Verständnis, das ich für Ihre mich in Leib und Leben existenziell gefährdende grob rechtswidrige ohne zu übertreiben menschenverachtende Vorgehensweise über Monate hinweg haben solle, regelrecht absurd und ein Anzeichen dafür, dass auch Sie noch deutlicher von einer angemessenen Einsichtigkeit in das zurückliegende schwere Fehlverhalten Ihrer Kollegen entfernt sind und das wird weiterhin auf dem Vertrauensverhältnis zu den Mitarbeitern Ihrer Behörde lasten. Zu meinem durch Sie nun in Ihrem Schreiben thematisierten von der Sache her geeigneten Vorschlag die ID-Prüfung in Folge des belegbar zerrütteten Vertrauensverhältnisses zu Mitarbeitern Ihrer Behörde in einer anderen Behörde zuzulassen, führen Sie nun aus, Sie hätten keine Befugnisse andere Behörden dazu anzuweisen. Hierzu kann ich sagen, dass es aus meiner Sicht nicht darauf ankäme, sondern vor allem ersteinmal nur auf die Anerkennung einer solchen extern erfolgten ID-Prüfung durch Ihre eigene Behörde. Zu diesem Zweck hätten Sie ein Schreiben für die andere Behörde herausgeben sollen, in dem beschrieben worden wäre, welche Anforderungen hinsichtlich der Barrierefreiheit wie von mir mitgeteilt zu beachten wären und auch welche Anforderungen von Ihnen her an die Vorgehensweise der anderen Behörde bestehen würden. Ich habe wenig Zweifel, dass viele deutsche Behörden, denen ein solches Schreiben vorgezeigt worden wäre solche Amtshilfe vornehmen würden. Für die Zukunft sollte eine solche mögliche Vorgehensweise mir gegenüber mit Ihrer Behörde nun weiter abgeklärt werden, damit beim nächsten Terminwunsch nicht alles wieder von Vorne anfangen würde oder zumindest alles zu meinen Lasten monatelang verschleppt würde, weil Sie sich einer Klärung in der Situation wieder verweigern würden. Eine künftige gangbare Vorgehensweise dieser Art sollte jetzt in der Folge geklärt werden, auch wenn die (situativ relativ einfache) ID-Prüfung nun anderweitig erfolgen würde. Ich weise auch darauf hin, dass die beispielhafte Aufzählung in der KHV durch Sie nicht als abschließende Liste missinterpretiert werden sollte. Allgemein ist der menschenrechtliche Anspruch nach UN-BRK ein Anspruch auf individuelle Lösungen der Barrierefreiheit nach Erfordernissen im Einzelfall. Ihr Vorschlag einer ID-Prüfung beim Eingang Ihres Verwaltungsgebäudes ist diskussionsfähig. Ähnliche alternative Lösungen und deren erforderlichen Kriterien hatten auch wir bereits „intern“ diskutiert. Dabei hätten wir vorgesehen, für eine solche Ihnen zusätzlich eröffnete Ersatzlösung aufgrund des von Seiten Ihrer Behörde schuldhaft zerrütteten Vertrauensverhältnisses und dessen unabänderlichen psychischen Folgen (zu erwartende nicht kontrollierbare Panik- und Angstblockade) eine solche Lösung zu eröffnen, bei der Ihre Behörde nun strafbewehrt versichern müsste, dass alle gemachten Absprachen durch die beteiligten Mitarbeiter Ihrer Behörde – sowie weiteres möglicherweise am gewählten Ort agierendes Sicherheitspersonal das z.B. zur Gebäudeverwaltung zählen könnte – unbedingt und vollumfänglich durch diese eingehalten würden. Sollte dagegen verstoßen werden, wäre eine einklagbare Vertragsstrafe von 1000€ von Ihrer Behörde her fällig. Und sollten Sie darauf nicht eingehen, dann wäre dies ein klarer Hinweis darauf, dass Sie selbst nicht darauf vertrauen würden, dass Ihre Mitarbeiter diese Abmachungen und Anforderungen sicher vollständig einhalten würden. Zwecks beweishafter Dokumentation wäre dann als weitere Bedingung das Einverständnis Voraussetzung gewesen von meiner Seite die gesamte Begegnung mit Ihren Mitarbeitern in Bild und Ton aufzuzeichnen. Aufgrund Ihres erstmaligen inhaltlichen Eingehens in Ihrem Schreiben [von Tag 145] bin ich jedoch bereit, zunächst auf diese Absicherung zu verzichten. Im Gegenzug sollten Sie tatsächlich strikt einen reibungslosen Ablauf [an Tag 156] gewährleisten. Zu Ihrem Vorschlag fordere ich jedoch folgende Änderungen ein:
Die ID-Prüfung findet wie beschrieben statt (kein mündliches Sprechen (unter mündlicher Kommunikation verstehe ich auch eine Begrüßung wzb „Hallo“ oder eine Verabschiedung „Tschüss“. Dies darf NICHT bei einem ID-Termin mit mir stattfinden), keine sonstigen Mitteilungen, keine körperlichen Berührungen oder Annäherung auf mehr als Griffweite zu meinem Rumpf, kein körperliches Bedrängen oder in den Weg stellen), jedoch abweichend vor dem Haupteingang des Jobcenters unter freiem Himmel auf dem Vorplatz schräg gegenüber der Straßenbahnhaltestelle, nicht hinter dem Eingang im Inneren des Gebäudes.
Wird durch Ihren vor Ort anwesenden Mitarbeiter (Anzahl ein Mensch) ein Kriterium verletzt, behalte ich mir vor gegebenenfalls sofort den Termin abzubrechen und mich zu entfernen, auch unter Zurücklassung des aus der Hand gegebenen Ausweises.
Ihr Mitarbeiter trägt deutlich sichtbar ein Schild „ID-Prüfung [Namensinitialen]“. Die Buchstaben auf dem Schild müssen mindestens 2cm hoch sein, fett gesetzt (nicht nur feine nicht gut erkennbare Linien) und gebräuchliche Proportionen aufweisen (wie z.B. in Ihren Briefkopf beim fett gesetzten Schriftzug „jobcenter“). Ansonsten wäre für mich nicht sicher den Vorplatz insgesamt überschauend erkennbar, welcher dort eventuell stehende Mensch die ID-Prüfung für Ihre Behörde vornehmen soll. Daher ist eine große Schrift für eine erfolgreiche Durchführung erforderlich. Ich bitte zudem darum, dass Ihr Mitarbeiter ein vorbereitetes Schreiben bei sich trägt, in dem bestätigt wird, dass die ID-Prüfung stattgefunden hat und dieses an mich nach abgeschlossener Prüfung ausgehändigt wird, was zudem das klare Zeichen an mich wäre, dass die Prüfung abgeschlossen ist. Teilen Sie mir umgehend schriftlich per E-Mail, aber auf jeden Fall vor dem Termin [an Tag 156] mit, ob dies der Fall sein wird. Abschließend möchte ich mitteilen, dass sich meine Bankverbindung geändert hat. Alle künftigen Zahlungen an mich sind ab sofort auf dieses Konto zu überweisen. Meine neue IBAN bei der [Bank] lautet: […]“
Tag 153
Jobcenter-Person 15 schickt ein auf Tag 152 datiertes Schreiben (Unterschrift von Jobcenter-Person 16): „Wie bereits in unserem Schreiben [von Tag 145] ausgeführt, sind wir bemüht Ihnen einen barrierefreien Zugang zu gewährleisten. Ihren Wünschen kann hierbei jedoch nur innerhalb der gesetzlich eingeräumten Möglichkeiten entsprochen werden. Die ID-Prüfung durch eine andere Behörde zu ersuchen, käme nur im Wege der Amtshilfe in Betracht. Die Voraussetzungen, unter denen eine Amtshilfe erbeten werden kann, sind in den §§3 und 4 SGB10 geregelt. Diese liegen jedoch nicht vor, da es uns weder rechtlich noch tatsächlich unmöglich ist, die erforderliche ID-Prüfung selbst vorzunehmen. Das Recht auf einen barrierefreien Zugang wird hierbei über die Vorschriften des BGG, insbesondere die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Kommunikationshilfe, gewahrt. Gemäß §9 Abs. 1 BGG i.V.m. §3 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KHV ist die gestützte Kommunikation die gesetzlich vorgesehene Hilfe für eine barrierefreie Kommunikation. Im Rahmen des Wahlrechts vorgeschlagene individuelle Kommunikationshilfen müssen seitens der Behörde nur anerkannt werden, wenn sie zur Wahrnehmung der Rechte im Verwaltungsverfahren geeignet und erforderlich sind. Ihren Änderungswünschen im Ablauf zum Termin [an Tag 156] können wir aufgrund gesetzlicher Vorschriften wie folgt entsprechen: Es wird keinerlei Kommunikation stattfinden, auch nicht in Form einer Begrüßung oder einer Verabschiedung. […] Die ID-Prüfung findet wie angekündigt im Eingang/ Foyer des Jobcenters statt. Bitte beachten Sie, daß sich der Eingang […] befindet und nicht […] Eine Durchführung der ID-Prüfung in einem öffentlichen zugänglichen Bereich ist sowohl aus datenschutzrechtlichen wie auch aus versicherungstechnischen Gründen nicht möglich. […] Da der Termin außerhalb der regulären Geschäftszeiten stattfindet, ist der Eingang verschlossen. Sie werden unseren Mitarbeiter daher erkennen, daß er Sie im Eingangsbereich in Empfang nimmt und einläßt. Unser Mitarbeiter wird hierbei das weisungsgemäß von den Beschäftigten des Jobcenters zu tragende Namensschild führen. […] Vorsorglich weisen wir darauf hin daß es untersagt ist, den Vorgang der ID-Prüfung bzw. unseren Mitarbeiter in irgendeiner Art und Weise in Bild und/oder Ton aufzuzeichnen. Unser Mitarbeiter ist für diesen Fall angewiesen, die Prüfung unverzüglich abzubrechen und Sie mündlich des Gebäudes zu verweisen. Die mißbräuchliche Aufzeichnung, Nutzung und Veröffentlichung wird seitens des Jobcenter [sic!] sowohl mit zivil- als auch mit strafrechtlichen Schritten geahndet. Unsererseits sind mit dem oben beschriebenen Ablauf der ID-Prüfung alle Möglichkeiten ausgeschöpft, Ihnen einen barrierefreien Zugang zu gewähren. In Ihrem Interesse bitten wir Sie, den Termin wahrzunehmen. Erst nach erfolgreicher ID-Prüfung kann Ihr Antrag bearbeitet und der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB2 geprüft werden.“
Die GEZ teilt mit, daß die ausstehenden Beiträge unverzüglich zu zahlen seien. Werde der Aufforderung nicht nachgekommen, werde ein Festsetzungsbescheid erlassen, der zudem Säumniszuschläge enthalte und ein vollstreckbarer Titel sei, der im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden könne.
Tag 154
Auf Tag 153 datiertes Schreiben der BKK: Es läge ein Zahlungsrückstand von 827,96€, zzgl. 8€ Säumniszuschlag und 5€ Mahngebühren vor. Gehe die Zahlung nicht ein, werde das Vollstreckungsverfahren eingeleitet (es wird keine Zahlungsfrist aufgeführt), wozu die BKK gesetzlich verpflichtet sei, wenn weder Zahlung noch Stundungsantrag eingehen würden. Wenn innerhalb von zwei Wochen nicht der Beitragsrückstand komplett ausgeglichen worden sei, ruhe der Leistungsanspruch. Das bedeute, daß die BKK danach in Anspruch genommene Leistungen in Rechnung stelle. „Unter Umständen kann der für Sie zuständige Sozialleistungsträger auf antrag die Beiträge übernehmen. Dazu wenden Sie sich bitte an Ihr örtliches Sozialamt.“
Email an die BKK: Es werde auf die zurückliegende Korrespondenz verwiesen. Der dem Vorschlag der BKK folgende Antrag auf Übernahme der Beiträge durch das Sozialamt sei abgelehnt worden. Der Antrag befinde sich im Widerspruchsverfahren. Die älteren Anträge seien weiterhin nicht rechtskräftig beschieden worden. „In Ihrem Schreiben haben Sie Mahngebühren i.H.v. 5€ geltend gemacht. Ich weise die Zahlung von Mahngebühren zurück, da Mahnungen aufgrund meiner Mitteilung zu meiner aktuellen finanziellen Situation nicht erforderlich sind, denn Ihnen ist bekannt, dass ich derzeit unverschuldet wegen dem Verhalten von Behörden ohne entsprechende finanzielle Mittel dastehe. Mahnungen Ihrerseits sind ohne jede Erfolgsaussicht und daher unangebracht. Sollten Sie Ihr BKK-Geld durch unnötige Mahnbriefe an mich vergeuden wollen, so können Sie dies tun, jedoch nicht mir dafür weitere Kosten auferlegen. Zu den aufgelisteten Säumniszuschlägen i.H.v. 8€ weise ich erneut darauf hin, dass ich keine Änderung meines Versicherungsverhältnisses beauftragt hatte. Auch auf die an Sie offenbar gegebenen sachlich falschen Auskünfte anderer Behörden hatte ich keinen Einfluss und kann für deren Folgen nicht verantwortlich gemacht werden. Ich gehe zudem davon aus, dass dieser Posten bei Bewilligung von ALG in einer Form sowieso gegenstandslos werden würde.“
Tag 156
Die ID-Prüfung ist an diesem Tag gelungen, dem Anwalt wird dazu gemailt: „Es gab keine mündliche Kommunikation. Ich hatte vor dem Zeitpunkt schon bei dem Eingang gewartet, bis ein Mitarbeiter mich reingelassen hat. Ich habe meinen Personalausweis hingereicht, er hat ihn entgegengenommen, dann sind wir beide zu einem Empfangsschalter ein paar Meter hinter der Eingangstür gegangen. Er hat Unterlagen dabeigehabt und hat dann den Ausweis angesehen, kurz in seinen Unterlagen herumgesucht und geschaut. Dann reichte ich ihm zusätzlich noch meinen SB-Ausweis hin. Den hat er auch noch angeschaut gehabt und dann hat er mir die beiden Ausweise zurückgegeben mit dem Bestätigungsschreiben und der neuen Einladung wie im Anhang. Dann ging ich wieder durch die Tür aus dem Gebäude.“
Im übergebenen auf Tag 156 datierten Bestätigungsschreiben von Jobcenter-Person 13 wird bestätigt, daß eine ID-Prüfung im Rahmen der ALG2-Antragstellung stattgefunden hat.
