Autisten, die wegen ihrer Behinderungen außerstande sind ihren Lebensunterhalt zu bestreiten sind Kinder nach §32 EStG: Dementsprechend ist den Eltern für sie Kindergeld oder der Kinderfreibetrag zu gewähren. Das Kindergeld kann auf Antrag auch dem Autisten selbst ausgezahlt werden. Kindergeld ist rechtlich gesehen übrigens zu großen Teilen ein Ausgleich für die Besteuerung des Existenzminimums von Kindern und keine Sozialleistung.

Zitat:

“(4) Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es
[…]
3. wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist.”

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32.html

Die Altersgrenze im EStG §32
Da Autismus immer von Geburt an besteht, ist die Altersgrenze des Eintritts der Behinderung vor 27. oder heute 25. Lebensjahr (Geburtsjahr bis 1981: bis 27; Geburtsjahr 1982: bis 26; Geburtsjahr ab 1983: bis 25) eigentlich nicht zweifelhaft. Aber manche Familienkasse macht schon hierbei trotzdem Ärger. Daher ist es sinnvoll sich ein ärztliches Attest zu besorgen, in dem bestätigt wird, daß Autismus seit der Geburt besteht und lebenslang Bestand haben wird.
Wenn keine rückwirkende Feststellung durch das Versorgungsamt erfolgte, ist das nicht weiter schlimm, denn das bedeutet nicht automatisch, daß das Versorgungsamt das Bestehen seit Geburt bezweifelt. Das Versorgungsamt stellt die Behinderung nämlich in der Regel gemäß SchwbAwV §6 nur rückwirkend unter der zusätzlichen Bedingung eines “besonderen Interesses” fest:

Zitat:

“Ist auf Antrag des schwerbehinderten Menschen nach Glaubhaftmachung eines besonderen Interesses festgestellt worden, daß die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch, ein anderer Grad der Behinderung oder ein oder mehrere gesundheitliche Merkmale bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen haben, ist zusätzlich das Datum einzutragen, von dem ab die jeweiligen Voraussetzungen mit dem Ausweis nachgewiesen werden können.”

Quelle: http://www.gesetze-im-internet.de/schwbawv/__6.html

Hierzu ergängend ein Zitat aus einem Urteil, das verdeutlicht, daß das Interesse an der Bewilligung von Kindergeld kein besonderes Interesse gemäß SchwbAwV darstellt:

Zitat:

“Denn – und so hat es das zuständige Arbeitsamt in den vorgelegten Bescheiden auch ausgeführt – die Gewährung des Kindergeldes hängt nicht davon ab, ob ein GdB von 50 vorliegt, sondern davon, ob der Betroffene wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, und dass diese Behinderung vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 des Einkommenssteuergesetzes – EStG -). Der festgestellte GdB kann insofern zwar als Nachweis einer Behinderung dienen. Jedoch genügt auch ein GdB von 30 in Verbindung mit der Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX (vgl. Glanegger in Schmidt, EstG, 21. Auflage 2002, § 32 Rn. 50 sowie Einkommmenssteuer-Richtlinien 1999 bzw. 2003, R 180d). Deshalb mag zwar ein GdB von 50 eine Indizwirkung für die Feststellung des Umfangs der Behinderung im kindergeldrechtlichen Sinne und die dort nötige Beurteilung des Kausalzusammenhangs zwischen der Behinderung und der Unfähigkeit zum Selbstunterhalt haben. Rechtliche Voraussetzung für einen Kindergeldanspruch ist er aber nicht, zumal der Behinderungsbegriff des EStG nicht identisch mit dem GdB des SGB IX ist (vgl. hierzu ausführlich: Seewald/Felix, Kindergeldrecht, Stand: 12/98, § 63 EStG, Rn. 292 ff.). Es obliegt deshalb den für die Kindergeldgewährung zuständigen Behörden, die Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs ggf. rückwirkend zu prüfen, nicht aber den Versorgungsbehörden mittels Feststellung des GdB. Dies gilt ganz besonders angesichts der beschriebenen, mit einer rückwirkenden Feststellung eines GdB von 50 verbundenen Probleme, so dass sich das besondere Interesse im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 2 SchwbAwV auf diese Weise nicht begründen lässt.”

