Autismus - ohne wäre die Normalität gestört

 

 

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Fremdbestimmte „Interessenvertretung“

Teilhabe am öffentlichen und politischen Leben, was auch die Bildung von eigenen Organisationen zur Vertretung der eigenen Belange in der Öffentlichkeit beinhaltet, ist ein Menschenrecht (http://www.ohchr.org/EN/UDHR/Pages/Language.aspx?LangID=ger), ebenso wie das Recht auf freie Meinungsäusserung und das Recht auf Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung. Die Menschenrechte gelten auch für Behinderte (http://www.un.org/Depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf).

Für viele Gruppierungen von Behinderten hat sich diesbezüglich vieles zum Besseren gewandelt, sie werden in der Öffentlichkeit gehört, haben ihre eigenen Interessenvertretungen, die tatsächlich auch bei relevanten Entscheidungen Mitspracherechte haben und die Diskriminierungen nehmen ab. Für Autisten ist es noch ein weiter Weg bis dorthin.

Die vermeintlichen Interessen von Autisten werden weiterhin von eltern- und therapeutenbasierten Organisationen, wie z.B. Autismus Deutschland oder zunehmend auch von Elternverbänden, die viel klarere Vorstellungen darüber haben, welche „therapeutischen“ Ansätze für die Förderung von Autisten unabdingbar seien, wie z.B. ABA-Eltern, vertreten; tatsächlich handelt es sich jedoch weitestgehend um die Interessen der Eltern oder Therapeuten. Diese Elternorganisationen sind oft auch selbst an Therapie- und Forschungseinrichtungen beteiligt und haben stimmberechtigte Mitglieder aus diesen Bereichen. Sogar Regionalverbände von Autismus Deutschland werden zunehmend zu Verbänden, deren Ziele massgeblich von „Therapeuten“ und anderen wirtschaftlich an Autismus interessierten Personen vertreten werden. Somit haben sie also neben der oft vorzufindenden inhaltlichen Mehrheitsneigung solcher Gruppierungen durchaus oft auch ein eigenes wirtschaftliches Interesse, an einer bestimmten Form von Beratung – die meist zuungunsten der Autisten stattfindet – und beraten keineswegs so selbstlos, wie dies oft angenommen und behauptet wird.

Selbst bei reinen Elternorganisationen, die teils aus dem Eindruck heraus entstanden sind, Autismus Deutschland würde spezifische Interessen von „Therapeuten“ und Ärzten zu viel Gewicht beimessen und in denen keine Therapeuten vertreten sind, wie dies beispielsweise bei ABA-Eltern der Fall ist, besteht die Problematik, dass es sich dabei oft um Verbände handelt, die zum Ziel haben, einen oder mehrere bestimmte Therapieansätze zu verbreiten. Fakt ist somit, dass diese Eltern sehr wohl ein eigenes Interesse daran haben, dass die entsprechenden Therapien verbreitet und die Kosten dafür von zuständigen Stellen übernommen werden. Ferner sind diese Eltern von den Therapien oft auf eine Weise überzeugt, die dazu führt, dass so gut wie sämtliche differenzierte Betrachtung an diesen Eltern scheinbar abprallt, ohne überhaupt tatsächlich tiefergehend zur Kenntnis genommen zu werden. Kritik an den Therapien oder auch allgemein an den bestehenden Vorstellungen über Autisten wird in sehr vielen Fällen kaum nachvollzogen.

Wenn Autisten sich äussern, dann werden ihre Forderungen oftmals als irrational, unrealistisch und radikal verstanden. Es wird fälschlich teils angenommen, dass Autisten ihre Interessen auf Kosten von Nichtautisten durchsetzen wollten und es wird oftmals anscheinend nicht einmal versucht, die Lösungsansätze von Autisten tatsächlich zu verstehen. Manchmal wird auch die These vertreten, dass Autisten aufgrund ihrer angeblichen Kommunikationsbehinderung gar nicht in der Lage zur Selbstbestimmung wären und somit – aufgrund ihrer autistischen Veranlagung – nicht als Vertreter in eigener Sache ernst genommen werden müssten. Dass eigentlich bereits kleine Anpassungen ausreichen würden, um Autisten ein würdiges Leben zu ermöglichen und sich dadurch auch Therapien, Heime und Betreuungspersonal erübrigen würde, ohne, dass für Nichtautisten irgendwelche tatsächlichen Nachteile entstünden, wird offenbar nicht beachtet (vgl. Schwarzbuchkapitel zu Therapien). Von Autisten wird anscheinend angenommen, dass sie so „gestört“ seien, dass sie eigentlich allgemein nicht wissen, wovon sie reden und es scheint, vermutlich aufgrund der gravierenden Fehlinformation, für Viele undenkbar zu sein, dass eine win-win-Situation sowohl für Autisten als auch Nichtautisten möglich ist.

Dieses mehr oder weniger eklatante Unwissen von Angehörigen wird besonders im direkten Kontakt mit dieser Personengruppe deutlich. Ebenso deutlich wird auch, wie wenig sie bereit sind, sich auf die Lösungsansätze von Autisten einzulassen. In vielen Fällen wird die Forderung von Autisten, die jeweiligen Umgebungsbedingungen sollten für Autisten angepasst werden, um dem Autisten angemessene Möglichkeiten zu bieten, sich frei zu entfalten und sein Potential voll auszuschöpfen, mit absurden Beispielen ins Lächerliche gezogen. So ist es nicht Ziel der ESH, beispielsweise den Sommer „abzuschaffen“, nur weil ihn ein autistisches Kind scheinbar nicht mag. Die ESH fordert ebensowenig, dass den autistischen Kindern jeder Wunsch von den Lippen abgelesen werden und erfüllt werden muss. Was die ESH fordert, ist „lediglich“, dass im konkreten Einzelfall geschaut wird, wo genau das Problem liegt und nach erfolgter, sorgfältiger Problemanalyse (die sich nicht nur auf eine oberflächliche „Problemanalyse“, wie im obigen Beispiel beschränkt und mehr darauf abzuzielen scheint, die Forderungen von Autisten ins Absurde zu übersteigern und dadurch auch lächerlich zu machen) genau dieses Problem zu beseitigen. Meist handelt es sich dabei, wie schon erwähnt, um Kleinigkeiten, die berücksichtigt werden müssen. So könnte das Kind, das scheinbar ein Problem mit dem Sommer hat, lediglich empfindlich auf Luftzug reagieren, der in sommerlicher Kleidung mit kurzen Ärmeln und Hosen deutlich stärker spürbar ist, als, wenn der ganze Körper durch Kleidung bedeckt wird. Viele solche Kleinigkeiten kumulieren sich für Autisten zu einem Wust an Überlastungen, die es ihnen verunmöglichen diese in ihrer Masse sinnvoll zu kompensieren, weswegen sie dadurch auch „unfähig“ wirken, weil sie ständig mit Kompensation beschäftigt sind. Können diese Kleinigkeiten jedoch weitgehend beseitigt werden – was in den allermeisten Fällen durchaus machbar ist, ohne sich in Umkosten zu stürzen oder der Familie immense Belastungen zuzumuten – eher im Gegenteil), wird das Verhältnis zum Autisten auf einmal viel entspannter, der Autist ist in der Lage selbständig zu lernen und wirkt auf einmal nicht mehr so „schwer betroffen“, da Überlastungsreaktionen mehr und mehr ausbleiben. Weiter hat dies zur Folge, dass der Autist auf einmal durchaus in der Lage ist, mit tatsächlich unabänderlichen Umständen (wie z.B. dem Wetter) umzugehen.

Die häufigsten Falschannahmen über Autistenorganisationen

Erstaunlich oft gehen Eltern, wenn sie mit Autisten in Kontakt treten davon aus, dass es sich bei den Autisten, die sich eigenständig in Organisationen sammeln und für sich selbst sprechen wollen, um „lediglich leicht betroffene Asperger“ handelt. Dies führt oftmals dazu, dass diesen vermeintlichen Aspergern unterstellt wird, sie wären nicht in der Lage sich – aufgrund ihrer fehlenden Theory of Mind – in die „schwer betroffenen“ Kinder der Ratsuchenden Eltern hineinzuversetzen und kompetenten Rat zu erteilen. Diese Annahme ist jedoch schlichtweg falsch. Die ESH und auch viele andere Autistenorganisationen bestehen keineswegs lediglich aus Aspergern. Im Gegenteil: Viele der in der ESH tätigen Autisten wären als Kinder ebenfalls als „schwer betroffen“ eingestuft worden. Der einzige Unterschied ist, dass diese Autisten – im Gegensatz zu vielen heutigen autistischen Kindern – zu Hause die Gelegenheit bekamen, sich frei zu entfalten und ihr Potential auszuschöpfen.

Diesen Autisten die Fähigkeit, sich in andere – ebenso vermeintlich schwer betroffene – Autisten hineinzuversetzen, abzusprechen und davon auszugehen, diese erwachsenen Autisten hätten keine Ahnung wovon sie reden, zeugt von einer Arroganz, die ihresgleichen kaum kennt.

Und selbst wenn es sich bei einigen dieser Autisten tatsächlich „lediglich“ um Asperger handeln sollte, bleibt weiterhin die Frage, woher sich diese Eltern anmassen besser zu wissen, was ihre autistischen Kinder brauchen, als andere Autisten – wozu Asperger eindeutig auch gezählt werden.

Autisten in Elternorganisationen: Mitgliedschaft fürs Image des Vereins

Autisten, sofern ihre Mitgliedschaft in Elternvereinen satzungsbedingt überhaupt zulässig ist, wird oftmals die sinnvolle Teilhabe in diesen Organisationen systematisch z.B. durch Verweigerung schriftlicher Kommunikation verwehrt und in Verbänden, in denen Autisten trotz dieser widrigen Umstände aktiv sind, stellen die Autisten lediglich eine kleine Minderheit und haben aufgrund der Überzahl der Nichtautisten kaum eine Chance, ihre eigenen Interessen auch tatsächlich gleichberechtigt einzubringen, zu entwickeln und durchzusetzen. In der Regel ist davon auszugehen, dass diese beteiligten Autisten lediglich gewissermaßen dazu dienen, um in der Öffentlichkeit eine grössere Legitimität des Verbands zu erreichen – mit der Begründung, dass angeblich auch diejenigen Mitreden dürften, um die es eigentlich geht. Dass dieses Mitreden i.d.R. lediglich symbolischen Gehalt hat und keineswegs gleichberechtigt und ohne Diskriminierungen abläuft, scheint allgemein nicht berücksichtigt zu werden.

Historisch gesehen kommt diesen Elternverbänden durchaus ein relativer Verdienst zu. Diese Autismusverbände entstanden nämlich überwiegend in den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts als Reaktion auf die These der Kühlschrankmutter von Bettelheim (vgl. soziohistorische Einordnung). Ziel war es, die Interessen der autistischen Kinder, die damals noch weitaus schlechter gewahrt wurden als heute, zu vertreten. Diese Elternverbände gewannen zunehmend an Einfluss, arbeiteten von Anfang an eng mit der Wissenschaft zusammen (Hochmann 2009) und prägten teilweise in erheblichem Maße deren gedankliche Herangehensweise an das Thema Autismus. Es bestand der Anspruch, autistischen Kindern, die – aus nichtautistischer Sicht – „wirkungsvollste“ „Therapie“ und „Pflege“ in Heimen zukommen zu lassen und diesen Kindern zu „ermöglichen“, möglichst nichtautistisch zu wirken und sie womöglich sogar von ihrem Autismus zu heilen. Eindeutig als Verdienst der Eltern muss in diesem Zusammenhang hervorgehoben werden, dass diese Heime früher noch weit weniger auf autistische Bedürfnisse ausgerichtet waren als heute. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die heutigen Verhältnisse in Heimen keineswegs auch nur ansatzweise ideal sind – u.a. deswegen werden Heime heutzutage auch als Auslaufmodelle betrachtet. Bei diesen damaligen und auch heute zeitgenössischen „Therapiemodellen“ wird nicht berücksichtigt, dass Autismus als gesundes Persönlichkeitsmerkmal keiner „Therapie“ bedarf und demzufolge auch eine Heilung schlichtweg unnötig und auch unmöglich ist. Als „Therapieerfolge“ werden meist oberflächlich beobachtbare Veränderungen verbucht; die möglichen, weitaus grösseren psychischen Schäden, die dabei am zu therapierenden Kind entstehen, finden dabei in den meisten Fällen keine Beachtung (vgl. Schwarzbuchkapitel zu Therapien).

Doch die Situation hat sich verändert. Im Zuge der Behindertenrechtsbewegung begannen Behinderte zunehmend ihre Rechte einzufordern und dagegen anzukämpfen, als Menschen zweiter Klasse behandelt zu werden. Als Beginn der Behindertenbewegung gilt meist der Zeitpunkt, als Ed Roberts 1962 als erster mehrfach Behinderter in den USA eine Hochschule besuchen durfte (http://www.disabilityculture.org/course/article3.htm).

Seither hat sich vieles getan. Die Rechte Behinderter sind mittlerweile in vielen westlichen Verfassungen verankert, in vielen Bereichen ist eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben für viele Behinderte kein Traum mehr und der Behinderungsbegriff hat sich im Zuge der fortschreitenden wissenschaftlichen Analyse dieses Phänomens gewandelt. Behinderung nämlich wird nicht mehr als feststehende Personeneigenschaft aufgefasst, sondern als gesellschaftliches, historisches und soziales Konstrukt, was bedeutet, dass derjenige behindert ist – dieser neuen Definition zufolge bedeutet dies, dass er durch die vorherrschenden z.B. gesellschaftlichen Bedingungen behindert wird – der aufgrund statistisch unüblicher Eigenschaften nicht ohne Weiteres am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Behinderung ist somit nichts Feststehendes, sondern ein Phänomen, das immer erst im Kontakt mit der Umwelt entsteht (vgl. Schwarzbuchkapitel zur Behinderungsdefinition).

Behinderte haben bewiesen, dass sie für sich selbst sprechen können, dass sie keine Hilfsbedürftigen sind, die auf die wohlwollende Hilfe ihrer Mitmenschen angewiesen sind und das Wichtigste: Behinderte haben bewiesen, dass sie selbst am Besten wissen, was gut für sie ist. Dies gilt auch für Autisten.

Elternorganisationen scheinen dies insbesondere im Autismusbereich noch nicht eingesehen zu haben. Autisten haben sich mittlerweile weltweit in unterschiedlichen Gruppierungen organisiert und versuchen immer wieder, darauf aufmerksam zu machen, dass nicht ohne sie über grundlegende Dinge entschieden werden soll, da diese Entscheidungen oftmals zu Lasten der Autisten grundlegend falsch sind – häufig bleiben diese Bemühungen ohne Erfolg – auch aufgrund des massgeblich durch Elternorganisationen geprägten Bildes von Autismus und der Tatsache, dass Elternorganisationen den Anspruch erheben, die „wahre Interessenvertretung“ darzustellen.

Dieser oben angeschnittene Zustand wird massgeblich von Elternorganisationen gefördert und aufrecht erhalten. Sie geben weiterhin öffentlich an, die Interessenvertretung der Autisten darzustellen und stellen sich als erste Anlaufstelle für Eltern von autistischen Kindern dar.

Teils wird den Eltern von „Therapeuten“ und Ärzten sogar direkt bei der Diagnosenstellung des Kindes nahegelegt, einem solchen Elternverein beizutreten, um die Interessen der Kinder optimal wahren zu können. Dass es auch eine von Autisten geführte eigenständige Interessenvertretung gibt, in der die Eltern von erwachsenen Autisten beraten werden, die veranlagungsbedingt ungleich besser wissen, wie für Autisten optimale Bedingungen geschaffen werden können, wird i.d.R. nicht erwähnt.

Diese einseitige Information hat unterschiedlichste Konsequenzen – grösstenteils solche, die direkte und oftmals sehr negative Effekte auf die Lebensqualität von Autisten haben. Dies kann sowohl indirekt geschehen, z.B. durch das Vermitteln eines Zerrbildes von Autismus in der Öffentlichkeit, was beispielsweise zur Bereitstellung von öffentlichen Geldern für möglicherweise eugenisch motivierte Forschung im Bereich der Identifikation potentieller Autismusgene führen kann. Jedoch ist es so, dass v.a. in den USA grossen Autismusorganisationen, die die Rechte und die Würde von Autisten regelrecht mit Füssen treten, allen voran Autism Speaks, selber an solchen Forschungsprojekten beteiligt sind und somit auch ein finanzielles Interesse an der Förderung derselben haben. Für die heute lebenden Autisten resultieren jedoch auch sehr direkte Nachteile aus dieser einseitigen und verzerrten Darstellung. Dies fängt bereits im Kleinkindalter durch das Stigma einer Diagnose an, ohne die weitere Diskriminierungen in diesem Ausmass so nicht möglich wären (vgl. Chancen und Risiken einer frühen Diagnostik), geht dann weiter z.B. über die Beschulung in einer „Fördereinrichtung“, in der das Kind unabhängig von seinen eigentlichen Begabungen keine angemessene Schulbildung erhält oder das Unterbringen in einer Regelschule, ohne tatsächlich eine barrierefreie Teilhabe am Unterricht zu gewährleisten (vgl. Diskriminierung im Bildungswesen). Nach einem oftmals nichteinmal ansatzweise den tatsächlichen Fähigkeiten entsprechenden Schulabschluss werden viele, vermeintlich schwer betroffene Autisten in Behindertenwerkstätten und Heimen verwahrt, in denen abermals nicht auf ihre Bedürfnisse angemessen eingegangen wird. Während dieser ganzen Zeit finden oftmals noch Therapien statt, die den Autisten noch weiter aus der Bahn werfen und ihm auch ein defizitäres Bild von sich selbst vermitteln. Aber auch für Autisten, die nach Schulabschluss in den ersten Arbeitsmarkt einsteigen und selbständig leben können, gibt es zahlreiche Diskriminierungen, die sich auf nahezu sämtliche Lebensbereiche beziehen können: Erwerbsleben, Gesundheitswesen, Versicherungen und letztlich auch diverse Diskriminierungen im privaten Bereich bei Bekanntwerden der Diagnose sind nur einige Beispiele. All dies müsste nicht sein, wenn auch öffentlich auf Autisten gehört würde und diese endlich die Chance bekämen, zu zeigen, dass sie eigentlich gar nicht gestört sind und sich sehr wohl auch ohne Bevormundung durch Eltern und Therapeuten vertreten können.

Siehe auch den Text zu Autism Speaks: http://auties.net/autism_speaks

Warnung! Bei Autisten-Therapien sehr genau hinschauen

Therapien können mehr schaden als nutzen. Grundrechte zur freien Entfaltung und körperlichen Unversehrtheit werden teils erheblich verletzt.

Mit zunehmender Tendenz wird seit geraumer Zeit im Bereich der Autismustherapien ABA, beziehungsweise ABA/VB, Lovaas-Therapie, Bremer Elternprogramm und dergleichen mehr als die einzige wissenschaftlich anerkannte Therapiemethode bei Autismus angepriesen, wohingegen diese Methode aus wissenschaftlicher Sicht mindestens als fragwürdig bezeichnet werden kann. Von kommerziellen Anbietern einseitig informierte Eltern versuchen verstärkt die Kostenübernahme für ABA/VB teils auch unter diversen Markennamen verschiedener Anbieter durch Sozialämter über die Eingliederungshilfe, Krankenkassen oder andere Träger mit zunehmend offensiveren Mitteln durchzusetzen und notfalls auch durchzuklagen – leider zunehmend mit Erfolg.

Durch massiv ungeeignete Lebensumstände kann es bei Autisten, wie bei anderen Menschen, die in Extremsituationen leben, zu allgemeinmenschlichen Überlastungsreaktionen kommen, aufgrund derer Autisten völlig unfähig wirken können. Dieses Innehalten wird oft fälschlich für ein Symptom von Autismus gehalten, was dazu führt, dass therapeutische Maßnahmen fälschlicherweise als gerechtfertigt ausgewiesen werden, „um dem Autisten ein möglichst würdiges Leben zu ermöglichen“. Dabei wird allerdings verkannt, dass diese vermeintlich autistischen Reaktionen auf ein extrem unpassendes Lebensumfeld hindeuten. Es wird unvertretbar viel unternommen, um Autisten „normaler“ erscheinen zu lassen, jedoch so gut wie nichts, um das Lebensumfeld auf eine Weise zu gestalten, dass derartige Reaktionen der Autisten gar nicht erst aufkommen.

Menschen, die sich einen Nagel in den Fuß getreten haben dressiert man auch nicht dazu den Schmerz nicht mehr zu zeigen. Die Intuition von Autisten ist wichtig um später ein freies und selbstbestimmtes Leben führen zu können, in welchem Barrieren gemieden werden und mit ihnen eine sich aufhäufende chronische Überlastung und entsprechende psychische Folgeerkrankungen.

Nichtautisten haben eine Meinung über Autismus –
Autisten haben das Wissen über Autismus!

Die öffentliche Diskussion über Autismus wird fast ausschließlich durch Therapeuten und Eltern bestimmt, die unbedingt etwas gegen den Autismus ihrer Kinder, beziehungsweise das was sie dafür halten, unternehmen wollen. Autisten selbst kommen – wenn sie sich kritisch äussern – öffentlich zu wenig zu Wort und werden bisher in der Breite kaum als Experten in eigener Sache gewürdigt.