Im übergebenen ebenfalls auf Tag 156 datierten Einladungsschreiben von Jobcenter-Person 3 wird zur „persönlichen Vorsprache“ im Jobcenter für Tag 175 8:00 Uhr geladen, um dessen Wahrnehmung im Rahmen der Mitwirkungspflicht gebeten werde. Als Ort wird ein Wartebereich angegeben. Nur im Rahmen einer „persönlichen“ Vorsprache könne abschließend geklärt werden, ob ein Anspruch auf Leistungen bestehe beziehungsweise bestanden hat. „Gemäß §9 Abs. 1 BGG i.V.m. der Kommunikationshilfenverordnung (KHV) haben Sie Anspruch auf Bereitstellung einer geeigneten Kommunikationshilfe. Alternativ haben Sie haben [sic!] das Recht, eine geeignete Kommunikationshilfe selbst bereitzustellen. Gemäß §3 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 KHV kommt für Menschen mit autistischer Störung als geeignete Kommunikationsmethode eine gestützte Kommunikation in Betracht. Bitte teilen Sie uns bis [zu Tag 167] mit, ob Sie die Bereitstellung einer Kommunikationshilfe durch das Jobcenter für den Termin wünschen. Begründung Ihrer Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen: Der für Sie zuständige Ansprechpartner im Jobcenter [Person 3] möchte sich Ihnen vorstellen. Auch wird die zuständige Kollegin der Leistungsabteilung [Person 14] anwesend sein. Sie möchte mit Ihnen abschließend über Anspruchsvoraussetzung und gegebenenfalls vorrangige Leistungen gegenüber anderen sprechen. [Person 3] möchte mit Ihnen die weitere Zusammenarbeit und das weitere Vorgehen in Bezug auf den Bereich der Arbeitsvermittlung besprechen. […] Ihre Mitwirkung ist erforderlich, weil ohne ein persönliches Gespräch nicht festgestellt werden kann, ob und inwieweit ein Leistungsanspruch für Sie […] besteht. Sollten Sie den o.g. Termin ohne vertretbaren Grund nicht wahrnehmen werde ich die Geldleistungen für Sie bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz versagen bzw. ganz entziehen. dies bedeutet, daß Sie keine Leistungen erhalten.“
Emailantwort der BKK mit Bezug zur Emailnachricht von Tag 154: „Vom Gesetzgeber wird verlangt, dass sich jeder in Deutschland krankenversichern muss. Dabei unterliegen Sie als Versicherter einer Mitwirkungspflicht und können uns nicht für die fehlende Anmeldung Ihres Arbeitslosengeldes verantwortlich machen. Wir verwalten lediglich die Versichertengelder und müssen diese an den Gesundheitsfond abführen. Mithin besteht keine Möglichkeit eine Mitgliedschaft monatelang ohne Beitragszahlungen fortzuführen. Mit Bescheid [von Tag 115] wurde Ihnen die neue Beitragshöhe zum Mindestbeitrag bekannt gegeben. Die Höhe der Mahngebühren und Säumniszuschläge sind gesetzlich geregelt. Es gibt keine Sonderregelungen für bedürftige Versicherte. Sollte Ihr Arbeitslosengeld rückwirkend bewilligt werden, werden die Gebühren ab Leistungsbeginn selbstverständlich storniert.“ Im Verlauf der Emailantwort nachzuvollziehende BKK-interne Nachricht: „ich kenne den Fall leider nicht und Frau [X] fällt die nächsten Wochen aus. Von meiner Seite aus gibt es keinen Handlungsbedarf. Der Versicherte erhält weiterhin Mahnungen. Zumindest kann ich nicht erkennen, warum das nicht so sein sollte. Können Sie sich das bitte ansehen und dem Herrn antworten?“
Email darauf an die BKK: „es wurden entsprechende Anträge gestellt, die Auskunft der Behörde an Sie war falsch. Teilen Sie mir bitte mit, auf welcher gesetzlichen Grundlage eine Erhebung von Gebühren für Mahnungen beruht, die verschickt wurden, nachdem bereits bekannt wurde, dass der Adressat mittellos sei, also gar nicht zahlen könne. Ich fordere Sie auf, künftige gebührenpflichtige Mahnungen zu unterlassen, da es ausgeschlossen ist, dass diese doch noch zu Zahlungen führen. Wenn sich etwas an der Situation ändert, werden Sie benachrichtigt. Sie können auch gerne einfach kostenlos per E-Mail nachfragen.“
Tag 157
Email an Jobcenter-Person 14: „laut einem Schreiben von [Jobcenter-Person 3 datiert auf Tag 156] möchten Sie mit mir persönlich über Anspruchsvoraussetzungen oder „vorranginge Leistungen“ sprechen. Das können Sie gerne schriftlich z.B. per E-Mail tun (dieser Kommunikationsweg stellt meine gewählte Kommunikationshilfe nach KHV dar). Beachten Sie bitte die bereits stattgefundene Kommunikation in Folge Ihres [auf Tag 46 datierten] Schreibens zum Thema vorrangiger Leistungen. Mein Einverständnis einer Beantragung solcher Leistungen durch Sie besteht fort.“
Email an Jobcenter-Person 3: „laut Ihrem Schreiben [von Tag 156] möchten Sie mit mir Verschiedenes besprechen. Das können Sie gerne schriftlich z.B. per E-Mail tun. Dieser Kommunikationsweg stellt meine gewählte Kommunikationshilfe nach KHV dar, wie ich bereits in einer E-Mail [von Tag 82] mitgeteilt hatte: „Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich im Rahmen meines Wahlrechts der Kommunikationshilfe eine Kommunikation per Email aus meinem privaten Umfeld (wie hier) als Ersatz für mündliche Gespräche wähle und bitte Sie dies künftig generell zu beachten.“ […] All das ist Ihnen im Grunde bereits seit Monaten bekannt. Trotzdem übergeben Sie mir ein solches Schreiben im Rahmen eines ID-Termins, vor dem dessen Barrierefreiheit Thema gewesen war. Jedes Mal Ihren Mitarbeitern neu alles zu grundlegenden Punkten der Barrierefreiheit gegenüber mir wiederholen zu müssen ist für mich, Autist mit Burnout, zusätzlich in einer durch Sie in menschenverachtender Weise geschaffenen existenzbedrohenden Lebenslage, so nicht weiter leistbar. Eventuell werde ich daher künftig auf solche Schreiben nur noch pauschal auf bisherige Kommunikation verweisen.“ Wiederholend eingearbeitet sind auch diverse Inhalte aus vorangegangenen Mails.
Email an die Arbeitsagenturen in Ort 1 und 2 mit Bezug zur Email von Tag 109: „Ich mahne die Bearbeitung meines betreffenden Antrags unter den erforderlichen barrierefreien Rahmenbedingungen an.“
Emailantwort der BKK: „vielen Dank für Ihre erneute Mail. Unterlassen Sie es aber bitte, uns permanent zu etwas aufzufordern. Sie wurden bereits hinreichend über die Pflicht zur Weiterversicherung informiert. Für Ihr persönliches Problem lässt der Gesetzgeber keinen Spielraum. Sie werden auch künftig Mahnungen inklusive Gebühren von uns erhalten, wenn Sie keine Zahlungen leisten, bis Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld geklärt ist. Nachfolgend die gewünschten Rechtsgrundlagen: […] Mahngebühren: Gesetzliche Grundlage hierfür ist das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Danach fallen Mahnkosten an, wenn ein Schuldner mit seiner Zahlung in Verzug gerät. Sie gehören zum Verzugsschaden, der dem Gläubiger bei der rechtlichen Durchsetzung seiner Geldforderung entsteht.“
Email an die BKK: „1. bewegt sich ihr pauschaler Verweis auf das BGB als Begründung der Rechtsgrundlage für die Mahngebühren an der Grenze der Lächerlichkeit. Aber um den Versuch zu unternehmen auf soetwas konstruktiv einzugehen, weise ich zu allem Überfluss darauf hin, dass laut BGB §286,2,3 eine Mahnung nicht mehr erforderlich war. Insofern ist die Erhebung von Mahnkosten für solche nicht erforderlichen Mahnungen unstatthaft.
Möchte ich Sie ergänzend auch noch darauf hinweisen, daß pauschale Mahnkosten rechtlich nicht zulässig sind (siehe z.B. BGH, 26.06.2019, VIII ZR 95/18). Insofern dürfen Sie sich bei weiterem Beharren auf diese rechtswidrigen Mahnkosten darlegen welche genauen Kosten Ihnen durch Ihre Mahnung entstanden sind.
Dürfen Sie mir gerne erläutern, wie ihre kryptische Mitteilung „Unterlassen Sie es aber bitte, uns permanent zu etwas aufzufordern“ genau zu deuten ist.“
Emailantwort der BKK: „ich reiche Ihre Mail nunmehr an meinen Vorgesetzten weiter, da es Ihnen scheinbar nicht mehr um Ihren eigentlichen Versicherungsschutz, sondern um das Streiten über eine Position von 5,00 € Mahngebühren geht, die im Übrigen mit begründeten Antrag nach Eingang der Zahlung erlassen werden können. Meine Bitte um Unterlassung Ihrer Aufforderungen „ Sollten Sie Ihr BKK-Geld durch unnötige Mahnbriefe an mich vergeuden wollen, so können Sie dies tun, jedoch nicht mir dafür weitere Kosten auferlegen“., „Ich fordere Sie auf, künftige gebührenpflichtige Mahnungen zu unterlassen …“ war im Übrigen so gemeint, wie von mir formuliert.“
Tag 158
Emailantwort BKK-Vorgesetzter: „Ich möchte Sie nochmals abschließend darauf hinweisen, dass bisher noch keine Beiträge gezahlt wurden. Wir als Krankenkasse sind gesetzlich dazu verpflichtet, bei Nichtbezahlung der Beiträge das Vollstreckungsverfahren einzuleiten. Bitte überweisen Sie uns die ausstehenden Beiträge. Sollte dies nicht möglich sein, setzen Sie sich bitte bezüglich einer Ratenzahlung kurzfristig mit uns in Verbindung.“
Tag 159
Email an die BKK: „nachdem Ihr Vorgesetzter auf mein Anliegen nicht einging und den Fall und das was ich Ihnen bereits schrieb, soweit zu erkennen ist, auch nicht ausreichend kennt, antworten Sie nun bitte selbst zur Sache.“
Nachricht an die GEZ per Onlineformular: Die beantragte Leistung von ALG2 sei bisher noch nicht bewilligt und der Vorgang sei auch noch nicht rechtskräftig geworden. „Auf diese langsame Bewilligung von ALG habe ich leider keinerlei Einfluss und bis zur Bewilligung auch für meinen eigenen elementaren Lebensunterhalt keine finanziellen Mittel und auch keine Möglichkeit der Kontoüberziehung mehr. Daher rate ich Ihnen das laufende ALG-Verfahren abzuwarten.“
Tag 160
Schriftsätze des Anwalts:
Eilverfahren: „Die Argumentation des Jobcenters im Schreiben [von Tag 142] ist abwegig. Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind gegeben. Zwischenzeitlich hat sich das Jobcenter nun doch einverstanden erklärt, mit dem Antragsteller per Email zu kommunizieren und einen Termin zur Identitätsprüfung vorab per Email abzustimmen. Mithin war es dem Kläger möglich, […] eine Kommunikation mit [Jobcenter-Person 15] per Email zu führen und den Termin zur Identitätsprüfung [an Tag 156] vorab konkret abzusprechen. […] Daraufhin wurde der Termin zur Identitätsprüfung [an Tag 156] durchgeführt. Bei diesem Termin wurde absprachegemäß nicht gesprochen. Die Identität des Antragstellers konnte erwartungsgemäß nachgewiesen werden. […] Diese lange Verzögerung ist dem Jobcenter zuzurechnen. Das Jobcenter meint, der Antragsteller sei ihren Pflichten zur Identitätsprüfung nicht nachgekommen. Dies ist falsch. Der Antragsteller gehört weder zu Personen, die keine gültigen Ausweispapiere haben noch zu Personen, die persönlich nicht ohne triftigen Grund erscheinen. Das Jobcenter hat bis [zu Tag 155] dem Antragsteller keinerlei Gelegenheit gegeben, eine Identitätsprüfung barrierefrei zu ermöglichen. Der Antragsteller hat von Anfang an klargestellt, dass dieser autistisch ist und eine barrierefreie Kommunikation benötigt als auch, dass die Identitätsprüfung eben nicht mit einer Kommunikation vor Ort, erst recht nicht mit einer Meldung am Empfang oder einer Belehrung durch Mitarbeiter durchgeführt werden kann und dies auch nicht, ohne dass vorher abgesprochen wurde, wie der Termin abläuft. Dies wurde vom Jobcenter auch nicht bestritten. Der Antragsteller hat zu keiner Zeit ein persönliches Erscheinen verweigert oder auch verweigert, ein Ausweisdokument vorzulegen. Das Jobcenter hat bis heute nicht verstanden, was eine barrierefreie Kommunikation im Falle des Antragstellers bedeutet. Dies zeigt das neuerliche Schreiben des Jobcenters [von Tag 156],
wonach diese zu einer persönlichen Vorsprache des Antragstellers [an Tag 175] einlade,
der Antragsteller persönlich erscheinen solle,
wobei zwei Mitarbeiter des Jobcenters anwesend sein wollen und diese beiden Mitarbeiter mit dem Antragsteller über Anspruchsvoraussetzungen oder vorrangige Leistungen sprechen wollen. […] Dies geht zum wiederholten Male völlig an der Sache vorbei. Auf dieses Schreiben kann wieder nur mit absolutem Unverständnis reagiert werden. Die neuerliche Nachfrage, ob der Antragsteller eine Kommunikationshilfe wünsche, um im folgenden Absatz auf die Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen und zu einem „miteinander sprechen“ zu verweisen, kann nur als schlechter Scherz verstanden werden. […] Das Jobcenter wird daran erinnert, dass der Antragsteller sich an das Jobcenter durchaus unverzüglich gewandt hatte. Allerdings hatte das Jobcenter die Kommunikation per E-Mail nicht akzeptiert, andererseits aber auch keinen barrierefreien Zugang des Antragstellers ermöglicht. […] Das Bundessozialgericht hat in seiner bereits genannten Entscheidung klar dargelegt, welche Anforderungen bei Autisten erforderlich sind, um eine Barrierefreiheit zu ermöglichen. Ist laut Bundessozialgericht ein Autist nicht zu einer mündlichen Kommunikation mit einem medizinischen Gutachter verpflichtet, so gilt dies selbst verständlich erst recht nicht für einen Sachbearbeiter eines Jobcenter. Weiterhin abwegig ist der Verweis des Jobcenters auf eine Internetseite und dort auf allgemeine Ausführungen zum Krankheitsbild. Das Jobcenter mag nicht ernsthaft behaupten wollen, dass der Antragsteller aufgrund seiner Erkrankung nicht umziehen dürfe oder könne. Die Schwerbehinderung aufgrund Autismus ist durch die vorgelegten Bescheide anerkannt. Das Jobcenter hat kein Recht, hier eine Nachforschung zulasten des Antragstellers dahingehend zu betreiben, dass dieser von Grundsicherungsleistungen ausgeschlossen wird. Sollte hier ernsthaft weitere Ausführungen erforderlich sein, wird um richterlichen Hinweis gebeten. […] Der Antragsteller verfügt, wie hinlänglich vorgetragen über kein Geld. Die Situation hat sich zwischen zeitlich derart verschärft, dass die Krankenkasse Beiträge über 800 € geltend machen will im Rahmen einer Vollstreckung. Glaubhaftmachung: Mahnung der BKK Dies ist das Verschulden des Jobcenters.“
Hauptsacheverfahren: „wird auf die Ausführungen unseres Schriftsatzes vom heutigen Tag im einstweiligen Verfahren verwiesen und dieser Vortrag zum Vortrag im hiesigen Verfahren gemacht.“
Widerspruchsverfahren: „Unser Schreiben an das Sozialgericht im einstweiligen Verfahren vom heutigen Tag senden wir Ihnen anbei. Auf den dortigen Vortrag wird bereits jetzt verwiesen und dieser auch zum Vortrag im hiesigen Widerspruchsverfahren gemacht. Bereits jetzt kann ausgeführt werden, dass zu den hier angegangenen Bescheiden unserem Mandanten keine Gelegenheit gegeben wurde, eine Identitätsprüfung barrierefrei zu ermöglichen. Die Bescheide sind daher rechtswidrig und verletzen unseren Mandanten in seinen Rechten. Soweit Sie sich auf ein Urteil des LSG Chemnitz beziehen, so darf darauf hingewiesen werden, dass dieses vom BSG aufgehoben wurde. [Mehr zur BSG-Entscheidung / …] Bereits an dieser Stelle wird mitgeteilt, dass der Ihrerseits neuerlich benannte Termin [an Tag 175] mit zwei Mitarbeitern des Jobcenters, bei welchem gesprochen werden soll für einen Autisten schlicht nicht durchführbar ist in der Art, wie dies im Schreiben benannt wird. Wie bereits hinlänglich vorgetragen, geht es nicht darum, dass sich unser Mandant nicht zeigen will oder er nicht mit ihnen kommunizieren will. Es geht darum, dass eine Kommunikation „face to face“ nicht möglich ist. So wie von einem Blinden nicht verlangt werden kann, zu lesen oder von einem Gehörlosen nicht verlangt werden kann, zu hören, so kann von unserem Mandant als Autist eben nicht verlangt werden, dass dieser sich in eine Gesprächssituation von Person zu Person und im Übrigen dazu noch mit ungewissen Gesprächsverlauf begibt. Alle Fragen, die Sie haben, können schriftlich beantwortet werden. Bitte stellen Sie Ihre Fragen. Wenn Sie eine Möglichkeit sehen, unserem Mandanten eine barrierefreie Kommunikation zu ermöglichen, so teilen Sie doch bitte mit, auf welche Art und Weise diese erfolgen soll? Sollten Sie der Auffassung sein, dass z.B. das Sozialamt vorrangig zuständig ist, so ist dies kein Grund, unserem Mandanten Leistungen zu verweigern. Dann sind eben vorrangige Leistungen zu gewähren. Dann ist eben mit dem Sozialamt ein Erstattungsanspruch im Verhältnis der Behörden untereinander durchzuführen. Unser Mandant hatte bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass dieser in einer absoluten Notlage ist. Ihr Verhalten unserem Mandanten gegenüber ist mehr als unverständlich. Die vorliegenden Bescheide sind rechtswidrig und verletzen unseren Mandanten eklatant in seinen Rechten.“
Emailantwort der Arbeitsagentur auf die Email von Tag 157: „vielen Dank für Ihre Nachricht. Leider konnte ich Sie telefonisch nicht erreichen. Ihr Anliegen kann nicht abschließend bearbeitet werden, da ich noch weitere Informationen von Ihnen benötige. Bitte haben Sie Verständnis, dass Ihr Anliegen aus Gründen des Datenschutzes nicht per E-Mail bearbeitet werden kann. Setzen Sie sich daher bitte unter der unten angegebenen Servicerufnummer mit uns in Verbindung.“
Email an die beiden Arbeitsagenturen mit Bezug darauf: „>Leider konnte ich Sie telefonisch nicht erreichen.< Telefonieren ist für mich nicht barrierefrei. Mich wundert, dass Sie dies nicht bereits verstanden haben. >Bitte haben Sie Verständnis, dass Ihr Anliegen aus Gründen des Datenschutzes nicht per E-Mail bearbeitet werden kann.< Auf meine Kontaktaufnahme per E-Mail eröffneten Sie mir, soweit von mir nach bestem Wissen zu erkennen ist, bis heute keinen barrierefreien zugänglichen Weg der Antragstellung über die bereits erfolgte Form der Antragstellung hinaus. Hiermit teile ich Ihnen mit, dass ich im Rahmen meines Wahlrechts der Kommunikationshilfe laut KHV eine Kommunikation per E-Mail aus meinem privaten Umfeld (wie hier) als Ersatz für mündliche Gespräche wähle und bitte Sie dies künftig generell zu beachten. Hier geht es um Fragen der Barrierefreiheit, in denen nicht einfach übliche Maßstäbe wie für jedermann angelegt werden dürfen. Hiermit erlaube ich Ihnen mir per einfacher E-Mail zu antworten und fordere Sie in diesem Sinne auch ausdrücklich dazu auf hier so zu verfahren. Eine angemessene und inhaltlich geeignete Hilfestellung erfolgte seit meiner ersten Kontaktaufnahme in keiner Weise.“
Tag 164
Antwortemail der Arbeitsagentur auf die Email von Tag 160: „Ihre Anfrage beantwortet Ihnen der Bereich Arbeitslosengeld II. […] Bei erneuten Anfragen wenden Sie sich bitte direkt an diese E-Mail-Adresse.“
Tag 166
Der Anwalt berichtet per Email über ein Telefonat mit Jobcenter-Person 3. Es solle nocheinmal versucht werden, ob das Postfach auf der Amtsonlineplattform genutzt werden könne. Falls nicht, solle an diesen eine Email gesendet werden.
