Vielen Autisten wird bereits in ihrer Kindheit jahrelang eingetrichtert, daß sie immer schön machen sollten, was die Mehrheitsübermenschen von ihnen wollen. Auch daher ist vielen Autisten unwohl, wenn jemand die Möglichkeit in den Raum stellt, daß Autistengruppen auch aktiv und selbstverantwortet gewaltsamen Widerstand gegen Unrecht üben könnten, das gravierend genug wäre, um einen solchen Schritt ethisch zu rechtfertigen. Das ist doch unseriös! Eine politische Interessenvertretung von Autisten darf soetwas nicht verbreiten!

Fragt sich nur wieso das eigentlich so sein soll in einem Land, in welchem auch aufgrund der Lehren aus der Nazizeit allgemein von Regierung bis verbreitet anerkannten ethischen Lehren die Position vertreten wird, daß gewaltsamer Widerstand in manchen Sachlagen nicht nur das Recht der Bürger ist, sondern teils gar ihre ethische Pflicht. Sollte es so sein, daß manche Minderheiten wie selbstverständlich öffentlich vertreten dürfen gewaltsamen Widerstand unter Umständen legitim zu finden und andere „Untermenschenminderheiten“ dies nicht dürften?

Ist ein Jude mehr wert als ein Autist?

Nein, natürlich nicht. Nehmen wir an in Deutschland würden gezielt Juden gefoltert und es würde daran gearbeitet ihre Fortpflanzung zu verhindern. Wer würde im heutigen Deutschland Judengruppen das ethische Recht absprechen auch gewaltsamen Widerstand öffentich theoretisch zu erwägen oder sogar praktisch auszuüben? Wenn dem so wäre, wie könnten dann Autistengruppen, die diese theoretische Option völlig ablehnen eine seriöse Interessenvertretung von Autisten sein? Vertreten sie durch diese Haltung nicht sinngemäß die Ansicht, daß Autisten weniger wert sind als andere Menschen und daraus abgeleitet weniger Rechte haben?

Überlegt euch, welche Autistengruppen ihr unterstützt (und sei es mit passiven Mitgliedschaften) und ob diese wirklich eure Interessen vertreten, wenn ihr meint, daß Autisten keine Menschen zweiter Klasse sind und nicht so behandelt werden sollen. Man kann nicht Gleichberechtigung für Autisten fordern und zugleich Positionen vertreten, die Ungleichberechtigung festschreiben und Positionen der Gleichberechtigung bekämpfen wollen.