Autisten lehnen oberflächliche autismusspezifische Interventionen, wie z.B. ABA/VB kategorisch ab und halten diese Therapieansätze für gefährlich. Autisten sind weder krank noch gestört, sondern anders strukturiert.

„Mach mir den Kasper!“
Autisten wollen keine Marionetten werden

ABA/VB kommt einer Dressur gleich, bei der die Eltern der autistischen Kinder dazu angehalten werden, die Kontrolle über das gesamte Umfeld der Kinder zu erlangen und die Kinder sich rund um die Uhr stets nur dann mit für sie interessanten Dingen beschäftigen dürfen, wenn sie bestimmte Aufgaben zur Zufriedenheit der Eltern oder Therapeuten erfüllt haben. Durch Therapiezeiten, die oft 40 Stunden wöchentlich betragen werden autistische Kinder ihrer Kindheit beraubt und in ihrer freien Entwicklung gehemmt. Solche Therapien sind Missbrauch!

Trotz der Behauptung, dass ABA/VB wissenschaftlich bewiesen sei, ist das Gegenteil der Fall. Es gibt bislang nur vier Studien zu ABA, die den Kriterien des „New York State Department of Health Clinical Practice Guidelines“ entsprechen und als hinreichend belegt betrachtet werden können (Gernsbacher 2003). In allen diesen Studien werden noch massive Aversiva zur Schmerzerzeugung eingesetzt, die in dieser Form von zeitgenössischem ABA/VB strikt abgelehnt werden. Für zeitgenössisches ABA/VB existiert bislang noch keine Studie, die diesen Kriterien entspricht. Die gesamte Forschungsliteratur zu ABA/VB ist von widersprüchlichen Annahmen und „Beweisen“ durchzogen, die von ABA-Vertretern meist so hingebogen werden, dass ABA als besonders erfolgreich dargestellt werden kann (vgl. Schwarzbuch; Dawson).

Teurer Humbug – Unverzeihliche Schäden – Anderssein entsorgt

Durch die inkompetente einseitige Betrachtungsweise von ABA werden einerseits komplette Lebensläufe der autistischen Kinder zerstört, andererseits entstehen erhebliche Kosten, verursacht durch die Therapien sowie oft anschließende Heimunterbringung kaputttherapierter Autisten.

Wir rufen Sie dazu auf, weiter daran festzuhalten, die Kostenübernahme von ABA/VB und darauf beruhender Ansätze abzulehnen und dazu beizutragen, dass sich Autisten frei entwickeln können, um zu eigenständigen, vollwertigen Mitgliedern dieser Gesellschaft zu werden. Gerne stehen wir Ihnen bei Bedarf für weitere Nachfragen zur Verfügung und begrüßen eine Zusammenarbeit in autismusspezifischen Fragen ausdrücklich.

Beziehen Sie Position für Autisten und arbeiten sie mit Autisten zusammen, wenn es um Autismus geht.
Treffen Sie keine Entscheidungen über die Köpfe der Autisten hinweg!

Wir unterstützen Sie gerne auch argumentativ in konkreten Ablehnungsverfahren.

Weiterführende Literatur:
Dawson, Michelle. „The Misbehaviour of Behaviourists – Michelle Dawson.“ Sentex Data Communications – Internet Service Provider. Web. 13 May 2011. http://www.sentex.net/~nexus23/naa_aba.html
„Fremdenfeindliche Umerziehung autistischer Kinder (am Beispiel ABA).“ Enthinderungsselbsthilfe von Autisten für Autisten (und Angehörige) & Auties e.V. 29 Apr. 2009. Web. 13 May 2011. http://auties.net/aba
Gernsbacher, Morton Ann. „Is One Style of Early Behavioral Treatment for Autism ‚Scientifically Proven‘?“ Journal of Development and Learning Disorders 7 (2003): 19-25. Web. http://psych.wisc.edu/lang/pdf/Gernsbacher_Scientifically_Proven_.pdf

Oben veralteter Link, neu (5/2015):

http://gernsbacherlab.org/wp-content/uploads/papers/Gernsbacher_Scientifically_Proven_JDLD_2003.pdf

Autisten – Nichtautistische Zuschreibungen

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Autisten werden etliche Eigenschaften zugeschrieben, die sich bei genauerem Einblick nicht nur als sehr fragwürdig herausstellen können, sondern sich kurioserweise immer wieder als Punkte herausstellen, die im Vergleich mit Autisten eher auf durchschnittliche Nichtautisten (NA) zutreffen würden. Dies mag auf viele zunächst völlig absurd erscheinen, die gedankliche Zwangsläufigkeit ist nach entsprechender realistischer Beschäftigung mit diesen Punkten jedoch oft bemerkenswert.

Zuschreibungen und Wirklichkeit

1. Autisten haben geringere soziale Kompetenzen oder Autisten sind in ihrer inneren Welt verhaftet

Ein Kernpunkt der Pathologisierung von Autisten ist eine angeblich geringere soziale Kompetenz. Hier stellt sich zunächst die Frage, was man sinnvollerweise unter sozialer Kompetenz verstehen kann. Geht es um das Beherrschen einer Sprache? Es hat nicht den Anschein als würden heutige Nichtautisten gemäß einem „Barbaren“-Verständnis (Barbar = jemand, der nicht die eigene Sprache spricht und den man deswegen nicht versteht, sondern nur „bar bar bar“) andere Nichtautisten in dieser Weise einordnen. Das würde nicht zur „globalisierten“ Welt schneller Transport- und Kommunikationsmittel passen. Der Kontakt ist zu einfach um solche Angrenzungen gesellschaftlich aufrechthalten zu können. Und auch erhebliche kulturelle Unterschiede werden heute respektiert, zumindest wenn eine Region gesellschaftlich halbwegs breit verteilten materiellen Reichtum aufweist.

Kontakt mit Angehörigen anderer Kulturen ist heute leicht möglich, bei Autisten sieht das noch weitgehend anders aus, auch wenn sich in manchen Ecken des Internets solche Möglichkeiten anbieten. Diese Möglichkeiten sind jedoch noch weithin unbekannt, was ihre faktische Erreichbarkeit insofern noch sehr limitiert. Wenn Autisten sich in allgemeinen Internetforen als solche zu erkennen geben und nicht den üblichen Klischees zu entsprechen scheinen sind oft etliche Nutzer verunsichert, was dann oft mit dem Ausschluß des Autisten endet. Die Vorwürfe sind oft erstaunlich, es wird gerne behauptet der autistische Teilnehmer sei eine Fälschung und dessen Darstellungen würden gar Behinderte diskriminieren oder lächerlich machen. Dem „Ernst des Themas“ sei nicht entsprochen. Und tatsächlich – woher sollen normalsterbliche Forenteilnehmer wissen wer über ein Forenkonto tatsächlich teilnimmt. Faktisch ergibt sich daraus jedoch leider eine brutale Ausgrenzung von Autisten, sofern sie in ihrem Forenalltag auch als solche erkennbar zu werden. Auch dies beschränkt die Erreichbarkei, die Präsenz von Autisten in der allgemeinen Internetgesellschaft als für Autisten barrierefreier Kommunikationsplattform.

Systematisch ist nicht erkennbar, daß „soziale Kompetenz“ auf kulturelle Gewohnheiten bezogen werden soll. Regional bedingte Kulturen weisen teils geringere Anteile auf, die auf nicht ansozialisierte Veranlagungen zurückgehen. Bei Subkulturen, Kulturen deren Mitglieder sich innerhalb einer regionalen Gesellschaft erst finden müssen, kann das schon anders aussehen, gerade wenn charakterliche Neigungen angesprochen werden (z.B. bei Gothics). Hier kann man auch Deaf Pride und eben Autistic Pride einordnen. Entsprechend hinlänglich bekannter Generationenkonfliktsmechanismen verläuft die allgemeingesellschaftliche Bewertung dynamisch und ist meist keinesfalls objektiv verfasst.

Untereinander sind (unter halbwegs geeigneten Umständen lebende) Autisten hochgradig sozialkompetent. Eine Zusammenarbeit läuft (nach einer Lernphase, wie sie auch NA anfänglich durchlaufen – weil sie als Mehrheit einander leicht finden bei ihnen praktisch durchweg in der Kindheit) sogar reibungsloser als unter durchschnittlichen NA, die aufgrund ihrer Veranlagung immer auch eine Art Rudelverhalten an den Tag legen, das eine Zusammenarbeit auf der Sachebene erheblich stört und jährlich in der Wirtschaft hohe Milliardenschäden anrichtet. Auch überhaupt bedeuten Ideen und Korrektheit an sich für viele Autisten weit mehr als für durchschnittliche NA, die oft eher daran denken für sich persönlich Nutzen aus allen zu ziehen, egal ob es einem Kollektiv schadet oder nicht. Daraus ergibt sich erstaunlicherweise die Tatsache, daß Autisten offenbar untereinander effektiver zusammenwirken können, als NA in der Lage zu sein scheinen und auch sozial kompetenter sind.

2. Autisten sind dazu verdammt sich immer einsam zu fühlen oder Autisten sind zu bedauern, weil sie emotional kaum etwas fühlen

Viele Autisten sind furchtbar einsam und alleine. Manche wünschen sich deswegen sogar den eigenen Tod. Diese Problematik stellt sich bei genauerer Analyse jedoch als sozial bedingt heraus. Autisten als Minderheit sind einerseits noch immer weitgehend zerstreut und werden zwar teils auch bestaunt, leiden jedoch allgemein unter etlichen unschönen Klischeevorstellungen. Autisten sind keine Computer, auch wenn wir vielleicht auf Außenstehende wegen der andersartigen Körpersprache ein wenig so wirken oder aufgrund von Barrieren nicht recht zu reagieren scheinen.

Autisten haben tiefe Gefühle, auch tiefe gemeinschaftliche Gefühle. Die Gefühlswelt von Autisten scheint aber tatsächlich anders verfasst zu sein als die durchschnittlicher Nichtautisten. Dies betrachten Autisten jedoch nicht unbedingt als Nachteil und sehen darin sogar einen riesigen Segen. Die Gefühlswelt von Autisten ist eine „runde Sache“, sie ist für sich komplett. Dementgegen wissen wir, daß sehr viele Nichtautisten sich sogar trotz vieler „Freunde“ einsam fühlen und gerade aufgrund ihrer Veranlagung sich zwar nach Offenheit sehnen, jedoch diese nur schwer praktizieren können, weil ihre Rudelveranlagung gleichzeitig ebenfalls stark in ihnen wirkt und „höhere“ geistige Bedürfnisse konterkariert. Viele Religionen scheinen regelrecht darauf angelegt zu sein Nichtautisten autistischer zu machen, wohingegen bekannte religiöse Persönlichkeiten eventuell selbst Autisten waren, die nicht fassen konnten wie die meisten Menschen lebten. So heißt es z.B. von Moses er sei „schwer von Mund und schwer von Zunge“ gewesen.

3. Autisten neigen zu Schwarz-Weiß-Denken

Der Eindruck des Schwarz-Weiß-Denkens resultiert zu nennenswertem Anteil aus den unterschiedlichen Veranlagungen und der geringen Empathie füreinander. Verschiedene soziale Systematiken können aus Sicht eines fremden sozialen Systems beurteilt als extrem eingeschätzt werden, weil das Verständnis für das fremde System und seine Wirkzusammenhänge fehlt. Wenn in manchen Ländern Asiens sich Einheimische extrem darüber aufregen, wenn man in räumlich engen Situationen über sie als Schlafende hinwegsteigt (dem zugrunde liegt die Vorstellung, daß es den Menschen verunreinigt, wenn jemand den Fuß über den eigenen Kopf hebt, weswegen sie vorziehen geweckt zu werden, wenn jemand vorbeiwill), mag das extrem und sehr unverständlich wirken. Wenn sowieso schon eine Gruppenhierarchie vom Bewertenden angenommen würde, die von der eigenen Höherwertigkeit ausgeht, würde solches Verhalten vermutlich als Beweis von Unzurechnungsfähigkeit oder dergleichen mehr angesehen werden. Das war in vergangenen Zeiten teilweise auch der Fall. Nur weil heute fremde Völker nicht mehr in diesem Maße von vorneherein als geringwertiger angesehen werden (was für NA auch immer mit wirtschaftlicher Macht zu tun hat) sieht man solche Dinge heute als interkulturelle Differenzen an, die man an einigen Universitäten sogar studieren kann.

In Bezug auf Autisten ist die Gesellschaft hingegen noch nicht so weit fortgeschritten und zeigt hier noch immer wieder erhebliche Erkenntnisdefizite, so etwa die Tatsache, daß aus autistischer Sicht durchschnittlich nichtautistisches Verhalten wohl genausoviele Bereiche aufweist, die Autisten als auffälliges Schwarz-Weiß-Denken von NA erscheinen. Auch hier findet sich also wieder einmal als entscheidende Kraft die Arroganz der Mehrheit ihre nicht selbstverständlichen Positionen fälschlich quasi für objektiv zu halten.

4. Autisten haben Schwierigkeiten Sinn aus der Welt herauszulesen

Zitat:

Dann erst konnten wir den roten Faden entdecken, der sich durch die Befunde zieht. Es ist dies die Unfähigkeit, Informationen so zusammenzufassen, dass sie kohärente und bedeutungshaltige Vorstellungen ergibt. Die Veranlagung der Psyche, aus der Welt Sinn herauszulesen, ist gestört. Genau diese besondere Störung in der ‚Mechanik der Psyche‘ kann die wesentlichen Merkmale des Autismus erklären. Der Rest ist sekundär. Wenn wir diese Tatsache aus dem Auge verlieren, verfehlen wir auch den übergreifenden Zusammenhang“. (vgl. FRITH 1992, 202)

Quelle: http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=4764

Geradezu parodistisch breitet im beispielhaften Zitat ein „Experte“ seine Erkenntnis aus, welche er über den Kern von Autismus erkannt zu haben meint. Bei näherer Betrachtung ist außerordentlich bemerkenswert, daß gerade Autismusexperten oft von erheblichen dem oben beschriebenen nahekommenden Schwierigkeiten zeugen, wenn es darum geht Autismus korrekt zu erfassen und beispielsweise zu erkennen, daß Autisten durch vermeidbar ungünstige Lebensumstände sehr angegriffen werden und deswegen freilich oft Ausfallserscheinungen zeigen, jedoch solche, die man bei nahezu allen Menschen unter ähnlicher Belastung beobachten könnte. Der übrigbleibende Rest dürfte mit den verschiedenartigen Veranlagungen erklärbar sein, in deren Rahmen es aus autistischer Sicht ebenfalls so wirken kann, als ob durchschnittliche Nichtautisten Schwierigkeiten haben würden Informationen aus dem zu folgern, was sich ihnen darbietet.

5. Autisten sind kaum multitaskingfähig, Autisten können andere schlecht einschätzen oder Autisten äußern sich ständig grob gegenüber anderen

Durchschnittliche Nichtautisten bilden sich häufig ein multitaskingfähig zu sein. Die Wissenschaft zeigt uns jedoch, daß dieser Eindruck letztenendes nur eine Illusion ist. Ebenso bilden sich durchschnittliche Nichtautisten gerne ein ihre Mitmenschen emotional gut verstehen und erfassen zu können. Auch dies scheint nach dem Stand der Psychologie eher ein Trugbild zu sein als der Realität zu entsprechen. Autisten scheinen sich hier wesentlich besser selbst einschätzen zu können. Die daraus resultierenden sich unterscheidenden Selbsteinschätzungen könnten zu den gängigen Klischees geführt haben, daß Autisten nicht multitaskingfähig wären und andere Menschen wesentlich schlechter einschätzen können. Durchschnittlicher Nichtautismus funktioniert hier möglicherweise wie eine Form der Schizophrenie (also grob verallgemeinert der Eigenschaft Dinge für real zu halten, die es nicht sind), wofür es auch neurologische Hinweise gibt.

Autisten sprechen deutsch, Nichtautisten sprechen deutsch. Dennoch unterscheidet sich die Art der Anwendung teilweise grundlegend. Während Autisten meist direkt kommunizieren vermuten Nichtautisten oft geradezu zwanghaft irgendwelche weiteren Mitteilungen jenseits der unmittelbaren Aussagewerte.

Beispiel:
A: „Dein Schuh ist offen.“
B: Oh nein, A mag mich nicht.

Während der erste Punkt durch einen gewissen Bildungsstand wohl halbwegs beherrschbar ist, hat es sich bisher gezeigt, daß es Nichtautisten oft geradezu unmöglich ist Sprache nicht auch immer nebenbei „schizophren“ zu deuten. Dies stellt sich als riesige Herausforderung für die Kommunikation dar und zwar aufgrund der veranlagungsbedingten Unfähigkeit der Nichtautisten Sprache in für sie zwischenmenschlich angenehmen Kontakten ausschließlich sachbezogen zu deuten und nicht aus unbewußten Deutungsfiltern heraus emotional einzuordnen. Hier wäre eventuell eine bis heute nicht existente qualifizierte pädagogisch-therapeutische Begleitung der Angehörigen von Autisten sinnvoll.

Autismus – Die Frage nach der Definition

Ab und zu werden wir darauf hingewiesen, daß wir angeblich eine Interessenvertretung von Autisten seien, aber nicht klar sei, wie wir Autismus überhaupt definieren würden. In der Tat findet sich auf dieser Site seit jeher keine Autismusdefinition.

Die pathologisierenden, defizitorientierten Definitionen taugen nicht nur wegen in ihnen vorhandenen letztlich willkürlichen kulturellen Wertungen nicht, sie führen oft auch noch angebliche Symptome auf, die gar nicht auf Autismus zurückgehen, sondern Zeichen allgemeinmenschlicher psychischer Dauerüberlastung sind. Aufgrund der bis heute noch oft sehr widrigen vermeidbaren Lebensumstände von Autisten sind wir ungewöhnlich oft in solchen Zuständen und zeigen daher auch öfter solche Verhaltensweisen. Diese gewisse Überlappung stellt jedoch lediglich einen statistischen Effekt dar. Andererseits meinen wir, wenn wir von Autisten sprechen, durchaus die Gruppe Menschen, die die Medizin mittels dieses Begriffs im Blick hat. Uns ist jedoch keine formale Definition bekannt, die wir für ausreichend treffend halten, weswegen wir auch so ehrlich sind keine solche Definition zu vertreten.

Auch von Seite der „Experten“ gab es schon immer Zweifel an der Treffgenauigkeit der eigenen Ansätze:

Zitat:

Es ist zwar berechtigt und notwendig, wie KANNER es tut, im Rahmen einer naturwissenschaftlich-biologischen Krankheitslehre die Phänomene autistischen Lebens zu Symptomen zu reduzieren und hinter diesen Symptomen „Grundstörungen“, also Funktionsstörungen innerhalb des Naturobjektes Mensch zu suchen. Autismus wird dadurch definiert als klinisches Syndrom. Man muß aber auch sehen, daß sich einer solchen Betrachtungsweise das Wesen des Autismus als spezifische Abwandlung menschlichen Daseins verschließt.
[…]
Das gleiche Vorgehen ist bei ASPERGER zu beobachten.
[…]
Angesichts dieser Situation ist der Einwand FRIEDMANNs naheliegend, daß für diese beschriebenen Kinder der Begriff „autistisch“, so wie er von der Psychopathologie der Erwachsenen her überlicherweise verwendet werde, vielleicht gar nicht angebracht sei. Zwar sieht man wie ZUTT hervorhob, angesichts der ausgezeichneten klinischen Schilderungen ASPERGERs die beschriebenen Patienten plastisch vor sich und erinnert sich ähnlicher Fälle, aber das, was nun eigentlich autistisch bei ihnen ist, was ihre Daseinsentfaltung als eine autistische kennzeichnet, scheint doch nicht mit befriedigender Schärfe herausgearbeitet zu sein.

Quelle: „Der frühkindliche Autismus“, Bosch, 1962, Springer-Verlag, S.49f

Autismus ist ein faktisch vorhandener menschlicher Archetyp, der jedoch trotz seiner Faktizität schwer greifbar ist. Nichtautisten wissen nicht, wie sich Autisten fühlen. Autisten wissen nicht wie sich Nichtautisten fühlen. Daraus resultiert schon eine gewisse Schwierigkeit: Wer soll vergleichen, was so grundlegend verschieden zu sein scheint?

Wir Autisten stellen immer wieder fest, daß die Zuschreibungen von Nichtautisten in Bezug auf Autisten bei genauerer Betrachtung und vor allem mit wachsendem Einblick in die tatsächlichen Gegebenheiten in immer wieder verblüffender Weise viel mehr auf durchschnittliche Nichtautisten selbst zutreffen. Wie kommt das? Eine negative Projektion der eigenen selbst nicht erfüllten Werte in das Fremde?