Email an das Jobcenter, Person 3: „ich möchte zunächst nochmals klar feststellen, dass Sie nach meiner Rechtsauffassung nicht befugt sind, ausschliesslich auf der Benutzung Ihrer hauseigenen Plattform für die Abwicklung schriftlicher Kommunikation in Barrierefreiheitsfragen zu beharren und sogar wie bekannt mit völliger Leistungskürzung zu deren Gebrauch zu nötigen. Mittlerweile steht hier von der Sache her der Straftatbestand von sich anbahnender fahrlässiger Tötung (hier zudem im Amt) im Raum? Nach diesem Hinweis vermutlich nun auch nicht mehr nur fahrlässig. Ich habe klar erwähnt, dass ich als Weg der barrierefreien Kommunikation normale E-Mails wähle. Ihre Standardhaltung zu solchen Kommunikationen per E-Mails ist im Bereich Barrierefreiheit irrelevant, auch wenn Sie dies offenbar bislang nicht verstehen. Es ist kein unbedeutender Unterschied, ob ich eine vertraute Software (meine gewohnte E-Mailsoftware auf meinem eigenen PC zu der Ihre Hausplattform soweit bekannt nicht kompatibel ist) zur Kommunikation verwenden kann oder „haufenweise“ irgendwelcher Stellen die Kommunikation mit mir verweigern, wenn ich nicht jeweils deren Hausplattform benutze. Kommunikation auf diesem Wege kann ich nicht sicher leisten, aber vielleicht manchmal. Dennoch und gerade deshalb habe ich behindertenrechtlich das entscheidende Wahlrecht, nicht jede Behörde für sich. Es ist keiner Behindertengruppe zumutbar, dass einzelne Behörden sie in der Art „friss Vogel oder stirb“ mal zu einer solchen, mal zu einer solchen Lösung nötigen. Wenn Sie weiter darauf beharren, dann sollten die Folgen jeweils zu Ihren Lasten gehen. Wie man bisher sieht tun sie es aber bisher eindeutig nicht und zwar in einer aktuell weiterhin eklatant menschenverachtenden Art und Weise. Dennoch war ich nie generell abgeneigt, Ihre Hausplattform z.B. auch zur Arbeitslosmeldung zu benutzen, allerdings wird mir das, soweit ich Ihre komplizierte und verwirrende Plattform verstehe, nicht zugänglich gemacht. Hinweise von mir her dazu wurden bisher durch Sie ignoriert. Das ist unzumutbar. Wie mir [der Anwalt] zu einem Telefonat mit Ihnen berichtete, sollte ich mich einloggen und prüfen, ob ich inzwischen Zugriff auf das Postfach habe, hier nun ein Screenshot von heute:“
Anwalt per Email an das Jobcenter mit Bezug auf ein an diesem Tag stattgefundenes Telefonat zwischen Anwalt und Jobcenter-Person 3 und die Email im vorangegangenen Absatz: Die Bevollmächtigung des Anwalts sei im Jobcenter bereits mehrfach hinterlegt. Hinsichtlich der Onlineplattform sei so verblieben worden, daß der Mandant nochmals versuche sich einzuloggen und mitgeteilt werde, wenn dies nicht klappe. Dies sei geschehen, die Nutzung sei bisher nicht möglich. Es werde daher gebeten sicherzustellen, daß der Mandant einen Zugang erhalte. Weiterhin sei die Frage, wie der avisierte Termin an Tag 175 behindertengerecht ablaufen könne. Ein „Face-to-Face“-Gespräch sei nicht möglich. Was in der Einladung stehe entspreche keiner behindertengerechten Kommunikation mit dem Mandanten. Der Anwalt denke, daß hierüber zwischenzeitlich Einigkeit bestehe. Es werde nochmals dringlich darum gebeten, mit dem Mandanten eine Abklärung vorzunehmen. Bei Rückfragen könne der Anwalt gerne angerufen werden.
Tag 168
Übermittlung verschiedener Schreiben durch die Anwaltskanzlei:
Auf Tag 167 datiertes Schreiben von Jobcenter-Person 8 bezogen auf das Eilverfahren: Das Jobcenter habe nun Leistungen nach ALG2 für ein Jahr ab dem im ersten Antrag gewünschten Datum bewilligt. Es bestehe Bereitschaft zur Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten.
Auf Tag 167 datiertes Schreiben von Jobcenter-Person 8 bezogen auf das Hauptsacheverfahren wie zuvor mit dem Zusatz „Darüber hinaus möchte das Jobcenter mitteilen, dass durch den Kläger zukünftig das Instrument der sog. Postfachnachrichten genutzt werden kann, um eine barrierefreie und zudem datenschutzkonforme Kommunikation zu gewährleisten. Hierüber erhält der Kläger gesonderte Informationen außerhalb des Klageverfahrens.“
Kopie eines Leistungsbescheides des Jobcenters datiert auf Tag 167, in dem für ausstehende Leistungen und Erstattungen ein auszuzahlender Betrag von knapp 5000€ aufsummiert wird. Es liegt eine Bescheinigung für die GEZ bei.
Zwei auf diesen Tag datierte Schreiben des Sozialgerichts (für Eilverfahren und Hauptsacheverfahren), in welchen gebeten wird die Erledigung in der Hauptsache zu erklären und das Kostengrundanerkenntnis anzunehmen.
Auf Tag 167 datiertes Schreiben von Jobcenter-Person 8 bezogen auf das Widerspruchsverfahren bezüglich der Erstattung von Krankenkassenbeiträgen: Der Ablehnungsbescheid werde im Zuge des Bewilligungsbescheides des gleichen Tages aufgehoben, im Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Kosten würden auf Antrag erstattet.
Auf Tag 167 datiertes Schreiben von Jobcenter-Person 8 bezogen auf das Widerspruchsverfahren bezüglich des Ablehnungsbescheids von Tag 118: Der Ablehnungsbescheid werde im Zuge des Bewilligungsbescheides des gleichen Tages aufgehoben, im Widerspruchsverfahren entstandene notwendige Kosten würden auf Antrag erstattet.
Email an die Sparkasse, es sei heute dreimal erfolglos versucht worden im Onlinebanking nach dem Kontostand zu schauen, der Zugang sei gesperrt.
Emailantwort der Sparkasse darauf: Das Konto sei gesperrt, da das Girokonto nicht ausgeglichen worden sei.
Email an Jobcenter-Person 14: „ich verweise sie bitte, die Geldleistungen auf mein folgendes Konto zu überweisen:“
Tag 169
Jobcenter-Person 14 fragt in einem auf Tag 167 datierten Schreiben danach, ob die Bankverbindung noch aktuell sei, zu der bereits in der Email von Tag 149 an das Jobcenter unter Angabe der neuen Kontodaten mitgeteilt wurde, daß die Bankverbindung sich geändert habe. „Bitte prüfen Sie die erfassten Daten auf ihre Richtigkeit.“
Nochmaliges Versenden der Email dazu vom Vortag mit dem Zusatz „ich erhielt heute ihr Schreiben [von Tag 167]. Wie ich Ihnen schon unten schrieb, überweisen Sie mir bitte dringenst die Geldleistungen auf unten genanntes Konto und nicht auf das von der Sparkasse.“
Tag 174
Email an Jobcenter-Person 3: „rein der Form halber stelle ich fest, dass mich auf meine E-Mail vom [Tag 166] an Sie bisher keine Antwort erreicht hat. Daher ist der von Ihnen angesetzte Termin [an Tag 175] um 8 Uhr Ihrerseits sinngemäß wohl als abgesagt zu betrachten.“
Nachricht an die GEZ per Onlineformular: ALG2 sei nun bewilligt worden, die Bescheinigung befände sich im Anhang.
Tag 175
Der Anwalt teilt mit ein Telefongespräch mit Jobcenter-Person 3 habe ergeben, daß der Termin an diesem Tag aufgehoben worden sei.
Tag 176
Auf Tag 174 datiertes Schreiben von Jobcenter-Person 17: „Bezugnehmend auf den bisherigen Schriftverkehr hinsichtlich einer barrierefreien Kommunikation zwischen Ihnen und dem Jobcenter im Zusammenhang mit der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) [sic!] möchten wir mit Ihnen die weitere Vorgehensweise bezüglich der gestützten Kommunikation abklären. Nach §14 SGB I haben Sie als Leistungsempfänger einen Anspruch auf Beratung über Ihre Rechte und Pflichten nach dem Sozialgesetzbuch gegenüber dem Jobcenter. Die Beratung durch das Jobcenter ist entweder aufgrund eines geäußerten Beratungsbegehrens oder von Amts wegen bei einem konkreten Anlaß durchzuführen. Die Beratung soll dem Einzelnen die Kenntnisse und Entscheidungsgrundlagen vermitteln, die er zur vollen Wahrnehmung seiner Rechte und zur korrekten Erfüllung seiner Pflichten benötigt. Sie muß mithin richtig, unmißverständlich und umfassend sein. Als Grundsicherungsträger sind wir gehalten, auf alle naheliegenden Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, damit der Ratsuchende seine Entscheidungen in voller Kenntnis aller Konsequenzen treffen kann. Zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen gesetzlichen Beratung nach §14 SGB I sowie §14 SGB II ist es unser Anliegen, eine geeignete Kommunikationshilfe zu finden, welche zukünftig gemeinsam genutzt werden soll. Seit Mai 2019 wird für die Kundinnen und Kunden der Jobcenter unter dem Namen jobcenter.digital ein modernes Online-Angebot bereitgestellt. Für einen direkten Online-Kommunikationsweg über jobcenter.digital wurde der sogenannte Postfachservice SGB II als Kommunikationsmöglichkeit geschaffen. Der Postfachservice ermöglicht eine direkte, den Anforderungen der Barrierefreiheit entsprechende und datenschutzrechtlich sichere Kommunikation zwischen den Kundinnen und Kunden und dem Jobcenter. Mit diesem Online-Portal haben Sie darüber hinaus die Möglichkeit, die Beratung der Weiterbewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die Mitteilung von Veränderungen bei Bezug von SGB II-Leistungen und das Einreichen weiterer Formulare zeit- und ortsunabhängig online erledigen zu können. [Hinweis auf beigelegte Broschüren zu diesem Portal] Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie von diesem Angebot Gebrauch machen möchten oder andere Kommunikationsmittel in Betracht ziehen. Für Ihre Rückantwort habe ich mir [Tag 186] vorgemerkt.“
Emailantwort darauf neben der Beifügung der Emails von Tag 157 und 166 an Jobcenter-Person 3: „Im ersten Satz Ihres Schreibens beziehen Sie sich auf bisherigen Schriftwechsel. Im vorletzten Absatz fragen Sie dann, ob ich eine andere Kommunikationshilfe in Betracht ziehe. Das ist, wie im bisherigen Schriftwechsel schon wiederholt mitgeteilt hatte, der Fall. Ich sende Ihnen hier nochmals eine entsprechende E-Mail und bitte darum, dass Sie den bisherigen Schriftwechsel vor einem neuerlichen Eingehen nunmehr mit genügender Sorgfalt nachlesen.“
Die Sparkasse informiert in einem auf Tag 167 datierten Schreiben über die Kündigung des Girokontos aus wichtigem Grund. Das gesamte Soll sei bis Tag 199 zurückzuzahlen, danach werde die Forderung gerichtlich weiterverfolgt. Die Vereinbarung über die Nutzung von Onlinebanking werde ebenfalls gekündigt. Es würden künftig keine Kontoauszüge mehr ausgestellt. Das Konto sei ab sofort gesperrt, Buchungen würden nicht mehr zugelassen, es sei denn es komme eine Vereinbarung dazu mit der Sparkasse zustande.
