Autismus - ohne wäre die Normalität gestört

 

 

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Informationsblatt- / Flugblattsammlung

Hinweis: Keine Flugblätter ohne vorherige Absprache in Briefkästen werfen, auf denen steht, daß keine Werbung eingeworfen werden darf. Damit bereitet ihr euch im Zweifel nur selbst Ärger, da das verboten ist. Das mal ganz davon abgesehen, daß eine breite ungezielte Streuung von Flugblättern in ihrem Sinn auch bezweifelt werden kann.

Der aktuellste Stand der Sammlung findet sich jeweils hier.

Flugblattdruckvorlagen, ganzseitig (auch als Mailanhang geeignet):

1: Wie leben Autisten heute?
3: Autisten dürfen nichts fordern?
4: Informationen über und zum Umgang mit Autismus für das Lehrpersonal
5: Einstiegsinformationsblatt für Eltern
6: Einstiegsinformationsblatt für Kindergartenerzieher
7: Warnung vor zeitgenössischen Therapiemodellen
8: Autismus – Die Frage der Nahrungsmittel
9: Onlinebeschulung an Regelschulen
10: Zur Notwendigkeit barrierefreier Kommunikation
11: Diskriminierungsfreie Begutachtung

Doppelseitenvorlagen:

1: Wie leben Autisten heute?
2: Sind Autisten krank?
3: Autisten dürfen nichts fordern?
18: Ist es Faszination Autist zu sein?

Schwangere als Behinderte einstufen – Minderheitendiskriminierung beenden

25.9.08: Manchmal muß man wohl ungewöhnliche Wege einschlagen um effektiv zu wirken. Das Begriffsverständnis von „Behinderung“ ist heute überwiegend pathologisch gefärbt. Dieses Verständnis ist jedoch an sich eine Diskriminierung und steht der Integration von „Behinderten“ schon von Seiten ganz grundlegender Denkmuster entgegen. Behindert – das sind irgendwelche Krüppel oder Bematschten. Behindert sind andere, Menschen die man in der Regel nicht kennt. Zumindest für einen großen Teil der Bevölkerung.

Deswegen sollte es sinnvoll sein Schwangere künftig als Behinderte einzustufen. Nicht aus Chauvinismus oder um Schwangerschaften zu pathologisieren (wer dies als Pathologisierung auffasst, der entlarvt ein eigenes chauvinistisches Behinderungsverständnis), sondern im Gegenteil um diskriminierende Willkür bei der Festlegung, ob etwas eine Behinderung ist oder nicht, abzuschaffen und den Behinderungsbegriff auch innerhalb der Bevölkerungsmehrheit langfristig zu entpathologisieren.

Maßnahmen, die mit Schwangerschaften zu tun hätten, würden somit künftig in Töpfe umstrukturiert, die unter dem Begriff der Behinderungsausgleiche bezeichnet werden. Dies müsste so vorgenommen werden, daß keine Frau die medizinische Leistungen wegen einer Schwangerschaft möchte, darum herumkommt sich selbst zur Erlangung der Maßnahmen als behindert zu bezeichnen, so wie es auch Autisten oder Eltern von Autisten zugemutet wird. Für die Bewilligung von Leistungen sollten ggf. dieselben Sachbearbeiter zuständig sein wie für jetzige „Behindertenmittel“.

„SGB9 § 2 Behinderung

  1. Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.“

http://bundesrecht.juris.de/sgb_9/__2.html

Diskussion im Forum: http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=2077

Grundzüge der Kollision autistischer Eigenschaften mit nichtautistisch geprägter Umgebung

Nicht alle Autisten müssen jede hier geschilderte Einzelwahrnehmung so wie dargestellt empfinden. Um Barrierefreiheit für die gesamte Autistenheit zu gewährleisten, ist es jedoch erforderlich, auf sämtliche Punkte einzugehen.

Autisten filtern Sinnesreize nicht unbewußt, sondern nehmen diese mehr oder weniger ungefiltert wahr und müssen sich in einer aktiven Denkleistung laufend entscheiden, welchen Reiz man versuchen sollte besonders zu beachten. Daher kann z.B. der wohlige nichtautistische Klangteppich für Autisten zu einer Barriere werden, sich in einer Umgebung zu orientieren.

Jeder dieser Faktoren beansprucht geistige Kapazitäten, stellt gewissermaßen einen Schleier dar, der ständig immer wieder erst durchdrungen werden muß. Welcher Faktor bei einem einzelnen Autisten eine wie große Rolle spielt, hängt von seiner individuellen Veranlagung ab. Autisten sind wie andere Menschen auch teilweise eher visuell ausgerichtet, teilweise eher akustisch, teilweise auch anders.

Je mehr einzelne Barrieren in einer Situation vorzufinden sind, desto höher die gesamte Barrierehaltigkeit. Wahrscheinlich ist dabei eine enorme psychische Anstrengung, die über das hinausgeht, was Nichtautisten sich freiwillig zumuten würden. Autisten sind jedoch gewohnt hierbei ständig an ihre Grenzen zu gehen, psychisch gesund ist das deswegen noch lange nicht. Diese ständigen Anstrengungen haben Folgen, die dem Burnout-Syndrom entsprechen können. Es kann eine schlimme Erfahrung sein, bereits durch Situationen, die für andere selbstverständlich zu sein scheinen, über die Maßen belastet zu werden. Dies kann zu erheblichem Selbsterleben als Versager führen, zu psychischen Traumen, deren Gründe vom nichtautistischen Umfeld nicht ansatzweise nachvollzogen werden können.

Wer in einer Welt leben muß, die nicht gemäß der eigenen Veranlagung gestaltet ist, kann erhebliche Zweifel an sich bekommen. Der Gedanke, daß nicht man selbst das Problem ist, sondern die nicht passende Umgebungsgestaltung, liegt ohne Kontakt zur autistischen Subkultur recht fern.

Unterdurchschnittlich kleine Personen sind für jedermann sichtbar nicht in der Lage, ohne Leiter im Supermarkt an das oberste Regal zu gelangen. Die andere Wahrnehmung von Autisten sieht man jedoch von außen nahezu gar nicht, zumal Autisten meist gelernt haben, durch Imitation eigentlich fremder Verhaltensmuster weniger aufzufallen. Daher reagieren die meisten Mitmenschen auch völlig anders als im Fall einer kleinen Person. Hilfestellung ist fast nie zu erwarten, da das Problem nicht sichtbar ist. Wer kauft z.B. schon für eine offensichtlich körperlich gesunde Person ein, die angibt das gerade nicht zu schaffen? Würde man damit vielleicht nicht falsch handeln, indem man eine Schüchternheit unterstützt, statt der Person Mut zu machen es selbst zu erledigen?

Achtung: Diese Auflistung ist in ihrer Form geeignet pathologisierende Klischeevorstellungen zu nähren. Dies ist der thematischen Setzung geschuldet und sagt nichts darüber aus, wie die beschriebenen Eigenschaften absolut zu bewerten sind.

Bewegungen

Halten sich Autisten in einer von Nichtautisten nur gemäß deren Veranlagung gestalteten Umgebung auf, treffen sie häufig auf viele sich bewegende Objekte. In einer natürlichen Umgebung hingegen finden sich kaum schnelle und ineinander verschränkte Bewegungen. Gras und Bäume wiegen sich gemächlich im Wind, hier und dort fliegt ein Vogel. Diese Bewegungen halten sich in einem für nervlich wenig durch andere Alltagsbarrieren vorbelastete Autisten meist vertretbaren Rahmen.

Sensibel auf Bewegungen zu reagieren hat in natürlichen Zusammenhängen gar einen einfach einzusehenden Sinn. Die Formenvielfalt der Natur hält sich zudem auch in überschaubaren Grenzen.

Anders z.B. Automobilverkehr auf urbanen Straßen in Kombination mit flackernder Neonreklame und bunten Stadtgestaltungen verschiedener Art. Ein einzelnes sich schnell bewegendes Objekt innerhalb der Sichtweite dürfte für die meisten Autisten zu erfassen sein. Aber selbst häufig auftauchende sich schnell bewegende Einzelobjekte können zu einer erheblichen Belastung führen. Umso mehr eine Szene vieler verschiedener gleichzeitig stattfindender Bewegungen. Besonders ungünstig sind dabei unterschiedliche Bewegungsrichtungen und -geschwindigkeiten. Diese alleine können bereits einen totalen Wahrnehmungszusammenbruch verursachen, da diese Reize nicht mehr zeitnah verarbeitet werden können.

3D-Sicht

Viele Autisten scheinen keine oder eine stark reduzierte Fähigkeit zu haben dreidimensional zu sehen. Dies wurde z.B. bei Donna Williams offenbar durch eine individuell angepasste IRLEN-Brille geändert, mit welcher sie ihre Umgebung entscheidend plastischer wahrnehmen zu können angibt. Dieser Effekt ist nach Erfahrung der ESH selbst in Fachkreisen bisher kaum bekannt.