Hier zur Diskussion der Versuch einer kindgerechten Einordnung zur Frage „Was ist Autismus“:

Zitat:

Autisten haben schärfere Sinne, sie sehen mehr, hören mehr und so weiter. Aber diese Welt ist für Menschen eingerichtet, die stumpfere Sinne haben. Das ist so als würde irgendjemand fast nur mit Menschen leben, die ziemlich schwerhörig sind und alles ganz laut bereden und Musik und den Fernseher ganz laut aufdrehen, so daß es demjenigen in den Ohren wehtut. In dieser Welt wären auch alle Autos unheimlich laut und genauso viele andere Sachen, weil die meisten Menschen das nicht stört. Deswegen ist auch das Leben als Autist in dieser Welt voller Nichtautisten oft noch ziemlich anstrengend. Manche Autisten sprechen deswegen gar nicht.

Die meisten Nichtautisten sehen nur, daß es Probleme macht, wenn wir uns ständig gestört fühlen und sehen nicht, wie viel mehr wir von der Welt sehen, daß wir manches intensiver erleben als sie und oft auch Dinge erkennen, die sie nicht erkennen. So wie Schwerhörige nicht alle Einzelheiten in einem Musikstück hören.

Aber das ist nicht das Einzige, was Autismus ist. Einige Beispiele von Beobachtungen:

Nichtautisten richten ihr Leben meist darauf aus Verbündete zu haben. Das ist ihnen an Wichtigsten um sich wohl zu fühlen. Autisten hingegen richten ihr Leben meist darauf aus, was richtig zu sein scheint. Das ruft im Alltag sehr große Unterschiede hervor. Nichtautisten lügen praktisch jeden Tag, weil für sie wichtig ist Menschen an sich zu binden oder zumindest keine Feinde zu haben. Viele Autisten können hingegen gar nicht lügen, weil das ihr gesamtes Denken auf den Kopf stellen würde.

Die Menschen sind verschieden und das ist gut so. Manchmal sind viele Menschen der Meinung, daß die eine oder andere Gruppe minderwertiger ist. Vielleicht hängt das mit dem Rudeldenken (Gruppendenken, das nicht ohne Rangordnung auskommt) der Nichtautisten zusammen, denn in einem Rudel gibt es oft Kämpfe darum wer besser als jemand anderes ist. Die Nichtautisten brauchen uns, aber viele sind sich darüber nicht klar. Eine autistische Professorin aus dem USA hat mal geschrieben, daß ihrer Meinung nach die Menschen noch in Höhlen leben würden, wenn es keine Autisten geben würde, die Dinge ausdauernd weiterdenken.

Ein Modell vier verschiedener autistischer Typen als weiterer Diskussionsvorschlag:

Zitat:

1. Utopist: Da wo die Themen der Utopisten mit Small-Talkern geteilt werden, kommen sie miteinander klar. Wo das Interesse des Utopisten ist, da kann er mündlich gut referieren und auch diskutieren. Aber ihm liegt dann oft eher das schriftliche, wobei er sich möglicherweise dessen nicht immer so bewußt ist, da etliche wohl nicht so einfach erfassen, daß das eine mündlich gut geht und in anderen Bereichen dies nicht möglich ist. Der Utopist will etwas verbessern, sein Alltagsleben tritt für ihn darüber eher in den Hintergrund, Gerechtigkeit ist für ihn wichtig. Wo der Diamant eher neutral und abwägend ist, da vertritt der Utopist aber parteiische Vorstellungen.

2. Diamant: Introvertiert, scheu, positives Menschenbild, das sich idR mit zunehmender Lebenserfahrung deutlich eintrübt, klare innere Ordnung?, besonders sachbezogen, neigt dazu sich in Interaktion mit anderen gleichrangig mit diesen „von außen“ zu betrachten, kommt meist nicht auf die Idee sich z.B. von Kritik persönlich angegriffen zu fühlen

3. Small-Talk-Autie (beliebte Selbstbezeichnung häufig „Aspie“): Viele moderat ausgeprägte NA-Eigenschaften inklusive Rudelverhalten, aber auch autistentypische Teilhabeschwierigkeiten und spürbar geringere Komplexität von typischen NA-Lebenslügenskonstruktionen, vermehrt in Vor-Ort-SHGn zu finden = mündliche Kommunikation wird schriftlicher Kommunikation oft freiwillig vorgezogen, oft fröhliches Naturell, „Gemütlichkeit“ wichtiger als Korrektheit, Abgrenzung von Gruppen dieser Sorte Autist nach außen auch durch Intrigen und Gemeinheiten, Tendenz zum Nerd?

4. Graphit: Innere Selbstbild-Unsicherheit kann aggressive „verteidigende“ Reaktionen hervorbringen, fühlt sich schnell angegriffen und beleidigt
Strebt „Harmonie“ auf persönlicher Ebene an? Zeigt teils deutlich taktisches Verhalten mit diesem Ziel, Wahrheit wird auch als wichtig empfunden, „trägt“ aber emotional nicht das ganze Dasein, innere Ordnung weist Uneinheitlichkeiten auf (Bröckchen statt einheitliche Kristallstruktur)
Zieht schriftliche Kommunikation tendenziell vor, oft belastet von mündlicher Kommunikation, Sinneswahrnehmung nicht weniger sensibel als bei „Diamanten“, Tendenz zur Identifikation mit dem Körper?

Eine Korrekturthese des verbreiteten Autismusspektrumsmodells:

Zitat:

Das Autismus-Schizophrenie-Spektrum

Zur Zeit verbreitete Autismusspektumsmodelle gehen davon aus, daß jeder Mensch die Eigenschaft „Autismus“ aufweist. Jedoch in verschiedener Intensität. Bei genauerer ganzheitlicher Betrachtung der gesunden menschlichen Neurodiversität fällt jedoch auf, daß dieses Modell ein Fragment geblieben ist.

Aktive Schizophrenie ist eine Art Gegenpol von Autismus. Autisten fassen relativ direkt auf. Nichtautisten interpretieren mehr und liegen dabei auch im Umgang untereinander erstaunlich oft daneben. „Schizophrene“ interpretieren in den entsprechenden Phasen soviel, daß es selbst durchschnittlichen Nichtautisten wahnhaft vorkommt. Weil den durchschnittlichen Nichtautisten die schizophrene Empathie genauso fehlt, wie den Autisten die durchschnittlich nichtautistische Empathie. Denn Empathie ist die Übertragung des eigenen Wesens auf andere Menschen um diesen besser zu verstehen. Die dabei aus typischerweise recht oberflächlicher durchschnittlich nichtautistischer Perspektive besonders auffällige Autisten und „Schizophrene“ sind solche, die sich in einer Krisensituation befinden.

Dafür gibt es auch Indizien, die man wissenschaftlichen Forschungsergebnissen entnehmen kann, die jedoch stets wegen verbreiteter ideologisch willkürlicher Grundannahmen, übertriebener Schlußfolgerungen, etc. mit großer Vorsicht zu genießen sind.

Die Uniklinik Giessen (Prof. Frith) gab beispielsweise vor einigen Jahren bekannt, man habe bei Beobachtungen von Gehirnen beim »Mentalizing«, der mentalen Reaktion auf die Umwelt, in den dabei als aktiv erkannten Hirnarealen bei Autisten eine unterdurchschnittliche Aktivität, bei „Schizophrenen“ aber eine überdurchschnittliche Aktivität ausgemacht.
Andere Forscher ließen verlauten man habe festgestellt Autisten würden überdurchschnittlich viele Synapsen im Gehirn aufweisen, „Schizophrene“ jedoch eine unterdurchschnittliche Anzahl.

Wie auch immer man diese Angaben im Detail deuten will: Durchschnittlicher Nichtautismus wäre somit aus autistischer Perspektive eine verbreitete Form der Schizophrenie.

Wer einen Definitionsvorschlag hat, kann ihn gerne mit uns diskutieren, vorzugsweise im Ratgeberforum.

Gegenüberstellung diskriminierender Zuschreibungen: Früher „Geschlechtsidentitätsstörung“, heute Autismus

1973 veränderte sich die Situation der Homosexuellen grundlegend: Homosexualität wurde in jenem Jahr aus dem DSM, dem „Diagnostischen und Statistischen Handbuch Psychischer Störungen“, gestrichen. Die Diagnose Geschlechtsidentitätsstörung blieb weiterhin bestehen – unter dem Deckmäntelchen dieser Diagnose wurden jedoch eine zeitlang auch weiterhin Homosexuelle behandelt. Die Diagnose der Geschlechtsidentitätsstörung umfasste nach damaliger Definition so ziemlich alles, was von durchschnittlichem geschlechterrollenkonformem Verhalten abwich. Diese Entwicklung hin zu einem Verständnis von Homosexualität als gesunder Variante des Seins ist massgeblich dem Engagement der Lesben- und Schwulenbewegung zu verdanken.

Heute, fast 40 Jahre später, gehen im Bereich des Autismus ähnliche Veränderungen vonstatten. Autisten sprechen zunehmend für sich selbst, erklären Autismus zumeist nicht als Störung sondern als gesunden Teil menschlicher Vielfalt und tragen diese Auffassung so auch in die Massengesellschaft. So wird z.B. auf Autismus-Kultur geschrieben:

Zitat:

Autismus ist keine Krankheit.
Autismus ist eine Art zu sein, eine Wesensart, ein Naturell.

http://autismus-kultur.de/autismus/autipedia/autismus.html

Auch Regionalverbände des Elternvereins Autismus Deutschland gehen teils zunehmend von einer möglichen Symbiose aus, in der die positiven Aspekte und Fähigkeiten von Autisten hervorgehoben werden sollen. (http://www.autismus-freiburg.de/autismus/erfahrungsberichte/jim-sinclair/index.html)

Dennoch werden Autisten, auch wenn teils auch Therapeuten davon annehmen, dass Autismus als eine andere Art des Denkens, Fühlens und Handelns ist, weiterhin therapiert und somit die tatsächlichen Ursachen für Probleme meist weiter ausgeblendet. (Link nicht mehr verfügbar: http://www.oberlinhaus.de/lebenswelten/lebenswelten/kompetenzzentrum-fue…; Inhalt abrufbar unter: http://web.archive.org/web/20091207105307/http://www.oberlinhaus.de/lebenswelten/lebenswelten/kompetenzzentrum-fuer-autismus/moltke-haus/).

Jedoch gibt es auch Autisten, die, wie früher manche Homosexuelle auch, weiterhin davon ausgehen, dass sie an ihrem Autismus leiden würden:

Zitat:

Zitat:

04.11.2008 23:02 Uhr schrieb Petra
Da ich selbst ein autistisches Kind habe, ist mir immer wieder aufgefallen, wie sehr sie betont haben, dass man an Autismus leidet. Mein Kind leidet nicht an Autismus, sondern an einer Gesellschaft, die auf seine Bedürfnisse nicht Rücksicht nehmen kann und von ihm erwartet, Leistungen zu erbringen, die so nicht möglich sind. Autismus ist keine Krankheit und keine Behinderung, sondern eine andere Art zu sein. Für meinen Sohn wünsche ich mir, dass wir lernen, unseren Blick von den Schwächen weg und stattdessen hin zu den Stärken lenken.

Liebe Petra, Sie haben ganz Recht, es sind die Stärken autistischer Menschen, die viel mehr betont werden müssten. Schon die Diagnosekriterien konzentrieren sich allein auf die Defizite. Ob man Autismus als Behinderung oder vielleicht sogar als Bereicherung für sich empfindet, muss jeder selbst entscheiden. Sicherlich ist es eine andere Art zu sein ? jedoch leider eine, die einen Menschen an den Anforderungen der Gesellschaft scheitern lassen kann. Viele Grüße, Nicole Schuster

http://origin.wdr.de/tv/quarks/sendungsbeitraege/2009/0428/010_autismus2…

(Quelle nicht mehr verfügbar.)

 

Eine Gegenüberstellung von Argumentation in Bezug auf die genannten Minderheiten:

 

Autismus:
Dabei wird das aktuelle Verhalten des Klienten zunächst differenziert beobachtet. Im Anschluss legt der Therapeut fest, welche Verhaltensweisen verändert werden sollen. Die Belohnung erwünschten und die Nichtbeachtung unerwünschten Verhaltens führt in kleinen Schritten zum Aufbau angestrebter Verhaltensketten.
http://www.autismusambulanz-rostock.de/ambulanz/Angebote/therapie.htm#th…Link verfügbar unter:

http://web.archive.org/web/20070806143357/http://www.autismusambulanz-rostock.de/ambulanz/Angebote/therapie.htm

 

Dies bedingt eine Analyse des Verhaltens des Kindes, um zu erkennen, was das konkrete Verhalten des Kindes ausgelöst hat oder welche Situation dem konkreten Verhalten voraus ging und welche Konsequenzen diese Verhaltensweise nach sich zieht. Ziel ist es, individuell auf das Verhalten des Kindes einzugehen, so dass es nach und nach zu angemessenen Verhaltensformen in bestimmten Situationen hingeführt werden kann.

http://www.hpstruebbach.ch/index.php/konzepte/78-autismus

Veralteter Link:
http://www.hpstruebbach.ch/Konzepte2/konzept_autismus.htm

Geschlechtsidentitätsstörung:
A daily behavior checklist was developed for Kraig to obtain reliable observational measures of his feminine behavior at home.Eine tägliche Verhaltens-Kontrollliste wurde für Kraig entwickelt, um verlässliche Messwerte seines weiblichen Verhaltens zu Hause zu ermitteln.
Rekers und Lovaas 1974
Autismus:
Zeigen Sie Ihrem Kind, dass das Ignorieren Ihrer Anweisungen oder eine unangemessene Verhaltensentscheidung nicht zum Erhalt von Verstärkung führt.
http://knospe-aba.com/cms/de/infos-ueber-aba/artikel-ueber-aba/die-siebe…Zusätzlich könnten Sie Ihr Kind im Arm halten, mit ihm springen und tanzen, während es der Musik zuhört. Es ist absolut in Ordnung, die Musik auszumachen, wenn Ihr Kind sich entscheidet, den Raum zu verlassen, anfängt rum zu spielen oder sich unangemessen zu verhalten (1. Schritt).
ibd.

Ich war bei solchen Verstärker-Sachenimmer sehr skeptisch, weil es so nach Dressur aussieht. AUßerdem lehnte mein Sohn das sowieso immer ab. Doch neuerdings steht er drauf. Er wollte unbedingt Magic Balls von Tinti (Badebälle, die sich auflösen, dabei das Badewasser verfärben und zum Schluss kommt ein kleines Tier raus). Er hatte zu Ostern welche bekommen. Ich meinte darauf, er müsse sie sich schon verdienen, wenn er ohne Ostern und ohne Geburtstag so was will. Nach einiger Diskussion einigten wir uns darauf, dass er jedes Mal, wenn er in einem Wutausbruch seinen Bruder hauen will und sich aber beherrscht, einen Strich bekommt und nach 10 Strichen kauf ich ihm die Bälle.
Er macht das jetzt ganz ernsthaft und zählt, wenn er sich beherrscht.
Wenn er richtig wütend ist, schafft er es zwar nicht, doch bei kleinen Wutanfällen bemüht er sich nun oft sher, sich zu beherrschen.
http://www.parents.at/forum/archive/index.php/t-633274.html

ABA:
Methode: Operante Verhaltenstherapie: Verstärken und Löschen von bestimmten Verhaltensweisen durch verbale Aufforderungen und lernen durch Konsequenzen.
Anwendungsbeispiele:
– Verstärken von erwünschtem Verhalten durch Esswaren oder bunten Bildern
– Löschen von unerwünschtem Verhalten durch Nichtbeachtung.

http://www.hpstruebbach.ch/index.php/konzepte/78-autismus

Veralteter Link:
http://www.hpstruebbach.ch/Konzepte2/konzept_autismus.htm

Geschlechtsidentitätsstörung:
She was told to attend selectively to masculine verbal and play behavior by smiling to Kraig and complimenting him on his play, and to ignore feminine behavior by picking up the book to „read“Ihr wurde gesagt, Kraig ihre Aufmerksamkeit bei männlichem Sprach- und Spielverhalten durch Lächeln und Loben seines Spielverhaltens zu zeigen, und weibliches Verhalten durch Aufnehmen des Buches, um zu „lesen“, zu ignorieren.
Rekers und Lovaas 1974

a timeout procedure (e.g., sitting isolated in a corner, being deprived of TV time), or (3) physical punishment by spanking from the father.

eine Auszeit (z.B. isoliert in einer Ecke sitzen, nicht TV schauen dürfen) oder (3) physische Bestrafung durch Prügel vom Vater.
ibd.

Autismus:
Durch die fehlende Fähigkeit der Generalisierung kann eine inhaltliche Übertragung auf andere Situationen nicht stattfinden und somit ist es nicht möglich, die notwendige Transparenz aufzubauen.

http://tokol.de/index.php/asperger-autismus-parken-187/merkmale-parken-506

Veralteter Link:
http://www.tokol.de/content/view/610/547/

Viele Menschen mit Autismus können nicht verallgemeinern,
http://www.autismus-bochum.de/index.php?main=allgemein&sub=faq

Die mit Software trainierte Gruppe zeigt
bessere Leistungen als die
Kontrollgruppe (u.a. mit sozialem
Kompetenz Training)
Aber: Keine besseren Leistungen bei
Aufgaben außerhalb der
Trainingsmaterialien
Generalisierungsproblem!!
http://www.akademie-sozialmedizin.de/downloads/sophia08.vortrag.duketis.pdf

Geschlechtsidentitätsstörung:
First, at least some of the children studied reverted to cross-sex play patterns in the adult’s absence or in other environments, such as the home – a phenomenon known as stimulus specificity (Rekers 1975). Second, there was little generalization to untreated cross-sex behaviors – a phenomenon known as response specificity.Erstens, zumindest einige der untersuchten Kinder fielen während der Abwesenheit von Erwachsenen oder in einem anderen Umfeld, beispielsweise zu Hause, in gegengeschlechtliches Verhalten zurück – ein Phänomen, das als Reizspezifität bekannt ist. Zweitens gab es wenig Generalisierung in Bezug auf unbehandeltes gegengeschlechtliches Verhalten – bekannt als Antwortspezifität.

http://web.archive.org/web/20100413215910/http://www.health.am/sex/more/gid_treatment_of_the_child

Veralteter Link:
http://www.health.am/sex/more/gid_treatment_of_the_child/

Autismus:
Ziel des BET ist es, Eltern zu trainieren, die effektiven Elemente verhaltenstherapeutischer Förderung möglichst selbstständig einzusetzen, um die Entwicklung ihres Kindes in den verschiedenen Entwicklungsbereichen wirkungsvoll zu fördern.
http://www.autismushamburg.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/bet-info20…[…] werden Eltern in einer Kombination von Gruppen- und Haustrainings sowie durch eine speziell strukturierte therapiebegleitende Supervision zu erfolgreichen „Lehrern“ / Therapeuten ihres Kindes gemacht.
ibd.

„Autistische Kinder in ihrem stereotypen Verhalten zu unterstützen halte ich für extrem schlecht“, sagt etwa Christine Freitag, Oberärztin an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universität des Saarlandes. Sie hat gerade ein Buch über Autismus und Behandlungsmethoden veröffentlicht. Man müsse das monotone Spiel der Kinder unterbrechen, Schüsseln wegnehmen, Alternativen anbieten, auch wenn es Tränen gibt. So könne man dem Autisten klarmachen, was man von ihm will und was nicht. Sicher, auch die hiesigen Therapeuten weisen darauf hin, wie wichtig es ist, dass man sich in das Kind einfühlt. Aber am Anfang einer Interaktion steht bei ihnen stets die Aufgabe, die der Erwachsene stellt. Reagiert das Kind in der gewünschten Art und Weise, sollen die Eltern das Kind immer wieder dafür belohnen, bis es den Vorgang fehlerfrei beherrscht.
http://www.tagesspiegel.de/zeitung/luka-schaut-jetzt-hin/1255682.html

Geschlechtsidentitätsstörung:
The subject was treated sequentially in the clinic and home environments by his mother, trained to be his therapist. The mother was taught to reinforce masculine behaviors and to extinguish feminine behaviors, by using social reinforcement in the clinic and a token reinforcement procedure in the home.Das Subjekt wurde in der Klinik und dem häuslichen Umfeld von der Mutter, die zu seinem Therapeuten ausgebildet wurde, behandelt. Der Mutter wurde beigebracht, männliches Verhalten zu verstärken und weibliche Verhaltensweisen zu löschen, durch die Verwendung von sozialer Verstärkung in der Klinik und gegenständlicher Verstärkung zu Hause.
Rekers und Lovaas 1974

Initially, a large number of prompting instrucitions were given, in conjunction with a large amount of the experimenter’s approval. After four sessions, the prompts were largely faded out.

Zu Beginn wurden [der Mutter] zahlreiche Handlungsanweisungen gegeben, in Verbindung mit viel Anerkennung des Versuchsleiters. Nach vier Sitzungen wurden die Anweisungen grösstenteils überflüssig.
ibd.