Schreiben des Anwalts an das Jobcenter: Es werde Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid erhoben, da darin die im letzten Monat mitgeteilte neue Bankverbindung nicht berücksichtigt worden sei. „Unser Mandant hat Ihnen rechtzeitig mitgeteilt, dass sich die Bankverbindung geändert hat. Mit schuldbefreiender Wirkung konnte daher nur auf das Konto […] gezahlt werden. Wie Ihnen hinreichend bekannt ist, befindet sich unser Mandant in einer Notsituation. Bitte nehmen Sie eine Zahlung auf das Konto […] vor.“
Tag 177
Ein auf Tag 174 datierter Brief von Arbeitsagentur-in-Ort-1-Person 1 (bisher gab es von dort keine Namensnennungen) geht ein: „Ich möchte Sie jedoch nochmals ausdrücklich auf die Notwendigkeit einer wirksamen Arbeitslosmeldung […] hinweisen. […] Die Arbeitslosmeldung beinhaltet eine Identitätsprüfung des Arbeitslosen und ist spätestens vor der Entscheidung über den Antrag durchzuführen. […] Entsprechend Ihrer Angaben ist Ihnen eine persönliche Arbeitslosmeldung in der Eingangszone der Agentur für Arbeit nicht möglich. Eine Online-Arbeitslosmeldung ist Ihnen nach Ihren Angeben ebenfalls nicht möglich. Ich könnte Ihnen daher folgendes Verfahren für eine wirksame Arbeitslosmeldung anbieten. Die persönliche Vorsprache kann durch einen Vertreter übernommen werden, wenn der Arbeitslose wegen gesundheitlicher Einschränkungen nicht selbst erscheinen kann.“ Hierfür werde eine Vollmacht für den Vertreter benötigt.
Emailantwort an die Arbeitsagentur darauf: „das Jobcenter hat nun bereits eine ID-Prüfung durchgeführt. Gleichen Sie sich diesbezüglich und zu anderen durch diese bereits geklärten Punkten bitte mit dieser Stelle dazu ab. Wie Sie in Ihrem längeren Schreiben richtig feststellten, ist mir soweit ich sehe eine Arbeitslosmeldung auf Ihrer Internetseite nicht möglich, da diese nicht barrierefrei ausgestaltet ist. Es ist dort schon nicht möglich, sich arbeitssuchend zu melden ohne als Pflichtfeldeingabe eine Telefonnummer anzugeben, samt Angabe wie man telefonisch erreichbar sei. Telefonieren ist für mich wie Ihnen bereits wiederholt mitgeteilt nicht barrierefrei. Ich sende Ihnen einen Screenshot: Sollte Ihnen ein Datenabgleich mit dem Jobcenter nicht genügen, so würde ich vorschlagen, dass Sie Ihre Internetseite barrierefrei umgestalten und ich mich dann über diese arbeitslos melde. Eine solche Anpassung der Seite wäre offensichtlich ohnehin angesagt, da dieser Zustand allgemein aus Inklusionsgesichtspunkten untragbar ist.“
Tag 178
Die Anwaltskanzlei übermittelt einen auf Tag 175 datierten Schriftsatz des Anwalts an das Sozialgericht zum Eilverfahren: „Leider kann das Verfahren – derzeit – nicht erledigt werden; dies aus folgenden Gründen: […]“ Die weitere Argumentation gleicht der im Schreiben an das Jobcenter von Tag 176.
Tag 180
Jobcenter-Person 14 teilt in einem Schreiben von Tag 178 die nun offenbar zumindest bei irgendwem irgendwo dort korrekt gespeicherten neuen Kontodaten mit.
Tag 185
Über die Anwaltskanzlei geht ein auf Tag 177 datierter Schriftsatz des Jobcenters zum Eilverfahren ans Sozialgericht ein: „Hierzu wird gebeten, nachzuweisen und zu belegen, dass der Antragsteller hinsichtlich des Kontos bei der Sparkasse tatsächlich keinerlei Verfügungsbefugnis hat bzw. dass eine solche ihr zwischenzeitlich auch nicht wieder eingeräumt worden ist.“ In einem zweiten auf Tag 179 datierten Schreiben des Sozialgerichts wird gebeten eine solche Bestätigung innerhalb einer Woche zu erbringen.
Tag 186
Jobcenter-Person 8 weist laut durch den Anwalt weitergeleiteten Widerspruchsbescheid den Widerspruch von Tag 176 zurück, da ein Widerspruch gegen die angegebene falsche Bankverbindung und sinngemäß die Überweisung der knapp 5000€ auf ein falsches Konto nicht um eine mit Widerspruch angreifbare Regelung zum Ziel habe.
Die Sparkasse teilt per Email mit, das Konto könne wegen der Kündigung nicht mehr genutzt werden. Es solle eine neue Bankverbindung mitgeteilt werden, um das Guthaben zu überweisen, danach werde das Konto aufgelöst.
Tag 189
Es wird ein zusätzlicher Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid eingelegt, da Mehrkosten für kostenaufwändige Ernährung und Erstattung der durch das Verhalten des Jobcenters angefallenen Überziehungszinsen darin trotz Beantragung nicht berücksichtigt worden seien.
Auf Tag 186 datierter Brief von Arbeitsagentur-in-Ort-1-Person 1: „Ihre persönliche Meldung mit Identitätsprüfung [an Tag 157 – sic!] bei dem Jobcenter wird als persönliche Arbeitslosmeldung mit Identitätsprüfung bei der Agentur für Arbeit mit Wirkung [zu Tag 157] anerkannt.“
Tag 194
Der Anwalt erklärt gegenüber dem Sozialgericht die Erledigung in der Hauptsache, nachdem an Tag 188 auf dem neuen Konto ein Eingang von knapp 3400€ festgestellt werden konnte, die von der Sparkasse dorthin überwiesen wurde, nachdem das Jobcenter offensichtlich die knapp 5000€ an das bekanntermaßen nicht mehr aktuelle Sparkassenkonto überwiesen hatte, das im ursprünglichen ALG2-Antrag genannt worden war. Vor der Weiterleitung bediente sich die Sparkasse hinsichtlich ihrer Forderungen, wobei bedacht werden muß, daß von der Summe auch noch Wohnkosten gezahlt werden mußten. Die Sparkasse nahm hier sozusagen in Kauf, daß der ehemalige Kunde wegen weiteren zu umfangreichen Verzögerungen bei Mietzahlungen doch noch seine Wohnung verliert.
Nachbetrachtung
Die deutschen Steuer- und Beitragszahler haben in diesem Fall soweit rekonstruierbar eine vierstellige €-Summe an Kosten der juristischen Verfahren getragen (formal das Jobcenter). Soviel also diesbezüglich zum „öffentlichen Interesse an Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“. Wie es ohne das Einlenken dieses Jobcenters wohl weitergegangen wäre? Das Sozialgericht hatte bis zu diesem Zeitpunkt soweit erkennbar gar nichts getan als Schreiben hin und her weiterzuleiten und einige eher formalistische Fragen zu stellen.
Wieviel % der ähnlich veranlagten Autisten halten soeine Situation wenigstens solange überhaupt durch? Eventuell unter noch schlechteren Rahmenumständen? Ohne Unterstützung? Im Grund würden wir uns auch ausgehend von dieser Erfahrung wundern, wenn in 2022 nicht mehr als 100 Menschen wegen solcher Probleme gestorben sind. Wie wird soein Tod wohl registriert? „Tod wegen schweren psychischen Problemen“, wieder mal als Folge von Personeneigenschaften? Es kann erahnt werden, wieso es zu etlichen relevanten Barrierefreiheitsumständen für Autisten bisher nur wenige Urteile gibt.
Was hat sich überhaupt in den letzten Jahren verbessert? Durch erstrittene Beispielentscheidungen wie der BSG-Entscheidung, die auch in diesem Vorgang eine rechtlich wohl mitentscheidende Rolle spielte bestehen wenigstens deutlich Chancen mit Brechstangeneinsatz und genügend Nerven in unteren Gerichtsinstanzen doch noch zu seinem Recht zu kommen. Dazu braucht es weiterhin auch die von euch, die zusammen mit der ESH für die eigenen angemessenen Rechte einzustehen bereit sind, statt sich kaputtmachen zu lassen, auf Vieles zu verzichten oder sich rechtswidrig in Fremdbestimmung treiben zu lassen. Das kostet oft viele Nerven, nutzt auf lange Sicht jedoch in der Zukunft vielen anderen Autisten und deren heute oft noch sehr angegriffenen Lebensqualität u.a. aufgrund chronischer Überlastung aufgrund ständiger barrierehaltiger Lebensumstände und so weiter.
Aber der vorliegende Fall zeigt klar, daß es hier auch im Jahr 2022 nicht um vereinzelte Verfehlungen geht, sondern wohl um verbreitet verinnerlichte behindertenfeindliche Haltungen. Wenn das der Kanzler wüßte! Oder steckt ein sinngemäß eugenischer Plan dahinter, der wegen weiterhin intakter Breitenwirkung gar nicht gestört wird von einigen Aktivisten, die mit hohem Aufwand einige Einzelfallvernichtungen hier und da „aufhalten“?
Willkommen bei der TK, Test. Kurze
Frage: Wollen wir uns siezen oder duzen?
08:00
Test
Das ist mir egal.
08:01
Test
Ich muß ein wenig ausholen:
08:01
TK-Berater
Was kann ich tun?
08:01
Test
Ich suche einen Allgemeinmediziner in [Ort], der bereit ist mit mir schriftlich zu kommunizieren. 08:01
Test
Ich habe mich vor ca. 30 Min am
Bein etwas tiefer geschnitten, das würde normalerweise
vermutlich genäht werden. Leider kenne ich keinen Arzt,
der bereit ist mit mir schriftlich zu kommunizieren.
08:03
Test
Es ist nicht akut eilig, es blutet
jetzt nicht mehr.
08:04
TK-Berater
So schnell können wir hier leider
nicht helfen. Können Sie eine notärztliche Sprechstunde in
Anspruch nehmen?
08:05
Test
In diesem Fall wäre es wohl auch
nicht schlecht, wenn er einen Hausbesuch machen würde.
08:05
Test
Was ist eine „notärztliche
Sprechstunde“?
08:05
Test
Die Wunde ist am Bein und wenn ich
laufe geht sie halt wieder auf?
08:06
Test
Ca. 5cm lang.
08:06
TK-Berater
Bei akuten Erkrankungen kann man im
nächstgelegenen Krankenhaus eine Ambulanz aufsuchen.
08:06
Test
Meist gibt es keine ernsthafte
Bereitschaft schriftlich zu kommunizieren.
08:07
Test
Ich mag kein Objekt sein.
08:07
TK-Berater
Dann können Sie auch über die 116
117 eine Hausbesuch anmelden.
08:07
Test
Gibt es eine Emailadresse?
08:07
TK-Berater
Hier meldet sich der ärztliche
Bereitschaftsdienst. Eine E-Mail Adresse gibt es hier
leider nicht.
08:08
Test
Dann wird das so wohl nichts.
08:09
TK-Berater
Anders kann ich leider nicht
helfen.
08:09
Test
Ahja.
08:09
TK-Berater
Der Chat
wurde vom TK-Berater
beendet.
08:10
Danke für die
Nutzung unseres TK-Chats.
Ich wünsche noch einen schönen Tag.
Auch Autisten können sich einem Strafverfahren ausgesetzt sehen. Solche Vorwürfe können unter Umständen komplett falsch sein, z.B. wenn wütende wie skrupellose Angehörige alle namentlich greifbaren Mitaktivisten einer Selbsthilfeorganisation einfach mal vor Gericht zerren, weil sie gerne gesehen hätten, daß sie ihren autistischen Angehörigen weiter entrechtet in ihrem Einflußbereich hätten halten können. Das kann man in Deutschland formal gesehen ja allgemein auch ohne jeden inhaltlichen Sinn, einfach so um diese Autisten mal so richtig zu schikanieren mittels eines Rechtssystems, das für diese höchstens in erheblich verminderter Weise zugänglich ist.
Nehmen wir also hier im speziellen Fall eines kolportierten Strafverfahrens an, nach entsprechend von interessierten Personen angestoßenen Ermittlungen von Polizei oder Staatsanwaltschaft würde daraufhin irgendwo in Deutschland von einem Amtsgericht ein Strafbefehl erlassen, womit eine Chronologie des Unheils ihren Lauf nehmen würde.
Anfang September 2017: Ein „Strafbefehl“ geht ein. Die darin mitgeteilten Vorwürfe beruhen auf Beweisen, die nicht in Kopie mitgesandt wurden, sondern zu denen lediglich Seitennummern einer nicht bekannten Akte aufgeführt werden. Es wird eine Geldstrafe von 1500€ festgelegt. Diese könne ersatzweise in Freiheitsentzug umgewandelt werden.
Mitte September 2017: Autist legt beim Amtsgericht Einspruch ein und beantragt barrierefreie Akteneinsicht, wie z.B. durch Übersenden einer Kopie der Akte umsetzbar. Es wird angekündigt zur Sache einzugehen, wenn die Akteneinsicht erfolgte.
Ende September 2017: Vom Amtsgericht wird eine Ladung zugestellt und ein Verhandlungstermin Ende Oktober festgelegt. Das persönliche Erscheinen wird vom Gericht angeordnet. Unentschuldigtes Fernbleiben könne Vorführung oder Verhaftung zur Folge haben. Ohne persönliches Erscheinen oder das eines schriftlich bevollmächtigten Verteidigers würde der Einspruch ohne Verhandlung zur Sache verworfen werden. Zusatz zum allgemeinen Formschreiben:
„Es wurden weitere Anordnungen getroffen: Akteneinsicht kann in der Geschäftsstelle des Amtsgerichts […] genommen werden, erreichbar über einen barrierefreien Zugang.“
Wiedergabe der ersten Antwort darauf ans Gericht:
„Ihr Schreiben führt eine Anlage „Verzeichnis der Beweismittel“ an. Diese lag dem Schreiben, bestehend aus einem Blatt, leider nicht bei.
Akteneinsicht in einer Geschäftsstelle nehmen zu sollen ist für mich nicht barrierefrei, u.a. da ich mich in einer solchen Situation aufgrund psychischer Schmerzen nicht auf den Inhalt der Akte konzentrieren könnte. Bitte machen Sie mir den Inhalt der fraglichen Akte barrierefrei zugänglich. Das wäre wie bereits erwähnt durch Übersendung von Kopien möglich.
Für die angesetzte Hauptverhandlung wären ebenfalls umfassende Vorkehrungen nötig, damit eine barrierefreie Teilnahme einschließlich der Möglichkeit der entsprechenden Teilnahme an den Teilen des Verfahrens wie beispielsweise die Möglichkeit selbst ins Verfahren einzugreifen (z.B. nach Zeugenaussagen) ermöglicht werden könnte. Dafür existiert leider bisher kein Standardvorgehen.
Diese Vorkehrungen wären:
– Fernschriftlicher Zugang
Es wird mir nicht möglich sein im Gerichtssaal zu agieren. Die in ihm vorhandenen Reize stehen meiner Handlungsfähigkeit entgegen und verursachen psychische Schmerzen, die auch nach der barrierelastigen Situation noch wochenlang nachwirken können. Aus diesem Grund wäre eine solche barrierelastige Verhandlung in Bezug auf mich sowohl für die Verfahrensführung ungeeignet als auch darüber hinaus, wie auch dem beigefügten fachärztlichen Attest zu entnehmen ist, unzumutbar. Es ist nicht möglich mündliche Äußerungen anderer Verfahrensbeteiligter hinreichend sicher zu erfassen, es wird mir ebenso nicht möglich sein mich mündlich entsprechend zu äußern. Zudem würde ich auch schriftliche Äußerungen mir gegenüber im Gerichtssaal nicht sicher erfassen und über diese im nicht barrierefreien Terminsverlauf nachdenken können. Dies ist jedoch möglich aus sicherer vertrauter Umgebung aus meinem Wohnraum heraus.