Dreidimensionales Sehen spielt eine Rolle bei der Abschätzung von Entfernungen und der Größe von Objekten. Beides bedingt einander gegenseitig. Wer Entfernungen schlecht schätzen kann, der weiß nicht genau wie weit weg sich ein Objekt von ihm befindet, und wer das nicht genau weiß, kann auch schlecht dessen Ausmaße schätzen.

Detailzoom

Ein anderer Effekt, der die Schätzung von Objektausmaßen unsicher macht, ist die Eigenschaft mancher Autisten, Details in ihrem Umfeld durch einen „Tunnelblick“ gewissermaßen wie durch die optische Linse von Camcordern an sich heranzuzoomen. Das geschieht mitunter unbewußt. So kann es manchen Autisten z.B. vorkommen als wäre ein Linienbus deutlich dichter oder auch ferner als er es tatsächlich ist. Wer schonmal mit einem solchen Zoom hantiert hat weiß, daß der Blick durch den Zoom völlig aus dem Blickfeld geraten lassen kann, was gerade direkt neben einem selbst passiert.

Es ist zu vermuten, daß diese an sich durchaus nützliche Fähigkeit im Kontext von Dauerüberforderung außer Kontrolle geraten kann.

K.O.-Muster

Manche Muster wie Laufrostgitter, Frontgitter von Lautsprecherboxen oder Rillen von Rolltreppen können Autisten zeitweise handlungsunfähig machen, wenn der Blick auf diese fällt. Von Autist zu Autist ist unterschiedlich, für welche und wieviele Muster Anfälligkeit besteht.

Hier wäre es wünschenswert, solche visuellen Anordnungen besonders bei vorhandener Gelegenheit im Sinne der Barrierefreiheit möglichst aus dem öffentlichen Raum zu tilgen.

Spiegelungen und Reflexionen

Diese können noch stärker blendend empfunden werden als von Nichtautisten.

Helligkeit

Für manche Autisten ist die Helligkeit des Tages überhell und belastend. Daher tragen manche Autisten immer Sonnenbrillen. Das wie auch vieles andere sollte man ihnen nicht aus falsch verstandenem missionarischen Sittenverständnis abzugewöhnen versuchen. Autisten sollten grundsätzlich eher ermutigt werden ihren persönlichen Stil auszuleben, da der eben öfter als von NA gedacht handfeste Gründe hat. Siehe auch Luftzug und „zu warme Kleidung“.

Autisten können sich oft gut in einem Helligkeitsgrad orientieren, der für Nichtautisten „dunkel“ wirkt. Es ist verfehlt, wenn Nichtautisten deswegen ihr Empfinden der vermeintlich richtigen Helligkeit aufzwingen und damit den Autisten von ihm als zu stark empfundener Helligkeit aussetzen. So können Autisten mitunter bei einem Helligkeitsgrad noch weitgehend ihre Umgebung erkennen, bei dem Nichtautisten die Hand vor Augen nicht mehr für erkennbar halten. Diese Lichtstärke kann für den Autisten gerade angenehm sein.

Kunstlicht

Grelles Licht wie Autoscheinwerfer oder Ampeln stellen starke Einzelreize dar. Ein weiteres Problem ist die für Autisten manchmal zu niedrige Taktfrequenz von Leuchtstofflampen, die vermutlich in einigen Jahren ausschließlich erhältlich sein werden.

Farbfilter und Artefakte

Unter Streß oder ohne zunächst erkennbaren Grund kann bei manchem Autisten die visuelle Wahrnehmung einen starken Farbstich bekommen. Das kann z.B. dort Probleme verursachen, wo Farbsignale dadurch unkenntlich werden oder Schrift auf farbigem Untergrund unlesbar.

Ebenso können Artefakte die visuelle Wahrnehmung ergänzen. Artefakte können schwimmende Linien sein oder auch umherfliegende Punkte.

Synästhesie

Überdurchschnittlich viele Autisten sind auch Synästheten. Das bedeutet, daß unwillkürlich sinnesübergreifende Assoziationen stattfinden. Wenn z.B. der Geruch von Rosen wahrgenommen wird, erscheint gleichzeitig auch ein visueller Eindruck.

Synästhesie ist nachgewiesenermaßen einer höheren Gedächtnisleistung zuträglich, da Erinnerungen dadurch griffiger werden.

Veränderungen des gewohnten Bildes

Der Gesamteindruck eines Ortes kann sich für Autisten auch durch Nichtautisten unbedeutend scheinende Veränderungen erheblich wandeln. Z.B. kann alleine ein ungewohnter Stand der Sonne mit ungewohnten Schattenwürfen zu generellen Orientierungsproblemen führen.

Gefällte Bäume, gemähtes Gras, das alles kann Autisten bei ihrer Orientierung behindern. Es kommt auf Einzelperson und Tagesform (die für so Vieles relevante mittelfristige nervliche Vorbelastung innerhalb der letzten Monate) an, wie stark dieser Faktor sich auswirkt.

Formen- und Stilvielfalt

Die Formenvielfalt der Natur hält sich wie schon erwähnt in überschaubaren Grenzen. Für Industrieprodukte gilt das nicht. Ständig tauchen neue unbekannte Formen auf, die zunächst vielleicht nicht einmal richtig erfasst werden können. Diese gesteigerte Komplexität der Alltagsumgebungen erschwert die Systematisierung von räumlichen Strukturen und die Orientierung, bindet Aufmerksamkeit zwecks Erfassung und Einordnung. Dies kann subjektiv von Autisten jedoch als ebenso angenehm empfunden werden wie für NA Radio hören bei Büroarbeit. Dadurch sinkt nachweislich die individuelle Konzentration, was jedoch von der Person selbst meist nicht so wahrgenommen wird (teils mangelnde Selbsteinschätzung bei allen Menschen).

Eine Umgebung mit vielen eher unbekannten Objekten kann für Autisten verwirrend sein. Die Orientierung kann sich in so einem Umfeld besonders verzögern, da Bezugspunkte nicht bekannt sind oder Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Solche unbekannten Objekte können bekannte Strukturen unkenntlich oder schwerer identifizierbar machen.

Dies gilt im übertragenen Sinne nicht nur für den visuellen, sondern auch für alle sonstige Wahrnehmungskanäle.

Zivilisationsgeräusche

In von Nichtautisten gestalteten Ortschaften findet man gewöhnlich eine Vielzahl von Geräuschen. Nichtautisten schildern ihr Erleben so, daß Geräusche für sie angenehm sein können. Gemäß ihrer Veranlagung fürchten sie sich hingegen in einem schallgedämpften Laborraum. Viele von ihnen flüchten innerhalb kurzer Zeit panisch aus solchen Räumen. Daher ist es verständlich, daß von der nichtautistischen Mehrheit ein gewisses Geräuschwirrwarr in ihren Ortschaften als „Klangtapete“, als Zeichen von Identität und Heimat mehr oder weniger unbewußt eingerichtet wird. Auf Autisten wirkt dies mitunter jedoch völlig anders, wie in der Einleitung zu diesem Teil bereits umrissen.

Lautstärke

Autisten empfinden nicht nur ungefiltert die Reize um sie herum, sondern meistens auch deutlicher als Nichtautisten. Bezogen auf Töne bedeutet das, daß üblicher Lärm von Autisten noch lauter gehört wird. Bei Sprache führt das auch dazu, daß Autisten nach dem Eindruck von Nichtautisten zu leise sprechen, was jedoch daran liegt, daß diese oft schlechter hören und es unangenehm ist lauter zu sprechen. Das kennt jeder vom Kontakt mit Schwerhörigen ohne Hörhilfe.

Frequenzbereich

Etliche Autisten hören auch Töne aus Frequenzbereichen, die erwachsene Nichtautisten in der Regel nicht mehr hören, so z.B. manche Schreie von Fledermäusen, Marderschreck in parkenden Autos oder Brummen und Flirren elektrischer Bauteile oder Leitungen.

So kann es auch bei Nichtautisten zum falschen Eindruck kommen, einzelne Autisten würden Wahnvorstellungen unterliegen, da sie offensichtlich auf etwas reagieren, das die Nichtautisten jedoch nicht hören können. Zum Klischee des Unmündigen passt diese Annahme ja auch hervorragend. Hier können Frequenzmessgeräte aus dem Spielwarenladen Klarheit schaffen. Gerade nichtsprechende Autisten können unter solchen Geräuschen leiden, bis hin zu schweren Selbstverletzungen bei jahrelangem Surren elektrischer Bauteile in der Zimmerwand.

Hier sollte ein Bewußtsein dafür entstehen, daß seltsame Reaktionen von Autisten immer einen Grund haben. Wenn nicht diesen, dann einen anderen. Nicht davon auszugehen bedeutet in vielen Fällen die Ablehnung von Hilfeleistung und das leichtfertige Zerstören von ganzen Lebensläufen mit horrenden Folgekosten zulasten der öffentlichen Kassen für die Verwahrung der Trümmer einst vielversprechender und vielleicht nie als solcher erkannten Existenzen. Autisten werden oft fälschlich für geistig behindert gehalten, weil sie nicht so reagieren, wie Nichtautisten es von sich selbst kennen.

