Autismus - ohne wäre die Normalität gestört

 

 

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Neues von Bundestagspetition 26687

Aufgrund der besonderen Relevanz des Themas sei hier die Antwort des Petitionsausschusses, sowie die diesseitige Reaktion darauf widergegeben:

Der ursprüngliche Petitionswortlaut findet sich hier.

Stellungnahme Bundesgesundheitsministerium:

Bearbeitet von Dr. …Zu der o.g. Eingabe nehme ich wie folgt Stellung:

Der Petent beschwert sich, dass in Deutschland die sog. Eugenik vor allem durch Entscheidungen der Ärzte betrieben werde und führt als Beispiel dafür Ausschlusskriterien für Samenbanken an. Der Petent beklagt, dass Behinderung bis heute oft nich als Personeneigenschaft betrachtet werde, statt als Form der Diskriminierung. Er sieht Menschen mit Behinderung einer völkermordartigen Situation ausgesetzt und fordert umfassende Gesetzesänderungen. Der Petent regt Verbote für Prävention, selektiven Schwangerschaftsabbruch, „Eugenik“ oder Gendiagnostik sowie Forschung vergleichbarer Zielsetzung bezüglich von ihm definierter Gruppen an. Nach Auffassung des Petenten werden Menschen durch die heutigen gesetzlichen Regelungen erheblich diskriminiert.

Die vorliegende Petition ist gegenstandslos. Das vom Petenten angeführte Beispiel von Ausschlusskriterien für Samenbanken trifft nicht zu. Sofern der Petent auf die gemäß der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen vorgeschriebenen serologischen Untersuchungen im Rahmen der Keimzellspende abzielt, so dienen diese ausschließlich der Minimierung von infektologischen Risiken für die Empfänger von gespendeten menschlichen Geweben und Zellen sowie für das Material verarbeitende Personal.

In der Bundesrepublik Deutschland sehen zahlreiche Vorschriften einen Schutz vor Diskriminierung vor. Nach Artikel 3 Absatz 3 Satz 2 des Grundgesetzes darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Diese Vorschrift bindet in erster Linie die öffentliche Gewalt, entfaltet aber über Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe eine mittelbare Rechtswirkung für das Privatrecht.

Auch das Gendiagnostikgesetz legt fest, dass niemand wegen seiner oder der genetischen Eigenschaften einer genetisch verwandten Person, wegen der Vornahme oder Nichtvornahme einer genetischen Untersuchung oder analyse bei sich oder einer genetisch verwandten Person oder wegen des Ergebnisses einer solchen Untersuchung oder Analyse benachteiligt werden darf.

Soweit der Petent ein Verbot „selektiver Schwangerschaftsabbrüche“ fordert und zur Begründung darauf verweist, derzeit würden „Menschen abgetrieben …, weil sie Eigenschaften aufweisen, die die Gesellschaft aktuell vor allem negativ bewertet“ (gemeint dürften Behinderungen des ungebordenen Kindes sein), ist darauf hinzuweisen, dass die Auffassung, dass die Behinderung des ungeborenen Kindes zu einem Schwangerschaftsabbruch berechtigt, nicht richtig ist. Nach der zwölften Woche seit der Empfängnis darf eine Schwangerschaft nur abgebrochen werden, wenn eine medizinische Indikation vorliegt. Das ist dann der Fall, wenn eine Gefahr für Leib oder Gesundheit der schwangeren Frau besteht, die nur durch den Abbruch der Schwangerschaft abgewendet werden kann. Ob das der Fall ist, ist durch den Arzt zu beurteilen. Dabei hat der Arzt die gegenwärtigen und zukünftigen Lebensverhältnisse der Frau zu berücksichtigen. Es kann nämlich nicht nur sein, dass der körperliche Zustand der Schwangerschaft Leben oder Gesundheit der Frau gefährdet, sondern auch die Versorgung des Kindes nach der Geburt kann die Mutter so überfordern, dass ihre Gesundheit Schaden nimmt. Das ist z.B. möglich, wenn die Mutter noch sehr jung oder schon fortgeschrittenen Alters ist, sie aber schon mehrere Kinder hat, die sie versorgen muss und die Versorgung eines weiteren Kindes über ihre Kräfte geht. Möglich ist auch, dass die Versorgung eines Kindes, das sehr schwer krank oder behindert ist, vielleicht nach kurzer Zeit sterben muss, eine Mutter so stark belastet, dass sie körperlich oder seelisch krank werden kann. Nur in solchen Fällen ist der Abbruch der Schwangerschaft erlaubt, die Tatsache, dass das Kind behindert sein wird, berechtigt noch nicht zu einem Schwangerschaftsabbruch.