– Zeitentzerrtheit
Es ist mir auch aus solch vertrauter Umgebung nicht hinreichend möglich sofort auf Inhalte korrekt zu antworten, weswegen eine Verhandlung, die sich lediglich über einige Stunden erstrecken würde für mich ebenfalls nicht barrierefrei wäre.
Somit schlage ich vor, nachdem mir zwingend notwendig rechtzeitig vorher der Inhalt der Akte für mich barrierefrei zugänglich gemacht wurde, zunächst aus Gründen der Barrierefreiheit in ein Verfahren einzutreten, das im Wesentlichen einem schriftlichen Vorverfahren ähnelt. Die Dauer einer solchen für mich barrierefreien Hauptverhandlung müßte aus meiner jetzigen Sicht wenigstens zwei Wochen betragen. Vorausgesetzt, daß es nicht zu Komplikationen käme. In einem solchen Fall würde ich dann um eine Verlängerung der Dauer ersuchen.
Genauere Verfahrensfragen könnten in der Folge noch mit mir abgesprochen und erörtert werden, um die Barrierefreiheit sicherzustellen.
Dies ist soweit auch nicht als abgeschlossene Liste nötiger Vorkehrungen anzusehen, da barrierelastige Umstände bezogen auf Autisten ein sehr komplexes Thema sind. Auf im Verlauf auftretende weitere Faktoren unzureichender Barrierefreiheit würde ich nach Möglichkeit im weiteren Verfahrensverlauf hinweisen, sofern sich die Sache nach einer barrierefreien Akteneinsicht und einer Stellungnahme dazu nicht ohnehin soweit darstellen würde, daß etwa eine Einstellung sinnvoll erscheint.
Auch die Benennung möglicher Zeugen und Weiteres wäre mir selbstverständlich erst sinnvoll möglich, nachdem ich in aussagekräftiger Weise erfahren habe, was mir aufgrund welcher Umstände eigentlich vorgeworfen wird. Dies ist soweit ich sehe bisher leider nicht der Fall.
Anhang 1
Ergänzende Zitate aus NETZWERK ARTIKEL 3 (Hg.), Verein für Menschenrechte und Gleichstellung Behinderter e.V., Gleichstellungsregelungen leicht gemacht!:
„Zunächst ist in der KHV ausgeführt, dass die Verordnung für Personen mit einer Hör- oder Sprachbehinderung gilt. Dies können taubblinde, gehörlose oder stark schwerhörige Personen sein, aber auch Menschen, die gestützte Kommunikation aufgrund einer autistischen Störung benötigen. Weiterhin ist in der KHV festgelegt, dass die Betroffenen ein „Wahlrecht“ hinsichtlich der zu benutzenden Kommunikationshilfe haben. Der notwendige Umfang ergibt sich aus „dem individuellen Bedarf der Berechtigten“. Falls eine Behörde, aus welchem Grund auch immer, bereits im Vorfeld Kenntnis von der Hör- oder Sprachbehinderung erhalten hat, ist sie verpflichtet, die Berechtigten auf ihr Wahlrecht hinzuweisen.“
„Charlotte B. ist Zeugin im Prozess gegen den Mann, der sie angefahren und anschließend Fahrerflucht begangen hat. Sie ist sehr aufgeregt und unsicher. Das hängt nicht ausschließlich mit ihrem traumatischen Erlebnis zusammen. Charlotte B. ist von Geburt an hochgradig hörbehindert, und sie hat oft die Erfahrung gemacht, dass es in wichtigen Kommunikationssituationen zu Missverständnissen kommt und ihre Äußerungen von den GesprächspartnerInnen letztlich nicht verstanden werden. Und schon am ersten Prozesstag bestätigen sich ihre unguten Ahnungen: Das Gericht hat eine Gebärdensprachdolmetscherin bestellt, was Charlotte B. aber gar nichts nutzt, da sie keine Gebärdensprache kann.“
Anhang 2: Attest bezüglich Erfordernis von Barrierefreiheit“
Nachdem ca. 2 Wochen keine Reaktion des Amtsgerichts zugegangen war und der Ladungstermin sich immer weiter näherte, teilte der Autist in einem weiteren Schreiben mit, daß er bisher keine Antwort auf das letzte Schreiben erhalten hatte. Es wird nochmals barrierefreie Akteneinsicht beantragt und zudem die Aufhebung des Termins, da in der verbliebenen Zeit kein angemessenes Aktenstudium mehr möglich wäre. Es wird desweiteren eine barrierefreie Hauptverhandlung beantragt. Das vorangegangene Schreiben wird zur Sicherheit nochmals mitgesendet.
Mitte Oktober 2017: Das Amtsgericht hebt den Termin auf, da die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten geprüft werden müsse. In einem seperaten Schreiben werden vom Gericht ärztliche Unterlagen samt Schweigepflichtentbindung angefordert.
Antwort darauf von Mitte Oktober 2017: Es wird erneut barrierefreie Akteneinsicht beantragt und darauf hingewiesen, daß bisher nicht erkennbar sei, was dem Angeklagten eigentlich vorgeworfen werde. Es wird darauf hingewiesen, daß ein Recht auf barrierefreie Akteneinsicht bestehen dürfte. Ein weiteres Attest wird ergänzend übermittelt (lebenslang vorliegende Konstitution, ähnlich dauerhafter Gehörlosigkeit). Es wird mitgeteilt, daß die vorliegenden Atteste nun alle erforderlichen Angaben enthalten dürften.
Anfang Dezember 2017: Das Gericht fordert auf eine Schweigepflichtentbindung zu übersenden, damit die Angaben der Atteste überprüft werden können. „Die von Ihnen geforderte Akteneinsicht in Form der Übersendung ist durch die Strafprozessordnung nicht vorgesehen.“ Gegebenenfalls könne ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden, der dann Akteneinsicht nehmen könnte und nicht persönlich zur Verhandlung erschienen werden müsse. Der Angeklagte könne dafür einen Rechtanwalt wählen. Es sei desweiteren ein amtsärztliches Gutachten erforderlich.
Mitte Dezember 2017: Es wird eine selbstformulierte Schweigepflichtsentbindung übersandt, die speziell Auskunft dazu erlaubt, ob die übermittelten Atteste authentisch sind. Desweiteren Wiedergabe der weiteren Antwort (die deutliche Kritik dient gemäß juristischen Gepflogenheiten auch dem Sachstand in möglichen Folgeinstanzen):
„In Ihrem Schreiben behaupten Sie eine Akteneinsicht in Form der Übersendung einer Aktenkopie sei durch die Strafprozessordnung nicht vorgesehen. Das ist falsch. Ich zitiere aus StPO §147 Nr. 7
„Dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, sind auf seinen Antrag Auskünfte und Abschriften aus den Akten zu erteilen, soweit dies zu einer angemessenen Verteidigung erforderlich ist, …“
Und das gilt offensichtlich auch ohne in diesem Fall bereits belegte Erfordernis des barrierefreien Zugangs. Das Gericht ist im Gegenteil dazu verpflichtet einen barrierefreien Zugang zu allen Teilen des Verfahrens zu gewährleisten und ist dazu im Sinne z.B. von BGG und KHV rechtlich auch in vollem Umfang befugt.
An dieser Stelle frage ich mich nach der Erfahrung der bisher zurückliegenden Korrespondenz, ob das Gericht durch eine behindertenrechts- oder auch allgemein behindertenfeindliche Grundeinstellung befangen ist. Es dürfte nach meiner Einschätzung einiges am rechtswidrigen und im Endergebnis bisher auch insgesamt rechtsstaatsfremden Verhalten des Gerichts dafür sprechen. Ich habe bis heute noch nicht erfahren, was mir genau vorgeworfen wird, es ist mir daher weiterhin nicht möglich sinnvoll Stellung zu nehmen.
Auch die Behauptung es sei über den bereits erbrachten Nachweis in Form von Attesten hinaus ein neues Gutachten erforderlich halte ich für klar falsch und somit rechtswidrig.
Zudem wirkt diese Behauptung auf mich auch zweifelhaft, da wohl unstrittig sein dürfte, daß das Gericht verpflichtet ist in entsprechenden Situationen Barrierefreiheit zu gewähren. Es ist nicht maßgeblich in welchen konkreten Einzelfällen dies geschieht. Und es ist mindestens eine Art zweifelhaften Ermessens das Recht auf Barrierefreiheit durch übersteigerte, und für den Beschuldigten auch erheblich belastende Nachweisanforderungen im Einzelfall zu schwächen oder praktisch ganz abzuschaffen. Es spielt für das Gericht keine entscheidende Rolle, ob der einen oder der anderen Einzelperson Barrierefreiheit gewährt wird. Entscheidend ist vielmehr, daß die Gewährung von Barrierefreiheit ein rechtlicher Normalfall ist, der insbesondere nach einem Nachweis, wie bereits vorliegend, nicht mehr derart angezweifelt werden darf ohne den Eindruck einer nichtrechtskonformen Positionierung des Gerichts zu erwecken.
Um weitere allgemeinere eigene Überlegungen anstellen zu können, bitte ich das Gericht darum vollständig aufzuführen, wer außer meiner Seite Einblick in die Verfahrensakte bekommen könnte. Existiert eine Nebenklage o.ä.? Wie erklärt sich der Umstand, daß dieses Verfahren überhaupt geführt wird, wohingegen man in der Presse quer durchs Land immer wieder nachlesen kann, wie viele dem Augenschein nach wesentlich schwerwiegendere Fälle offenbar anderswo eingestellt werden? Ein Beispiel: http://www.tagesspiegel.de/berlin/kriminalitaet-diebstahl-wird-in-berlin-kaum-noch-verfolgt/20679408.html
Um den Vorschlag einen Pflichtverteidiger einzusetzen, prüfen zu können, benötige ich genauere Informationen dazu, was dies bedeuten würde.
Das Recht auf Akteneinsicht ist laut mir bekannter Rechtsnormen ausdrücklich nicht nicht an das Vorhandensein eines Anwalts gebunden. Ebenso würde das Vorhandensein eines Anwalts nichts am Recht z.B. eines Angeklagten ändern auch selbst barrierefrei am eigenen Verfahren beteiligt zu werden. Mir ist zudem trotz einiger Erkundigungen kein Anwalt im Gerichtsbezirk bekannt, der bereit wäre mit mir in für die Sache nötigem Umfang gewissenhaft barrierefrei fernschriftlich zu kommunizieren.“
Ende Februar 2018: Das Gericht beantstandet, es sei noch keine Schweigepflichtsentbindung eingegangen. Es läge auch noch keine „klare Diagnose“ vor. „Ein Akteneinsichtsrecht außerhalb der Geschäftsstelle besteht für Privatpersonen nicht. Wenn Ihnen ein Verteidiger beigeordnet werden würde, könnte dieser Akteneinsicht nehmen. Ein Pflichtverteidiger kann Ihnen beigeordnet werden, wenn Sie nicht selbst in der Lage sein sollten, sich zu verteidigen. Sollte die Schweigepflichtsentbindung nicht innerhalb einer Woche hier eingehen, wird Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, zu dem Sie erscheinen müssen.“
Wiedergabe der Antwort von Ende Februar 2018:
„Anliegend übermittle ich erneut meine Schweigepflichtsentbindung vom Dezember.
Ich stelle fest, daß das Gericht auch ein direktes Zitat von StPO §147 Nr. 7 ignoriert. Ebenso ging das Gericht schlichtweg nicht auf die Nennung dieser seit Monaten durch das Gericht verletzten Rechtsnorm ein. Im Schreiben vom [Februar] wird lediglich die bekannte offensichtlich rechtswidrige Haltung des Gerichts ohne jede nachvollziehbare rechtliche Erläuterung wiederholt. Dieses Vorgehen ist nicht akzeptabel.
Ich beantrage hiermit ausdrücklich erneut eine Zusendung von Abschriften der Akte, um Kenntnis darüber zu erhalten, was mir vorgeworfen wird. Es wäre nicht hinnehmbar eine Verhandlung anzusetzen, bevor dies geschehen ist. Das Gericht hatte Monate Zeit, um dieser Verpflichtung nachzukommen, somit liegt dieser Umstand auch nicht in meinem Verantwortungsbereich. Das Gericht hätte mir im Rahmen der zurückliegenden ausführlichen Korrespondenz längst zugänglich machen können, welche Vorwürfe gegen mich vorliegen, hat dies jedoch entgegen geltenden Rechts jedoch trotz entsprechendem Antrag bisher verweigert und mir so schlichtweg gar keinen Zugang zu eigentlichen Verfahrensinhalt ermöglicht. Es ist vollkommen unverständlich weshalb das Gericht dies bisher nicht getan hat, wenn man von einer behindertenfeindlichen Motivation absieht.
Was „aufgrund welcher Erkrankung ohne eine klare Diagnose“ bedeuten soll, ist mir nicht klar. Die Diagnose steht klar in einem der bereits zugesandten Atteste.
In meinem letzten Schreiben an das Gericht bat ich um genauere Informationen zu den Folgen der vom Gericht vorgeschlagenen Bestellung eines Pflichtverteidigers. Im folgenden Schreiben vom [Februar] ging das Gericht auf meine Frage dazu in keiner erkennbaren Weise ein. Aus diesem Grund fehlen mir bisher auch nötige Informationen, um diesen Vorschlag genauer zu bewerten. Auch dieser Sachstand liegt klar nicht in meinem Verantwortungsbereich. Beispielhafte erste Fragen deren Antwort für mich bisher unklar ist: Welche Kosten würden wem unter welchen Umständen durch einen Pflichtverteidiger entstehen? Kann einem Pflichtverteidiger jederzeit das Mandat entzogen werden? Könnte ich ohne mein Einverständnis von diesem vorgenommene Handlungen widerrufen? Würde ich überhaupt sicher über dessen Handlungen unterrichtet? Da eine eigene Auswahl durch mich im Raum stand, ich aber wie schon erwähnt keinen Anwalt im Gerichtsbezirk kenne, der entsprechend mit mir barrierefrei kommunizieren oder mich überhaupt vertreten würde, wäre auch eine relevante Frage, wer eventuelle Kosten für eine Anreise eines Anwalts tragen würde, der außerhalb des Gerichtsbezirks seinen Sitz hätte. Soll ich den Vorschlag des Gerichts so deuten, daß es einen solchen Pflichtverteidiger ausschließlich dafür einsetzen möchte, daß er mir den Inhalt der Akten übermittelt?
Darüber hinaus wäre eine Benachteiligung, wenn ein nachgewiesen kommunikationsbehinderter Angeklagter dazu gezwungen werden soll einen Pflichtverteidiger anzunehmen, obwohl er bisher durchwachsene Erfahrungen mit der Vertretung durch Anwälte und deren Bereitschaft hat in der Praxis jenseits anfänglicher Versprechungen tatsächlich mit ihm barrierefrei fernschriftlich zu kommunizieren. Es ist keine Lösung für eine vorhandene Barriere diese Barriere schlichtweg an eine andere Stelle zu verschieben, nämlich hier inmitten die Beziehung zwischen Angeklagten und Anwalt.
Wenn ein nichtbehinderter Angeklagter die Wahlmöglichkeit hat sich einen Anwalt zu nehmen oder auch nicht und wenn ein behinderter Angeklagter diese Möglichkeit nicht eingeräumt bekommt, dann wird der behinderte Angeklagte benachteiligt, was jedoch aufgrund von Art. 3 GG nicht mit der Verfassung vereinbar ist. Auch das Grundrecht des Zugangs zur Justiz wird verletzt, indem das Gericht nun zusätzlich androht zu verhandeln ohne, daß mir mitgeteilt wurde, was mir vorgeworfen wird und die also nach dem bisherigen Vorhaben des Gerichts vermutlich auch nicht barrierefrei ausgestaltet würde.