Gerüche

Auch für Gerüche oder Geschmackserlebnisse gilt der Abschnitt zu Geräuschen sinngemäß. Unregelmäßig auftretende Gerüche können irritieren. Viele Autisten verabscheuen Parfums an fremden Personen oder gar an ihnen selbst.

Temperatur

Autisten haben häufig im Alltag kein so genaues Temperaturempfinden oder achten aufgrund der vielen anderen Reize nicht auch noch darauf. Erkältungen sind dennoch anscheinend nicht so häufig Folge. Gegebenenfalls kann es hilfreich sein, Autisten ein Thermometer zur Verfügung zu stellen. Manche Autisten können schwitzen und frieren zugleich, vielleicht rührt der Eindruck eines wenig ausgeprägten Temperaturgefühls daher, daß die Einzeleindrücke des Temperaturempfindens nicht so wie bei Nichtautisten zusammengeführt werden, sondern einzeln empfunden werden.

Wenn ein Autist in eine Angelegenheit vertieft ist, kann es vorkommen, daß er nicht fühlt, wenn er sich z.B. kochendes Wasser über die Hand kippt, und dieses vielleicht nur rational wahrnimmt.

Temperaturdifferenzen z.B. nach dem Betreten eines Gebäudes können Autisten irritieren und für eine gewisse Zeit zusätzlich ablenken.

Luftbewegungen

Bewegungen der Luft wirken auf den Tastsinn. Einige Autisten sind hierfür besonders sensibel. Gerade leichte Luftbewegungen wie schwache Winde können eine schwere sensorische Belastung darstellen, oft eine schwerere als kräftigere, kontinuierlichere Luftbewegungen. Kleidet sich ein Autist aus eigenem Antrieb so, daß große Teile des Körpers bedeckt sind, kann es darauf zurückgehen. Dem Autisten das zu verwehren, weil es in manchen Jahreszeiten „zu warm“ sei, kann bedeuten einen Menschen empfindlichem Leid auszusetzen, das dieser gewöhnlich nach außen nicht für Nichtautisten erkennbar ausdrückt, aber stark auf seine Seele wirkt und ernste Traumen verursachen kann. Starker Wind wird hingegen von denselben Autisten mitunter auch als angenehm empfunden, weil er ähnlich drückt wie eine Squeeze Machine und so entspannend wirkt.

Berührungen

Viele Autisten sind für spontane Berührungen von anderen Menschen sehr empfindlich. Berührte Körperteile können noch tagelang nach der Berührung als abgestorben und tot oder auch brennend schmerzend empfunden werden. Aufgrund dieser unangenehmen Erfahrungen mögen es viele Autisten schon nicht, wenn sich Menschen ihnen ohne Einverständnis abzuwarten zu sehr nähern. Wenn möglich sollte zu Autisten dezent ein Abstand gehalten werden, der mindestens der Griffweite der anderen Person entspricht, da viele Autisten hierin bereits aus ihrer Erfahrung heraus eine Bedrohungssituation empfinden, zumal sie schwer einschätzen können, wann eine Person sie wohl tatsächlich auch ohne zu fragen anfassen wird. Das an sich ist eine ganz normale menschliche Schutzreaktion, die von Nichtautisten gerne als „unnormal“ oder „übertrieben“ bezeichnet wird, da sie nicht dem Erleben der nichtautistischen Bevölkerungsmehrheit entspricht. Und diese Mehrheit meint gegenüber dem fremd Erscheinenden der bessere, der „gesunde“ Mensch zu sein und schon daher Recht zu haben.

Autisten sollte auf Wunsch zugestanden werden, in öffentlichen Verkehrsmitteln den Sitz neben sich frei halten zu dürfen, gerade wenn es voll wird. Denn ein volles Verkehrsmittel ist wegen den übrigen verdichteten Reizen alleine schon eine hohe Belastung.

Sich abstoßend anfühlende Oberflächen

Manche Oberflächen wirken auf einige Autisten sehr abstoßend und ähnlich wie visuelle K.O.-Muster, bis hin zu spontanem Brechreiz. Es ist ungünstig z.B. Haltegriffe mit solchen Profilen zu versehen.

Unebener und uneinheitlicher Untergrund

Wie bei allen Menschen fordert ein unstrukturierter Untergrund beim Passieren auch Autisten mehr Aufmerksamkeit ab. Im Wald mag das angesichts ansonsten geringer auf nichtautistische Umgebungsgestaltung zurückzuführende Reize nicht weiter schlimm sein. In einer Ortslage kann soetwas jedoch die grundsätzliche Orientierungsfähigkeit weiter vermindern.

Davon nicht betroffen sind zonenweise strukturierte oder mit haptischen Signalen versehende Bodenbeläge, da diese im Gegenteil den Raum auch für Autisten sinnvoll unterteilen und so entlastend wirken können.

Auch ebene, aber leicht ungerade Untergründe können bei Autisten schwere Irritationen bezüglich des Gleichgewichtssinns auslösen.

Mitmenschen als mögliche Bedrohung

Gerade Mitmenschen können aufgrund ihres autonomen Handelns für Autisten bedrohlich wirken. Ihr Handeln ist oft nicht absehbar, die Empathie der Nichtautisten für Autisten aufgrund der unterschiedlichen Veranlagung des eigenen Erlebens oft erschreckend gering ausgeprägt. Wird eine Person versuchen ein Gespräch zu beginnen, dessen Sinn unverständlich bleibt? Wird sie aufgrund ausbleibender Mimik gar vermuten, daß es dem Autisten nicht gut geht und deswegen erst recht hartnäckig nachfragen oder versuchen „aufzumuntern“? Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut, das weiß jeder Autist nur zu genau. Keine gute Grundlage für Begegnungen mit anderen Personen auf öffentlichem Raum.

Ordnung

Autisten wird nachgesagt, Ritualisierungen positiv gegenüberzustehen. So pauschal stimmt es nicht, aber bevor sich Autisten in die alltägliche Reizhölle begeben, muß möglichst alles klar sein. Flexibles Handeln ist unter der enormen Reizbelastung außerhalb der bekannten, sicheren, selbst kontrollierbaren Rückzugsräume kaum möglich, da kein Mensch unter einer solch schweren Belastung, wie sie sich Autisten gewöhnlich im Alltag darstellt, vernünftig nachdenken kann. Daher ist es für Autisten sehr wichtig, verlässliche Ordnungen in allen Lebensbereichen vorzufinden, die von Reizbelastung geprägt sind. Sinn dieser Ordnungen ist es in jedem Fall zu vermeiden, in der Situation selbst nachdenken zu müssen.

Bedenkzeit

Wird ein Autist in einer für ihn belastenden Situation oder einer für ihn sprachformal oder inhaltlich nicht so klaren Weise etwas gefragt, kann es sein, daß eine Antwort etwas länger braucht. Das gilt auch für alle sonstigen Reaktionen im übertragenen Sinn. Wer mehr im Kopf hat, der muß auch mehr sortieren. Unruhe in Form von Gesten, Nachfragen, etc. tragen dazu bei, daß die Situation für den Autisten weiter erschwert wird. Eine auf NA abwesend wirkende Körpersprache sollte auf keinen Fall so gedeutet werden, daß der Autist nicht um eine Antwort bemüht ist.

Ungeklärte Sachverhalte

Stark belastend können sich auf Autisten auch Vorgänge auswirken, durch deren verzögerten Ausgang noch keine Klarheit über den Ausgang besteht. Das können besonders Ämterangelegenheiten sein oder auch sich über viele Monate hinziehende Gerichtsverfahren. Autisten verarbeiten solche Vorgänge vor allem seriell, sind also bestrebt, Dinge schnell zu erledigen um danach etwas anderes zu tun. Parallele Anforderungen, bei denen mehrere Vorgänge gleichzeitig ungeklärt offen stehen, können Autisten schwer belasten und dahin bringen handlungsunfähig zu werden, da die unerledigten, unbeantworteten Vorgänge nicht vergessen werden können, es sei denn man hat einen Autisten so weit gebracht, daß ihm schon alles egal ist.