Quelle: SG Dresden vom 9. Dezember 2004 – Az.: S 7 SB 340/02 http://www.anhaltspunkte.de/rspr/urteile/S_7_SB_340.02.htm

Ursächlichkeit der Behinderung
Zunächst ein Zitat aus der offiziellen Dienstanweisung, nach der die Familienkasse den Antrag beurteilen sollte, der DA-FamEStG 63.3.6.3.1:

Zitat:

“(1) Die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit wird grundsätzlich zu verneinen sein, wenn der Grad der Behinderung weniger als 50 beträgt und besondere Umstände dafür, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann, nicht ersichtlich sind. Es ist unbeachtlich, ob die mögliche Erwerbstätigkeit dem behinderten Menschen nach seinem derzeitigen Bildungs- und Ausbildungsstand zugemutet werden kann. Allein die Feststellung eines sehr hohen Grades der Behinderung rechtfertigt die Annahme der Ursächlichkeit nicht.
(2) Die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit kann grundsätzlich angenommen werden, wenn
– im Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch oder im Feststellungsbescheid das Merkmal „H“ (hilflos) eingetragen ist oder
– der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt und besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen erscheint (z.B. Unterbringung in einer Werkstatt für behinderte Menschen).
Dem Merkzeichen „H“ steht die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Pflegestufe III nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundessozialhilfegesetz oder diesen entsprechenden Bestimmungen gleich; diese ist durch Vorlage des entsprechenden Bescheides nachzuweisen.
(3) Bestehen Zweifel an der Ursächlichkeit der Behinderung, ist eine Stellungnahme der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit darüber einzuholen, ob die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung nach §76 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erfüllt sind. Liegen die Voraussetzungen vor, ist das Kind zu berücksichtigen, auch wenn es eine Erwerbstätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich (vgl. Abs. 4) ausüben könnte. Der Anspruch ist jährlich zu prüfen. Für die Anfrage ist der Vordruck KG 4a zu verwenden. Der Feststellungsbescheid und ggf. vorhandene ärztliche Bescheinigungen sind beizufügen. Ist der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit mangels hinreichender Unterlagen eine Stellungnahme nicht möglich, teilt sie dies auf der Rückseite des Vordrucks KG 4a der Familienkasse mit. In diesem Fall ist dem Antragsteller unter Verwendung des Vordrucks KG 4b vorzuschlagen, das Kind durch den Ärztlichen/Psychologischen Dienst der Agentur für Arbeit begutachten zu lassen. Dabei ist er auf die Rechtsfolgen der Nichtfeststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen hinzuweisen. Wird die Begutachtung verweigert, so ist der Antrag abzulehnen. Sofern der Berechtigte innerhalb der gesetzten Frist nicht widerspricht, leitet die Familienkasse erneut eine Anfrage der Reha/SB-Stelle zu, die ihrerseits die Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst und ggf. den Psychologischen Dienst veranlasst. Das Gutachten ist an die Reha/SB-Stelle zu senden, damit diese die Anfrage der Familienkasse beantworten kann. Das Gutachten verbleibt bei der Reha/SB-Stelle. Erscheint das Kind ohne Angabe von Gründen nicht zur Begutachtung, gibt der Ärztliche Dienst/Psychologische Dienst die Unterlagen an die Reha/SB-Stelle zurück, die ihrerseits die Familienkasse unterrichtet. Diese entscheidet dann unter Einbeziehung der Stellungnahme der Reha/SB-Stelle.
(4) Kann nach den Abs. 1 bis 3 nicht festgestellt werden, ob die Behinderung die Ursache für die Unfähigkeit des Kindes ist, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, so ist eine Stellungnahme der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit zu der Frage einzuholen, ob das Kind nach Art und Umfang seiner Behinderung in der Lage ist, eine arbeitslosen-versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Ist das Kind hierzu nicht in der Lage, kann unterstellt werden, dass die Behinderung der Grund für die Erwerbslosigkeit ist. Für das Verfahren gilt Abs. 3.
(5) Ein über 27 Jahre altes Kind, das wegen seiner Behinderung noch in Schul- oder Berufsausbildung steht, ist in jedem Fall als unfähig zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit anzusehen. Es kann unterstellt werden, dass die Behinderung der Grund für die Verlängerung ist, wenn der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt.”