Autismus:
Niklas ist halt sehr laut und wird auch schnell böse wenn er seinen Willen nicht durchsetzen kann.

http://web.archive.org/web/20100524080748/http://www.autismus-online.de/gaestebuch1/index.html

Veralteter Link:
http://www.autismus-online.de/gaestebuch1/index.html

Meine Tochter will wirklich jede Situation kontrollieren. Wenn alles so läuft, wie sie das meint, ist alles gut, aber wehe wenn nicht! Dann gibt es Wutanfälle vom feinsten.
http://www.rehakids.de/phpBB2/viewtopic.php?p=1128384#1128384

Geschlechtsidentitätsstörung:
He appeared to be very skilled at manipulating her to satisfy his feminine interests […]. He seemed almost compulsive or „rigid“ in the extent to which he insisted on being a girl and in his refusal of all contact with masculine-like activities.Er schien sehr geschickt im Manipulieren von ihr [der Mutter], um seine weiblichen Interessen zu befriedigen. Er schien beinahe zwanghaft oder starr im Ausmass, in dem er darauf bestand ein Mädchen zu sein und in seiner Weigerung sich mit männlichen Aktivitäten zu beschäftigen.
Rekers und Lovaas 1974
Autismus:
Seine Betreuerinnen im Wohnheim waren mit seinen spontanen Ansprüchen auf Aufmerksamkeit, die er durch massive Sachbeschädigungen zu erzwingen versuchte, und denen sie wegen der Notwendigkeit, auch für den Rest der Gruppe vorhanden sein zu müssen, nicht nachgeben konnten, unzufrieden.
http://www.uni-koblenz.de/~proedler/ni_sp.htmWenn Sie jedoch nicht völlig darauf vorbereitet sind, alle Ausbrüche von Löschungstrotz-Verhalten auf dem Weg durchzustehen, wird es darin enden, dass die Dauer und Schwierigkeit der Verhaltensweisen, die Sie abzubauen versuchen, noch zunehmen werden. Aus diesem Grund rate ich Ihnen besonders dazu, die Anwendung dieses 7. Schritts, wann immer möglich, unter der Anleitung eines zertifizierten Verhaltensanalytikers (BCBA) zu erlernen.
http://knospe-aba.com/cms/de/infos-ueber-aba/artikel-ueber-aba/die-sieben-schritte.html
Geschlechtsidentitätsstörung:
When Kraig began tantrum or other uncooperative behaviors (he typically did when his mother ignored him), the experimenter was particularly supportive of the mother.Wenn Kraig Wutanfälle bekam oder andere unkooperative Verhaltensweisen (dies trat typischerweise dann auf, wenn die Mutter ihn ignorierte), unterstützte der Versuchsleiter die Mutter besonders.
Rekers und Lovaas 1974
Autismus:
Die beste Möglichkeit, um die Kontrolle über die Verstärkung Ihres Kindes zum Lernen zu nutzen ist es, zu entscheiden, welche Dinge das Kind in seiner Umgebung haben darf und was es tun kann, um Sie zu veranlassen, diese Dinge anzubieten oder zu entziehen.
http://knospe-aba.com/cms/de/infos-ueber-aba/artikel-ueber-aba/die-sieben-schritte.html
Geschlechtsidentitätsstörung:
The mother selected, with our consultation, a set of „back-up“ reinforces (cf. Sherman and Baer 1969) according to her boy’s unique preferences for certain candies and rewarding activities (e.g., TV time).Die Mutter wählte mit unserer Beratung ein Set von Verstärkern, entsprechend den Vorlieben des Jungen für bestimmte Süssigkeiten und belohnende Aktivitäten (z.B. TV schauen).
Rekers und Lovaas 1974
Autismus:
ABA ist auf den Prozess einer Verhaltensänderung in kleinen Schritten ausgerichtet.

http://web.archive.org/web/20100323043129/http://www.autismus-mfr.de/cms/index.php?option=com_content&view=article&id=66&Itemid=79

Veralteter Link:
http://www.autismus-mfr.de/cms/index.php?option=com_content&view=article…

Sie müssen konsequent erkennen, wann sich Ihr Kind unangemessen verhält, und dieses Verhalten bewußt erfolglos machen. Sie vollbringen dies, indem Sie es – ganz einfach – nicht verstärken. Wir schaffen das, durch die Anwendung einer Konsequenz, welche Löschung genannt wird.
http://knospe-aba.com/cms/de/infos-ueber-aba/artikel-ueber-aba/die-sieben-schritte.html

Geschlechtsidentitätsstörung:
The mother introduced red tokens[***] for one particular kind of feminine behavior for a period of weeksDie Mutter führte Negativpunkte für eine bestimmte Art von weiblichem Verhalten für eine Dauer von Wochen ein.
Rekers und Lovaas 1974

[***] „red tokens“ sind Negativpunkte, die zu negativen Sanktionen (z.B. TV-Verbot) führen.

Beliebte Scheinargumente für eine Therapie:
Autismus:
Autismus ist heilbar – neue Therapie entwickelt durch Eltern. […] Angeblich ist Autismus nicht heilbar. […] Mittlerweile ist aus dem einst geistig behinderten Kind ein sehr höflicher und aufgeschlossener 16-jähriger Jugendlicher geworden, der sowohl deutsch als auch spanisch spricht, der nicht nur lesen kann, sondern der gerne eigene Erzählungen schreibt und veröffentlicht.

http://web.archive.org/web/20100802122758/http://hilfen-familien-behinderte-kinder.suite101.de/article.cfm/autismus-ist-heilbar—neue-therapie-entwickelt-durch-eltern

Veralteter Link:
http://hilfen-familien-behinderte-kinder.suite101.de/article.cfm/autismus-ist-heilbar—neue-therapie-entwickelt-durch-eltern

Geschlechtsidentitätsstörung:
When we first saw him, the extent of his feminine identification was so profound […] that it suggested irreversible neurological and biochemical determinants. At the 26-month follow-up he looked and acted like any other boy. People who view the videotaped recordings of him before and after treatment talk of him as „two different boys“Wenn wir ihn zum ersten Mal sahen, war das Ausmass seiner weiblichen Identifizierung so tiefgreifend, dass unveränderliche neurologische und biochemische Faktoren angenommen wurden. An der Folgeuntersuchung nach 26 Monaten war sein Aussehen und Verhalten so, wie das jedes anderen Jungen. Menschen, die die Videoaufnahmen von vor und nach der Behandlung sahen, sprachen von ihm als von „zwei unterschiedlichen Jungen.“
Rekers und Lovaas 1974
Autismus:
Ja, mein Sohn leidet darunter „anders“ zu sein. Und ich leide mit Ihm. Wir leben in einer so kalten Gesellschaft: bist Du nicht so wie Sie, wirst Du verprügelt oder verachtet.
http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=3418&goto=48571GERADE die, die behaupten, alles sei in ihrer autistischen Welt ok, die NA seien die Ursache der Probleme, machen es sich zu einfach. DIE WELT kann man nicht ändern, und genausowenig, wie ein Politiker, der unpopulär ist, sich ein neues VOlk wählen kann, kann der Autist sich eine andere Umwelt basteln. Alles andere ist illusorisch.
http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=2694&goto=56175
Geschlechtsidentitätsstörung:
While society probably could afford to become more tolerant with individuals with sex-role deviations, the facts remain that it is not tolerant, and, realistically speaking, it is potentially more difficult to modify society’s behaviors than Kraig’s in order to relieve Kraig’s suffering.Obwohl die Gesellschaft es sich leisten könnte toleranter zu Individuen mit Abweichungen von der Geschlechterrolle zu werden, bleibt die Tatsache, dass sie nicht tolerant ist und realistisch gesehen, ist es schwerer, die Verhaltensweisen der Gesellschaft zu ändern als diejenigen von Kraig, um Kraig Leid zu ersparen.
Rekers und Lovaas 1974
Autismus:
Ich stoße schon jetzt auf viel unverständnis, man muss oft erklären und mir ist bewußt das es noch härter wird je älter Julian wird.
Ein dreijähriger die aus lauter Überforderung schreit geht ja noch, aber was ist wenn er älter ist und dann noch immer so reagiert?
http://www.urbia.de/archiv/forum/th-2791388/Verdacht-auf-Autismus-unser-…Zur Zeit geht es ihm ganz gut, Hauptproblem, das wir haben, ist seine geringe Impulskontrolle. Er dreht leicht durch und wird dann manchmal sehr aggressiv. Ich bekomm manchmal richtig Angst, wenn er so drauf ist. Noch kann ich ihn in so einem Anfall festhalten und verhindern, dass schlimeres passiert, doch was mach ich, wenn er stärker wird
http://www.parents.at/forum/archive/index.php/t-633274.html
Geschlechtsidentitätsstörung:
Finally, Kraig’s parents, who might have found his feminine gestures amusing at the age of 2 yr, were very alarmed when they „got out of hand“ at 4.5 yr, and they strongly wanted him to receive professional helpSchliesslich waren Kraigs Eltern, die sein weibliches Verhalten im Alter von 2 Jahren unterhaltsam fanden, sehr alarmiert, als es mit 4.5 Jahren aus dem Ruder lief und sie wollten, dass er professionelle Hilfe erhält.
Rekers und Lovaas 1974

Secondly, since Kraig had these problems before the age of 5 yr, our best prediction (based on the literature) would indicate that he will have even more severe adjustment problems in adulthood.

Zweitens, da Kraig diese Probleme bereits vor dem 5. Lebensjahr hatte, ist unsere beste Prognose (basierend auf der Literatur), dass er als Erwachsener noch schwerwiegendere Anpassungsprobleme haben wird.
ibd.

Autismus:
A coexisting psychiatric disorder reportedly occurs in 65%–80% of individuals diagnosed with an ASD (de Bruin et al. 2006; Ghazziuddin et al. 1998; Leyfer et al. 2006), with rates tending to be higher than in groups of individuals with intellectual disability without autism (Brereton et al. 2006). Evidence suggests that depressive symptoms are the most common psychiatric concern among individuals with ASD, and are more likely to occur in adolescence and adulthood (Ghaziuddin et al. 2002).
[…]
Our analyses indicated that among a group of adults with ASD, 43% endorsed significant levels of depressive symptoms. These individuals were found to have higher cognitive abilities as estimated by the Verbal and Full Scale scores on the WAIS, and showed less impaired social functioning as indicated by fewer symptoms on the social domain of the ADOS.Bei 65%-80% der autistischen Individuen treten psychiatrische Komorbiditäten auf, dies sind höhere Raten, als bei Gruppen von Individuen mit geistiger Behinderung ohne Autismus. Es gibt Beweise dafür, dass Depressionen die üblichsten psychiatrischen Komorbiditäten bei autistischen Individuen sind und am häufigsten in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter auftreten.
[…]
Unsere Analyse zeigte, dass in einer Gruppe autistischer Erwachsener 43% deutlich depressive Symptome zeigte. Diese Individuen hatten höhere kognitive Fähigkeiten, wie bei den Resultaten für den Verbal- und Gesamtteil des WAIS gezeigt wurde und zeigten weniger geschädigtes Sozialverhalten, wie durch weniger Symptome im sozialen Teil des ADOS gezeigt wurde.
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/sites/entrez?cmd=retrieve&db=pubmed&list_uid…

Fifty-four individuals (50%) had engaged in moderate or severe degrees of self-injurious behaviours at some point in time during development.

54 Individuen (50%) zeigten an einem Punkt ihrer Entwicklung mittlere oder schwere Grade von selbstverletzenden Verhaltensweisen.
http://www.springerlink.com/content/m532l35507165426/

Geschlechtsidentitätsstörung:
For example, it is reported that (1) the most frequent accompanying psychpathology is depression (Pauly, 1969) – 67% of the male transsexuals are thought to suffer intermittent depressive reactions, with suicidal ideation (60%), and actual suicide attempt in 17% (Pauly, 1965) to 20% (Walinder, 1967); (2) self-mutilation in the form of autocastration or autopenectomy was attempted in 18% and accomplished in 9% of one series of adult cases (Pauly, 1965)Zum Beispiel ist es erwiesen, dass (1) die häufigsten Komorbiditäten Depressionen sind – von 67% der männlichen Transsexuellen wird angenommen, dass sie periodisch an depressiven Phasen leiden, in 60% der Fälle mit Suizidgedanken und in 17% bis 20% mit tatsächlichen Suizidversuchen; (2) Selbstverstümmelungen in Form von Selbstkastration oder eigenständiger Penisentfernung wurden in 18% der Fälle versucht und in 9% einer Serie von erwachsenen Fällen vollzogen.
Rekers und Lovaas 1974
Autismus:
Außerdem will man die Früherkennung verbessern. „Autismus ist zwar unheilbar, aber je früher die Förderung stattfindet, desto größer ist die Chance, dass die Kinder später am gewöhnlichen Leben teilnehmen können“, erklärt Anabel Cornago.
http://www.welt.de/welt_print/article3493633/Wenn-das-Kind-nicht-Mama-sa…Uns war etwas sehr klar: Je früher wir die richtige Therapie beginnen können, desto größer die Chancen, Emils Entwicklung entscheidend zu verbessern.
http://www.autismushamburg.de/106.html
Geschlechtsidentitätsstörung:
A third reason for treating Kraig is that intervention on deviant sex-role development in childhood may be the only effective manner of treating (i.e., preventing) serious forms of sexual deviance in adulthood, since in adulthood such severe deviance appears to be quite resistant to psychological treatment.Ein dritter Grund für die Behandlung von Kraig ist, dass die Intervention von Abweichungen der Entwicklung der Geschlechterrolle in der Kindheit die einzige effektive Behandlungsmethode (i.e. Prävention) von schwerwiegenden Formen von sexuellen Abweichungen im Erwachsenenalter darstellt, da im Erwachsenenalter solche schwerwiegenden Abweichungen resistent gegenüber psychologischer Behandlung scheinen.
Rekers und Lovaas 1974

Fremdenfeindliche Umerziehung autistischer Kinder (am Beispiel ABA)

Viele nichtautistische Eltern sind mit ihren autistischen Kindern überfordert und suchen die Schuld an dieser Überforderung und den daraus resultierenden Problemen gerne bei denselben, wohl u.a. auch aufgrund mangelnder Bereitschaft das eigene Wertesystem zu hinterfragen und am eigenen Verhalten zu arbeiten. Autistische Kinder würden sich wie Nichtautisten gerne vermuten mutwillig „unmöglich“ verhalten. Dass solches unerwünschte Verhalten immer Ursachen hat und häufig auch Reaktionen auf akute Überlastung darstellt, wird von den Eltern oft nicht beachtet oder auch nur ernsthaft erwogen. Die Lösung vieler Eltern und „Fachleute“ besteht darin, dass das Kind mittels möglichst „wirksamer“ Therapien zu lernen hat, sich entgegen der eigenen Natur oft unter erheblicher Gewaltanwendnung anzupassen, was faktisch bedeutet, dass das Kind zu einem Nichtautisten gemacht werden soll. Schäden, die durch solche Umerziehungsversuche, zum Beispiel bei Homosexuellen oder auch Linkshändern, verurusacht werden, gelten heute als erwiesen. Bei Autisten werden weiterhin solche Methoden angewandt, ohne, dass diesbezüglich erkennbar ethische Bedenken geäussert würden. Dadurch wird auf die Kinder seitens Eltern und Therapeuten oft unmenschlicher Anpassungsdruck ausgeübt, der die Kinder häufig traumatisiert, bricht, an den psychischen Abgrund treibt, lebensuntüchtig und krank macht.

Applied Behaviour Analysis (ABA) gilt seit geraumer Zeit in einigen Kreisen als einzige „wissenschaftlich erwiesene“ Methode, mit der Autisten sich Fertigkeiten aneignen und dadurch zu vollwertigen Mitgliedern dieser Gesellschaft werden könnten. Damit wird besonders von Einrichtungen geworben, die teils erhebliche Summen mit dieser Therapie umsetzen. Vertreter dieser Methode behaupten entgegen offensichtlicher Tatsachen, es sei für Autisten unmöglich, auf natürlichem Weg zu lernen oder sich weiterzuentwickeln (http://www.sentex.net/~nexus23/naa_aba.html). Tatsächlich handelt es sich bei ABA um eine Methode, deren Prinzipien auch auf die Umerziehung von Homosexuellen verwendet wurden. ABA basiert darauf, dass versucht wird, vermeintlich sinnlose Verhaltensweisen, die oft auch allgemeinmenschliche Überlastungsreaktionen darstellen, zu „löschen“, ferner werden sämtliche – vor allem lebenspraktische – Fertigkeiten, die erlernt werden sollen in kleinste Schritte zergliedert und diese den Kindern durch ständiges Wiederholen andressiert. So brauchte Lovaas z.B. 90.000 Versuche, um einem autistischen Jungen eine verbale Äusserung beizubringen (Lovaas 1977), weitere Studien weisen ähnlich hohe Versuchszahlen auf, wobei der Lernerfolg keineswegs garantiert werden kann. Ein weiteres Kind wurde mit 24.000 Versuche, ihm Sprachverständnis beizubringen, traktiert – freilich ohne Erfolg (Eikeseth und Jahr 2001). Dasselbe Kind erlangte, sobald es ohne ABA schriftliche Texte zur Verfügung gestellt bekam, in weniger als 100 Versuchen beachtliche Sprachkompetenz, indes zeigten sich Ansätze von ABA, Autisten mittels Texten Sprache beizubringen kaum Erfolg (Lovaas und Eikeseth 2003). Angesichts solcher Beispiele gerät die angebliche wissenschaftliche Erwiesenheit doch sehr stark ins Wanken.

Auch in Fällen, wo es an sich offensichtlich sein sollte, dass das Kind auch ohne oder unabhängig von ABA lernfähig ist, stellen es viele Eltern gerne so dar, als ob das Kind ohne ABA nichts können würde. So schrieb beispielsweise eine Mutter in einem Blogkommentar:

„My daughter has made great strides with ABA therapy as well. I mean I don’t think there’s any question of the effectiveness of it for enabling autistic children to learn. Every single thing she knows, she learned from ABA. This is fact. Except for the things that seem to be her gifts. She spelled words with refrigerator magnets long before ABA therapy. She plays the piano almost in spite of ABA therapy. She taught herself to read without the use of ABA therapy. Adding and subtracting. She was obsessed with numbers and sequences of numbers before ABA.

Having said that, she had no language before ABA, no eye contact, no social skills, absolutely ignored everyone and everything. […]

ABA changed all those things in 1 year. „(http://blisstree.com/feel/what-i-think-about-aba-and-recovery/comment-pa…

Übersetzung: Meine Tochter machte ebenfalls grosse Fortschritte mit der ABA-Therapie. Ich meine, ich denke nicht, dass die Wirksamkeit der Therapie, autistischen Kindern das Lernen zu ermöglichen, in Frage steht. Jedes einzelne Ding, das sie kann, hat sie von ABA gelernt. Das ist Fakt. Abgesehen von den Dingen, die ihren Talenten entsprechen. Sie buchstabierte lange vor der ABA-Therapie Wörter mit Kühlschrankmagneten. Sie spielt trotz ABA-Therapie Klavier. Sie brachte sich selbst ohne den Einsatz von ABA-Therapie das Lesen bei. Addieren und Subtrahieren. Sie war vor ABA von Zahlen und Zahlenreihen besessen.

Nichtsdestotrotz hatte sie vor ABA keine Sprache, keinen Augenkontakt, keine soziale Kompetenz, ignorierte völlig jeden und alles.

ABA veränderte alle diese Dinge in einem Jahr“)

In Deutschland findet ABA zunehmend Verbreitung. Dass dabei grundlegende Menschenrechte verletzt werden und autistischen Kindern z.B. Gesundheit und freie Entfaltung der Persönlichkeit nicht zugestanden werden, ohne, dass dabei die eigenen Ansprüche von ABA auch nur ansatzweise erfüllt würden, findet hierbei anscheinend keine Berücksichtigung.

Grundlagen

Auf Websites von ABA-Anbietern wird grundsätzlich mit dem bereits erwähnten Schlagwort der wissenschaftlichen Erwiesenheit geworben und ausdrücklich betont, dass ABA sich die grundlegenden Erkenntnisse der Lernpsychologie zueigen mache und ABA eben nicht mehr stures Auswendiglernen beinhalte, als andere Lernmethoden, bei denen auch grundlegende Fertigkeiten auswendig gelernt werden müssten. Jeder, der Lernpsychologie nicht vollkommen ablehnt, muss also, so die wohl unhaltbare Schlussfolgerung von ABA-Vertretern, auch ABA befürworten. Faktisch vertritt der ABA-Ansatz auch ein ganz bestimmtes Weltbild. So genannte „positive Verstärker“ sollen das autistische Kind nach einem von nichtautistischen Erwachsenen gemachten Plan dazu animieren, das zu tun, was von ihm erwartet wird. Eltern sollen die komplette Kontrolle über das Umfeld des Kindes erlangen, dem Kind zeigen, dass sie ganz genau wissen, wofür sich es sich interessiert und dem Kind nur dann für das Kind interessante Gegenstände zur Verfügung stellen oder solche Tätigkeiten erlauben, wenn es die gestellten Aufgaben zur Zufriedenheit der Eltern erfüllt wurden. Verhalten, das aus Sicht der Eltern unangemessen erscheint, soll konsequent unterbunden und dadurch „gelöscht“ werden.