Hier bekommen Anforderungen an Barrierefreiheit ein besonderes Gewicht, denn in der Regel ist heute die Antwort auf solche Schwierigkeiten, daß der Autist seine Angelegenheiten von einem Nichtautisten erledigen lassen soll. Dieser denkt jedoch völlig anders und kann auch in der Sache weniger kompetent sein als der Autist, was für diesen dann eine schwere Zumutung bedeutet. Nichtautisten sind zudem aus autistischer Sicht oft launisch und verstehen viele Wünsche nicht. Die entstehenden Kosten fallen der Gesellschaft zur Last, wobei dies nicht erforderlich wäre, wenn Bearbeitungsvorgänge speziell für Autisten strukturell barrierefrei gestaltet würden, also vorsehen deren Vorgänge mit hoher Priorität zu bearbeiten und Verzögerungen durch unumgängliche Erkundigungen stets mit Rückmeldung mit eigener Antwortfrist anzukündigen. Hier sollte stark darauf geachtet werden, daß diese Vorgaben auch von den Bearbeitern in die Praxis umgesetzt werden, daß verstanden wird wie wichtig diese Priorität für die mündige Teilhabe von Autisten an der Gesellschaft ist. Es kann nicht angehen, daß Menschen, die ihre Angelegenheiten gut selbst erledigen könnten, dies nicht tun, weil sie durch solche Barrieren außer Stande sehen, solche höchst widrigen Rahmenbedingungen zu beherrschen. Es kann ebenso nicht angehen, daß Autisten auf viele Rechte sowie auf die Sanktionierung von erfahrenem Unrecht verzichten, weil die Barrieren zur Justiz und Behörden zu hoch sind, um nervlich verkraftet zu werden.

Link

Hier (extern) findet sich ein jüngerer und kürzerer Text mit ähnlicher Zielsetzung, der eventuell teils ergänzend Sinn macht und teils kritisch gewürdigt werden kann.

Eigene Wohnung unter 25 Jahre

Möglichst ruhige und sichere Wohnbedingungen sind für Autisten sehr wichtig und im Elternhaus oft nicht gegeben. Daher kann es sich als ALG2-Empfänger und Autist lohnen einen Umzug zu beantragen, auch wenn man noch nicht 25 Jahre alt ist und wegen dem ALG2-Bezug normalerweise noch bei den Eltern leben müsste. Bei Sozialhilfebezug (in geringem Maß erwerbsfähig) gilt diese Regelung nicht. Wenn es Probleme beim Auszug wegen der untern zitierten Regelung gibt – die ESH hilft.

Zitat:

„Bei ihren Eltern wohnende arbeitslose Volljährige, die noch nicht 25 Jahre alt sind, erhalten seit dem 1. Juli 2006 nur noch 80 Prozent (276 €) Alg II. Wenn sie aus dem Haushalt der Eltern ausziehen wollen, müssen sie seit dem 1. April 2006 zuvor einen Antrag auf Umzug stellen, der einer Genehmigung bedarf.“

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/ALG2#Gesetz_zur_.C3.84nderung_des_SGB_II_un…

Zitat aus dem SGB2 §7,3:

Zitat:

Zur Bedarfsgemeinschaft gehören[…]

4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__7.html

Allgemeine Erläuterungen zur Begründung eines vorherigen Auszugs (die Zahlen sind Fußnoten, deren Entsprechung im Zitat nicht enthalten sind, wohl aber bei der Quelle):

Zitat:

Die Empfehlungen des Deutschen Vereins zu § 22 Abs. 2a erhalten eine nicht abschließende Liste mit möglichen Gründen für die Erteilung der Zusicherung. (Falls verfügbar, habe ich einen Verweis auf entsprechende Sozialgerichtsentscheidungen beigefügt.)Ein schwerwiegender sozialer Grund liegt demnach vor, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung:

„(…)

1. eine schwere Störung der Eltern-Kind-Beziehung besteht: das Zusammenleben von Eltern und der Person unter 25 Jahren aus physischen und/oder psychischen Gründen nicht mehr möglich ist oder ein Zusammenleben wechselseitig nicht mehr zumutbar ist,
2. ohne Umzug Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl der Person unter 25 Jahren besteht,
3. die Platzverhältnisse in der Wohnung der Eltern zu beengt sind,
4. bei Zusammenleben mit Geschwistern in der Wohnung der Eltern eine Geschlechtertrennung nicht möglich ist,6
5. ein Verweisen auf die Wohnung der Eltern mangels entsprechender Pflichten nach dem BGB (z.B. Entscheidung der Eltern gegen Gewährung von Naturalunterhalt bzw. Titel des Kindes auf Barunterhalt, § 1612 BGB, oder Entscheidung des Vormundschaftsgerichts auf Unterbringung außerhalb des Elternhauses) nicht möglich ist bzw. ein Verweisen unzumutbar ist, weil z.B. der sorgeberechtigte Elternteil sein Sorgerecht nie oder für längere Zeit nicht ausgeübt hat,
6. die Person unter 25 Jahren fremd untergebracht ist oder sich in einer Einrichtung nach § 67 SGB XII oder in anderen Einrichtungen nach dem SGB II, SGB VIII oder SGB XII aufhält, für den Fall, dass sie aus einer solchen Einrichtung eine eigene Wohnung bezieht (im Vordergrund steht hier der „Therapie-”erfolg, welcher durch Zurückziehen zu den Eltern nicht gefährdet werden soll),
7. die Person unter 25 Jahren eine eigene Familie hat (z.B. Heirat/ Lebenspartnerschaft oder Kind; ehe- oder partnerschaftsähnliche Beziehungen zählen hingegen nicht dazu).”7

Als sonstige ähnlich schwerwiegende Gründe werden in den Empfehlungen genant, wenn:

„(…)

1. der Erstauszug sachlich gerechtfertigt war oder eine Zusicherung erteilt wurde und die Umstände sich nicht verändert haben,
2. die Unter-25-Jährige schwanger ist,8
3. der unter 25-jährige Kindsvater mit der Schwangeren zusammenziehen und eine eigene Familie gründen will. Das gilt auch für den unter 25-jährigen Partner der Schwangeren.”9

Ein weiterer Grund liegt vor, wenn die Eltern oder ein Elternteil an einen anderen Ort umziehen.10 Zudem sollte davon ausgegangen werden, dass bei entsprechender Ausgangslage Antragstellenden eine Zusicherung im Rahmen des Ermessens auch aufgrund anderer Lebenslagen erteilt werden kann, vor allem, wenn diese kurz vor Vollendung des 25. Lebensjahrs stehen.11

Quelle: http://www.tacheles-sozialhilfe.de/aktuelles/2007/sonderbehandlungu25.aspx

Dementsprechend liegt schon fast auf der Hand, wie man auch autismusbedingt zu diesem Zweck argumentieren könnte. Unzumutbare Lebensbedingungen im Elternhaus gefährden die Gesundheit (zu der auch psychische Aspekte gezählt werden) teils erheblichst. Dazu können diverse Sinnesreize beitragen aber auch zwischenmenschliche Komplikationen, etwa wenn die Eltern oder Geschwister es nicht hinbekommen sich ausreichend autismuskompatibel zu verhalten oder gar aktiv diskriminierend auftreten (und sei es dadurch, daß jemand meint den Autisten nach eigenen Vorstellungen „erziehen“ zu müssen). Hier sind viele verschiedene Störfaktoren denkbar, die insofern dann auch relevant sind.

Notruf per Fax

Die Situation in Deutschland:

Formulare und Informationen zu regional gültigen Nummern für Fax- und SMS-Notrufe an Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst gibt es hier (ausdrucken, bereitlegen und die jeweiligen regionalen Faxnummern aufschreiben, bis es endlich einen deutschlandweiten zentralen Faxnotruf gibt): http://www.notfall-telefax112.de

Ebenfalls dort eingerichtete SMS-Notrufe werden in der Regel auf Notlagen beschränkt, die Leib und Leben gefährden. Für sonstige Notrufe wird allgemein auf den Faxnotruf verwiesen und dort geht man allgemein auch kulant mit sonstigen Notlagen um wie z.B. einem Wasserrohrbruch eines Versorgers der selbst keinen barrierefreien Notruf anbietet.

Die Privatwirtschaft hat mit dem Sperr e.V. eine staatlich iniziierte eigene bundesweit einheitliche Faxnotrufnummer für Sperrungen von Bankkarten oder Mobilfunktelefonen. Auch dort werden Vordrucke zum herunterladen angeboten:

Zitat:

Zur Einbindung von sprach- und hörgeschädigten Menschen in das neue Sicherheitssystem ist die Sperrvermittlung auch per Fax zu erreichen, da dieser Personenkreis in der Regel kein herkömmliches Telefon zur Sperrung benutzen kann. Die Faxnummer lautet ebenfalls 116 116.

Quelle: http://www.sperr-notruf.de

Aufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben

Für Fahrten zwischen Arbeitsstätte und Wohnung mit dem eigenen Kfz können nachgewiesene tatsächliche Kosten auch über der gültigen Kilometerpauschale abgesetzt werden, wenn der GdB mindestens 70 oder mindestens 50 mit Merkzeichen G beträgt. Wird ein solcher Autist von jemand anderem im eigenen Kfz gefahren, weil der Autist keine gültige Fahrerlaubnis besitzt oder seine Fahrerlaubnis aus mit dem Autismus zusammenhängenden Gründen nicht gebraucht können auch die entstehenden Leerfahren abgesetzt werden, die dadurch entstehen, daß der Fahrer zwischenzeitlich wieder nachhause fährt. Auch z.B. Antimobbingseminare sind bei Beruftätigen als Werbungskosten absetzbar, wenn das Mobbing gegenüber dem Finanzamt z.B. mit einem Mobbingtagebch glaubhaft gemacht wird. „Die Gespräche während der Gruppenabende dienten dazu, ihn in seiner beruflichen Situation zu stärken und das Dienstverhältnis aufrechtzuerhalten“ FG Niedersachsen, Urteil vom 8.6.2006, Az. 14 K 57/03. Das Urteil ist rechtskräftig laut BFH-Beschluss vom 1.3.2007, Az. VI B 92/06.