Diesbezüglich stelle ich hiermit vorsorglich auch einen formellen Antrag auf barrierefreie Verhandlung.
Für eine Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung durch mich wäre Barrierefreiheit erforderlich. Z.B. ist es wie bereits bekannt und durch mich nachgewiesen mir nicht möglich, daß ich vor Ort erscheinen würde oder auf eine Videoübertragung angewiesen wäre, die ebenso nicht barrierefrei wäre. Ebenso müßte die Verhandlung über einen längeren Zeitraum fernschriftlich abgehalten werden (min. 1 Woche), da es mir wahrscheinlich nicht möglich wäre zeitnah angemessen zu reagieren, beziehungsweise überhaupt ein nicht verschriftliches Geschehen auch nur zu erfassen.
Wenn ein nichtbehinderter Angeklagter die Möglichkeit bekommt selbst die Akte einzusehen, ein behinderter Angeklagter jedoch trotz Wissen des Gerichts um die vorliegenden Barrieren nicht, so ist auch dies in gleicher Weise nicht mit der Verfassung vereinbar und somit ein verfassungswidriges Handeln des Gerichts.
Insgesamt handelt es sich hier für mich um eine unzumutbare und offensichtlich stark rechts- wie verfassungswidrige Verfahrenssituation. Ebenso ist sie menschenrechtswidrig (und somit erneut verfassungswidrig). Die UN-BRK sieht angemessene Vorkehrungen zur Gewährleistung von Zugänglichkeit vor, die auf den Einzelfall hin zugeschnitten sein müssen. Reine Verweise auf Standardlösungen reichen demnach nicht aus.
Ebenso erhielt ich bisher keine Antwort des Gerichts, ob es eine Nebenklage gibt und ob diese auf irgendwelche Weise Einblick in intime Unterlagen erhalten könnte und diese möglicherweise für weitere Stalkinghandlungen mißbrauchen würde. […] Aus diesem Grund gehe ich nun in Zweifel davon aus, daß diese Gefahr in diesem Verfahren ebenfalls besteht. Und ich verbitte mir sehr deutlich diesen Umstand und die Konsequenzen daraus zu meinem rechtlichen Nachteil auszulegen. Dies wäre unzumutbar, da mir ein Selbstschutzinteresse auch in diesem Verfahren zusteht.
Die Art und Weise, wie das Gericht mit der Sache umgeht und versucht unter der bestehenden Drohung mit einer absurd hohen Geldstrafe […] in fragwürdiger und nicht nachvollziehbarer Weise irgendwelche Einwilligungen die seine innerste Intimsphäre berühren abzupressen zu versuchen ist in höchstem Maße bedrohlich und auch gemeinwohlschädlich, wenn so z.B. behindertenrechtsfeindlichen Angehörigen zugestanden wird mit Hilfe von vermutlich verfälschten oder falsch eingeordneten Beweisen durch Verfahrensbarrieren und Behindertendiskriminierung sich an wegen solcher Benachteiligungen durch Gerichte praktisch rechtlos gestellten dafür zu rächen, daß sie Versuche der Entrechtung […] effektiv vereitelten.“
Mitte Mai 2018: Das Amtsgericht hat in einer Verfügung einen darin namentlich genannten Pflichtverteidiger bestellt.
Mitte Mai 2018: Der angeklagte Autist nimmt zunächst ohne weiteres inhaltliches Eingehen per Email Kontakt zum genannten Anwalt auf.
Später am selben Tag erreicht ihn ein per Post zugestellter Papierbrief ebendieses Anwalts. Darin teilt dieser Anwalt mit, er habe Akteneinsicht erhalten. Der nächste Satz läßt am tatsächlichen Aktenstudium bereits masssivste Zweifel aufkommen: „Um die weitere Verfahrensweise besprechen zu können, bitte ich um telefonische Vereinbarung eines Gesprächstermins.“
Wiederum einige Stunden später am selben Tag geht eine Antwort auf die Email ein: Der gerichtlich bestellte Anwalt kommuniziere nicht „über den Hinweis auf unsere telefonische Erreichbarkeit und der Bitte, einen Gesprächstermin zu vereinbaren“ hinaus mit „Personen“ die nicht eine Datenschutzerklärung seiner Kanzlei unterschrieben hätten, welche vor Beginn des Erstgesprächs in der Kanzlei ausgehändigt werde.
Ende Mai 2018: Der Angeklagte teilt dem Amtsgericht mit, daß der bestellte Pflichtverteidiger wie bereits zuvor befürchtet ungeachtet seiner Angabe die Akte angesehen zu haben offenbar nicht bereit zu barrierefreier Kommunikation ist. Ebenso wird dem Gericht mitgeteilt, daß der Anwalt dem Angeklagten bisher auch keine Inhalte der Akte zugänglich gemacht hat. Es wird nochmals barrierefreie Akteneinsicht beantragt und darauf hingewiesen, daß die Sache nicht entscheidungsreif werden dürfte, solange nicht bekannt ist, wwas dem Angeklagten eigentlich vorgeworfen werde.
Anfang Juni 2018: Der bestellte Pflichtverteidiger regt gegenüber dem Amtsgericht eine „Umverpflichtung“ an, da der Angeklagte eventuell nur auf Grund eines Mißverständnisses nicht selbst einen Anwalt wählte. Das nicht mit ihm abgesprochene Schreiben geht dem Angeklagten in Kopie zur Kenntnisnahme zu.
Anfang Juni 2018: Das Gericht teilt dem Angeklagten mit, es wäre mit einer Umverpflichtung einverstanden, benennt jedoch auch korrekt die Ausgangslage, daß der Angeklagte nach seinen Angaben keinen zu entsprechender Kommunikation bereiten Anwalt im Gerichtsbezirk kenne. Auf die schon früher zur Materie „Pflichtverteidigung“ gestellten Fragen des Angeklagten, geht das Gericht auch in diesem Schreiben nicht ein.
Einige Tage später: Der bestellte Pflichtverteidiger teilt in einem neuerlichen Schreiben per Briefpost mit, er habe dem Schreiben des Angeklagten ans Gericht entnommen, daß er das ihm in Kopie zur Kenntnis gegebene Schreiben des Pflichtverteidigers ans Amtsgericht erhalten habe. (Tatsächlich wurde dieser leicht erkennbar laut Datumsangabe in seinem Brief vier Tage nach dem Schreiben des Angeklagten ans Gericht verfasst.) Der Pflichtverteidiger erwägt in seinem Schreiben, der Sinngehalt seines Schreibens ans Gericht sei eventuell nicht vollständig erfasst worden „nachdem Sie scheinbar nicht willens sind, hier einen Termin zur Aktenbesprechung zu vereinbaren“. „Sollten Sie unwillig oder unfähig sein, zu reden, hätte ich auch damit kein Problem, da ich Ihnen den Akteninhalt und den Vorschlag einer Verteidigungsstrategie durchaus auch am zweiten, dem Mandanten zugewandten, Bildschirm erläutern kann, ohne daß es Ihrer Stellungnahme bedürfte.“ „gehe davon aus, dass Sie […] – entweder einen anderen Pflichtverteidiger gegenüber dem AG benennen oder – hier einen Termin vereinbart haben. Seien Sie versichert, dass ich mir von Mandanten nicht auf der Nase herumtanzen oder zulasse, dass diese Unwahrheiten über das Mandatsverhältnis verbreiten.“
Wiedergabe Schreiben des Angeklagten von Mitte Juni 2018 ans Gericht:
„Mir ist weiterhin kein Anwalt im Gerichtsbezirk bekannt, der zu den erforderlichen Rahmenbedingungen bereit wäre, die Sie auch in Ihrem oben genannten Schreiben nocheinmal wiedergegeben hatten.
Sofern das Schreiben des Gerichts so zu verstehen ist, daß es (nach Ablauf einer Frist) einen Anwalt beiordnen möchte, der nach aktuellem Stand ebenfalls nicht bereit ist diese zu gewährleisten, so weise ich darauf hin, daß dies eine unzulässige Maßnahme sein dürfte, die das bekannte zugrundeliegende Problem auch nicht behebt. Dieser aktuelle Stand berücksichtigt […].
Was diesen aktuell zugewiesenen Anwalt betrifft habe ich bisher verzichtet genauer zu veranschaulichen, inwiefern ich zu meiner Einschätzung gelangt bin, da ich dazu auf Anwalt-Klient-Kommunikation inhaltlich Bezug nehmen müßte. Sofern das Gericht der Auffassung wäre, daß dies keine sozusagen von mir her schuldhafte Zerrüttung des Verhältnisses bedeuten würde, kann ich dies gerne nachholen.
Möglicherweise gibt es keinen Anwalt im Gerichtsbezirk, der dazu bereit wäre. Diesen Umstand kann das Gericht nicht einfach ausblenden.
Wie bereits hinreichend bekannt, wäre das Problem jedoch behebbar, wenn das Gericht endlich von seiner soweit zu erkennen rechtswidrigen Auffassung Abstand nimmt und mir eine Kopie der Akte zusenden würde oder wahlweise den bestellten Anwalt dazu bewegt dies zu tun (auch das war bisher nicht der Fall). Bisher habe ich daher weiterhin keine entsprechende Kenntnis dazu, was mir genau vorgeworfen wird. Auch hierzu verweise ich auf wohl hinreichend klare zurückliegende Schreiben.
Zudem weise ich darauf hin, daß das Gericht mir diverse Fragen z.B. zum Thema Pflichtverteidigung bisher nicht beantwortet hat.“
Anfang Juli 2018: Das Amtsgericht stellt per Beschluß das Verfahren auf Kosten des Staates ein.
Wie dieses Verfahren wohl ohne Einstellung weitergegangen wäre? Wir mögen es uns lieber nicht vorstellen. Nur zu gut können wir uns jedoch vorstellen, wie es vielen Autisten in so einer Situation ergehen dürfte, die keinen verlässlichen Beistand der ESH haben (und sich selbst entsprechend konstruktiv gegenüber den Aktiven der ESH verhalten).
Darüber hinaus stellt sich auch die Frage, ob ein Recht auf ein starr so verstandenes „rechtsstaatliches Verfahren“ nicht eher das Recht eines Klägers sein sollte, hingegen das Recht auf Barrierefreiheit ein Recht auch gegenüber der Justiz und dem Staat, der in diesem konkreten Verfahren sozusagen auch Prozeßgegner war.
Der heutige deutsche Unmittelbarkeitsgrundsatz steht in Beziehung zum ebenfalls auf Autisten schon seit langer Zeit negativ diskriminierend wirkenden, historisch gesehen so keinesweg selbstverständlichen Prinzip der Mündlichkeit in Gerichtsverfahren.
„Im deutschen Recht ist das Unmittelbarkeitsprinzip für den Zivilprozess in den § 128, § 309 und § 355 ZPO, für den Verwaltungsprozess in den § 96 und § 101 VwGO und für die Strafprozesse in den § 244, § 250 und § 261 StPO kodifiziert.
Der Grundsatz gilt für gerichtliche Verhandlungen und bedeutet, dass die Verhandlung in unmittelbarem, direktem Kontakt des Gerichtes zu den Prozessparteien und Prozessbeteiligten (Mündlichkeitsgrundsatz) an einem vom Gericht bestimmten Ort (dies muss nicht der Sitz des Gerichtes sein) oder mit Hilfe eines durch technische Hilfsmittel vermittelten unmittelbaren visuellen Kontakts (Zuschaltung zu einer elektronischen Konferenz) erfolgt. Eine bloß fernmündliche Verhandlung (Telefonkonferenz) ist nicht ausreichend.“ https://de.wikipedia.org/wiki/Unmittelbarkeitsprinzip
„Während im preußischen Aktenprozess der Schriftlichkeitsgrundsatz herrschte und nur Schriftliches zur Urteilsfindung berücksichtigt werden durfte (quod non legitur, non creditur beziehungsweise quod non est in actis, non est in mundo), wurde unter dem Einfluss des napoleonischen Code de procédure civile von 1806 mit Inkrafttreten der Reichsjustizgesetze 1879 die Gerichtsverhandlung in mündlicher Form, also durch den mündlichen Vortrag der Beteiligten vor dem erkennenden Gericht, eingeführt. 1924 wurde im Rahmen der sog. Emminger-Novellen die Bezugnahme auf Anträge und Schriftsätze möglich.
Die meisten Verfahrensordnungen schreiben den Mündlichkeitsgrundsatz ausdrücklich vor, so etwa § 128 Abs. 1 ZPO, § 33 Abs. 1 StPO oder § 101 Abs. 1 VwGO. Dies entspricht der Vorgabe des Art. 6 Abs. 1 EMRK.“ http:// https://de.wikipedia.org/wiki/Mündlichkeitsgrundsatz
An dieser Stelle sollte auch darauf hingewiesen werden, daß die Formulierung „Sein Begehren, die mündliche Verhandlung barrierefrei so durchzuführen“ in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht falsch ist, jedoch zugleich ziemlich mißverstanden werden kann.
Der autistische Kläger hatte im vorliegenden Verfahren einen solchen konstruktiven Vorschlag gemacht und dargelegt, wieso die Vorstellungen des Landessozialgerichts zur Barrierefreiheit der mündlichen Verhandlung nicht geeignet waren. Er hatte das jedoch ausdrücklich ergebnisoffen getan und das Gericht zu einer weiteren Auseinandersetzung über die Ausgestaltung aufgefordert. Das Gericht kam dem jedoch nicht in entsprechender Weise nach und legte sich darauf fest auf nicht barrierefreie Art zu verhandeln, insbesondere zu verlangen, daß der Kläger im Rahmen einer Teilnahme an der mündlichen Verhandlung in den Gerichtssaal kommen soll.
Ergänzend sei hier noch aus einem klägerischen Schriftsatz zitiert:
„Autisten können z.B. von unerwarteten Situationen (auch wenn das für Nichtautisten sachlich nicht nachvollziehbar wäre) so überfordert sein, daß es ihnen nicht möglich ist zeitnah darüber nachzudenken, bevor die innere Ordnung ersteinmal wieder grundlegender wiederhergestellt wurde. Somit sind Autisten manchmal oder in so einer Gerichtssituation auch ziemlich oft unfähig sich einzubringen, wenn die Situation nur in einem eng begrenzten Terminzeitraum behandelt würde, statt zeitentzerrt über einen angemessenen Zeitraum je nach Sachverhalt von wohl mindestens zwei Wochen.
Ein Beispiel das diese Thematik berührt:
„Dana
Not having enough time to process information can feel very confusing for an autistic person. In my case, I’ve always compared it to a computer crashing.
That’s what it can feel like when I don’t get the time to process all the information given to me! But, when I have all the appropriate things in place to help me process that information, my mind can understand everything. It helps me to have all the information given in a step-by-step fashion, whilst still being full of details I can easily understand!
However, there are some days where I don’t get this extra time to process information and this can affect me a lot, physically and mentally. While I’ve had a fair share of understanding, I’ve also had a fair share of ignorance. When people haven’t given me enough time to process information, it can lead to me feeling anxious as well as confused due to not understanding what’s going on and, in the worse-case scenario, I can have a meltdown.“ http://www.autism.org.uk/get-involved/tmi/stories/processing.aspx
„In less extreme cases, to process something takes seconds or minutes. Sometimes it takes days, weeks or months. In the most extreme cases, it can take years to process what has been said. The words, phrases, sentences, sometimes the whole situations are stored and they can be triggered at any time. You must be a detective to connect the child’s ‘announcement’ with the question he/she was asked a week before.“ http://integratedtreatmentservices.co.uk/blog/delayed-processing-in-autism
[…]
„The world can be an unpredictable, confusing place for autistic people, and that makes a set routine crucial for getting by. So when something unexpected still happens, it can feel like the whole world is spinning out of control.“ http://www.autism.org.uk/get-involved/tmi/top-tips.aspx
„An autistic person’s ability to understand or use spoken language can vary depending on their anxiety or stress levels. For example, someone who is normally able to communicate well may have reduced ability due to underlying anxiety or sensory needs.“ http://www.autism.org.uk/about/communication/communicating.aspx
„Individuals with ASD may take a long time to digest information before answering, so do not move on to another question too quickly. […] Do not expect an immediate response to questions or instructions, as the person with ASD may need time to process them.“ http://www.autismwestmidlands.org.uk/upload/pdf_files/1406643451_InformationSheets_CJS_Web.pdf“
Das ist bei einer solchen Thematik auch bei rein schriftlicher Kommunikation möglich, weswegen Zeitentzerrtheit ein Faktor der Forderung nach erforderlicher Barrierefreiheit war. Diese würde auch den anderen Prozessbeteiligten ermöglichen zu antworten, wenn sie gerade keine anderen Verpflichtungen wahrnehmen.