Damit im Falle einer im Raum stehenden medizinischen Indikation eine fundierte tragfähige Einschätzung darüber getroffen werden kann, ob die Schwangere den zu erwartenden Belastungen gewachsen ist oder diese für sie eine Lebens- und Gesundheitsgefahr darstellen, wurde durch das Schwangerschaftsdiagnostikgesetz in der seit 1. Januar 2010 geltenden Fassung eine gesetzliche Regelung geschaffen mit dem Ziel einer verbesserten medizinischen und psychosozialen Beratung und Unterstützung Schwangerer im Vorfeld einer möglichen medizinischen Indikation, insbesondere im Kontext eines auffälligen pränataldiagnostischen Befunds.

 

Anschreiben Petitionsausschuss:

[…]Nach Auffassung des Ausschußdienstes sind die Ausführungen des Fachministeriums nicht zu beanstanden. In Hinblick auf das Ergebnis sehe ich das Petitionsverfahren als erledigt an.

 

Antwort Petent an den Petitionsausschuss:

Leider ist diese Stellungnahme, die der Petitionsausschuß nicht zu beanstanden fand und damit die Sache offenbar als beendet betrachtete, in der Sache offensichtlich ungenügend. Bedenken gegen die Einordnung in das Themengebiet „Gesundheitswesen“ wurden bereits frühzeitig mitgeteilt, diese Bedenken erscheinen durch das bisherige Ergebnis auch als vollkommen berechtigt. Aus diesem Grund bitten wir darum die Sache dem Bundesjustizministerium zuzuleiten, das diese Sache möglicherweise aus einem etwas sachgerechteren Blickwinkel betrachten wird.Da die Stellungnahme aus dem Gesundheitsministerium in einigen Punkten durchaus sachlich argumentiert, sei im Folgenden ergänzend darauf eingegangen:

1. Behinderung ist keine Personeneigenschaft

Herr Dr. … hat diese Frage in seiner einleitenden Zusammenfassung durchaus allgemein richtig wiedergegeben: „Der Petent beklagt, dass Behinderung bis heute noch oft als Personeneigenschaft betrachtet werde, statt als Form der Diskriminierung“

Umso verwunderlicher ist in der Folge die nicht nur gänzlich fehlende Auseinandersetzung mit diesem auch Gesetzgebung sehr grundlegend beeinflussenden Punkt, sondern mehr noch die kommentar- und argumentationslose Abhandlung der Stellungnahme zur Petition genau in dem heute nicht mehr sachlich haltbaren Geist, der in der Petition kritisiert wurde, ein Beispiel: „derzeit würden „Menschen abgetrieben …, weil sie Eigenschaften aufweisen, die die Gesellschaft aktuell vor allem negativ bewertet“ (gemeint dürften Behinderungen des ungeborenen Kindes sein)“

2. „Medizinische“ Indikation

Die heutige Regelung wurde u.a. durch diverse Urteile des Bundesverfassungsgerichts geprägt, in denen frühere Fassungen als verfassungswidrig untersagt wurden. Die Bundesregierung vermutet (wieder einmal) in der aktuellen Fassung eine verfassungsgemäße Regelung gefunden zu haben.

Die heutige Regelung stellt aus hiesiger Einschätzung eine mittelbare Diskriminierung statt. Es dürfte statistisch leicht zu belegen sein, daß von dieser Regelung praktisch ausschließlich Bevölkerungsgruppen betroffen sind, die wie in der Stellungnahme richtig aus dem GG zitiert, nicht vom Staat diskriminiert werden dürfen und von ihm grundsätzlich auch aktiv durch entsprechende Regelungen zu schützen sind.