Einer der grössten ABA-Anbieter in Deutschland stellt die Grundlagen des zeitgenössischen ABA/VB (VB steht für Verbal Behaviour, dazu siehe weiter unten) in sieben Schritten wie folgt dar. Diese Schritte sollen deswegen wirksam sein, weil sie eine Barriere darstellen, „welche den Zugang Ihres Kindes zu unverdienter Verstärkung blockiert“. So sollen die Eltern in einem ersten Schritt, dem Kind aufzeigen, dass sie die Kontrolle über sämtliche Gegenstände besitzen, die das Kind interessant findet. Die Eltern haben die Macht zu entscheiden, wann sich ein Kind, wie lange, womit beschäftigt. Das Kind soll sich die Beschäftigung mit seinen bevorzugten Gegenständen erstmal durch Kooperation verdienen. Im Idealfall sollen die bevorzugten Spielsachen des Kindes so aufbewahrt werden, dass sie das Kind zwar sehen, aber nicht erreichen kann, zumindest soll auf jeden Fall sichergestellt werden, dass das Kind genau weiss, wo die Sachen aufbewahrt werden. Ersatzinteressen sind ebenso unzulässig. Ferner sollen die Eltern oder Therapeuten im Rahmen einer ABA/VB-Therapie eine Beziehung zu ihrem Kind aufbauen, so dass das Kind die Eltern oder Therapeuten mit positiver Verstärkung in Verbindung bringt (sog. Pairing). Das Kind soll vermittelt bekommen, dass es mit den Eltern Spass haben kann und dies auch nur, wenn es sich so verhält, wie dies von den Eltern erwünscht ist. Auch während der Zeit, in der das Kind die Erlaubnis hat zu spielen, soll „unangemessenes“ Verhalten sofort unterbunden werden. So soll sich ein Kind, währenddessen es Musik hören darf, beispielsweise nicht aus dem Raum entfernen oder anderweitig „unangebracht“ verhalten, was dazu führen soll, dass die Musik, solange das Kind dem „unangebrachten“ Verhalten nachgeht, ausgeschaltet wird. Drittens sollen die Eltern eine vertrauensvolle Beziehung zu ihren Kindern aufbauen und stets meinen, was sie sagen. Dies bedeutet auch, dass sich die Eltern so ausdrücken sollen, dass das Kind sich notwendigerweise dazu „entscheiden“ wird, das auszuführen, was von ihm erwartet wird. Ohne in Zynismus zu verfallen, lässt sich solches Verhalten, das faktisch keine Alternativen offenlässt, wohl kaum als freie „Entscheidung des Kindes“ betrachten. Daran knüpft auch der vierte Punkt an, das Kind soll nämlich lernen, dass faktisch der einzige Weg, sich mit für es interessanten Dingen zu beschäftigen, darin besteht, das zu tun, was von ihm erwartet wird. Solange das erwünschte Verhalten nicht gezeigt oder die gestellte Aufgabe nicht gelöst wird, soll das Kind keinen Zugang zu einer positiven Verstärkung erlangen. Fünftens soll das Erfüllen von gestellten Aufgaben z.B. mit dem zuvor weggenommenen Spielzeug konsequent belohnt werden. Das Ziel ist, dass das Kind von selbst auf die Eltern zukommen und auf Anweisungen warten wird, damit es sich wieder mit interessanten Dingen beschäftigen kann. Von Selbstbestimmung, wie sie gemäss UN Konvention über die Rechte behinderter Menschen auch Autisten zukommt, kann hier wohl keine Rede sein. Ausserdem sollen die Eltern, um einen reibungslosen Ablauf der anderen Punkte zu garantieren, die Interessen des Kindes genausogut kennen, wie ihre eigenen. Kein Interesse des Kindes soll unerkannt und ungenutzt bleiben. Mögliche Verstärker sollen variiert werden, damit das Kind nicht plötzlich das Interesse an ihnen verliert. Auch sollen die Lieblingsdinge des Kindes nicht bei alltäglichen Aufgaben zum Einsatz kommen, sondern bevorzugt bei solchen, die dem Kind am meisten Mühe bereiten und die aus Sicht der Eltern besonders wichtig sind, wie beispielsweise Spracherwerb. Abschliessend soll das Kind lernen, dass Nichtkooperation unter keinen Umständen zum Erhalt von Verstärkern führt. Sämtliche unangemessenen Verhaltensweisen des Kindes sollen konsequent unterbunden werden. Dies soll, wenn sich das Kind beispielsweise von einer Aufgabe entfernt, ohne diese gelöst zu haben, durch Ignorieren des Kindes erfolgen.

Verhaltensweisen, wie sie während einer ABA-Therapie, beispielsweise durch konsequentes Ignorieren, Verbot von Lieblingstätigkeiten oder auch Wegnahme von Lieblingsdingen empfohlen werden, werden, ausserhalb von ABA, gemeinhin Mobbingsituationen zugerechnet. Auch muss die Wegnahme und absolute Kontrolle über das Spielzeug des Kindes auf das Kind bestrafend wirken, was dann die Schlussfolgerung zulässt, dass auch zeitgenössisches ABA/VB Aversiva einsetzt, lediglich nicht so offensichtlich, wie die klassische Variante von ABA, was die Schädlichkeit dessen nicht reduzieren muß.

Angebliche Widersprüche: Autismus und Intelligenz

Autismus und Intelligenz oder gar selbständiges Lernen scheinen für ABA-Vertreter unvereinbare Gegensätze zu sein, die ohne intensive ABA-Therapie keineswegs vereint werden könnten. Die erwiesene Tatsache, dass Autisten mitunter in bestimmten, sie interessierenden Bereichen zu Höchstleistungen fähig sind, ohne, dass ihnen diese Fähigkeiten von Therapeuten oder Eltern antrainiert wurden oder, dass heute erwachsene Autisten, die heutzutage wohl als „schwer betroffen“ eingestuft würden, ganz ohne je mit ABA behandelt worden zu sein, selbständig leben können und zum Teil in ihren Berufen überaus erfolgreich sind (dies wurde beispielsweise z.T. von Asperger 1944, Kanner 1973 sowie Szatmari et al. 1989 untersucht), findet bei Vertretern von ABA keine Beachtung. Teilweise werden von ABA-Vertretern sinnlose autistische Verhaltensweisen, was, je nach Definition, auch aussergewöhnliche Fähigkeiten in bestimmten Teilbereichen beinhaltet, sowohl als löschungswürdig, als auch als Verstärker, wohl je nach Situation, angewandt (http://gernsbacherlab.org/wp-content/uploads/papers/1/Dawson_AutisticLearning.pdf).

Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu autistischem Lernen sind wenig ausgereift und häufig paradox. Ähnliche Aussagen wurden auch im Rahmen der Behandlung von Homosexuellen über Homosexuelle getroffen. Ebenso wie heute über Autisten, wurde beispielsweise über Homosexuelle behauptet, dass sie unfähig wären, antrainierte Fähigkeiten zu verallgemeinern und auch im Rahmen von Situationen anzuwenden, die nicht explizit geübt wurden (Rekers und Lovaas 1974). Die Unfähigkeit zu verallgemeinern scheint also vielmehr ein Problem darzustellen, das auftritt, wenn Menschen zu Verhaltensweisen gedrängt werden, die ihrer Veranlagung in hohem Masse widersprechen. Heute würde dies wohl kaum jemand von Homosexuellen behaupten, in Bezug auf Autisten sind solche Aussagen noch immer an der Tagesordnung.

Hintergründe

Bereits in den 1970er Jahren wurde an der University of California, Los Angeles (UCLA) mit finanzieller Beteiligung des National Institute of Mental Health von Lovaas, auf den die heutige ABA-Intervention zurückgeht, eine Studie, das Feminine Boy Project (FBP), durchgeführt, die zum Ziel hatte, mit den Prinzipien des operanten Konditionierens nach Skinner, Jungen, die als weiblich geltende Verhaltensweisen an den Tag legten, zu „richtigen“ Jungen zu erziehen. Von Videoaufnahmen, die jeweils vor und nach Beginn der Therapie gemacht wurden, wurde gesagt, die therapierten Kinder seien wie ausgewechselt und würden sich nach der Therapie in keiner Weise von anderen gleichaltrigen Jungen unterscheiden. Das Projekt geriet rasch in die Kritik, vor allem ethische Bedenken wurden, u.a. auch von heutigen Vertretern von ABA, geäussert. Es wurde gefordert, dass bei solch gravierenden Eingriffen in die Persönlichkeit eines Menschen, betroffene Interessengruppen, also z.B. Homsexuelle, Transsexuelle und Feministen, in die Entscheidungsprozesse und die ethische Debatte miteinbezogen werden sollten. Die Annahme, auf der die Studie beruhte, nämlich, dass Nicht-Heterosexuelle weniger wert und ohne Hilfe nicht fähig seien, ein glückliches, erfülltes Leben zu führen, wurde gründlich hinterfragt. Einer der zwei Jungen, deren Umerziehung im FBP als Erfolg gefeiert wurde, beging Selbstmord.

Am selben Forschungsinstitut wurde das „Young Autism Project“ gestartet, das ebenfalls von Lovaas geleitet wurde, der sich, als die staatliche Subventionierung für das FBP auslief, vom Projekt distanzierte. Der Ansatz war weitgehend derselbe, nur die Zielgruppe eine andere. Im Gegensatz zum FBP stellte die Frage Ethik, oder gar die Einbeziehung betroffener Interessengruppen, keine Kritikpunkte mehr dar und wurden bislang, mit Ausnahme des Einsatzes von massiven Aversiva, auch so gut wie nicht diskutiert. Autisten wurden keinerlei Mitspracherechte gewährt, was sich bis in die Gegenwart gehalten hat, obwohl mittlerweile hinreichend viele Autisten sich öffentlich zu ihrem Autismus bekennen und beweisen, dass sie durchaus in der Lage sind für sich selbst zu sprechen. Meist werden diese Autisten als lediglich „leicht betroffen“ dargestellt, die unmöglich die „schwer betroffenen“ Autisten verstehen könnten. Die offensichtlich irrige Annahme, dass Nichtautisten, die autistische Wahrnehmung oft nicht einmal ansatzweise nachvollziehen können, in der Lage sind, zu entscheiden, was für Autisten gut ist, wird hingegen als Tatsache dargestellt (http://www.sentex.net/~nexus23/naa_aba.html).

1987 veröffentlichte Lovaas eine Studie, die auch heute noch oft auf Websites von ABA-Anbietern zitiert wird. Dieser Studie zufolge erfüllten insgesamt 47% der 19 Vorschulkinder, die im Durchschnitt 40 Stunden wöchentlich ABA-Therapie erhielten, die Kriterien, die Lovaas für ein „recovery“ angesetzt hatte. Um Kritikern weniger Angriffsfläche zu bieten, wurde, um allfällige Placebo-Variablen auszuschliessen, eine weitere Studie innerhalb der Studie durchgeführt, um zu zeigen, dass ein Bestandteil von ABA der entscheidende Faktor für den Erfolg der Therapie war. Die Komponente, die diesbezüglich gesondert untersucht wurde, war der Einsatz von massiven Aversiva, der bei je vier Kindern der Experimental- und Kontrollgruppe variiert wurde. Die Fortschritte derjenigen Kinder, die nicht mit massiven Aversiva bedacht wurden, wurden von Lovaas als ungenügend und instabil beschrieben (Lovaas 1987; McEachin, J. J., Smith, T., & Lovaas, O. I. 1993). Auch dies ist an sich eher wieder ein starkes Indiz gegen die Argumentation der „wissenschaftlichen Erwiesenheit“, zumal massive Aversiva laut ABA-Anbietern angeblich nicht mehr zum Einsatz kommen würden (was aber faktisch nach wie vor der Fall ist, siehe oben).

Die Abkehr von massiven Aversiva zur „Spasstherapie“

In den vergangenen Jahren geriet ABA aufgrund des Einsatzes von massiven Aversiva zunehmend in die Kritik, bis eine Distanzierung von den offensichtlichen massiven Aversiva erfolgte. Nichtsdestotrotz wird weiterhin die Studie von Lovaas zitiert und die 47%, die den höchsten mit ABA erzielten „Erfolg“ darstellen (die darauffolgenden Studien, die ohne massive Aversiva arbeiteten, weisen im Grunde entweder verschwindend kleine Prozentsätze an „recoveries“ oder/und eklatante methodische Mängel auf), werden so dargestellt, als wären diese 47% die Erfolge des heutigen ABA, das, wie betont wird, ohne massive Aversiva arbeitet und „Spass“ in den Vordergrund stellt.

„Spass“ ist wohl eines der zeitgemäßen, modischen Schlagwörter, mit dem heutiges ABA angepriesen wird. Seit ABA in Kombination mit Verbal Behaviour (VB) praktiziert wird, soll sich die Methode grundlegend geändert haben. Das Kind soll vermittelt bekommen, dass es nur Spass haben kann, wenn es mit den Eltern oder den Therapeuten interagiert und, dass es sich nicht lohnt, nicht zu kooperieren, weil es dann keine positive Verstärkung erfährt. Die Eltern sollen die bevorzugten Spielsachen des Kindes kontrollieren und, abhängig vom Verhalten des Kindes, jeweils entscheiden, wann es sich womit, wie lange beschäftigen darf. Aus Elternsicht angemessenes Verhalten wird durch Verstärker belohnt, aus Elternsicht unangemessenes Verhalten soll möglichst „gelöscht“ werden. Das Können eines autistischer Jungen beispielsweise, der im Rahmen einer intensiven ABA-Intervention plötzlich erstaunliche Fähigkeiten im Kalenderrechnen an den Tag legte, wurde nach Bekanntwerden unterdrückt und der Kategorie der unangebrachten Verhaltensweisen zugerechnet (Epstein et al. 1985). Dies soll das Kind dazu bewegen, sich zu „entscheiden“, zu kooperieren, weil es nur dadurch die Möglichkeit hat, sich mit dem zu beschäftigen, das es tatsächlich interessiert. Ebenso ist augenscheinlich, daß sinnhafte aber unverstandene intutive Reaktionen von Autisten angegriffen werden, die in ihrer abweichenden Wahrnehmung begründet sind, im übertragenen Sinne Reaktionen wie die Schmerzreaktion auf einen Stachel im Fuß. Solche an sich gesunde Reaktionen wegen Unverständnis der Materie zu unterbinden läuft letztlich auf dadurch verursachte größere Gesundheitsschäden hinaus und die Verhinderung der Möglichkeit des Autisten selbst für sich ein angemessenes Lebensumfeld zu finden. So schrieb auch eine Autistin, an der ABA angewendet wurde, in einem US-Forum über ihre Therapieerfahrungen:

„When I was asked to do something in exchange for a reward that I wanted very much, eventually I just started to hate the whole process. It made me feel like I could never get a break, never relax, or I’d lose what I loved most… I felt totally helpless, like they were yanking me around on a string and could make me do whatever they wanted. My decisions weren’t my own“ (http://www.wrongplanet.net/postp2462249.html#2462249 Wenn ich gebeten wurde etwas für eine Belohnung, die ich sehr wollte, zu tun, begann ich den ganzen Vorgang zu hassen. Es gab mir das Gefühl, nie eine Pause zu bekommen, nie zu entspannen oder ich würde das verlieren, was ich am meisten liebte… Ich fühlte mich völlig hilflos, als ob sie mich auf einem Seil herumziehen würden und mich dazu bringen könnten alles zu tun, was sie wollten. Meine Entscheidungen waren nicht meine eigenen.).

Dadurch, dass sich Kinder ihre Freizeit faktisch erst verdienen müssen und nur dann ihren Interessen nachgehen können, wenn sie sich aus Elternsicht angemessen verhalten – wobei vernachlässigt wird, dass auch vermeintlich unangemessenes autistisches Verhalten immer Gründe hat und häufig auch auf allgemeinmenschliche Überlastungsreaktionen zurückzuführen ist – werden sie zu unselbständigen psychischen Wracks erzogen, die auf direkte Anweisungen angewiesen sind und durch ABA wohl auf effektive Weise zu leicht händelbaren Heimbewohnern gemacht werden – wobei solche Behindertenheime spätestens seit der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen Auslaufmodelle sind.

Vermeintlich Innovatives: Verbal Behaviour

VB wird heutzutage meist in Kombination mit ABA angeboten und als das innovative Element in ABA dargestellt, das zu einer grundlegenden Weiterentwicklung von klassischem ABA zu ABA/VB beigetragen hat. Die Grundlagen von VB gehen, ebenso wie diejenigen von ABA, auf Skinner zurück, der versuchte, aus verhaltensanalytischer Sichtweise eine theoretische Analyse der Sprache darzustellen. Auch kamen teilweise linguistische Modelle zum Einsatz (Skinner 1957). 1959 erschien vom Linguisten Noam Chomsky eine Besprechung Skinners Werk. Chomsky argumentierte, dass VB den sprachlichen Gegebenheiten nicht einmal ansatzweise gerecht werden könne und sie über Gebühr vereinfache. Würde man die von Skinner definierten Begriffe so verstehen, wie sie von Skinner definiert wurden, sei Skinners sprachliche Analyse offensichtlich falsch. Würden die Begriffe hingegen im übertragenen Sinn verstanden, so handle es sich lediglich um eine alltägliche Betrachtung der Sprache, die in einer wissenschaftlichen Sprache verfasst sei, so schreibt Chomsky: „This creates the illusion of a rigorous scientific theory with very broad scope, although in fact the terms used in the description of real-life and laboratory behavior may be mere homonyms“ (Chomsky 1959: 31). In behaviouristischen Kreisen wurde Chomskys Kritik wiederum Kritikgegenstand, wobei behauptet wurde, Chomsky habe Skinner in seiner Komplexität nicht erfasst (Kenneth MacCorquodale 1970; David C. Palmer 2006). Indes gilt ausserhalb des Behaviorismus seit Chomskys Kritik die Analyse von Skinner als widerlegt und wird höchstens unter historischem Gesichtspunkt betrachtet. VB wird heute vor allem zur „Behandlung“ von Autismus eingesetzt, wobei Chomskys Kritik keinerlei Beachtung findet und bei Darstellungen darüber, worum es sich bei VB handelt, nicht einmal ansatzweise diskutiert wird.

Siehe auch:

Unser Autismus-Lexikon

http://www.sentex.net/~nexus23/naa_aba.html

http://gernsbacherlab.org/wp-content/uploads/papers/Gernsbacher_Scientifically_Proven_JDLD_2003.pdf

Lesenswerte Grundlagenaufsätze zum Thema Behinderung aus dem Umfeld des ZeDiS an der Uni Hamburg (extern)

http://web.archive.org/web/20121217090641/http://www.zedis.uni-hamburg.de/?page_id=4

Veralteter Link:

http://www.zedis.uni-hamburg.de/?page_id=4

Grundlagen

Hier werden einige Grundlagen zu Autismus behandelt. (Zugang über das Menü)

Autism Speaks: Eugenische Forschung unter dem Deckmäntelchen der autistischen Interessenvertretung

Autism Speaks

2005 wurde von Suzanne und Bob Wright (Direktor des US-TV-Unternehmens NBC), den Grosseltern eines Autisten, eine Stiftung gegründet, die sich während der kurzen Zeit ihres Bestehens zu einer aggressiv auftretenden Geldsammel-Institution entwickelt hatte, die nicht nur in den USA einen enormen Einfluss auf die Öffentlichkeit ausübt, sondern auch die Forschungsausrichtung zu Autismus massgeblich beeinflusst. Das Ziel der Stiftung ist es, wie Suzanne Wright in einem Gastbeitrag in der Zeitschrift Parade (http://www.parade.com/articles/editions/2008/edition_01-27-2008/Autism_C… 27.1.2008; der Inhalt des Artikels ist mit Stand vom 28.4.2015 in dieser Quelle einsehbar: https://archive.is/rFC85) schrieb, „ultimately eradicate autism for the sake of future generations“ (Autismus zum Wohl zukünftiger Generationen auszurotten; eigene Übersetzung).

Die autismusverachtende Einstellung von Autism Speaks tritt auch immer wieder während der Veranstalungen der Stiftung zutage. So äusserte Wright beispielsweise: „“We are walking toward a future of hope, a future of promise, and a future when autism is not a daily struggle for millions of families but a word for the history books. I’m convinced that together we are going to dramatically change the field of autism in education, research, and treatment. We are indeed entering a new decade for autism.“ (http://www.autismspeaks.org/sponsoredevents/new_decade_for_autism.php; Wir gehen einer Zukunft der Hoffnung, einer Zukunft der Versprechungen entgehen und einer Zukunft, in der Autismus nicht mehr ein täglicher Kampf für millionen von Familien ist, sondern ein Wort für die Geschichtsbücher. Ich bin überzeugt, dass wir gemeinsam den Autismusbereich in den Sektoren Bildung, Forschung und Behandlung grundlegend verändern werden. Wir betreten eine neue Ära des Autismus; eigene Übersetzung).