Neben den Fragen, die sich unmittelbar aus den veröffentlichten Gründen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts selbst ergeben, wirft die Entscheidung auch gewichtige Fragen auf, die nur in Kenntnis vorangegangener Instanzeninhalte erkennbar werden. Dieser Artikel will zu solchen Fragen einen allgemeinen Überblick bieten ohne intensiv und umfassend zu analysieren. Er bietet so gesehen einen zweiten groben Einblick in ein Verfahren mit vielen großen Fragezeichen, das in erschreckend weiten Teilen von uns auch nur schwer als rechtsstaatlich korrekt verhandelt eingeordnet werden kann. Hierbei handelt es sich zunächst offenbleibend um einen „ersten Teil“ dieser Thematik. Nutzt gerne die Kommentarfunktion dieses Artikels, um eure Gedanken mit uns zu diskutieren.
1.
Ein wesentlicher Punkt der Entscheidung ist der Verweis auf die Möglichkeit einen Bevollmächtigten zu beauftragen. Was das Bundesverfassungsgericht in seinen Gründen nicht erwähnt: In den Vorinstanzen war unter anderem auch seitenlang thematisiert worden, daß es für den Kläger sehr schwierig bis unmöglich ist einen Anwalt zu finden, der seinerseits bereit ist mit ihm in angemessener Weise und angemessenem Umfang barrierefrei zu kommunizieren. Zur Zeit der fraglichen mündlichen Verhandlung war er nicht anwaltlich vertreten. Gegenüber dem Bundessozialgericht wurden vielfache Absagen von Anwälten beispielhaft umfassend dokumentiert.
Was sagt das über die Entscheidung aus? Hat das Bundesverfassungsgericht die bei ihm eingereichten Unterlagen sorgfältig geprüft? Wenn wir davon ausgehen wollen: Verweist das Bundesverfassungsgericht also einen Autisten auf eine Möglichkeit, die er tatsächlich dargelegterweise gar nicht hat? Fragen über Fragen. Entscheidungen aller Instanzen waren auch zuvor davon gekennzeichnet, daß Gerichte in ihren Entscheidungen derartig zweifelhafte Überlegungen anstellten meist ohne diese vorher mit dem Kläger zu „besprechen“, ohne ihm Gelegenheit zu geben diese Überlegungen sachlich zu kommentieren, auf eventuell vorhandene Schwächen hinzuweisen. Soetwas würde sonst wohl oft in einer mündlichen Verhandlung möglich sein.
Wie kann in so einer Entscheidung also die in diesem Fall sehr naheliegende Möglichkeit vernachlässigt werden, daß ein Autist keine Person kennt, die sie als Vertretung beauftragen könnte? Geschweige denn eine Person, der sie wenigstens ansatzweise zutraut so einer Aufgabe in gewünschter Weise und zuverlässig nachzukommen? Welcher Nichtautist versteht Autismus so gut wie Autisten, die vergleichbare Barrieren aus ihrem Alltag kennen? In diesem Verfahren ging es auch noch direkt inhaltlich um genau dieses Thema. Welcher Nichtautist nimmt Autisten menschlich wirklich ernst? Nur wenige wirklich. Und was macht es mit den wenigen vielleicht vorhandenen Bekanntschaften, wenn diese Kontakte in solche Probleme hineingezogen werden? Wenn es Probleme gibt verschwinden die meisten Menschen. Soll ein Behinderte sich entscheiden müssen, ob er wenige vorhandene soziale Kontakte auch noch riskiert, um vielleicht seine Rechte gegen verbreitet vorkommende Widerstände, Entrechtungen im Alltag durchsetzen zu können? Reicht es dem Bundesverfassungsgericht die rein theoretische Möglichkeit als eine Art von Fiktion vorauszusetzen? Ganz davon abgesehen, daß inzwischen sonst eigentlich allgemein anerkannt wird, daß es sehr problematisch ist Behinderte darauf zu verweisen, sich von anderen Personen vertreten zu lassen? Daß das z.B. riesige Abhängigkeitsproblematiken mit sich bringt, Mißbrauch – und in diesem Fall erheblich verminderte Möglichkeiten des Zugangs zur Justiz an sich?
2.
Ebenfalls ein zentraler Punkt der Entscheidung dürfte die Frage der „Unmittelbarkeit“ sein. Weder Blinde noch Gehörlose stehen vor einer Zugangsproblematik ähnlich der im vorliegenden Verfahren. Blinde können in einer mündlichen Verhandlung normal reden. Sie benötigen barrierefreie Zuarbeit, sind aber von der Situation im Gerichtssaal nicht an sich überfordert. Gehörlose sollten z.B. mit einem „Übersetzer“ in ähnlicher Weise klarkommen. Für manche Autisten ist die Situation im Gerichtssaal jedoch selbst erheblich barrierehaltig. Im vorliegenden Fall wurde diese Ausgangslage sinnentsprechend auch vom Gutachter bestätigt, den das Landessozialgericht selbst beauftragt hatte:
„Aufgrund der Funktionsstörungen, die sich im Rahmen der Autismusspektrumsstörung ergeben ist der Proband auch ständig an der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen gehindert. Menschenansammlungen bedeuten für den Probanden eine massive Stressituation, er entwickelt dann eine Denkhemmung.“
Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurde an diesen Umstand auch wiederholt weiter erläuternd erinnert. Übersehen worden sollte diese Tatsache daher eher nicht sein.
Es stellt sich also an dieser Stelle ganz allgemein die Frage, ob ein Staat das Recht haben soll alternativlos auf Verfahrensgewohnheiten zu bestehen, die für eine durch Strukturen allgemeiner Behindertenverbände noch immer marginalisierten Gruppe Behinderter schlichtweg unzugänglich sind.
In seiner Entscheidung konstruiert das Bundesverfassungsgericht einen vermeintlich riesigen Aufwand, den es für ein Gericht angeblich bedeuten würde in einem anderen Zeittakt zu verhandeln als sonst üblich. Oder geht es vielleicht auch um Bedenken der Kontaktaufnahme mit diesem sagenumwobenen „Neuland“, das es irgendwo da draußen ja geben soll und das inzwischen Milliarden von Menschen seltsamerweise auch regelmäßig zur Kommunikation mit Privatkontakten benutzen?
Selbst wenn man annehmen würde abgesehen von Gewohnheit würde hier noch ein anderes Kritierium eine bedeutende Rolle spielen: Die Zahl der Verfahren, die ein Gericht in dieser Weise führen müßte, wäre vermutlich recht überschaubar.
Wozu also eine solch intensive Einschränkung des unmittelbaren Zugangs zur deutschen Justiz? Wie kann sie unter diesen Umständen auch nur ansatzweise als angemessen betrachtet werden? Was ist das für eine Abwägung? Kann es angehen, daß formale Prinzipien des GG gegen Barrierefreiheit aufgewogen werden? Ein formales Kriterium sticht Menschenrecht aus?
Frisch aus der Druckpresse: BvR 957/18 vom 27.11.2018 (wurde erst diese Woche zugestellt). Wir haben uns in diesem Fall entschieden zunächst hier nur den Inhalt der fragwürdigen Entscheidung zu veröffentlichen und die Einordnung dieses auch formal sehr komplex gewordenen Verfahrens später gesondert vorzunehmen. Macht euch ruhig ersteinmal eure eigenen Gedanken dazu.
Update vom 11.11.2022:
Gegen diese aus unserer Sicht in der Sache deutlich verfehlte Entscheidung des BVerfG wurde ein Verfahren beim UN-CRPD-Ausschuß eingereicht, das Verfahren wurde auch zur Entscheidung angenommen. Aufgrund von Arbeitsüberlastung des CRPD-Ausschußes dauern solche Verfahren derzeit aber leider in der Regel Jahre.
Bemerkenswert ist an dieser Stelle soweit, daß im schriftlichen Vorverfahren vor dem UN-CRPD-Ausschuß die Bundesrepublik Deutschland (ja, so steht es dort) gegenüber dem Ausschuß in einem Schriftsatz angab: „The arrangement requested by the petitioner – consisting of oral proceedings with the judges and the defendant’s representatives physically present in a court room while the petitioner would not be physically present and instead would take part in an online chat arrangement over an extended period of time – does not give the petitioner any advantage over written proceedings.“ Es ist für uns unerklärlich, wie Deutschland zum BVerfG-Verfahren soetwas behaupten kann. Im Verfahren wurde nie gefordert, die Richter etc. sollten während der zeitentzerrten fernschriftlichen Kommunikation körperlich quasi wochenlang im Gerichtssaal campieren. Wir sehen nicht, wie aus der Akte soetwas gefolgert werden könnte. Es ging um eine barrierefreie fernschriftlich-zeitentzerrte Art von Verhandlungsführung, bei der die Chance für flüssigere Kommunikationabläufe bestanden hätte. Und im fraglichen Verfahren mangelte es an diesem Element, weswegen viele Inhalte bei Urteilsverkündung eigentlich von klägerischer Seite noch nicht ausreichend besprochen worden waren, wie dem Gericht im Verfahren auch mitgeteilt worden war. Mögliche Erklärungsansätze für die oben zitierte Schriftsatzpassage: 1. Der dem BVerfG seinerzeit zuarbeitende Richter hatte die Verfassungsbeschwerde samt Akte gar nicht richtig gelesen und sich Dinge zusammengereimt, die im Verfahren so nicht vorkamen oder gefordert worden waren und das wurde dann inoffiziell weitergetragen. 2. Der Vertreter Deutschlands tat alleine etwas in der Art oder versuchte bewußt den CRPD-Ausschuß über dem Verfahren wirklich zugrundeliegende Fragen irrezuführen.
Personen, die aus irgendwelchen Gründen nicht direkt bei der ESH nachfragen, verbreiten leider die Ansicht, die frühere BSG-Entscheidung sei vom BVerfG sinngemäß aufgehoben worden. Das ist klar falsch, denn in dieser BVerfG-Sache ging es lediglich um das Recht auf Barrierefreiheit von Autisten in deutschen Gerichtsverfahren. Die BSG-Entscheidung zum Recht von Autisten auf Barrierefreiheit bei Begutachtungen gilt weiter und ist z.B. für alle Verwaltungsverfahren in Deutschland sinngemäß auch unverändert maßgeblich, denn wenn im Rahmen einer Begutachtung ein solcher Anspruch besteht, dann erst recht in Verwaltungsverfahren und gegenüber Sachbearbeitern deutscher Behörden. Update Ende.
„Gründe:
[…]
1. Das Benachteiligungsverbot des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG erschöpft sich nicht in der Anordnung, Menschen mit und ohne Behinderung rechtlich gleich zu behandeln. Vielmehr kann eine Benachteiligung auch vorliegen, wenn die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung im Vergleich zu derjenigen nicht behinderter Menschen durch gesetzliche Regelungen verschlechtert wird, die ihnen Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten vorenthalten, welche anderen offenstehen (vgl. BVerfGE 96, 288 <302 f.>; 99, 341 <357>; 128, 138 <156>).
Bei der Anwendung und Auslegung von verfahrensrechtlichen Vorschriften müssen die Gerichte danach der spezifischen Situation einer Partei mit Behinderung so Rechnung tragen, dass deren Teilhabemöglichkeit der einer nichtbehinderten Partei gleichberechtigt ist (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober 2014 – 1 BvR 856/13 -, juris, Rn. 6). Entsprechende Vorgaben enthält auch Art. 13 Abs. 1 der UN-Behindertenrechtskonvention (United Nations Treaty Service, vol. 2515, p. 3), die in Deutschland Gesetzeskraft hat (Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie zu dem Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 21. Dezember 2008, BGBl II S. 1419) und als Auslegungshilfe für die Bestimmung von Inhalt und Reichweite der Grundrechte herangezogen werden kann (vgl. BVerfGE 111, 307 <317 f.>, 128, 282 <306>).
2. Es begegnet nach diesen Maßstäben gleichwohl keinen Bedenken, dass das Landessozialgericht die Gestaltung der mündlichen Verhandlung nach den Vorstellungen des unter […] Autismus […] leidenden Beschwerdeführers abgelehnt hat. Sein Begehren, die mündliche Verhandlung barrierefrei so durchzuführen, dass er – ähnlich den Abläufen in einem Online-Forum – über längeren Zeitraum mittels Computer von zuhause aus kommunizieren kann, wird von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nicht getragen.
Es kann offenbleiben, ob der Vortrag des Beschwerdeführers betreffend die Folgen seiner Erkrankung in medizinischer Hinsicht tatsächlich zutrifft. Denn es steht ihm jedenfalls offen, sich im fachgerichtlichen Verfahren durch einen Bevollmächtigten vertreten zu lassen (§ 73 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG) beziehungsweise sich in der mündlichen Verhandlung eines Beistands zu bedienen (§ 73 Abs. 7 SGG). Eine Partei anstelle einer unmittelbaren Teilhabe am Verfahren auf eine Vermittlung durch Dritte zu verweisen, kann im Einzelfall den Anforderungen des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG genügen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 10. Oktober 2014 – 1 BvR 856/13 -, juris Rn. 7). So liegt es hier.
Zwar besteht grundsätzlich ein berechtigtes Interesse eines Verfahrensbeteiligten, an der mündlichen Verhandlung teilnehmen und ihr folgen zu können, selbst wenn dies mit einem besonderen organisatorischen Aufwand verbunden ist (vgl. für Personen mit Hör- oder Sprachbehinderung § 186 Gerichtsverfassungsgesetz – GVG – sowie für blinde oder sehbehinderte Personen § 191a GVG). Daneben haben Gerichte das Verfahren stets nach pflichtgemäßem Ermessen unter Beachtung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG so zu führen, dass den gesundheitlichen Belangen der Verfahrensbeteiligten Rechnung getragen wird (vgl. Roller, SGb 2016, S. 17 <21 f.>).
Diese Verpflichtung besteht aber nicht uneingeschränkt und umfasst nicht in jedem Fall den Anspruch der Verfahrensbeteiligten, dass die mündliche Verhandlung nach ihren Vorstellungen ausgestaltet wird. Ein rechtsstaatliches Verfahren verlangt grundsätzlich eine durch die mündliche Verhandlung geschaffene Transparenz und die Wahrung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes. Auch müssen die personellen Ressourcen der Justiz so eingesetzt werden, dass möglichst viele Verfahren einerseits zeitsparend, andererseits in einem rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden Rahmen behandelt und entschieden werden. Hierbei kommt der Konzentrationsmaxime (vgl. § 106 Abs. 2 SGG) mit Blick auf die Verpflichtung des Staates, allen Rechtsschutzsuchenden in angemessener Zeit Rechtsschutz zu gewähren (Art. 19 Abs. 4 GG), ein besonderer Stellenwert zu. Die Ausgestaltung der mündlichen Verhandlung, wie sie vom Beschwerdeführer begehrt wird, setzte sich zu diesen ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestatteten Strukturprinzipien in Widerspruch.