Quelle: Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (DA-FamEStG); Linkquelle

Einen ausdrücklichen Hinweis wert dürfte in dieser Darstellung besonders die Koppelung von Merkzeichen H an die dann als erfüllt anzusehende Ursächlichkeit aus Punkt 2 sein. Denn wie auf dieser Seite im Kapitel zu Merkzeichen H nachzulesen ist, ist bei Autisten Merkzeichen H nach AHP regelhaft bis zum 16. Lebensjahr zu gewähren. Deswegen sollte bei Autisten in jedem Fall eine Ursächlichkeit weit vor der Altersgrenze vorgelegen haben, da Autismus bekanntlich angeboren ist und bis zum 16. Lebensjahr also ein klarer Anspruch auf H bestanden hätte, auch wenn die Diagnose erst viel später bestellt wurde. Im übrigen wird weiter unten eine Passage zitiert, die verdeutlicht, daß die Unfähigkeit seinen Lebensunterhalt ökonomisch selbst zu bewerkstelligen theoretisch sogar gar nicht nicht vorm Erreichen der Altersgrenze bestanden haben muß, sondern nur die Behinderung an sich, was von Ämtern manchmal anders behauptet wird.
Der zitierte Text ist kein Gesetz, sondern nur eine Dienstanweisung, daher ist die Rechtsprechung maßgeblich, hierzu dies:

Zitat:

“Macht die Kindergeldkasse Ihnen das Kindergeld streitig, weil Ihr Kind zum Beispiel der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stand, sollten Sie sich wehren. Die Behinderung muss nämlich nicht alleiniger Grund sein. Eine Mitverursachung durch die Behinderung reicht aus (FG Sachsen 1 K 1565/04 (Kg) vom 26.06.2006, EFG 2006, Seite 50).
Das letzte Wort hat allerdings der BFH. Stützen Sie deshalb Ihren Einspruch gegen den ablehnenden Kindergeldbescheid auf die Revision III R 72/06 und beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens.”

Quelle: http://www.steuertipps.de/?menuID=8&navID=17&softlinkID=9613&softCache=true

Zitat:

“Das Finanzgericht Düsseldorf stellte klar, dass es nicht darauf ankomme, ob eine Person theoretisch in der Lage ist zu arbeiten. Entscheidend sei, ob die Aussicht auf einen Job realistisch ist (FG Düsseldorf vom 8.2.2007, Az. 14 K 5102/05 Kg).
Im Klartext: Die Familienkasse muss den Eltern Kindergeld zahlen, wenn

  • dem Kind eine Grad der Behinderung von mindestens 50 Prozent bescheinigt wurde und
  • die Arbeitsagentur es trotz dauerhafter Bemühungen nicht schafft, dem Kind eine Stelle zu vermitteln.

Unter diesen Voraussetzungen greift eine Vereinfachungsregelung der
Finanzverwaltung: Es liegen “besondere Umstände” vor, die eine Erwerbstätigkeit des Kindes ausgeschlossen scheinen lassen (H 32.9 EStH).
Das Finanzamt hat gegen das Urteil Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt. Betroffene Eltern sollten in vergleichbaren Fällen Einspruch einlegen. Verweisen Sie auf die anhängige Revision III R 16/07 und beantragen Sie Ruhen des Verfahrens. Übrigens: Der Ausgang des Verfahrens gewinnt künftig an Bedeutung, denn die Altersgrenze für das Kindergeld wird von 27 auf 25 Jahre herabgesetzt.”

Quelle: http://www.steuertipps.de/?menuID=8&navID=17&softlinkID=9937&softCache=true

Sonstige Voraussetzungen

Zitat:

  • DA-FamEStG 63.3.6.1.5: “Seine Behinderung [die des “Kindes”] muss vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten sein, nicht jedoch die Unfähigkeit, sich selbst zu unterhalten.”