Außergewöhnliche Belastungen

Zitat:

„§ 33 Außergewöhnliche Belastungen
(1) Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (Absatz 3) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird.
(2) Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Aufwendungen, die zu den Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben gehören oder unter § 4f oder § 9 Abs. 5 fallen, bleiben dabei außer Betracht; das gilt für Aufwendungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 7 und 9 nur insoweit, als sie als Sonderausgaben abgezogen werden können. Aufwendungen, die durch Diätverpflegung entstehen, können nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
[…]
Als Kinder des Steuerpflichtigen zählen die, für die er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld hat.“

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33.html

Fallen in bestimmten Bereichen höhere außergewöhnliche Belastungen an, als der jeweilige Pauschbetrag gemäß GdB oder Merkzeichen H unter Berücksichtigung der jeweiligen zumutbaren Belastung beträgt (siehe weiter unten), können diese teilweise anstatt des Pauschbetrags einzeln belegt und abgesetzt werden. Dazu bedarf es nach neuester BFH-Rechtsprechung (Az. VI R 17/09 und VI R 16/09) nur eines normalen ärztlichen Attests. Früher verlangten Finanzämter teilweise das Gutachten eines Amtsarztes. (Quelle: http://www.ftd.de/karriere-management/recht-steuern/:recht-steuern-bunde… ) Es kann steuerlich Sinn machen große abzugsfähige Anschaffungen gezielt in einem Jahr vorzunehmen (vorher nachfragen, ob etwas tatsächlich anerkannt wird und die Auskunft schriftlich geben lassen!). Es gibt allerdings auch außergewöhnliche Belastungen, die direkt geltend gemacht werden können, ohne daß der Pauschbetrag betroffen wäre (siehe zweite Liste weiter unten). Kosten, die bereits die Krankenkasse übernahm können vermutlich bis auf mögliche Eigenanteile nicht abgesetzt werden. Pauschbetrag, Freibeträge, Werbungs- und sonstige absehbare Kosten auf Antrag unter Umständen in der Lohnsteuerkarte eingetragen werden, um die laufend abgeführten Steuern zu mindern. Solche anstelle des Pauschbetrags ansetzbare Belastungen im Sinne des Steuerrechts sind z.B. (wer etwas anerkannt bekam, das nicht unten als Beispiel genannt wird, soll das gerne mitteilen, zwecks Vervollständigung dieser Seiten):

Die jeweilige zumutbare Belastung wird in % des Jahreseinkommens bestimmt und ist laut §33,3 EStG (der oben im Gesetzesauszug nicht zitierten Tabelle) vom Einkommen, sowie von der Berechnungsgrundlage der Einkommensteuer und vom Vorhandensein von Kindern abhängig:

Ob der Pauschbetrag demnach tatsächlich übertroffen werden kann, läßt sich bestimmen, indem man den vorliegenden Pauschbetrag und die jeweilige zumutbare Belastung zusammenrechnet. Darüber hinaus können wie oben schon erwähnt weitere Ausgaben neben den Pauschbeträgen abgerechnet werden.

Zitat:

§ 33a Außergewöhnliche Belastung in besonderen Fällen[…]

(3) Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen durch die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt, so können sie bis zu den folgenden Höchstbeträgen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden:

624 Euro im Kalenderjahr, wenn

  1. der Steuerpflichtige oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte das 60. Lebensjahr vollendet hat oder
  2. wegen Krankheit des Steuerpflichtigen oder seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten oder eines zu seinem Haushalt gehörigen Kindes, für das er oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld hat, oder einer anderen zu seinem Haushalt gehörigen unterhaltenen Person, für die eine Ermäßigung nach Absatz 1 gewährt wird, die Beschäftigung einer Hilfe im Haushalt erforderlich ist,

924 Euro im Kalenderjahr, wenn eine der in Nummer 1 Buchstabe b genannten Personen hilflos im Sinne des § 33b oder schwer behindert ist.
Erwachsen einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege Aufwendungen, die Kosten für Dienstleistungen enthalten, die mit denen einer Hilfe im Haushalt vergleichbar sind, so können sie bis zu den folgenden Höchstbeträgen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden:

624 Euro, wenn der Steuerpflichtige oder sein nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte in einem Heim untergebracht ist, ohne pflegebedürftig zu sein, 924 Euro, wenn die Unterbringung zur dauernden Pflege erfolgt.
Die jeweiligen Höchstbeträge der Sätze 1 und 2 können auch bei Ehegatten, bei denen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 vorliegen, insgesamt nur einmal abgezogen werden, es sei denn, die Ehegatten sind wegen Pflegebedürftigkeit eines der Ehegatten an einer gemeinsamen Haushaltsführung gehindert.

(4) Für jeden vollen Kalendermonat, in dem die in den Absätzen 1 bis 3 bezeichneten Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, ermäßigen sich die dort bezeichneten Beträge um je ein Zwölftel. Eigene Einkünfte und Bezüge der unterhaltenen Person oder des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, vermindern die nach Satz 1 ermäßigten Höchstbeträge und Freibeträge nicht. Als Ausbildungshilfe bezogene Zuschüsse mindern nur die zeitanteiligen Höchstbeträge und Freibeträge der Kalendermonate, für die die Zuschüsse bestimmt sind.

(5) In den Fällen der Absätze 1 bis 3 kann wegen der in diesen Vorschriften bezeichneten Aufwendungen der Steuerpflichtige eine Steuerermäßigung nach § 33 nicht in Anspruch nehmen…

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__33a.html

Zitat:

Durch die wahlweise Berücksichtigung der behinderungsbedingten Aufwendungen in Form der um die zumutbare Belastung geminderten tatsächlichen Aufwendungen oder des Behinderten Pauschbetrags [sic!] werden nur die durch die Behinderung laufend unmittelbar entstehenden Mehraufwendungen (typische Mehraufwendungen) berücksichtigt. Entstehen dem behinderten Menschen darüber hinaus noch andere Aufwendungen, die als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG zu behandeln sind, können diese zusätzlich zum Abzug gebracht werden.

Quelle (eine zu diesem Thema allgemein brauchbare Broschüre des Finanzministeriums Baden-Württemberg): www.u-asta.uni-freiburg.de/engagement/referate/soh/steuertipps.pdf
Als Außergewöhnliche Belastungen, die neben dem Pauschbetrag unter Berücksichtigung der zumutbaren Belastung abgesetzt werden können, kommen im Klartext z.B. in Betracht, sofern diese Posten nicht von anderen Stellen übernommen werden oder wurden:

Eingliederungshilfen

Im SGB12 §53-60 werden die Ansprüche von Sozialhilfeempfängern auf behinderungsbedingte Eingliederungshilfen geregelt. Die Leistungen können im Rahmen eines Persönlichen Budgets in Form von Geld oder Gutscheinen ausgezahlt werden. Wir empfehlen in jedem Fall Leistungen selbst im Sinne des Arbeitgebermodells zu organisieren, da erfahrungsgemäß Träger solcher Leistungen, die alles bequem organisieren auch eigene Interessen vertreten, belastende Personalwechsel vornehmen können, ihre weltanschaulichen Vorstellungen durch Dienstvorschriften gegenüber dem zur Verfügung gestellten Personal ins eigene Privatleben tragen können und manchmal sogar heimlich nachteilige Berichte aufgrund von Mißverständnissen anfertigen und so erst neue Probleme mit entsprechendem Rechtfertigungsdruck auslösen können, die eventuell wieder dem Träger finanziell nutzen.

Laut dem Urteil LSG NRW, L 20 SO 289/10 B ER haben z.B. gehörlose Studenten im Rahmen der Eingliederungshilfe Anspruch auf einen Gebärdendolmetscher um universitäre Vorlesungen verfolgen zu können, was hilft ungefähr einzuschätzen welche Ersatzleistungen im Zuge mangelnden Universellen Designs eingefordert werden können:

Zitat:

Umstritten war, ob es sich dabei um Hilfeleistung zur „schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule“ im Sinne des Paragraphen 54 SGB XII handelte. Der Landschaftsverband Rheinland hatte die Leistungen nicht bewilligt, weil er die Höherqualifikation nicht als „angemessen“ beurteilte. Die Antragstellerin benötigte in seinen Augen keine Eingliederungshilfe, da sie mit ihrem erlernten Beruf ihren Lebensunterhalt bestreiten könnte.Das Gericht folgte nicht dieser Begründung. Einem nicht behinderten Menschen stünde es ohne weiteres offen, nach einer Ausbildung in einem Lehrberuf ein Studium zur Erweiterung der beruflichen Qualifikationen zu beginnen und von dieser Möglichkeit werde durchaus Gebrauch gemacht. Daher müssten auch behinderten Menschen mit bereits vorhandener Berufsausbildung in einem Lehrberuf die für ein Hochschulstudium erforderlichen behinderungsbedingten Hilfen finanziert werden.