Bezeichnend ist auch hier in der Stellungnahme eine Argumentation, die sinngemäß vollkommen darauf aufbaut, daß die jeweiligen ungeborenen Kinder an sich eine gesundheitliche Belastung der Mutter darstellen dürften. Auch hier wird erneut ein Kernpunkt der Petition einfach ignoriert. Denn die belastenden Umstände gehen nicht auf persönliche Eigenschaften zurück, sondern auf gesellschaftliche Umstände, die der Staat zu verhindern verpflichtet ist. Daraus ergibt sich eine Situation in der der Staat wie bereits früher ausgeführt, gesellschaftliche Diskriminierungen nicht gemäß ihrer Ursachen (mangelnde Bewusstseinsbildung, Inklusion, Universelles Design, etc.) angeht, sondern gesetzlich die Grundlage dafür schafft systematisch typische Opfer von Diskriminierungen legal töten zu können.

Auch auf den beispielhaften Vergleich mit einer Pränataldiagnostik bezüglich der Hautfarbe wurde schlichtweg nicht eingegangen, obwohl diese Frage der Gleichbehandlung verschiedener diskriminierter Bevölkerungsgruppen für das Anliegen der Petition von zentraler Wichtigkeit ist. Dürfte also eine Mutter nach Auffassung der Bundesregierung ein ungeborenes Kind mittels der aktuellen Regelung legal abtreiben lassen, weil ein Arzt feststellt, daß die Mutter durch die Hautfarbe des Kindes entsprechend belastet werden könnte? Oder wäre es mittels dieser Regelung möglich, daß eine gehörlose oder autistische Mutter ein als nichtgehörlos/nichtautistisch diagnostiziertes ungeborenes Kind legal abtreiben läßt, weil ein nichtgehörloses/nichtautistisches Kind für sie im Gegensatz zu einem gehörlosen/autistischen Kind nach Ansicht eines Arztes eine entsprechende Belastung darstellen könnte?

Ist die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen von Grundgesetz und bestehender Menschenrechte (darunter auch die UN-Behindertenrechtskonvention) nach Ansicht der Bundesregierung berechtigt ungeborene Kinder legal abtreiben zu lassen, weil diese Kinder später vermutlich durch die Gesellschaft diskriminiert würden und ein Miterleben dieser Diskriminierungen für die Mutter gesundheitlich möglicherweise nicht vertretbar wäre?

3. Regularien von Samenbanken

Ein Beispiel:

„Ziele der Screeninguntersuchungen sind:
– die Verhütung einer Infektion der behandelten Frau und ihrer Familie durch die Spendersamenübertragung.
– die Verminderung des Risikos genetischer Störungen bei einem durch Spendersamen gezeugten Kind.

[…]

11.2. Genetisches Screening

Da jeder Mensch heterozygoter Träger von mindestens 3 bis 12 Genmutationen ist, welche bei homozygoter Trägerschaft potentielle gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen können, kann das Risiko einer erblichen oder genetischen Erkrankung oder Belastung bei der DI nur minimiert, aber nie ausgeschlossen werden. Im ärztlichen Gespräch mit dem Spender sollte eingehend die Familienanamnese mit Stammbaum eruiert werden. Männer mit bekannten autosomal dominanten Erkrankungen oder autosomal-rezessiver Anlageschaft sind von der Samenspende
auszuschließen. Männer mit gehäuftem Auftreten folgender Krankheiten mit erblicher Komponente in der Familie
oder in der Eigenanamnese sind ebenfalls von der Samenspende auszuschließen:
– schwere allergische Disposition
– familiäre Fettstoffwechselstörungen
– Lippen-Kiefer-Gaumenspalte
– Epilepsie
– juveniler Diabetes
– Asthma
– Rheuma
– Psoriasis
– familiäre Herzfehler
– Psychosen
– juvenile Hypertonie
Zytogenetische oder molekulargenetische Screeninguntersuchungen werden bei Spendern in der Regel nicht durchgeführt. Streben Wunscheltern die Bereitstellung von Spendersamen eines Spenders an, der zytogenetisch oder molekulargenetisch untersucht ist, so kann die Samenbank die Durchführung entsprechender Untersuchungen bei dem Spender veranlassen. Die Kosten für diese Untersuchung können den Wunscheltern in Rechnung gestellt werden.
Wird im Rahmen der Abortdiagnostik bei einem Empfängerpaar der Verdacht auf eine genetische Störung des Spenders gestellt, so sollte die genetische Abklärung des Spenders von der Samenbank zu diesem Zeitpunkt veranlasst werden.
Findet sich dabei eine homo- oder heterozygote Trägerschaft für ein Erbleiden, so sind noch vorhandene Proben des Spenders zu vernichten und nach Abwägung das Sachverhaltes eventuell die Wunscheltern zu informieren, die ein Kind aus der Behandlung mit Spendersamen des betreffenden Spenders haben oder ggf. noch über eingefrorenes Material des Spenders verfügen.“
http://www.donogene-insemination.de/downloads/Richtl_Druckfassung.pdf

4. Völkermord

Diese Frage war zwar nicht Hauptpunkt dieser Petition, durchaus aber im Hintergrund angerissen worden. In seiner Zusammenfassung griff Dr. … diesen Punkt auf ohne dann weiter namentlich darauf einzugehen.