Hauptaktivität von Autism Speaks ist tendenziöse Forschung, die zum Ziel hat, die „Ursachen“ von Autismus zu finden und daraus einen pränatalen Test zu entwickeln, um Spätabtreibungen zu ermöglichen – bei Trisomie 21 entspricht dies bereits heute der üblichen Praxis. Hierbei handelt es sich weitestgehend um Forschung, deren Ausrichtung bereits von Anfang an vorgegeben ist. Diese Zielsetzung prägt die Einstellung, mit der die Wissenschaftler an die zu beantwortenden Fragestellungen herangehen. Es wird davon ausgegangen, daß das, was oft fälschlich und oberflächlich als Autismus wahrgenommen wird, eine feste individuelle Veranlagung sei und der Faktor gravierend mangelnder, oft sogar relativ einfach herzustellender Barrierefreiheit (mangels autistischer Empathie) nicht erkennbar berücksichtigt. Von einem ethischen Standpunkt aus betrachtet, ist eine solche Forschung, deren angestrebte Resultate gewissermassen von vornherein feststehen, überaus problematisch und vom Gesichtspunkt seriöser Wissenschaft her ohnehin. Würde heutzutage beispielsweise ein Forschungsinstitut verkünden, sie wollten die „Ursachen“ für Homosexualität finden, um selbige ausrotten zu können, würde dies eine immense Protestwelle auslösen. Vor einigen Jahrzehnten wäre ein solches Forschungsunterfangen wohl gesellschaftlich gebilligt worden und zahlreiche Personen hätten vermutlich sogar behauptet, dass diese Forschung zum Wohle der Homosexuellen vorangetrieben werden müsse, damit auch diese endlich vollwertige und leistungsfähige Mitglieder der Gesellschaft werden könnten. So abwegig dies in Bezug auf Homosexualität wirken mag, so ist dies doch heutzutage bezüglich Autismus Normalität. Eine ähnliche Entwicklung weg von diskriminierenden kulturellen Vorstellungen, wie sie in Bezug auf Homosexuelle, oder auch Gehörlose in den vergangenen Jahrzehnten vonstatten ging, ist in Bezug auf Autismus zu erwarten.

Tendenziöse Forschung, bei der die Forscher gewissermassen ihre eigene, der Mehrheit entsprechende Sicht der Welt bestätigen wollen, birgt auch allgemeine Problematiken, wie etwa die Unvereinbarkeit mit dem wissenschaftlichen Objektivitätsgebot. So hängt beispielsweise, gemäss Standpunkttheorie, wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn von der Position des Forschers innerhalb der herrschenden gesellschaftlichen Ordnung ab. Forscher, die sich mit den gegebenen Machtverhältnissen identifizieren können, haben, wenn überhaupt, im Gegensatz zu Angehörigen von Minderheiten nur ein geringes Interesse daran, etwas an den herrschenden Umständen verändern zu wollen. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe bestimmt die Perspektive, mit der an eine Fragestellung herangegangen wird, allerdings ist, soweit die Theorie, der Standpunkt einer untergeordneten Gruppe objektiver als derjenige der herrschenden Gruppe, da die Minderheit aufgrund ihrer Minderheitenposition für die herrschende Gruppe Verständnis aufbringen muss und sich dies auch in ihrer Sicht der Welt niederschlägt (Harding 2004). In Bezug auf Autismusforschung bedeutet dies, dass es für ein umfassendes Verständnis von Autismus nötig wäre, die Sichtweise der nichtautistischen Mehrheit zu verlassen, sich von der pathologisierenden, auf Defizite fixierten Beschreibung von Autismus zu distanzieren und die Sichtweise der autistischen Minderheit anzunehmen und davon ausgehend eine ausgewogene Beschreibung von Autismus zu versuchen. Autism Speaks nähert sich diesem Ideal nicht einmal annähernd, versucht stattdessen Autisten durch Einschüchterungsmassnahmen mundtot zu machen und berücksichtigt die Meinungen und Erfahrungen von Autisten nicht einmal ansatzweise in der Erkenntnisgewinnung. Autism Speaks schafft es nicht annähernd, die Herkunft des Gründers aus dem Bereich des Privatfernsehens und dessen Gebarens zu überwinden.

Autism Speaks wurde 2008 von den Vereinten Nationen als Nichtregierungsorganisation anerkannt. Gemäss zugehöriger Pressemitteilung von Autism Speaks, ermögliche diese Anerkennung der Stiftung ein breiteres Publikum und somit verbesserte Möglichkeiten, „to promote the dignity, equal rights, social progress and better standards of life for individuals with autism.“ (die Würde, Gleichberechtigung, sozialen Fortschritt und bessere Standards für das Leben von Individuen mit Autismus zu fördern; Pressemitteilung von Autism Speaks http://www.autismspeaks.org/press/united_nations_ngo_dpi.php 18.12.2008; eigene Übersetzung). Tatsächlich tritt Autism Speaks die Interessen von Autisten regelrecht mit Füssen, so wie die Anerkennung der Stiftung dem Geist der UN Konvention über die Rechte behinderter Menschen widerspricht. Auch eine Zusammenarbeit von Autism Speaks und der Europäischen Union findet statt (http://ec.europa.eu/health/ph_information/dissemination/diseases/autisti…).

Zahlreiche Behindertenorganisationen haben sich mittlerweile öffentlich von der Organisation Autism Speaks distanziert. Diese Organisationen sind der Meinung, dass Autism Speaks die Interessen von Autisten in keiner Weise vertritt, sondern vielmehr auf aggressive Weise die üblichen Vorurteile, die in Bezug auf Autismus im Umlauf sind, verfestige, Falschinformationen verbreite – so wurde beispielsweise in Studien belegt, dass in Familien mit autistischen Kindern Scheidungen nicht wahrscheinlicher sind, als in Familien ohne solche Kinder; Autism Speaks behauptet das Gegenteil – sowie die Position behinderter Menschen nachhaltig schädige. Durch das Auftreten von Autism Speaks würden Klischees und Vorurteile über Autisten verfestigt und dies würde die gesellschaftliche Ausgrenzung autistischer Personen massiv verstärken (offener Brief an die Spender von Autism Speaks http://www.autisticadvocacy.org/modules/smartsection/item.php?itemid=60 7.1.2009 ).

Forschung

2008 wurden 65% der finanziellen Mittel der Stiftung in, wie oben erwähnt, tendenziöse Forschung investiert (Jahresbericht 2008 http://www.autismspeaks.org/docs/Autism_Speaks_Annual_Report_2008.pdf). Das Forschungsprogramm von Autism Speaks besitzt vier Schwerpunkte: (1) die Suche nach den „Ursachen“, (2) die Erforschung der Autismus zugrundeliegenden „biologischen Mechanismen“, (3) eine weitere Ausdifferenzierung der Diagnosemöglichkeiten, damit weniger Autisten undiagnostiziert bleiben sowie (4) die Suche nach möglichst effektiven „Behandlungsmöglichkeiten“. Bei dieser Ausrichtung bleibt, soweit zu erkennen, völlig unbeachtet, welche Rolle das Umfeld bei der Ausprägung „autistischer Symptome“ hat, die oft allgemeinmenschliche Überlastungsreaktionen sind.

Der Bereich der einseitig verzerrten „Ursachenforschung“ ist ganz im Sinne der oben umrissenen Zielsetzung die Hauptaktivität von Autism Speaks. Hauptschwerpunkt des Bereichs ist Genforschung, die durch eine Beteiligung am Autism Genome Project (AGP), das eine Partnerschaft unterschiedlicher Forschungsinstitute darstellt, abgedeckt wird. Grösstenteils handelt es sich hierbei um Forschung, die zum Ziel hat, die „Ursache“ von Autismus zu finden und daraus einen pränatalen Test zu entwickeln (ASAN Central Ohio http://asancentralohio.blogspot.com/2009/08/why-autism-speaks-does-not-s… 16.8.2009; neuere Fassung: http://asansouthwestohio.blogspot.com/2009/10/why-autism-speaks-does-not… ), der zur Folge hätte, dass bei Autisten Spätabtreibungen möglich würden, wie dies bereits massenhaft bei Kindern mit Trisomie 21 üblich ist. So äusserte 2005 Dr. Simon Buxbaum, der damalige Leiter der Mount Sinai School of Medicine, die eng mit dem von Autism Speaks mitbegründeten AGP zusammenarbeitet, es sei nur eine Frage der Zeit, bis endlich die wichtigsten für Autismus verantwortlichen Gene identifiziert wären, was dann die Möglichkeit eines pränatalen Tests für Autismus zur Folge hätte. Buxbaum schätzte die Zeitspanne, die nötig wäre, um einen solchen Test zu entwickeln auf zehn Jahre (MSNBC http://www.msnbc.msn.com/id/7013251 23.2.2005). Die Forschung in diese Richtung wird intensiv vorangetrieben. Anfangs des Jahres 2009 veröffentlichte Professor Baron-Cohen, Leiter eines Forschungsprojektes der Universität von Cambridge, das sich mit den Mengen fetalen Testosterons im Fruchtwasser beschäftigt, im British Journal of Psychology eine Studie, derzufolge die Menge fetalen Testosterons darüber Aufschluss geben könne, ob das Kind autistisch sei (BJP 2009; 100: 1-22). Gemäss Baron-Cohen, dessen Forschungsinstitut sowohl von Autism Speaks, als auch vom Medical Research Council, das gemeinsam mit Autism Speaks, das AGP finanziert, finanziell unterstützt wird, sei nun ein pränataler Test für Autismus in Reichweite, wobei dieser ethische Fragen aufwerfe, da Autisten in Teilbereichen zu Höchstleistungen fähig wären (Medical News http://www.news-medical.net/news/2009/01/12/44865.aspx 12.1.2009). Diese Äusserung impliziert, dass der Wert eines Menschen anhand seiner Leistungsfähigkeit bestimmt werden kann und weniger leistungsfähige Menschen auch weniger wert seien, was veranschaulicht, was in diesen Kreisen mittlerweile unter Ethik verstanden wird. Derart euthanasieartige Vorgänge zu rechtfertigen zeugt von einer Reduzierung des Menschen auf seine ökonomische Leistung und lässt eine grundlegend lebensverachtende Einstellung vermuten.

Insbesondere diese Forschungsprojekte stehen in starker Kritik von Anhängern der Autistic Pride Bewegung und von Abtreibungsgegnern. Es wird befürchtet, dass es, sobald ein solcher Test verfügbar sein wird, zu routinemässigen Abtreibungen kommt. Die werdenden Mütter hätten ohne erhebliche Eingenrecherche faktisch keine angemessene Möglichkeit, zu entscheiden, ob sie das autistische Kind behalten oder abtreiben wollen, da die Informationen über Autismus, die den werdenden Eltern von den Ärzten zur Verfügung gestellt würden, aller Wahrscheinlichkeit nach stark negativ verzerrt wären und es den werdenden Eltern kaum ermöglichen würde, sich ein angemessenes, realistisches Bild über Autismus zu machen. Die werdenden Eltern würden in diesem Fall regelrecht zur Abtreibung gedrängt. Wie sich bereits bei der pränatalen Diagnostik zu Trisomie 21 zeigte, nutzen werdende Eltern dieses Wissen lediglich in den seltensten Fällen, um sich auf das Kind angemessen vorzubereiten oder sich differenziert zu informieren, sondern wählen in 90% der Fälle die Möglichkeit der Abtreibung. Im Falle des Autismus ist auch aufgrund verbreiteter Klischeevorstellungen zu Autismus von einer ähnlichen Entwicklung auszugehen. Ausserdem wird kritisiert, dass Steuergelder in eugenische Forschung investiert werden (ASAN http://www.autisticadvocacy.org/modules/smartsection/item.php?itemid=25 13.3.2008). Eine Hochrechnung der privaten Website Ventura 33 ergab, dass es – unter der Annahme, dass es viel mehr Menschen gibt, die autistisches Erbgut haben – durchaus denkbar wäre, dass nicht nur Feten abgetrieben würden, die später tatsächlich auch eine Autismusdiagnose bekämen, sondern weitaus mehr Personen – unter Umständen mehr als 100 Millionen. Dies entspricht mehr als einem Drittel der gesamten US-Bevölkerung und wäre, sofern es tatsächlich zu routinemässigen Abtreibungen kommen sollte, die grösste eugenische Tötungsaktion der Geschichte (Autistic Genocide Clock http://www.ventura33.com/clock/ ). Ferner unterstützt Autism Speaks Forschungsprojekte, die sich mit der Fragestellung beschäftigen, inwiefern Autismus durch Umwelteinflüsse, wie beispielsweise durch Umweltgifte, verursacht werden kann. Allerdings werden auch hierbei veränderbare Einflüsse der Umgebung ausgeblendet und daraus resultierende Überlastungreaktionen fälschlicherweise Autismus zugeschrieben. Einen weiteren Schwerpunkt im Bereich der „Ursachenforschung“ bildet ein „Autism Epidemology Network“, das gemeinsam von Autism Speaks und den Centers for Disease Control and Prevention (CDC), das ein internationales Netzwerk dastellt, in dem Informationen zur Epidemologie von Autismus gesammelt werden. In den 90er Jahren begannen sich die Autismusdiagnosen zu häufen und zeitgleich wurden auch zunehmend mehr Kinder mit der MMR-Impfung geimpft. Es entbrannte eine lang anhaltende Debatte darüber, inwiefern Autismus durch mögliche Impfschäden verursacht sei (About.com:Autism http://autism.about.com/od/causesofautism/a/MMRVaccine.htm 1.6.2009). Mittlerweile gilt diese These als widerlegt, hat aber noch immer ihre Anhänger. Die Position von Autism Speaks ist eindeutig: Die MMR-Impfung sei eine gute Sache und nicht für Autismus verantwortlich. Indes wird auch anhand dieser Impfdebatte erkenntlich, wie Autism Speaks mit Andersdenkenden umgeht. Katie, die Tochter von Susan und Bob Wright und die Mutter des Autisten, ist nämlich, entgegen der Meinung von Autism Speaks, davon überzeugt, dass der Autismus ihres Sohnes durch einen Impfschaden zustande kam. Diese Meinung vertritt sie auch öffentlich und bekommt wohl auch durch ihre Nähe zu Autism Speaks mediale Aufmerksamkeit. Dies führte zu einem familiären Zerwürfnis und die Wrights distanzierten sich öffentlich von Katies Meinung. Zahlreiche Eltern befürchten, dass Autism Speaks sich zu sehr auf die möglichen genetischen „Ursachen“ von Autismus fixiert und andere Möglichkeiten nicht beachtet. Die Wrights gehen nicht auf diese Befürchtungen ein (New York Times http://www.nytimes.com/2007/06/18/us/18autism.html 18.6.2007). Indes hat diese Debatte auch Auswirkungen auf Autism Speaks. So befürchten einige Anhänger der Stiftung – aufgrund von Forschungsprojekten, die sich mit Umwelteinflüssen auf die Entstehung von Autismus beschäftigen -, dass Katie die Ausrichtung von Autism Speaks massgeblich prägen könnte. Es kam bereits zu mehreren Austritten von Vorstandsmitgliedern (post-gazette.com http://www.post-gazette.com/pg/09228/991232-114.stm 16.8.2009). Die Gerichte, die sich mit Klagen von Eltern gegen Pharmakonzerne aufgrund von angeblich durch Impfschäden verursachten Autismus befassen, teilen die Ansicht von Autism Speaks, dass es keinen Zusammenhang zwischen der MMR-Impfung und Autismus gibt. Staatliche Gesundheitsexperten sind in den USA ebenfalls dieser Ansicht (healthfinder.gov http://www.healthfinder.gov/news/newsstory.aspx?docID=624083 12.2.2009).

Der zweite Forschungsschwerpunkt, nämlich die Autismus zugrundeliegenden biologischen Mechanismen, beinhaltet Forschungsprojekte in den Bereichen Neurowissenschaft, Physiologie sowie Molekularbiologie. Als eines der Hauptprojekte in diesem Bereich ist eine Brain Development Initiative zu erwähnen, die zum Ziel hat, herauszufinden, weswegen sich die Hirnstrukturen von Autisten mitunter erheblich von denjenigen nichtautistischer Menschen unterscheiden würden.

Dritter Forschungsschwerpunkt ist die Suche nach neuen Diagnosemethoden, mit denen effizientere und frühere Diagnosen gestellt werden können, als es heute der Fall ist. Dieser Schwerpunkt wird weitgehend durch das High Risk Baby Siblings Research Consortium, ein Konsortium, das von Autism Speaks und dem nationalen Gesundheitsministerium betrieben wird, abgedeckt. Ziel ist es, namhafte Forscher im Bereich Autismusforschung zu vereinen und dadurch möglichst effektive Diagnosemethoden zu entwickeln. Hier spielen Erkenntnisse aus den ersten beiden Forschungsschwerpunkten eine entscheidende Rolle. Solche verbesserten Diagnosemöglichkeiten hätten vor allem zur Folge, dass noch früher mit möglichen, schädlichen Therapien angefangen würde und die Kinder noch stärkerem Anpassungsdruck ausgesetzt wären.

Den vierten Schwerpunkt bildet die Entwicklung neuer Therapiemethoden und Weiterentwicklung bestehender Therapien, damit die autistischen Kinder möglichst effektiv zu nichtautistischen Kindern umerzogen werden könnten. Die Schäden, die durch die Umerziehung von Links- zu Rechtshändern verursacht werden, gelten mittlerweile als anerkannt, für Autismus steht ein solcher Nachweis, vermutlich vor allem aufgrund der einseitigen Forschungsausrichtung zu Autismus, noch aus.

Öffentlichkeitsarbeit

Ein weiterer Bereich der Aktivität von Autism Speaks beinhaltet die Öffentlichkeitsarbeit, für die insgesamt 31% der finanziellen Mittel verwendet werden, wobei 3% davon speziell für die Beziehung zur Regierung reserviert sind. Dabei ist anzumerken, dass dies gleichzeitig das – oft mit kitschigen, klischeehaften Spendenaufrufen agierende – Finanzierungsmodell von Autism Speaks darstellt. Bei diesem Bereich handelt es sich keineswegs um Öffentlichkeitsarbeit im Interesse autistischer Menschen, geschweige denn sachlich ernstzunehmende Aufklärung, sondern weitestgehend um die Etablierung eines einflussreichen Netzwerkes, das Autism Speaks ermöglicht eigene Interessen möglichst ungehindert durchsetzen zu können. Autisten kommen in diesen öffentlichen Darstellungen nicht zu Wort und werden häufig gewissermassen als von Autismus besessen dargestellt. Es wird von Autism Speaks davon ausgegangen, dass Autismus von der eigentlichen Persönlichkeit eines Menschen getrennt werden könne und der unter Autismus verschüttete Mensch befreit werden müsse. Das Selbstbestimmungsrecht behinderter Menschen wird von Autism Speaks weitestgehend ignoriert und Autisten, die sich öffentlich kritisch äussern, müssen damit rechnen, verklagt zu werden. Auch beschäftigt Autism Speaks nicht einmal symbolisch Autisten in führenden Positionen. Diese Problematik wurde von Autism Speaks zwar eingestanden und es wurde versprochen, etwas diesbezüglich zu ändern, allerdings blieb es bislang bei diesen Versprechungen. Diese Verweigerung der Möglichkeit zur Teilhabe an den relevanten Entscheidungsprozessen verstosse gemäss ASAN gegen den Geist der Menschenrechte (ASAN http://www.autisticadvocacy.org/modules/smartsection/item.php?itemid=25 13.3.2008).

In den wenigen Jahren ihres Bestehens gelang es Autism Speaks immensen Druck auf Regierungen und internationale Organisationen aufzubauen. So wurde beispielsweise 2008 von Autism Speaks eine Website namens „AutismVotes.org“ eingerichtet, die aufzeigt, welchen Stand welche Vorlagen im Parlament besitzen und auch eine Plattform bietet, effektive Lobby-Arbeit zu betreiben. Bereits vor den letzten Präsidentschaftswahlen lancierte Autism Speaks eine Kampagne, mit der die Präsidentschaftskandidaten bereits vor ihrer möglichen Wahl, über effektive Unterstützungsmöglichkeiten der Organisation informiert wurden. Auch der amtierende Präsident der USA, Barack Obama, konnte für die Ziele von Autism Speaks gewonnen werden. Obama versprach in einer Rede vom 30. September 2009 den bislang grössten Betrag, den die amerikanische Regierung in Autismusforschung, die massgeblich von Autism Speaks wie erwähnt tendenziös geprägt wird, zu investieren – gemäss Angaben von Autism Speaks beläuft sich dieser auf fünf Milliarden Dollar. Indes ist anzumerken, dass die amerikanische Regierung mittlerweile offenbar auch den Dialog mit Vertretern der Autistic Pride Bewegung sucht. So nominierte Obama am 16.12.2009 (Pressemitteilung des Weissen Hauses http://www.whitehouse.gov/the-press-office/president-obama-announces-mor…) Ari Ne‘eman, den Vorsitzenden des Autistic Self Advocacy Network (ASAN) in den National Council on Disability (NCD). Der 1978 innerhalb des amerikanischen Bildungsministeriums gegründete NCD umfasst 15 Mitglieder, die eine Beratungsfunktion inne haben und Strategien erarbeiten sollen, die es behinderten Menschen ermöglichen, ein gleichberechtigtes Leben zu führen.