Quelle: http://www.bhsa.de/nachrichten/gericht-bestaetigt-anspruch-auf-gebaerden…

Haushaltshilfe bei ALG2 und Sozialhilfe

Der gesetzliche Anspruch auf Haushaltshilfen wurde für Empfänger von ALG2 im Urteil LSG NRW L 20 B 9/05 SO ER bestätigt. Wenn die Haushaltshilfe nicht durch den ALG2-Satz zu bezahlen ist, gilt ergänzend das SGB12. Für Empfänger von Sozialhilfe besteht der Anspruch ebenso.

Zitat:

“Die Notwendigkeit einer Haushaltshilfe ergibt sich nicht nur dann, wenn der Hilfe Nachfragende etwa wegen Krankheit oder eines Krankenhaus- oder Kuraufenthaltes seinen Haushalt überhaupt nicht mehr versorgen kann, sondern auch dann, wenn er – wie im Fall der Antragstellerin wegen ihrer Oberschenkelamputation – wesentliche Verrichtungen wie Einkaufen, Unterbringung der gekauften Lebensmittel, Reinigung der Wohnung, Wechseln der Bettwäsche, Treppenhaus- und Gehwegreinigung nicht selbst erledigen kann. Da die Antragstellerin diese ihr zusätzlich entstehenden Kosten durch die Regelleistungen des § 20 SGB II nicht aufbringen kann und muss, weil ein derartiger Bedarf nicht abgedeckt werden soll, ein Anspruch nach § 27 Abs. 3 SGB XII schon wegen der bestehenden Bedürftigkeit ausscheidet, ist dieser bedarf durch die Übernahme der Kosten nach § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu decken.”

Quelle: http://www.my-sozialberatung.de

Mehrbedarf bei Wohnraum

Behinderungsbedingt kann ein Mehrbedarf an Wohnraum bewilligt werden. Bei ALG2 scheinen die Kreise oder Gemeinden gerne zunächst eigene pauschale Werte zu erstellen, weswegen sich derzeit auf dieser Ebene kein einheitliches Bild bietet. Bewilligt werden manchmal 10qm mehr oder auch 15qm. Diese Werte auf denen diese regionalen Ämter meist vehement beharren sind nicht unbedingt rechtmäßig. Es ist abzuwarten welche bundesweiten Standards durch die Rechtspechung geschaffen werden, denn ein bundesweiter Rechtsanspruch sollte angenommen werden können und derartige pauschale Werte gibt es in den Gesetzen nicht. Autisten könnten diesen Mehrbedarf mit der Begründung beantragen, daß für sie ihre Wohnung aufgrund der Probleme außerhalb des Privatbereichs außerordentlich wichtig ist und sie sich weit überdurchschnittlich darin aufhalten. Es kann argumentiert werden, daß klar getrennte Räumlichkeiten genötigt werden, die übersichtlich sind. Bei autistischen Kindern kann ein besonderer Bedarf an einem eigenen Zimmer in dem in angemessener Weise gespielt werden kann (z.B. Aufstellen eines Trampolins) geltend gemacht werden, wie auch ein Bedarf an einer besonders ausgeprägten Ordnung der Wohnung, die mehr Wohnfläche benötigt. Die allgemeine Rechtsgrundlage ist das derzeit (Anfang 2008) entstehende Landesrecht zur Wohnraumförderung, hier ein Beispiel:

Zitat:

“HmbWoFG § 9Größe des Wohnraums

  1. (1) Die Größe des Wohnraums muss entsprechend seiner Zweckbestimmung angemessen sein. Dabei ist den Besonderheiten bei baulichen Maßnahmen in bestehendem Wohnraum sowie besonderen persönlichen oder beruflichen Bedürfnissen des Haushalts, insbesondere von älteren Menschen oder Menschen mit Behinderung, Rechnung zu tragen.”

Quelle: http://www.landesrecht.hamburg.de/jportal/portal/page/bshaprod.psml?doc….

Nach Erfahrungen kann es sinnvoll sein unter Vorlage von Versorgungsamtsausweis oder anderen Unterlagen zunächst einen Wohnberechtigungsschein zu beschaffen, der in etwa 10€ kostet und z.B. ein Jahr gültig ist. Im Rahmen der Prüfung wird nämlich auf die gleiche Rechtsgrundlage zurückgegriffen. Ein Beispiel kommunaler Informationen dazu: http://www.gotha.de/index.php?id=570

Ein Anspruch kann aber nicht nur in Bezug auf die Größe einer Wohnung gegeben sein, sondern auch in Bezug auf deren eventuell kostenträchtigeren und aus Sicht von Barrierefreiheit nötigen Lage, dazu siehe auch hier.

Allgemein leitet sich ein einzelfallbedingter, nichtpauschalisierter Rechtsanspruch aufgrund der gesetzlichen Regelungen zu ALG2 und Sozialhilfe wie folgt ab:

Zitat:

SGB2 §22,1 (ALG2)Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, werden die Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragenden angemessenen Aufwendungen erbracht. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem allein stehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__22.html

Zitat:

SBG12 §29,1 (Sozialhilfe)Leistungen für die Unterkunft werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 1 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen.

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/__29.html

Mehrbedarfe

Als Ausgleich für autismusbedingte Nachteile bestehen unter bestimmten Umständen Ansprüche auf Mehrbedarfe. Sozialhilfeempfänger mit Merkzeichen G können so pauschal einen Zuschlag von 17% auf den ihnen persönlich zustehenden Regelsatz erhalten. Diese 17% bekommen laut dem folgend zitierten Schreiben auch Empfänger von ALG2, welche Merkzeichen G besitzen und theoretisch aufgrund des Alters oder voller Erwerbsminderung ohne Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse Anspruch auf Grundsicherung hätten:

Zitat:

“Nach § 30 Abs.1 SGB XII (Sozialhilfe) erhalten Leistungsberechtigte, die voll erwerbsgemindert […] und im Besitz eines Ausweises nach § 69 Abs.5 SGB IX mit dem Merkzeichen G sind, Leistungen für einen Mehrbedarf in Höhe von 17 v.H. des maßgebenden Regelsatzes. Um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, ist bei den Personen, die einen Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen und/oder Vermögen nicht haben, auch der nach dem SGB II zugrunde zu legende Bedarf um 17 v.H. der individuellen Regelleistung zu erhöhen.”

Quelle: Schreiben des BMWA’s vom 2.9.05 an den Petitionsausschuss des Bundestags (AZ: IIB-45-Schramm-) http://www.bag-shi.de/fachinfo/sozialpol_infos/060106_Anl1_Neues_aus_Har…

Das erste Gesetzeszitat bezieht sich auf ALG2 (bekommen Erwerbsfähige), das zweite auf Sozialhilfe (bekommen nicht Erwerbsfähige). Nicht zitiert wird SGB2 §28, in dem unter anderem ein vergleichbarer Anspruch auf Mehrbedarf für Angehörige des Antragstellers geregelt wird.

Zitat:

“SGB2 § 21 Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt

  1. Leistungen für Mehrbedarfe umfassen Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 5, die nicht durch die Regelleistung abgedeckt sind.

[…]

  1. Erwerbsfähige behinderte Hilfebedürftige, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Zwölften Buches erbracht werden, erhalten einen Mehrbedarf von 35 vom Hundert der nach § 20 maßgebenden Regelleistung. Satz 1 kann auch nach Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden.
  2. Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die aus medizinischen Gründen einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, erhalten einen Mehrbedarf in angemessener Höhe.
  3. Die Summe des insgesamt gezahlten Mehrbedarfs darf die Höhe der für erwerbsfähige Hilfebedürftige maßgebenden Regelleistung nicht übersteigen.”

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_2/__21.html

Zitat:

“SGB12 § 30 Mehrbedarf(1) Für Personen, die

  1. die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 erreicht haben oder
  2. die Altersgrenze nach § 41 Abs. 2 noch nicht erreicht haben und voll erwerbsgemindert nach dem Sechsten Buch sind, und durch einen Bescheid der nach § 69 Abs. 4 des Neunten Buches zuständigen Behörde oder einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 des Neunten Buches die Feststellung des Merkzeichens G nachweisen, wird ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht.