Es sei dem Petitionsausschuß zugestanden, daß sicherlich bei einem solchen kontroversen Thema die Bandbreite des sachlichen Niveaus von Petitionstexten stark auseinandergehen. Daher sei hier erklärt, daß der Gebrauch dieses Begriffs keine bloße Polemik darstellte, sondern durchaus weitere ernste Bedenken wiedergibt.

Der Straftatbestand des Völkermords (§6 VStGB) bezieht sich unter anderem auf die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung. Eine solche Maßnahme stellt z.B. die Regelung zu Spätabtreibungen dar, die faktisch ausschließlich gegen bestimmte Bevölkerungsgruppen gerichtet ist.

Da es dabei um sehr verschiedene Gruppen geht, ist nicht pauschal eindeutig zu beantworten, ob jede Gruppe oder Teilgruppe eine durch die Norm geschützte Gruppe darstellt. Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht für eine weite Auslegung. Der Rechtsbegriff der Rasse besitzt seit Jahrzehnten keine wissenschaftliche Grundlage mehr. In Zeiten der Genetik ist anzunehmen, daß das Kriterium der Rasse besonders gut eine Bevölkerungsgruppe kennzeichnet, die aufgrund genetischer Eigenheiten als ähnlich zu erkennen sind. Dies dürfte etwa auf die Bevölkerungsgruppe der Personen mit Trisomie 21 zutreffen, die weithin auch äußerlich ihrer Gruppe zugeordnet werden. Diese Zuordnung hat in diesem Fall sogar eine ganze Reihe von Begriffen hervorgebracht, die alle von breiten Bevölkerungsteilen benutzt wurden oder werden um Zugehörige dieser Bevölkerungsgruppe zu bezeichnen, etwa den rassistisch ausgrenzenden Begriff „Mongoloide“. Diese Bevölkerungsgruppe ist seit Jahren bereits massiven Tötungen ausgesetzt, die praktisch schon bald einer weitgehenden Auslöschung gleichkommen wird. Aktuell findet hier bekanntermaßen auch eine Innovation der eingesetzten eugenischen Technologie statt.

Gehörlose und Autisten indes fallen eher in die Kategorie der kulturellen Minderheit, denn Kommunikationseigenheiten sind ein hierfür relevanter Faktor. Es sei z.B. darauf verwiesen, daß Gebärdensprache in Deutschland als Sprache mittlerweile offiziell anerkannt ist.

Die heutigen Praktiken nicht als Völkermord zu betrachten, wäre aus hiesiger Sicht eine ähnliche Fehlleistung wie die langjährige gedankliche Ausklammerung von „Negern“ aus der Anwendung des Wortlauts der US-Verfassung. Ebenso führen aufgrund des Ernstes der Vorgänge Versuche die Abläufe durch Formalien zu legitimieren auf ein dünnes Eis. Solche förmlichen Schutzmaßnahmen sind auch aus anderen historischen Situationen allgemein bekannt. So werden beispielsweise auch vom deutschen AGG, das maßgeblich auf Drängen der EU verabschiedet wurde, mittelbare Benachteiligungen verboten, die durch in der Form zunächst scheinbar objektive Kriterien bestimmte Bevölkerungsgruppen faktisch diskriminieren.

Der Straftatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit (§7 VStGB) trifft aus unserer Sicht ebenfalls zu, da die oben bereits benannten eugenischen Säuberungen in der Summe eindeutig darauf abzielen Bevölkerungsgruppen zu zerstören (Abs. 2), indem diese umfassend menschenrechtswidrigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind, die auch für die Angehörigen eine schwere Belastung darstellen, um dann diese Belastungen systematisch tatsachenwidrig auf die jeweiligen Bevölkerungsgruppen selbst zu projizieren und so ihre gänzliche Ausrottung zu begründen.