Die Öffentlichkeitsarbeit von Autism Speaks zeichnet sich insbesondere durch reisserische Kampagnen aus, die keineswegs echte Aufklärung darstellen, sondern eine überaus verzerrende, klischeehafte Darstellung von Autismus bieten, die mit Autismus an sich im Grunde kaum etwas zu tun hat und vielmehr der Generierung von Spendengeldern dient. In der Vergangenheit wurden gegen Anhänger der Autistic Pride Bewegung, die sich gegen eine solche öffentliche Darstellung wehrten, immer wieder Einschüchterungsmassnahmen unternommen, obwohl dieser Widerstand klar in den Bereich der Meinungsfreiheit fällt und somit legal ist. So wurde beispielsweise einer 14-jährigen Autistin, die eine Parodiewebsite namens NT-Speaks betrieb, mit Geldforderungen, die sich auf $90‘000 belaufen, gedroht, sofern sie nicht bereit sei, die Website offline zu nehmen, den Quellcode zu zerstören und die Domain Autism Speaks zu überschreiben (About.com:Autism http://autism.about.com/b/2008/01/22/when-is-a-humorous-site-not-so-funn… 22.1.2008). Auch ein autistischer Blogger, der T-Shirts mit der Aufschrift „Autism Speaks can go away. I have autism. I can speak for myself“ (Autism Speaks kann verschwinden. Ich habe Autismus. Ich kann für mich selbst sprechen.; eigene Übersetzung) verkaufte, wurde von der Firma, bei der er die T-Shirts vertrieb, benachrichtigt, dass Autism Speaks auf sie zugekommen sei und es aufgrund möglicher rechtlicher Konsequenzen am Besten sei, wenn er die T-Shirts aus seinem Online-Shop nehmen würde. Auf Nachfragen behauptet die Firma mittlerweile, Autism Speaks hätte ein anderes T-Shirt bemängelt, allerdings wurde nicht bekannt gegeben, um welches es sich handle und Autism Speaks behauptet, die Firma niemals kontaktiert zu haben (WrongPlanet http://www.wrongplanet.net/article371.html ). Indes können Anhänger der Autistic Pride Bewegung diesbezüglich auch Erfolge verbuchen. Nach erheblichen Protesten wurde beispielsweise das Video „I am Autism“ (Link zum Video: http://www.youtube.com/watch?v=HDdcDlQVYtM), in dem eine Stimme, die wohl den Autismus verkörpern sollte, davon sprach, wie böse Autismus sei und, dass Autismus das autistische Kind gewissermassen entführt habe sowie die negativen Auswirkungen, die Autismus auf das Umfeld des autistischen Kindes ausübe, erwähnte, von der Website von Autism Speaks entfernt und der Inhalt des Videos als persönlicher Ausdruck der Macher des Films, die beide ein autistisches Kind zu Hause hätten, bezeichnet (Time http://www.time.com/time/health/article/0,8599,1935959,00.html 6.11.2009).

Aktivitäten angeblich zugunsten von Familien mit autistischen Kindern

4% der Gesamtsumme werden für Familien mit autistischen Kindern investiert, wobei es sich hierbei, soweit erkennbar ist, faktisch um Aktivitäten handelt, die den autistischen Kindern keinen Nutzen bringen und für sie womöglich sogar schädlich sind. Inwiefern diese Aktivität von der Öffentlichkeitsarbeit zu trennen ist, ist fraglich. Die Vermutung, dass es sich hierbei um einen Tätigkeitsbereich handelt, der weitgehend eine Fassadenaktivität zur Generierung neuer Spendengelder und der Vermittlung eines Wohltätigkeitsimages darstellt, scheint naheliegend. Die Schwerpunkte in diesem Bereich waren 2008 ein „100 day kit“ als Ratgeber für Eltern für die ersten 100 Tage nach der Diagnose sowie einen ebensolchen Ratgeber für die Schule, finanzielle Mittel für Therapieeinrichtungen, Datenbanken in denen sich Eltern über Therapeuten u.ä. in ihrer Nähe informieren können, finanzielle Unterstützung für in Not geratene Familien, eine Beratungshotline und ein Beratungsprogramm für Eltern mit inzwischen erwachsenen autistischen Kindern. Anfang des Jahres 2009 kürzte Autism Speaks die Gelder dieses Bereichs um 15%. Gemäss der Stiftung sei dieser Schritt aufgrund der Wirtschaftskrise erforderlich gewesen (examiner.com http://www.examiner.com/x-21742-Long-Island-Autism-Examiner~y2009m12d2-A… 2.12.2008). Hierbei handelt es sich sowohl um den deutlich kleinsten, als auch den einzigen Sektor, der tatsächlich für Familien mit autistischen Kindern und Autisten investiert wird. Aufgrund dieser Kürzung liegt die Annahme nahe, dass es Autism Speaks, wenn überhaupt, nur zweitrangig darum geht, Autisten tatsächlich zu unterstützen.

7 allgemeine Distanzierungen

Der ESH begegnen im Alltag immer wieder Ansichten, die wir problematisch finden. Aus diesem Grund möchten wir uns geballt von verschiedenen Sachverhalten distanzieren und teils Lösungen aufzeigen.

1. Zur Ansicht Autismus stelle eine Krankheit, eine Störung, Entwicklungsverzögerung etc. dar
Autismus ist keine Krankheit. Ebenso, wie vor wenigen Jahrzehnten Homosexualität, wird Autismus heutzutage als Krankheit betrachtet. Hierbei handelt es sich nicht um eine objektive Einordnung, sondern um den Ausdruck letztlich willkürlicher kultureller Normen einer Gesellschaft, die es nicht fertigbringt, sich selbst positiv zu definieren und zu diesem Zweck Abgrenzungen benötigt zu Eigenschaften, die dann als schlecht eingeordnet werden. Etwas als Krankheit einzuordnen macht unmißverständlich klar, daß dieses Etwas zur Beseitigung vorgesehen wird. Wenn ich einen Schnupfen habe und diesen als Krankheit bezeichne, dann tue ich dies, weil ich ihn unangenehm finde, mich von ihm gestört fühle. Autismus ist jedoch eine angeborene Persönlichkeitsveranlagung, die allenfalls unter den aktuell gegebenen Lebensumständen ein erhöhtes Risiko zu verschiedenen Problematiken mit sich bringt. Das ist jedoch nicht auf Autismus zurückzuführen, sondern auf die Folgen der Minderheitenstellung der Autisten in dieser Gesellschaft. Erst seit Kurzem wird dieser Diskriminierung mit allgemeinen Entwicklungsansätzen wie dem Universellen Design von Industriewaren und Dienstleistungen Rechnung getragen. In einer vergleichbaren Minderheitenposition würden durchschnittliche Nichtautisten innerhalb einer – durchaus auch realistisch lebensfähigen – autistischen Mehrheitsgesellschaft vermutlich unter ähnlichen Problemen leiden. Die Tragweite dieser Feststellung wird nach derzeitigem Stand leider nur einer Handvoll Nichtautisten klar sein, da fast nur sehr oberflächliches Pseudowissen zu Autismus vorherrscht und die Wissenschaft sich in diesem Bereich ungefähr auf einem Stand befindet, der der historischen Ansicht gleicht, weibliche Hysterie könne durch Entfernung der Gebärmutter geheilt werden.
Zu beobachteten Entwicklungsabläufen ist anzumerken, daß Autisten sich zumindest unter den gegebenen Umständen oft anders entwickeln. In einigen Bereichen sind sie gleichaltrigen Nichtautisten mitunter „weit voraus“, in anderen diese ihnen. Da Autisten jedoch von ihrem Umfeld als krank betrachtet werden, werden oft einseitige Beschreibungen vorgenommen, die dann pathologisierend ausfallen und in diesem Sinne ein ausschließlich defizitäres Bild zeichnen. Dieses wird dann oft von anderen Personen wieder aus den Unterlagen abgeschrieben, weil ja heute praktisch jeder im Gesundheitswesen überlastet ist und unter dem Druck steht, möglichst leistungsfähig zu erscheinen. Bei umgekehrten Vorzeichen könnte man auch durchschnittliche Nichtautisten als entwicklungsverzögert betrachten. Eine besondere Tragik besteht darin, daß immer wieder Autisten aufgrund dieser Einordnung bei letztlich nutzlosen Umerziehungsversuchen zu von Nichtautisten als Norm betrachteten Gewohnheiten psychisch grundlegend zerrüttet werden, statt ihnen in ihren vorhandenen Stärken unbeschwerte Bildung zu ermöglichen. Unter anderem hierbei ergeben sich deutliche Parallelen zu Diskriminierungen von Gehörlosen.
Kurz: Autisten werden durch änderbare Lebensumstände krank gemacht, sind jedoch nicht wegen ihres Autismus krank. Autisten werden durch änderbare Lebensumstände gestört, sind jedoch nicht wegen ihres Autismus gestört. Autismus ist eine runde Sache, die einem erfüllten Leben nicht entgegensteht.

2. Jemand „habe“ Autismus, „leide“ unter Autismus, sei von Autismus „betroffen“, sei „autistisch behindert“, ein „Mensch mit Autismus“, ein „Mensch mit Behinderung“, etc.
Viele Autisten haben tiefes und umfassendes Leid dadurch erlebt, daß Nichtautisten sie mittels ihrer nichtautistischen Empathie (die eine Projektion ihrer Selbstwahrnehmung auf Mitmenschen darstellt) als Nichtautisten betrachteten, die von Autismus gewissermaßen verschüttet sind und Autisten von diesem vermeintlichen Zustand zu befreien versuchten. Deswegen reagieren viele Autisten sehr empfindlich, wenn Autismus von ihnen als Mensch in irgendeiner Weise als getrennt dargestellt wird. Die Persönlichkeit eines Autisten ist nicht trennbar von dem Persönlichkeitselement Autismus.
Deswegen „hat“ niemand Autismus, sondern ist Autist. Deswegen leidet niemand unter Autismus, sondern unter einer nichtautistisch geprägten, diskriminierend gestalteten Kulturlandschaft. Deswegen ist niemand von Autismus „betroffen“, denn Betroffensein weist auf etwas „Schlimmes“ hin, was Autismus als etwas Schönes nicht ist. Deswegen ist niemand „autistisch behindert“, sondern wird als Autist von ebendiesen Umständen behindert. Deswegen gibt es keine „Menschen mit Autismus“, wie es auch keine „Menschen mit Nichtautismus“ gibt. Zudem sei darauf hingewiesen, daß nicht wenige Autisten sich selbst generell nicht als „Mensch“ bezeichnet sehen wollen, da sie den Begriff „Mensch“ mit von ihnen erlebter Barbarei von Nichtautisten in Verbindung bringen und etliche Autisten das Gefühl haben, eine eigene Art darzustellen, die mit den (nichtautistischen) Menschen nicht mehr zu tun hat als andere Arten.
Zum Begriff „Menschen mit Behinderung“ ist mit großem Bedauern anzumerken, daß in ihm eine Verschlimmbesserung des klassischen Begriffs „Behinderter“ als vermeintlich diskriminierungsfreiem Begriff auch mit Hilfe mancher Behindertenverbände Einzug in manche Bereiche des öffentlichen Sprachgebrauchs gehalten hat. Dessen verheerende Wirkung ist kaum abzuschätzen. Dieser Begriff sollte ganz allgemein unbedingt ganz schnell wieder verschwinden, denn er schreibt in geradezu antiaufklärerischer Weise die Behinderung quasi als Persönlichkeitseigenschaft dem durch äußere Umstände behinderten Menschen als Person zu und ignoriert praktisch komplett die Erkenntnisse der Disability Studies. Dies war im alten Begriff des „Behinderten“ so noch nicht enthalten. Noch unverständlicher wird dies, wenn man sich vergegenwärtigt, daß für Freunde des Begriffs „Mensch“ der Begriff „behinderter Mensch“ ebenfalls große Verbreitung fand, welcher die geschilderte Problematik nicht aufweist.
Hierbei sei am Rande noch erwähnt, daß die ESH es für sinnvoll hält, Schwangerschaft als Behinderung umzubewerten, um den Begriff der Behinderung mehr aus seiner überkommenen gesellschaftlichen Nische und der verbreiteten Assoziation mit einer Einschränkung des Lebens herauszuholen. Näheres siehe hier: http://autisten.enthinderung.de/schwangerschaft_behinderung

3. Elternverbände verträten die Interessen von Autisten
Leider werden bis heute Elternverbände noch oft als Anlaufstellen der Politik oder aus sonstigen Anlässen herangezogen. Diese Elternverbände beteiligen Autisten meist nicht einmal symbolisch und grenzen Autisten teilweise direkt und auch indirekt durch mangelnde interne Barrierefreiheit aus. Viele beteiligte Eltern vertreten kulturelle Wertvorstellungen, die diskriminierende Natur besitzen. Teilweise spielen auch Therapeuten und ähnliches Personal bei internen Entscheidungen eine größere Rolle, wobei deren finanzielle Interessen auch eine Triebkraft sein dürften. Daher sei allgemein angeraten, sich zu vergewissern, daß Entscheidungsträger, wenn es um Interessen von Autisten geht, auch eine Organisation kontaktieren, die maßgeblich von Autisten betrieben wird. Desweiteren sei vor zweifelhaften Organisationen wie „Autism Speaks“ besonders ausdrücklich gewarnt.
Näheres dazu hier: http://www.autisticadvocacy.org/modules/smartsection/item.php?itemid=60
Allgemein wird von uns darüber hinaus auch innerhalb der Behindertenszene eine weitgehende Ausgrenzung von Autisten beobachtet. Barrierearme Kommunikation wird in einem sogar noch höheren Maße verweigert, als es im Kontakt mit allgemeinen öffentlichen Stellen der Fall ist. Aus diesem Grund werden die Interessen von Autisten in Deutschland in der Regel bis heute auch nicht von ebenfalls durch Nichtautisten dominierten allgemeinen Behindertenverbänden vertreten. Autisten und Nichtautisten verstehen sich oft falsch aufgrund ihrer unterschiedlichen Körperspache, wie Hund und Katze, die z.B. Bewegungen mit dem Schwanz gegensätzlich deuten.

4. Freudige Hinweise auf den UN-„Weltautismustag“
Der Feiertag der Autisten, die sich etwas aus Feiertagen machen, ist der Autistic Pride Day, welcher jedes Jahr am 18. Juni begangen wird. Wer den UN-Weltantiautismustag als Feiertag der Autisten feiert, der wird vermutlich auch kein Problem damit haben, den Jahrestag des Mailänder Kongresses als „Weltgehörlosentag“ zu begehen.
Autismusfeindliche Kreise haben es vor einigen Jahren geschafft, die UN-Generalversammlung dafür zu benutzen, um eine dem Geist der damals erst startenden UN-Behindertenrechtskonvention widersprechende Gegenveranstaltung zum Autistic Pride Day einzurichten, die vor allem Pathologisierung von Autismus zum Ziel hat, den Welt(anti)autismustag, welcher jährlich am 2. April begangen wird und somit zu einer symbolischen Manifestation der Fremdbestimmung von Autisten durch Nichtautisten wurde. In der Gründungsresolution des „Offiziellen Feiertags der Autistenumerzieher“ wurde völlig unkritisch ein Umerziehungsansatz vorausgesetzt, der in der Praxis meist mit schädlichen, oft folterartigen Therapien und der Verweigerung von Barrierefreiheit einhergeht. Das wäre mit „Nichts über uns ohne uns“ kaum je passiert.
Uns fallen vor allem zwei Erklärungen dazu ein: Entweder wurde der Tag eingerichtet, ohne auch nur oberflächlich die Kultur der Autisten zu kennen oder es wurde bewußt eine Konkurrenzveranstaltung geschaffen, die mit teilweise harmlos und human wirkender Rhetorik letztlich gefährliche Desinformation mit einem Hang zu Eugenik an Autisten bezweckt. Wir vermuten eine Mischung aus beiden Erklärungen und rufen hiermit die UN auf, das Datum ihres Feiertags auf das etablierte Datum zu ändern und dabei auch den Geist dieses Tages zur Kenntnis zu nehmen oder ihn ganz abzuschaffen. Wir distanzieren uns scharf vom bisherigen Vorgehen der UN in dieser Angelegenheit.

5. Es gäbe „schwer betroffene“ und „leicht betroffene“ Autisten, viele Autisten seien „geistig behindert“
Oft wird behauptet, es gäbe Autisten, die an sich „autistischer“ (im defizitären Sinne) als andere seien. Tatsächlich ist das Modell eines Autistischen Spektrums recht anerkannt. Hierbei wird davon ausgegangen, daß Autismus eine Persönlichkeitseigenschaft sei, die jeder Mensch aufweise, nur in unterschiedlicher Ausprägung. Ab einem letztlich wieder willkürlich gesetzten Punkt innerhalb dieses Eigenschaftenspektrums begönne jemand Autist zu sein. An sich teilen wir diese Ansicht. Andererseits stellen wir fest, daß heutige Diagnosekriterien meist recht oberflächlich sind und sich zu nennenswerten Teilen an Faktoren orientieren, die sich aus dem Zusammenspiel von autistischer Veranlagung und speziellem Lebensumfeld herleiten. Hierbei werden Aspekte als Symptom von Autismus betrachtet, die sehr klar nicht auf Autismus zurückzuführen sind, sondern auf allgemeine menschliche Reaktionen auf hohe psychische Belastung. Nicht umsonst hatte Bettelheim sich bei Autisten an Insassen deutscher Konzentrationslager erinnert gefühlt und daraus geschlußfolgert, daß autistischen Kindern schreckliches widerfahren müsse. Da er jedoch nicht erkannte, daß Autismus eine Persönlichkeitseigenschaft ist, saß er damals dem Trugschluß auf, es handle sich bei Autisten um durchschnittliche Kinder, die unter in ungünstigem Sinne ungewöhnlichen Eltern, besonders Müttern, litten – dem Bild des Nichtautisten, der von Autismus verschüttet ist. Dieser Irrtum ist lange als solcher bekannt, wobei man jedoch bis heute nun in einen gegenteiligen Irrtum verfiel, der den Einfluß des Umfelds auf die Entwicklung von Autisten sträflich vernachlässigt.
Autisten nehmen die Welt teilweise sehr grundlegend anders wahr. Das zu fassen ist Nichtautisten im Grunde ebenso unmöglich, wie es Autisten unmöglich ist, durchschnittliche Nichtautisten wirklich zu begreifen. Annäherung besteht letztlich nur in rationalen Erklärungsmustern, die oft nur geringe Teile der Zusammenhänge abzubilden imstande sind. Für Nichtautisten völlig unbedeutende Aspekte im Lebensumfeld können für einen einzelnen Autisten eine immense Rolle spielen. Da Nichtautisten die Bedingungen, unter welchen einzelne Autisten leben, so nicht ansatzweise unter Anwendung autistischer Empathie zu erkennen vermögen und auch zugleich bis heute Autisten selbst nicht zur Beurteilung solcher Umstände herangezogen werden, entsteht für diese Nichtautisten der Eindruck, wesentliche Teile des Verhaltens vieler Autisten wie allgemeinmenschliches Überlastungsverhalten seien grundlos oder eben alleine lediglich in einer personenbedingten „Schwere“ des pathologisch und durch oberflächliche Kriterien betrachteten Autismus begründet. Dieser Eindruck ist jedoch völlig falsch und wenn es in der Tat mehr oder weniger autistisch veranlagte Individuen gibt, so ist diese Veranlagung in keiner Weise mit dem gleichzusetzen, was Nichtautisten aus ihrem Blickwinkel erleben. Diesen Blickwinkel auf eine vermeintliche, mehr oder weniger feste Veranlagung zurückzuführen, bedeutet Autisten eine ernsthafte Problemanalyse ihres Umfelds durch andere Autisten zu verweigern, ja nicht einmal den Gedanken zuzulassen, daß dieser Eindruck auf änderbare Lebensumstände zurückzuführen ist und somit einen Menschen lebenslang in seiner behebbaren tiefen Not zu belassen, in welcher auch leicht bei Nichtautisten ein Eindruck permamenter „geistiger Behinderung“ entstehen kann.