[…]

  1. Für behinderte Menschen, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und denen Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 geleistet wird, wird ein Mehrbedarf von 35 vom Hundert des maßgebenden Regelsatzes anerkannt, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht. Satz 1 kann auch nach Beendigung der in § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 genannten Leistungen während einer angemessenen Übergangszeit, insbesondere einer Einarbeitungszeit, angewendet werden. Absatz 1 Nr. 2 ist daneben nicht anzuwenden.
  2. Für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, wird ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
  3. Die Summe des insgesamt anzuerkennenden Mehrbedarfs darf die Höhe des maßgebenden Regelsatzes nicht übersteigen.”

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_12/__30.html

Autisten haben nicht selten auch Gluten- oder Lactoseallergien, die sich z.B. auf deren geistige Leistungsfähigkeit auswirken. Nach diesem Begutachtungsleitfaden ist für eine glutenfreie Kost in der Regel ein Mehrbedarf von 66,46€ anzusetzen, für lactosefreie Kost ist uns bisher kein Richtwert bekannt. Die Mehrkosten können übernommen werden, wenn eine ärztliche Bescheinigung zu dem Zusammenhang vorgelegt wird. Neben Empfehlungskatalogen wie dem folgend im Zitat genannten, welche keine Gesetzeskraft besitzen, sollte immer auch eine Einzelfallprüfung möglich sein, besonders wenn die tatsächlichen Mehrkosten höher ausfallen.

Zitat:

“In der Regel werden die Aufwendungen für Krankheiten gewährt, bei denen die Notwendigkeit einer kostenaufwändigeren Ernährung nach den Empfehlungen des Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge (DV) anerkannt sind.”

Quelle: http://www.behindertenbeauftragter.de/index.php5?nid=33

Nach der Rechtsprechung besteht nicht nur Anspruch auf Mehrbedarfe für besondere medizinisch notwendige Ernährung, sondern z.B. auch für medizinisch notwendige Pflegeprodukte. Das gilt auch, wenn die Kosten von Monat zu Monat stark schwanken. Laut BSG B 1 KR 10/07 R sind jedoch bei Übernahme der Kosten durch eine Krankenkasse die Zuzahlungen der gesetzlichen Krankenkassen von 1% der jährlichen Bruttoeinnahmen bei chronischem (dauerhaften) Bedarf und 2% bei nicht chronischem Bedarf auch bei ALG2 rechtmäßig, da ALG2 über dem verfassungsmäßig garantierten Existenzminimum liege. Zudem sei dazu besonders das Urteil SG Lüneburg S 30 AS 328/05 ER zitiert:

Zitat:

“Die im Antrag angegebene Höhe der Ausgaben mit ca. 240,– Euro monatlich ist jedoch nicht glaubhaft gemacht, jedenfalls nicht als Bedarf, der in dieser Höhe regelmäßig jeden Monat anfällt. Die (Anfang Juli) vorgelegten Nachweise für den Monat Juni belegen Kosten in Höhe von 92,67 Euro. Es ist daher davon auszugehen, dass der Bedarf entsprechend dem Gesundheitszustand von D. erheblich schwanken kann. Aus diesem Grund sind die Kosten von der Antragsgegnerin jeweils in der Höhe zu übernehmen, wie sie nachgewiesen werden.Die Leistungen sind nach § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Darlehen zu erbringen. Allerdings erscheint problematisch, dass dieses Darlehen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB II durch monatliche Aufrechnung in Höhe von bis zu 10 vom Hundert der an die Antragstellerin zu zahlenden Regelleistung zu tilgen ist. Im Hinblick auf die Höhe der zu gewährenden Leistungen könnte darin möglicherweise ein Verfassungsverstoß liegen. Wie oben bereits dargelegt, ist im Rahmen des Eilverfahrens davon auszugehen, dass es sich um einen medizinisch notwendigen Bedarf an Heil- und Körperpflegeprodukten handelt. Dieser ist im speziellen Fall des Kindes D. überdurchschnittlich hoch. Aus diesem Grund reicht die Regelleistung zur Deckung des Bedarfes nicht aus. Das SGB II muss jedoch, um eine Grundsicherung zu gewährleisten, einen solchen medizinisch notwendigen Bedarf gewähren. Zwar gibt es keine Vorschrift im SGB II, wonach in besonders begründeten Einzelfällen die Regelleistungen zu erhöhen wären oder eine nicht rückzahlbare Beihilfe zu zahlen wäre. Jedoch gebietet der Individualisierungsgrundsatz, dass dieser Bedarf zu decken ist. Der Individualisierungsgrundsatz ist Ausdruck der an der Menschenwürde ausgerichteten Zielsetzung der Sozialhilfe und damit verfassungsrechtlich unverzichtbar (Brünner in LPK-SGB II, Rn. 22 zu § 20). Im früheren BSHG war der Individualisierungsgrundsatz in § 3 geregelt. Eine entsprechende Regelung findet sich heute in § 9 SGB XII; im SGB II ist jedoch keine entsprechende Vorschrift vorhanden. Eine Öffnung der Regelleistung für die individuelle Bedarfssituation ist damit weitgehend verhindert (Hauck/Noftz SGB II, Rn. 6 zu § 20). Da es jedoch – wie im vorliegenden Fall – in Einzelfällen vorkommen kann, dass die Regelleistung für den individuell anzuerkennenden Bedarf nicht ausreicht, würde in derartigen Einzelfällen die Regelleistung das soziokulturelle Existenzminimum nicht mehr abdecken. Sie wäre damit unangemessen niedrig und verfassungswidrig. In diesen Fällen ist es angebracht, im Wege der verfassungskonformen Auslegung im Einzelfall einen höheren Bedarf anzuerkennen (Eicher/Spellbrink, SGB II, Rn. 8 zu § 20; Brünner in LPK-SGB II, Rn. 23 zu § 20). Da im Fall des Kindes der Antragstellerin die Kosten für Heil- und Körperpflegemittel zur Gewährleistung der medizinischen Versorgung und zur Gesunderhaltung notwendig sind, könnte in der Rückforderung des Darlehens möglicherweise ein Verfassungsverstoß liegen, weil die Tochter der Antragstellerin dann durch Wahrnehmung ihres Grundrechtes aus Artikel 2 Grundgesetz auf Dauer finanziell benachteiligt wird.”

Quelle: http://www.my-sozialberatung.de

Kindergeld für behinderte Erwachsene

Autisten, die wegen ihrer Behinderungen außerstande sind ihren Lebensunterhalt zu bestreiten sind Kinder nach §32 EStG: Dementsprechend ist den Eltern für sie Kindergeld oder der Kinderfreibetrag zu gewähren. Das Kindergeld kann auf Antrag auch dem Autisten selbst ausgezahlt werden. Kindergeld ist rechtlich gesehen übrigens zu großen Teilen ein Ausgleich für die Besteuerung des Existenzminimums von Kindern und keine Sozialleistung.

Zitat:

“(4) Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es
[…]
3. wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.”

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32.html

Die Altersgrenze im EStG §32
Da Autismus immer von Geburt an besteht, ist die Altersgrenze des Eintritts der Behinderung vor 27. oder heute 25. Lebensjahr (Geburtsjahr bis 1981: bis 27; Geburtsjahr 1982: bis 26; Geburtsjahr ab 1983: bis 25) eigentlich nicht zweifelhaft. Aber manche Familienkasse macht schon hierbei trotzdem Ärger. Daher ist es sinnvoll sich ein ärztliches Attest zu besorgen, in dem bestätigt wird, daß Autismus seit der Geburt besteht und lebenslang Bestand haben wird.
Wenn keine rückwirkende Feststellung durch das Versorgungsamt erfolgte, ist das nicht weiter schlimm, denn das bedeutet nicht automatisch, daß das Versorgungsamt das Bestehen seit Geburt bezweifelt. Das Versorgungsamt stellt die Behinderung nämlich in der Regel gemäß SchwbAwV §6 nur rückwirkend unter der zusätzlichen Bedingung eines “besonderen Interesses” fest:

Zitat:

“Ist auf Antrag des schwerbehinderten Menschen nach Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses festgestellt worden, daß die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, ein anderer Grad der Behinderung oder ein oder mehrere gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, ist zusätzlich das Datum einzutragen, von dem ab die jeweiligen Voraussetzungen mit dem Ausweis nachgewiesen werden können.”