Durch die Bestellung eines Bevollmächtigten beziehungsweise eines Beistands hätten im Ausgangsfall sowohl die Rechte des Beschwerdeführers als auch die dargestellten Prinzipien gewahrt werden und in einen schonenden Ausgleich gebracht werden können. Die mündliche Verhandlung kann durch einen Bevollmächtigten beziehungsweise Beistand gemeinsam mit dem Beschwerdeführer so vorbereitet werden, dass auf dessen gesundheitliche Beeinträchtigungen Rücksicht genommen werden wird und die Wahrnehmung seiner Rechte sowie die Berücksichtigung seines Vortrags gewährleistet ist. Das gilt umso mehr, als das Landessozialgericht dem Beschwerdeführer angeboten hat, ihm den der mündlichen Verhandlung zugrundeliegenden Sachbericht schriftlich vorab zu übersenden. Wäre es trotz dieser Verfahrensgestaltung zu einer Verhandlungssituation gekommen, die eine Stellungnahme des Beschwerdeführers unmittelbar erforderlich macht, hätte die mündliche Verhandlung vorübergehend unterbrochen und erforderlichenfalls vertagt werden können.“
Im Auftrag des Bundessozialministeriums wurde für den 22.1.2015 eine Veranstaltung organisiert, zu der auch wir eingeladen wurden. Daraufhin teilten wir der Organisation mit, daß und warum Vor-Ort-Veranstaltungen für uns nicht barrierefrei zugänglich sind. Also wurde in diesem Fall ein Onlineforum eingerichtet, damit ein Dialog mit uns im Rahmen des „Dialogforums „Mobilität und Engagement““ möglich wäre. Trotz Einladung an alle Teilnehmer der Veranstaltung nahm außer der ESH an diesem Onlineforum niemand teil – abgesehen von Auticare (erster Beitrag nach dem Veranstaltungsdatum). Somit war wahrscheinlich aufgrund dieser Ausgrenzung auch kaum möglich zu wissen, worum genau es auf der Veranstaltung ging und welchen Verlauf die Diskussionen nahmen.
Nach einigem Überlegen sind wir der Ansicht, daß der aktuelle Vorfall so schwerwiegend ist, daß er hier genauer dargestellt werden muß (nebenbei ist auch der dort von Auticare praktizierte Kommunikationsstil eine genauere Betrachtung wert, da die autistische Interessenvertretung schon immer mit „sich auffällig nichtautistisch verhaltenden Autisten“ zu tun hat, die sich ständig beleidigt fühlen, etc., siehe hierzu auch den Versuch einer Differenzierung von vier Autistentypen). In der Folge wird der komplette Verlauf von ESH und Auticare-Beiträgen im Onlineforum dieser quasi öffentlichen Veranstaltung domumentiert:
Dialogforum Eingangsbeitrag:
Für das erste Dialogforum „Mobilität und Engagement“ schlagen wir die unten stehenden Diskussionspunkte vor. Alle Stichworte sind nur Beispiele für mögliche Diskussionsthemen. Die Themen können beliebig erweitert oder verworfen werden. Uns kommt es darauf an, die Debatte möglichst realistisch abzubilden.Wir freuen uns auf Ihre Beiträge!
Für das Oberthema Mobilität und Engagement schlagen wir folgende Diskussionspunkte vor:
Zugänge zum Engagement schaffen
(Stichworte: gesellschaftliche Mobilität und Teilhabe durch Ehrenamt und Engagement erhöhen, Engagementbegleitung für Menschen mit Behinderung und psychischer Beeinträchtigung, Abbau von Hürden in Kommunen, Verbänden und Organisationen, Qualifikation in der Engagementberatung, Freiwilligenmanagement in Organisationen)
Mobilität am Wohnort und im öffentlichen Raum
(Stichworte: Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude, Straßen, Wege und Plätze, Barrierefreiheit im öffentlichen Personenverkehr, KfZ-Hilfe, Finanzierung von Assistenzleistungen außerhalb des Arbeitslebens, moderne Technologien und digitale Lösungen als Mobilitätshilfen für hör-, seh- und sprachbehinderte Menschen, barrierefreies Internet, Projekte zur Verbesserung der Mobilität von Menschen mit Behinderung und psychischer Beeinträchtigung)
Barrierefreie Kommunikation
(Stichworte: Einsatz von Leichter Sprache und Deutscher Gebärdensprache, technische Kommunikationshilfen für hör-, seh- und sprachbehinderte Menschen, psychische und andere Barrieren)
ESH (deutlich vor dem Veranstaltungsdatum):
Zitat:
gesellschaftliche Mobilität erhöhen
Was das im Zusammenhang mit Engagement meint, ist mir glaube ich nicht klar. Bildung als begünstigende Voraussetzung für gesellschaftlich und politisch gestaltendes Engagement?
Zitat:
Teilhabe durch Ehrenamt und Engagement erhöhen
In Bereich der Autisten ist die Ausgrenzung aus Entscheiderzirkeln ein deutliches Problem. Autisten stellen nach aktuellen Zahlen 1% der Bevölkerung dar, es ist aber völlig unklar wie Autisten z.B. ein Bundestagsmandat barrierefrei ausüben könnten, obwohl statistisch repräsentativ gesehen ungefähr ein halbes Dutzend Autisten vertreten sein müßten:http://autisten.enthinderung.de/barrieren_gremienarbeit
Zitat:
Engagementbegleitung für Menschen mit Behinderung und psychischer Beeinträchtigung
Da wir Autisten vertreten, ist es nicht meine Aufgabe dazu etwas beizutragen.
Zitat:
Abbau von Hürden in Kommunen, Verbänden und Organisationen
In Bezug auf Autisten sind es ersteinmal überall weitgehend dieselben Barrieren, durch die die ausgrenzende Gesellschaft separiert. Zuallererst Kommunikationsbarrieren. Ich sehe weniger Probleme gegenüber der Verwaltung, die sich an gewisse Regeln zu halten hat. Ganz schlimm sind z.B. auch Wohlfahrtsverbände und dergleichen, die angeben für Behinderte zu sprechen.
Zitat:
Qualifikation in der Engagementberatung, Freiwilligenmanagement in Organisationen
Was das angeht müssen Autisten Wege finden gemäß autistischer Kultur soetwas zu organisieren. Soetwas entwickelt sich im wesentlichen erst mit der massenhaften Verbreitung des Internets. Nichtautistische Gruppenstrukturen scheinen teilweise grob ungeeignet zu sein und wir müssen uns ersteinmal selbst davon befreien. Leider arbeiten dem noch praktisch alle kolonialisierenden Mächte mit sehr viel Mitteln entgegen.Es ist zu hoffen, daß dies vor einem jederzeit möglichen eugenischen Völkermord gegen Autisten gelingt, für den die juristischen Voraussetzungen bereits geschaffen sind.
Zitat:
Barrierefreiheit öffentlicher Gebäude, Straßen, Wege und Plätze
Nach gleichberechtigter barrierefreier Kommunikationsmöglichkeit und Einbeziehung in alle gesellschaftlichen Abläufe ist auch dieser Punkt einer, in welchem Verbesserungen möglich sind. Hier ist auch bessere Zusammenarbeit mit anderen behinderten Minderheiten erforderlich. Es kann nicht sein, daß Blindenvertreter aus Machtwahrungsdenken lieber Autisten nicht gleichberechtigt einbeziehen, wenn es darum geht Elektroautos mit künstlichen Geräuschen zu versehen.Da die Barrieren für Autisten nicht einfach zu verstehen sind, ist hier keine abschließende Erörterung angemessen, bis nicht tatsächlich eine relevante Diskussion zu diesem Punkt stattfindet. Wer es nachlesen will, findet dazu auf unserer derzeit lädierten Homepage genauere Informationen.
Zitat:
Einsatz von Leichter Sprache
Wir sehen die sogenannte Leichte Sprache eher kritisch in der heutigen Form. Die Worttrennungen z.B. sind künstlich geschaffene Hürden, die unnötig neue exklusierende Muster und Räume schaffen. Das könnte man alles besser machen.
ESH (kurz nach der Vor-Ort-Veranstaltung):
Zitat:
Zitat:
Engagementbegleitung für Menschen mit Behinderung und psychischer Beeinträchtigung
Da wir Autisten vertreten, ist es nicht meine Aufgabe dazu etwas beizutragen.
Da sich hier niemand sonst beteiligte (eine weitere Gelegenheit also ohne jede Kommunikation mit anderen Vertretern) noch eine Erklärung zu meinem Kommentar oben.Den Begriff „Menschen mit Behinderung“ betrachten wir als diskriminierend, weil er sprachlich nicht vereinbar mit dem sozialen Behinderungsmodell ist. Ebenso ist der Begriff „psychische Beeinträchtigung“ zumindest in Bezug auf Autisten nicht passend, da die Behinderung von Autisten darauf zurückgeht, daß wir anders veranlagt sind als die Bevölkerungsmehrheit und diese unsere Minderheitenbedürfnisse nicht berücksichtigt, indem wir aus Entscheiderkreisen exkludiert werden (sieht man hier ja auch wieder, es ist wichtig nicht nur Kommentare verfassen zu kommen, sondern Dialoge zu führen). Das ist keine Beeinträchtigung im Sinne einer Personeneigenschaft, wie es manchmal als Ersatz für das widerlegte medizinische Behinderungsmodell formuliert wird.
Autisten sind in dem Dialogforum ausdrücklich willkommen und wir waren für Auticare auch vor Ort. Dort war nichts zu spüren von abwertendem Verhalten. Alle Beteiligten (Behinderte – wie auch immer man das definiert, Organisationen und Vertreter der Politik) haben auf angenehme Weise auf Augenhöhe diskutiert. Von daher kann von Ausschluss keine Rede sein. Viele haben sogar ein außerordentliches Interesse am Thema Autismus gezeigt und es wurde vor allem auch in den Pausen ausführlich über das Thema gesprochen
ESH:
[X], wenn du diese Barrieren nicht so erlebst, dann ist das völlig in Ordnung. Aber wenn du nun so tust, als gäbe es für viele Autisten diese Barrieren bei Vor-Ort-Veranstaltungen nicht, dann ist das eine Selbstdisqualifikation von deiner Seite her, die viel weiteres Leid für Autisten nach sich zieht, die in dem Punkt anders sind als du. Du stehst in der Verantwortung das jederzeit auch klarzustellen, wenn du auf solche Veranstaltungen gehst, statt hier das ganze Gegenteil zu tun und den Anschein zu erwecken als gäbe es diese Barrieren für Autisten gar nicht.Bitte distanziere dich deutlich von dieser diskriminierenden Einstellung!
Auticare:
Erstens weiß ich nicht, warum du immer und überall wo du auftauchst die Menschen angreifen musst. Damit ist ein konstruktives Gespräch nicht möglich und du disqualifizierst dich als Gesprächspartner. Zweitens habe ich mit keinem Wort geschrieben, dass alles in Ordnung ist. Ich habe lediglich klargestellt dass auch nicht alles nur negativ ist, wie du es immer und überall verbreiten willst. Die Welt ist nun einmal nicht schwarz und weiß. Es gibt auch Grautöne. Als hör bitte auf mich sofort wieder anzugreifen und zu beleidigen. Unterlass bitte deine unqualifizierten Unterstellungen.
ESH:
Du schriebst da oben etwas von Willkommensein und davon, daß von Ausschluß keine Rede sein könne, obwohl wie du hier lesen kannst und vermutlich auch wissen dürftest wieder einmal deutlich wird, wie Autisten von solchen Veranstaltungen ausgegrenzt werden, für die diese Barrieren entsprechend hoch sind. Das ist wie ein Schlag in mein Gesicht und du solltest dich schämen in dem Gestus hier aufzutreten, aber das ist offensichtlich zu viel verlangt.Es ist die reine Heuchelei sich nach so einem Aussetzer von dir her auch noch darüber zu mockieren, daß ganz klar benannt wird, das das so nicht geht.
Auticare:
Wenn wir ausgegrenzt worden wären, hätte man uns wohl kaum aktiv zu der Veranstaltung eingeladen. Ich weiß nicht woher du den Habitus hast, immer und überall auf alle (verbal) einprügeln zu müssen. Weißt du eigentlich, was du damit für einen Schaden anrichtest? Niemand nimmt dich inzwischen mehr ernst, da eine sinnvolle Diskussion mit dir nicht möglich ist. Nur leider färbt das auch auf andere ab.Wo du hinkommst hinterlässt du verbrannte Erde, weil sich keiner mehr mit dir auseinandersetzen will und ich tue das jetzt auch nicht mehr. Es tut mir leid, egal wie sehr ich mich bemühe, aber ich kann deine verbalen Entgleisungen einfach nicht mehr ernst nehmen. Du kannst nicht auf der einen Seite permanent Toleranz einfordern und auf der anderen Seite nicht bereit sein, dies auch anderen zu gewähren. So funktioniert das Spiel nicht. Toleranz ist etwas das allen zusteht.Wir sind sogar im Vorfeld gefragt worden, was für Bedürfnisse wir haben und was wir benötigen um barrierefrei an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Du jedoch knüppelst hier auf einer Veranstaltung rum die du nicht beurteilen kannst, weil du nicht da warst. Wenn dir dein Ansatz so wichtig ist, warum warst du dann nicht da?
ESH:
Zitat:
Wenn wir ausgegrenzt worden wären, hätte man uns wohl kaum aktiv zu der Veranstaltung eingeladen.
So nach dem Motto „Rollstuhlfahrer wurden nicht ausgegrenzt, weil sie zu der Veranstaltung im 5. Stock im Haus ohne Fahrstuhl aktiv eingeladen wurden“?
Zitat:
Wenn dir dein Ansatz so wichtig ist, warum warst du dann nicht da?
Sprachlich geglätteter Mustertext, bewährt durch die Entscheidung BSG B9SB5/13B (Link zur ESH-Meldung):
Zitat:
Ärztliches Attest[Personendaten des Autisten]
Aufgrund der hier festgestellten Behinderung ist der Obengenannte als dauerhaft verhandlungsunfähig im Bezug auf mündliche Verhandlungen bei Gericht, in Behörden, etc. zu betrachten. Seine persönlichen Eigenschaften, die im Rahmen der Behinderung ausschlaggebend sind, sind auch nicht veränderbar und werden sein Leben lang bestehen bleiben. Bei dieser Art von Behinderung ist es allerdings möglich, Barrierefreiheit herzustellen, indem Befragungen auf fernschriftlichem Weg, z.B. Telefax, E-Mail, Brief, vorgenommen werden.
Aufgrund dieser Behinderung können die betreffenden Personen in bestimmten Situationen, wie sie eine mündliche Verhandlung vor Gericht darstellt, nicht in adäquater Weise ihre eigenen Interessen vertreten, sie können sich nicht in geeigneter Weise ausreichend Gehör verschaffen, da in dieser Art der Vortrag nicht möglich ist. Außerdem können solche Situationen aufgrund der Reizüberflutung zu Störungen in der Reizverarbeitung einschließlich psychischen Schmerzen führen.
Insbesondere das Eingehen durch erneutes Nachfragen, Umformulieren von Fragen, Pausen einschieben, führt häufig zu dem Gegenteil des Erwünschten. Solche Situationen sind insgesamt für derart Behinderte unzumutbar. Sollte die betreffende Person ausnahmsweise in ihrem eigenen Ermessen, einen solchen Termin aufgrund der eigenen Einschätzung ihrer aktuellen Verfasstheit und der sonstigen Faktoren der jeweiligen Situation freiwillig wahrnehmen wollen, darf dies nicht verallgemeinernd, als Widerlegung der hier enthaltenen Feststellung gewertet werden.
Abschließend ist zu sagen, daß diese allgemeinen Feststellungen lebenslang gelten werden.