6. Es gäbe eine „Autismusepidemie“, die Ausrichtung heutiger Autismusforschung, Autismus sei erworben
Aufgrund steigender Diagnosezahlen wird von manchen Organisationen gerne eine „Autismusepidemie“ konstruiert. Dieser Anstieg ist vermutlich damit zu erklären, daß mehr Diagnosen ausgesprochen werden, nachdem erst in den letzten Jahren die Diagnose in breiterer Weise bekanntgemacht wurde und nicht damit, daß sich der Anteil von Autisten an der Bevölkerung tatsächlich vergrößere. Eventuell hat ein Anstieg auch mit der allgemeinen Verschlechterung der Lebensbedingungen für Autisten zu tun, welche seit hunderttausenden von Jahren unter den Menschen leben (siehe auch hier: http://autismus.ra.unen.de/topic.php?id=2508&goto=34346). Dem Anschein nach hat dies die Funktion, mit solcher Panikmache bei der Politik Finanzmittel für Forschung einzusammeln, die dann in Forschungsprojekte mit dem Ziel gesteckt werden, Autisten z.B. durch gezielte Abtreibungen zu beseitigen. Solche Forschung zu Autismus stellt bis heute die Schwerpunktsetzung der Autismusforschung dar. Forschung ohne diesen Beseitigungsansatz ist kaum zu finden, was zu entsprechenden Ergebnissen und einem Teufelskreis führt.
Weil kaum nichtpathologisierende Forschung zu Autismus stattfindet, finden Ansätze über die Medizin breite Anwendung, obwohl das eigentliche Problem in gesellschaftlicher Diskriminierung einer Minderheit liegt. Durch diese ungeeigneten Problemlösungsansätze, die meist im Vorfeld auf bestimmte vermeintliche Ursachen fixiert sind und demnach im Grunde nicht wissenschaftlich sauber agieren, entstehen dann zusätzliche Probleme, die weitere Folgekosten für die Gesellschaft bedeuten, etwa durch Heimunterbringungen. Hierauf wiederum wird errechnet, welche Kosten Autismus die Gesellschaft koste, worauf irgendwelche mehr oder weniger horrenden Summen herauskommen. Wiederum wird jedoch aufgrund der Voreingenommenheit und der Einseitigkeit der Forschungsausrichtung nicht festgestellt, daß diese Kosten vermutlich zu nennenswerten Anteilen entstehen, weil Autisten in der Gesellschaft auf erhebliche Barrieren stoßen. Wie diese Barrieren beseitigt werden können, ist jedoch bis heute praktisch gar nicht Gegenstand der Forschung. Weiter wird dann unter dem Eindruck der horrenden Kosten ein stillschweigender Konsens darüber erzielt, daß man diese Bevölkerungsgruppe besser ausrotten sollte – was von Anfang an die Ausrichtung dieser Forschung war. Wir werden also vielleicht schon in wenigen Jahren eugenische vorgeburtliche Massentötungen an einer Minderheit erleben, die nur das Problem hat, durch eine nichtautistisch geprägte Gesellschaft diskriminiert zu werden. Leider hat diese tatsächliche Ursächlichkeit bisher auch noch keinen erkennbaren Eingang in ethische Debatten gefunden, die sich meist ebenfalls auf die oben genannten falschen Annahmen als vermeintliche Fakten stützen. Hier zeigt der Versuch der Etablierung einer eugenikkompatiblem Ethik in schockierender Weise einige seiner eklatanten und kapitalen Schwächen.
Die Ansicht Autismus sei erworben, findet sich trotz gegenteiliger wissenschaftlicher Ergebnisse immer wieder. Eine Erklärung dafür könnte sein, daß es so nichtautistischen Eltern leichter fällt ihre Kinder als von Autismus verändert und verschüttet zu betrachten, statt sich damit auseinanderzusetzen, daß ihr Kind einfach anders ist und eigene an sich selbst als positiv erlebte und leichtfertig in dieser Weise objektivierte Veranlagungen schlichtweg nicht objektiv positiv sind. Vielen nichtautistischen Eltern fällt dies, wie auch andere Formen von Selbstkritik, sehr schwer, weswegen die unter 3.) erwähnten Elternverbände auch stark zu solchen Verdrängungsmechanismen neigen, die meist darauf hinauslaufen, daß den Autisten mehr oder weniger verschleiert sämliche „Schuld“ für eigene Probleme zugeschrieben werden. Indem sich Eltern darin zu Lasten ihrer Kinder bestärken, fühlen sie sich offenbar persönlich besser. Inwieweit ein durchschnittlicher Nichtautist überhaupt zu weitergehenden Reflexionen in der Lage ist, muß für uns Autisten offen bleiben.

7. Therapieziel Umerziehung, positive Darstellung früher Diagnosen
Teils aus den USA kommend, breiteten sich auch hierzulande mit der zunehmenden Thematisierung von Autismus unter diesem an sich noch recht jungen Begriff einige „Therapie“ansätze aus, welche teils mit erstaunlichem Missionseifer vertreten werden. Erstaunlich zumindest, bis man die Preislisten der Protagonisten zu Gesicht bekommt.
Es geht hier weniger um die Festhaltetherapie, die zwar bis heute Anwendung findet, auch wenn sie teils sogar von Sektenbeauftragten sehr kritisch kommentiert wird, aber dennoch grundsätzlich weiterhin von Krankenkassen bezahlt wird. Ein größeres Problem scheinen eher schwammige Ansätze wie ABA darzustellen, die in der Vergangenheit ebenfalls aus ethischen Gründen schwerer Kritik ausgesetzt waren und sich unter diesem Druck kosmetisch anpassten und offensichtlich mißhandelnde Praktiken größtenteils aufgaben; wobei es auch hier wie bei so vielen Lehren verschiedene Strömungen gibt, auch solche, die die alten Methoden im Verborgenen anwenden und dann versuchen, den Eltern zu vermitteln, daß es nicht mit falscher Sentimentalität betrachtet werden sollte, wenn das autistische Kind wegen der Behandlung stundenlang schreit und weint. Manche Eltern schauen sich das dann lieber gar nicht selbst an und vertrauen darauf, daß die Verheißung von „Verbesserungen“ schon richtig sein werde.
Aber was ist ein Erfolg? Hierbei sollte nicht vergessen werden, daß Autismus heute auch für die Wissenschaft noch eher unerklärlich ist. Daraus ergibt sich die Schwierigkeit zu bestimmen, wer eigentlich autistisch ist. Hierzu gibt es die Definition als Syndrom. Verschiedene beobachtbare Punkte werden summiert und gewichtet, um eine Diagnose zu stellen. Rein wissenschaftlich stellen diese Punkte für manche Ansätze Autismus dar. Wenn diese Punkte also nicht mehr feststellbar sind, wird dies als Erfolg verbucht. Dieses Verständnis von Autismus ist jedoch in seiner Oberflächlichkeit bei ernsthafterer Betrachtung ziemlich haltlos. Nur weil man Indizien beseitigt ändert sich der eigentliche Sachverhalt nicht unbedingt.
ABA z.B. ist an sich eine Sammlung von Dressurmethoden. Es geht um die Frage, wie man bestehende eigene Vorstellungen vom Verhalten des autistischen Kindes möglichst weitgehend dem Kind antrainiert.
Nehmen wir einmal an, eine Person hat einen Splitter im Fuß und hat Schmerzen beim Auftreten. Normalerweise würde man vermutlich bei jedem Arzt eine korrekte Ursachenfeststellung erhalten. Autisten jedoch sind in einigen sehr grundsätzlichen Punkten völlig anders als andere Menschen. Aufgrund dieser Andersartigkeit gibt es immer wieder Mißverständnisse, die vor allem den jeweiligen Autisten schwer belasten. Empathie ist die Übertragung des eigenen Innenlebens auf Mitmenschen. Deswegen haben Autisten eine andere Empathie. Keine schlechtere, einfach eine, die weniger hilfreich ist in einer Welt, welche weitgehend mit Menschen bevölkert ist, die anders sind. Es gibt nicht viele autistische Ärzte und die Meisten davon verstecken ihre dadurch bestehende Qualifikation aus Angst vor Diskriminierungen. Autisten werden also fast ausschliesslich von Ärzten behandelt, die bestenfalls rational versuchen können ansatzweise nachzuvollziehen, wie Autisten sich in Situationen fühlen. Viele Ausdrucksformen und Verhaltensweisen, die an sich völlig verständlich sind, werden so als im Prinzip unverständlich und mehr oder weniger grundlos eingestuft. Autisten sind eben so. Um aufs Beispiel zurückzukommen: Der Arzt verschreibt eine Therapie, die trainieren soll, den Fuß „richtig“ aufzusetzen, statt die tatsächliche Ursache auszumachen und zu beseitigen – den Splitter im Fuß. Es mag sein, daß so eine Therapie dann sogar unter größeren Mühen erreicht, daß die betreffende Person selbst zu glauben beginnt, ihr Schmerz sei ein veranlagungsgemäßes Defizit und durch Training und Disziplin im Alltag zu beseitigen. Vielleicht resigniert die Person auch einfach und fügt sich in ihr Schicksal der Therapien, weil sie massiv dazu genötigt wird.
ABA macht dasselbe. ABA ist offensichtlich keine allgemeine Erziehungsmethode, sondern speziell für „seltsame“ Menschen. ABA kann vielleicht Erfolge aufweisen, wobei nach unserer Kenntnis nicht einmal das bisher wissenschaftlich klar erwiesen ist. Aber was sind das für Erfolge? Im Grunde ist es die nackte Ratlosigkeit und der Drang dennoch etwas zu tun, auch wenn man nicht versteht, was man da eigentlich tut.
Es ist für jeden Menschen wichtig, seine Intuition leben zu können. Sie ist der Zugang zu seinen Stärken. Ja, man kann aus einem Sportwagen irgendwie einen Traktor bauen. Aber warum sollte man soetwas tun? Der so entstehende Traktor wäre wohl nie so gut, wie „so geborene“ Traktoren. Daher ist immer die Frage, was eine Therapie erreichen will, ob diese Ziele wirklich sinnvoll sind. Für Wissenschaftler oder hauptberufliche Therapeuten mag es einen Erfolg darstellen, Punkte in einem Kriterienkatalog abzuhaken. Etwa den speziellen für Nichtautisten auf befremdliche Weise als wichtig erscheinenden „Blickkontakt“. Aber geht es nicht um einen Menschen? Sollte der nicht besser in seinen Stärken gefördert werden, statt ihn einem willkürlich kulturell durchsetzten und somit sehr fragwürdigem Idealbild des perfekten Menschen irgendwelcher Technokraten anzugleichen und ihn nebenbei zu brechen, dazu zu erziehen nicht mehr auf eigene Empfindungen zu achten, dadurch letztlich eher ein stumpfer Schattenmensch zu werden? Dafür ist es auch nicht entscheidend, ob heute auch „Spaß“ als Konzept verfolgt wird. Was nutzt es, wenn jemand zu Blickkontakt nach Art durchschnittlicher Nichtautisten dressiert wird und im Gegenzug schwer traumatisiert wird und somit weitgehend unfähig, sich in seiner Persönlichkeit zu entwickeln?
Die ganze Tragweite solcher starr angewandter irrlichternder kultureller Normen zeigt sich z.B darin, daß seit Jahren Autisten eine weitgehend barrierefreie Beschulung verwehrt wird mit der Begründung, diese barrierearme Beschulung würde ihre Integration gefährden, obwohl tatsächlich das ganze Gegenteil der Fall ist, weil auf teilweise untragbaren und schwer gesundheitsgefährdenden Rahmenbedingungen behördlicherseits bestanden wird und so Bildungschancen aktiv in massiver Weise vereitelt werden.
Zu frühen Diagnosen ist anzumerken, daß bis heute eine Diagnose eklatante Diskriminierungen erst begründen kann. Deswegen ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob überhaupt eine Diagnose erfolgen sollte.

Autismustherapien und Wissenschaft

Noch bis heute meint manch einer, wenn Autisten sich gegen Therapien aufgrund autistischer Eigenschaften wenden, dann würden sie sich wissenschaftlichen Erkenntnissen widersetzen. Diese Haltung zeugt jedoch vor allem von thematischer Unkenntnis.

Autismus wird bis heute offiziell von Ärzten fälschlich als Krankheit diagnostiziert. Um eine Autismusdiagnose zu erhalten werden Beobachtungen angestellt und Abweichungen geschildert. Aber Abweichungen, die einem Arzt geschildert werden deutet dieser berufsbedingt als unerwünscht. Das ist scheinbar vielen nicht klar, die nachher daran zweifeln, ob denn nach der Diagnose durch den Arzt empfohlene Therapien als ganz natürliche Angelegenheit betrachten. So läuft das ja beim Arzt.

Wie erhält man eine Autismusdiagnose? Man schildert bei einem Arzt (der berufsbedingt für die Beseitigung von Krankheiten zuständig ist) einen Sachverhalt, Symptome eines Komplexes der heute fälschlich offiziell noch als Krankheit eingestuft wird, wie vor einigen Jahrzehnten auch noch Homosexualität. Damit wird dem Arzt auch (vielleicht ungewollt) mitgeteilt: das ist unerwünscht.

Der Arzt verweist dann auf „Therapien“, weil das die Fortsetzung dieser Denklinie ist. Diese Therapien bewirken dann die Änderung irgendwelcher Details, was manchmal auch in brauchbarer Weise wissenschaftlich belegt wurde (und manchmal noch nicht einmal das).

Diese Details sind aber eben nur Details. Es wird oft in völlig unzureichender Weise darauf geachtet, welche Schäden parallel zu diesen Maßnahmen auftreten. Das ist wie bei Arzneien. Man hat z.B. wissenschaftlich bewiesen, daß eine Arznei Durchfall stoppt. Also gilt die Wirksamkeit als belegt. Bei Arzneien wird dann noch nach den üblichen Standards getestet, ob irgendwelche offensichtlichen „Nebenwirkungen“ stattfinden. Trotz diesen Standardtests schätzt man z.B. Folgendes:

Zitat:

In den USA geht man von 2 000 000 schweren Arzneimittelnebenwirkungen pro Jahr aus, 44 000 – 100 000 Tote durch Nebenwirkungen, mehr als durch Lungenerkrankungen, AIDS, Diabetes, und Unfälle. 6,7% aller Krankenhauspatienten haben gravierende Arzneimittelnebenwirkungen, 0,32% sterben nach manchen Statistiken daran. 136 Milliarden Dollar sollen die Nebenwirkugen jährlich kosten. Etwa 3-6% aller Nebenwirkungen kommen durch Wechselwirkungen zustande. Wechselwirkungen sind nicht nur als Vergiftungen bedeutsam, oft vermindert auch ein Medikament die Wirkung eines anderen Medikamentes mit bedrohlichen Folgen. Die Statistiken sind allerdings nur wenig fundiert und die Daten sind widersprüchlich. Dennoch Arzneimittel gelten laut der amerikanischen FDA als 4. häufigste Todesursache in den USA.

Quelle

Bei nichtstofflichen „Therapien“ gibt es noch nicht einmal Standardtests in der Art wie bei Arzneien.

Ein abstraktes Beispiel zur Veranschaulichung:

Ein Kind hat beide Hände voller Splitter, weswegen Berührungen damit für ihn über lange Zeit schmerzhaft sind. Die Eltern erkennen das nicht und gehen mit dem Kind zu einem Arzt. Der Arzt erkennt die Splitter ebenfalls nicht und verordnet eine Therapie. In der Therapie lernt das Kind unter großen Schmerzen Dinge halbwegs so anzufassen, wie es für den Betrachter „normal“ aussieht.

Das Therapieziel lautete: >Herstellung des Eindrucks Dinge würden nun „normal“ angefasst.<
In Studien wird wissenschaftlich erwiesen, daß in solchen Fällen die Therapie genügend oft diesen Effekt nach sich zieht, um als wirksam betrachtet zu werden.

Was dabei aber gar nicht berücksichtigt wird, sind Auswirkungen dieser Therapie außerhalb des Details, das betrachtet wurde, welche nicht völlig offensichtlich sind.

Wenn das Beispielkind im Zuge einer solchen Therapie jedoch dauerhaft depressiv wird oder die Abheilung der Splitterwunden durch solche Dressur nach Gutdünken anderer Personen umso mehr chronisch verschleppt wird, dann gilt die Therapie für sich dennoch als wissenschaftlich in ihrer Wirkung belegt, weil diese anderen Details nicht automatisch berücksichtigt wurden bei der wissenschaftlichen Einordnung.

Deswegen kommt es immer wieder vor, daß Therapien abgeschafft werden, weil irgendjemand mal Auswirkungen untersucht hatte, die dann nicht günstig ausfielen. Bevor jemand solche wissenschaftlichen Untersuchungen anstellt geht die Wissenschaft jedoch davon aus, daß es keine Probleme gibt.

Da Autisten sich grundlegend von anderen Menschen unterscheiden, werden sie sehr häufig von Nichtautisten völlig falsch eingeschätzt. Das erschwert die wissenschaftliche Erschließung möglicher Problemfelder von heute noch offiziell befürworteten Therapien aufgrund von Autismus. Wie sollten nichtautistische Psychologen erforschen, wie sich der Zustand eines Autisten im Zuge der Anwendung solcher Methoden ändert, wenn sie Autisten grundsätzlich kaum verstehen?

Die Faktoren, die den Zustand von Autisten erheblich beeinflussen können sind sehr komplex. Ein Behandlungserfolg nach wissenschaftlichen Kriterien kann besonders unter solchen Rahmenbedingungen tatsächlich insgesamt zu einer Verschlimmerung des Gesamtzustands führen, eben weil die Wissenschaft als Erkenntnismethode gerade mit komplexen Systemen wie dem Leben in Grunde hoffnungslos überfordert ist. Etwa bezüglich der Allmachtsphantasien mancher Gentechniker hat sich inzwischen gezeigt, daß es ganz gut war, daß sich deren Vorschläge vor einigen Jahren nicht durchsetzen ließen, z.B. die Vorstellung ein Großteil des menschlichen Genoms sei bedeutungsloser „Genmüll“. Ein weiteres klassisches Beispiel ist die Atomeuphorie der 50er Jahre, in der Wissenschaftler voraussagten, daß in einigen Jahrzehnten Autos mit Kernspaltung betrieben würden.

Den „Gesamtzustand“ auszumachen ist überdies eine immer mehr oder weniger willkürliche Fremdbewertung von Teilen des Gesamtzustands als wichtiger und weniger wichtig voraussetzt. Wenn eine Gewichtung durch Nichtautisten vorgenommen wird, so stellt das zudem noch eine Fremdbestimmung über sie als völlig anders veranlagte Personen dar, die sich in einer Minderheitenrolle befinden. Das spiegelt sich auch in Bewertungen durch Wissenschaftlern wider. Jedoch sind diese Bewertungen selbst eben gerade nicht wissenschaftlich, sondern kulturelle Überzeugungen, die sich weitgehend den wissenschaftlichen Kategorien entziehen.

Wer also argumentiert, daß Therapieerfolge doch wissenschaftlich erwiesen seien und Autisten, die sich gegen Therapien aufgrund Autismus wenden, sich damit quasi gegen die Wissenschaft selbst auflehnen würden, liegt falsch und sollte sich vielleicht auch etwas eingehender mit Wissenschaftstheorie befassen.

(Siehe auch Flugblatt 7)

Hürde Nr. 1: Verweigerte barrierefreie Kommunikation

In einer Zeit, in der selbst Unternehmen ihren Firmenkunden ungerne wichtige Vereinbarungen zur praktischen Umsetzung der vertraglichen Zusammenarbeit schriftlich aushändigen (es könnte ja anderen Kunden zugespielt werden, bei denen intern etwas anders gehandhabt wird) und auch in manchen Behörden gerne möglichst viel mündlich besprochen wird, um nicht gleich jede Aussage gerichtsfest abwägen zu müssen und weil man es eben so gewohnt ist, haben es Menschen nicht immer leicht selbstständig im Alltag zu bestehen, die nur schriftlich kommunizieren können.

Autisten nehmen die Welt anders wahr, wir sortieren das, was unsere Sinne empfangen weniger unbewußt vor, als der Rest der Menschheit. Das bedeutet Talent zu größerer Präzision, weniger Determinertheit durch unterschwellige (z.B. „soziale“) Weltdeutungsautomatismen, aber auch mehr Information, die zu bewältigen ist.

Gerade unbekannte Umgebungen und unberechenbare Situationen sind hohe Beanspruchungen. Daher sprechen manche Autisten gar nicht, andere können theoretisch sprechen, sind aber praktisch damit in bestimmten Situationen überfordert.

Es ist ernüchternd. Theoretisch ist man ein Bürger mit gleichen Rechten, praktisch wird auf schriftliche Anfragen, insbesondere Emails oft gar nicht oder nicht inhaltlich sinnvoll geantwortet. Auch in der praktischen Aktivität der ESH wird Mitarbeitern immer wieder sehr deutlich, wie groß doch der Anteil an Ausgrenzung ist, der durch diese Verweigerungen vorgenommen wird. Multiplizierte Diskriminierung mit heimtückischer Wirkung: Schreiben, die zum Zweck haben die Lebenssituation von Autisten systematisch zu verbessern stoßen ins Leere – weil barrierefreier Zugang zu Kommunikation nicht gewährleistet ist. Das hat schon etwas Absurdes.

Scheinbar harmlos hat dies massive und schwerste Folgen für Autisten als Bevölkerungsgruppe, die wohl nur wenige erfassen, die die komplexen Wechselspiele zwischen Diskriminierung und Einstufung als lebensuntüchtig mit Folgen bis hin zu Entmündigungen in ihrer Tragweite mehr oder weniger durchschauen.

Was tun? Jemanden suchen, der dann doch stellvertretend anruft? An sich ist das nicht hinnehmbar und die Erfahrungen sind auch abgesehen von der zweifellos vorliegenden Diskriminierung aufgrund der Verweigerung von direktem Kontakt schlecht. Das Anliegen wird von der Telefonperson nicht richtig verstanden, nicht vollständig mitgeteilt, übermittelte Antworten werden von der kontaktierten Stelle widerrufen, freiwillige Helfer sind plötzlich nicht mehr auffindbar oder haben mitten in einem Vorgang aus hin – und – her keine Lust mehr.

Eigentlich könnte man einfach kommunizieren, es liegt schließlich keine Situation vor wie bei Gehörlosen, deren Sprachen spezielle Kenntnisse erfordern. Ein frustrierendes Gefühl. Wir wollen einfach nur fernschriftlich kommunizieren und nicht wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden!

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