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/schwbawv/__6.html

Hierzu ergängend ein Zitat aus einem Urteil, das verdeutlicht, daß das Interesse an der Bewilligung von Kindergeld kein besonderes Interesse gemäß SchwbAwV darstellt:

Zitat:

“Denn – und so hat es das zuständige Arbeitsamt in den vorgelegten Bescheiden auch ausgeführt – die Gewährung des Kindergeldes hängt nicht davon ab, ob ein GdB von 50 vorliegt, sondern davon, ob der Betroffene wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und dass diese Behinderung vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommenssteuergesetzes – EStG -). Der festgestellte GdB kann insofern zwar als Nachweis einer Behinderung dienen. Jedoch genügt auch ein GdB von 30 in Verbindung mit der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX (vgl. Glanegger in Schmidt, EstG, 21. Auflage 2002, § 32 Rn. 50 sowie Einkommmenssteuer-Richtlinien 1999 bzw. 2003, R 180d). Deshalb mag zwar ein GdB von 50 eine Indizwirkung für die Feststellung des Umfangs der Behinderung im kindergeldrechtlichen Sinne und die dort nötige Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen der Behinderung und der Unfähigkeit zum Selbstunterhalt haben. Rechtliche Voraussetzung für einen Kindergeldanspruch ist er aber nicht, zumal der Behinderungsbegriff des EStG nicht identisch mit dem GdB des SGB IX ist (vgl. hierzu ausführlich: Seewald/Felix, Kindergeldrecht, Stand: 12/98, § 63 EStG, Rn. 292 ff.). Es obliegt deshalb den für die Kindergeldgewährung zuständigen Behörden, die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs ggf. rückwirkend zu prüfen, nicht aber den Versorgungsbehörden mittels Feststellung des GdB. Dies gilt ganz besonders angesichts der beschriebenen, mit einer rückwirkenden Feststellung eines GdB von 50 verbundenen Probleme, so dass sich das besondere Interesse im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV auf diese Weise nicht begründen lässt.”

Quelle: SG Dresden vom 9. Dezember 2004 – Az.: S 7 SB 340/02 http://www.anhaltspunkte.de/rspr/urteile/S_7_SB_340.02.htm

Ursächlichkeit der Behinderung
Zunächst ein Zitat aus der offiziellen Dienstanweisung, nach der die Familienkasse den Antrag beurteilen sollte, der DA-FamEStG 63.3.6.3.1:

Zitat:

“(1) Die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit wird grundsätzlich zu verneinen sein, wenn der Grad der Behinderung weniger als 50 beträgt und besondere Umstände dafür, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann, nicht ersichtlich sind. Es ist unbeachtlich, ob die mögliche Erwerbstätigkeit dem behinderten Menschen nach seinem derzeitigen Bildungs- und Ausbildungsstand zugemutet werden kann. Allein die Feststellung eines sehr hohen Grades der Behinderung rechtfertigt die Annahme der Ursächlichkeit nicht.
(2) Die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit kann grundsätzlich angenommen werden, wenn
– im Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch oder im Feststellungsbescheid das Merkmal „H“ (hilflos) eingetragen ist oder
– der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt und besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen erscheint (z.B. Unterbringung in einer Werkstatt für behinderte Menschen).
Dem Merkzeichen „H“ steht die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Pflegestufe III nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundessozialhilfegesetz oder diesen entsprechenden Bestimmungen gleich; diese ist durch Vorlage des entsprechenden Bescheides nachzuweisen.
(3) Bestehen Zweifel an der Ursächlichkeit der Behinderung, ist eine Stellungnahme der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit darüber einzuholen, ob die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung nach §76 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt sind. Liegen die Voraussetzungen vor, ist das Kind zu berücksichtigen, auch wenn es eine Erwerbstätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich (vgl. Abs. 4) ausüben könnte. Der Anspruch ist jährlich zu prüfen. Für die Anfrage ist der Vordruck KG 4a zu verwenden. Der Feststellungsbescheid und ggf. vorhandene ärztliche Bescheinigungen sind beizufügen. Ist der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit mangels hinreichender Unterlagen eine Stellungnahme nicht möglich, teilt sie dies auf der Rückseite des Vordrucks KG 4a der Familienkasse mit. In diesem Fall ist dem Antragsteller unter Verwendung des Vordrucks KG 4b vorzuschlagen, das Kind durch den Ärztlichen/Psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit begutachten zu lassen. Dabei ist er auf die Rechtsfolgen der Nichtfeststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen hinzuweisen. Wird die Begutachtung verweigert, so ist der Antrag abzulehnen. Sofern der Berechtigte innerhalb der gesetzten Frist nicht widerspricht, leitet die Familienkasse erneut eine Anfrage der Reha/SB-Stelle zu, die ihrerseits die Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst und ggf. den Psychologischen Dienst veranlasst. Das Gutachten ist an die Reha/SB-Stelle zu senden, damit diese die Anfrage der Familienkasse beantworten kann. Das Gutachten verbleibt bei der Reha/SB-Stelle. Erscheint das Kind ohne Angabe von Gründen nicht zur Begutachtung, gibt der Ärztliche Dienst/Psychologische Dienst die Unterlagen an die Reha/SB-Stelle zurück, die ihrerseits die Familienkasse unterrichtet. Diese entscheidet dann unter Einbeziehung der Stellungnahme der Reha/SB-Stelle.
(4) Kann nach den Abs. 1 bis 3 nicht festgestellt werden, ob die Behinderung die Ursache für die Unfähigkeit des Kindes ist, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, so ist eine Stellungnahme der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit zu der Frage einzuholen, ob das Kind nach Art und Umfang seiner Behinderung in der Lage ist, eine arbeitslosen-versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Ist das Kind hierzu nicht in der Lage, kann unterstellt werden, dass die Behinderung der Grund für die Erwerbslosigkeit ist. Für das Verfahren gilt Abs. 3.
(5) Ein über 27 Jahre altes Kind, das wegen seiner Behinderung noch in Schul- oder Berufsausbildung steht, ist in jedem Fall als unfähig zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit anzusehen. Es kann unterstellt werden, dass die Behinderung der Grund für die Verlängerung ist, wenn der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt.”

Quelle: Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG); Linkquelle

Einen ausdrücklichen Hinweis wert dürfte in dieser Darstellung besonders die Koppelung von Merkzeichen H an die dann als erfüllt anzusehende Ursächlichkeit aus Punkt 2 sein. Denn wie auf dieser Seite im Kapitel zu Merkzeichen H nachzulesen ist, ist bei Autisten Merkzeichen H nach AHP regelhaft bis zum 16. Lebensjahr zu gewähren. Deswegen sollte bei Autisten in jedem Fall eine Ursächlichkeit weit vor der Altersgrenze vorgelegen haben, da Autismus bekanntlich angeboren ist und bis zum 16. Lebensjahr also ein klarer Anspruch auf H bestanden hätte, auch wenn die Diagnose erst viel später bestellt wurde. Im übrigen wird weiter unten eine Passage zitiert, die verdeutlicht, daß die Unfähigkeit seinen Lebensunterhalt ökonomisch selbst zu bewerkstelligen theoretisch sogar gar nicht nicht vorm Erreichen der Altersgrenze bestanden haben muß, sondern nur die Behinderung an sich, was von Ämtern manchmal anders behauptet wird.
Der zitierte Text ist kein Gesetz, sondern nur eine Dienstanweisung, daher ist die Rechtsprechung maßgeblich, hierzu dies:

Zitat:

“Macht die Kindergeldkasse Ihnen das Kindergeld streitig, weil Ihr Kind zum Beispiel der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand, sollten Sie sich wehren. Die Behinderung muss nämlich nicht alleiniger Grund sein. Eine Mitverursachung durch die Behinderung reicht aus (FG Sachsen 1 K 1565/04 (Kg) vom 26.06.2006, EFG 2006, Seite 50).
Das letzte Wort hat allerdings der BFH. Stützen Sie deshalb Ihren Einspruch gegen den ablehnenden Kindergeldbescheid auf die Revision III R 72/06 und beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens.”

Quelle: http://www.steuertipps.de/?menuID=8&navID=17&softlinkID=9613&softCache=true

Zitat:

“Das Finanzgericht Düsseldorf stellte klar, dass es nicht darauf ankomme, ob eine Person theoretisch in der Lage ist zu arbeiten. Entscheidend sei, ob die Aussicht auf einen Job realistisch ist (FG Düsseldorf vom 8.2.2007, Az. 14 K 5102/05 Kg).
Im Klartext: Die Familienkasse muss den Eltern Kindergeld zahlen, wenn

  • dem Kind eine Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent bescheinigt wurde und
  • die Arbeitsagentur es trotz dauerhafter Bemühungen nicht schafft, dem Kind eine Stelle zu vermitteln.

Unter diesen Voraussetzungen greift eine Vereinfachungsregelung der
Finanzverwaltung: Es liegen “besondere Umstände” vor, die eine Erwerbstätigkeit des Kindes ausgeschlossen scheinen lassen (H 32.9 EStH).
Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Betroffene Eltern sollten in vergleichbaren Fällen Einspruch einlegen. Verweisen Sie auf die anhängige Revision III R 16/07 und beantragen Sie Ruhen des Verfahrens. Übrigens: Der Ausgang des Verfahrens gewinnt künftig an Bedeutung, denn die Altersgrenze für das Kindergeld wird von 27 auf 25 Jahre herabgesetzt.”

Quelle: http://www.steuertipps.de/?menuID=8&navID=17&softlinkID=9937&softCache=true

Sonstige Voraussetzungen

Zitat:

  • DA-FamEStG 63.3.6.1.5: “Seine Behinderung [die des “Kindes”] muss vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten sein, nicht jedoch die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten.”
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