Der aus unserer Sicht sauberste Ausweg aus diesem grundlegenden Dilemma wurde bereits in der ursprünglichen Petition in Grundzügen präsentiert.

Bundestagspetition 26687

Wortlaut der ESH-Petition:

„Wer kann entscheiden, welches Leben lebenswert ist und welches nicht? Ärzte aufgrund ihres fachbedingt mangelnden sozialwissenschaftlichen Verständnisses gesellschaftlicher Prozesse nicht. Dennoch wird in D Eugenik vor allem durch Entscheidungen der Ärzte betrieben, z.B. im Rahmen von Ausschlußkriterien für Samenbanken. Aber was unterscheidet einen einzelnen „Schwarzen“ von einem einzelnen Menschen m. „abstoßend wirkenden Entstellungen“ abgesehen von kulturbedingten Einstellungen so grundlegend?

Seit langer Zeit schwelt in unserer Gesellschaft bezüglich der sich immer weiter ausbreitenden Eugenik ein heftiger Streit, der sich auch quer durch den Bundestag zieht.

Die eine Seite hält es für grundsätzlich falsch, daß der Mensch sich selbst aktiv zu züchten beginnt, z.B. als genbasierte „Krankheitsvorsorge“ oder daß Menschen abgetrieben werden, weil sie Eigenschaften aufweisen, die die Gesellschaft aktuell vor allem negativ bewertet. Die andere Seite neigt dazu der Zucht des Menschen durch den Menschen aufgeschlossen gegenüberzustehen und auf die Selbstbestimmungsrechte der Eltern zu pochen.

Mir fällt auf, daß in dieser Debatte die jeweiligen Angehörigen der betreffenden Bevölkerungsgruppen (z.B. einzelne Behindertengruppen) und ihre Interessenvertretungen wenn überhaupt nur am Rande wahrgenommen werden. Dies halte ich für einen schwerwiegenden Fehler, weswegen ich umfassende Gesetzesänderungen nach folgendem Maßstab anregen möchte:

Prävention, selektiver Schwangerschaftsabbruch, Eugenik oder Gendiagnostik sowie Forschung mit vergleichbarer Zielsetzung ist bezüglich Gruppen verboten,
1. deren eigenorganisierte und nicht durch gruppenfremde Bevölkerungsgruppen (auch Familienangehörige) maßgeblich mitbeeinflußte Interessenorganisationen, Kulturvereine und dergleichen sich nicht selbst in maßgeblicher Mehrheit dafür aussprechen die eigene Bevölkerungsgruppe durch „Prävention“ in ihrem Nachwuchs zu mindern.
oder
2. aus deren Reihen es irgendwo auf der Welt eine „Pride“-Bewegung gibt.

Behinderung wird bis heute oft noch fälschlich als Personeneigenschaft betrachtet, statt als Form der Diskriminierung. Dennoch wissen wir mittlerweile, daß ein konsequent gedachtes soziales Behinderungsmodell der Realität entspricht: Nicht weil ein Mensch bestimmte Personeneigenschaften aufweist wird er an gesellschaftlicher Teilhabe gehindert, sondern aufgrund des Umstands, daß diese Eigenschaften statistisch untypisch sind.

Nehmen wir eine fiktive Welt an, in der fast alle Menschen Kiemen haben und auch unter Wasser leben. In dieser Welt wäre ein durchschnittlicher Deutscher nach unserem Verständnis schwer behindert, weil er an dieser Gesellschaft vermutlich nicht voll teilhaben könnte. Wäre nun Behinderung etwas, das eher von der Seite der Personeneigenschaften verursacht würde, dann gäbe es zwischen der fiktiven und unserer realen Welt keinen derart massiven Unterschied wie den, daß derselbe Mensch in der einen Welt „normal“ und in der anderen Welt behindert wäre. Dies beweist, daß der letztlich zufällige Umstand einer Minderheitenrolle Behinderung auslöst.

Durch die heutigen gesetzlichen Regelungen werden daher Menschen erheblich diskriminiert und einer völkermordartigen Situation ausgesetzt, eben weil sie gesellschaftlich diskriminiert werden. Nur wegen dieser diskriminiernden Haltungen wird ein Unterschied zwischen klassischen ethnischen „Säuberungen“ und der heutigen Eugenik konstruiert, den es jedoch eigentlich gar nicht gibt.“

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